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1984 - warum fuhr die S2 nach Lichtenrade und nicht nach Lichterfelde?
geschrieben von B-V 3313 
Zitat
Nemo
Vermutlich hat man die Liniennummern festgelegt, bevor man genau wusste in welcher Reihenfolge die Eröffnung erfolgen sollte oder man hat damals eine andere Reihenfolge geplant.

Nein, man wusste natürlich, dass die Wannseebahn erst saniert werden musste.

Zitat
Nemo
Es kam dann halt anders und man hat die Strecken, die man mit den zur Verfügung stehenden Fahrzeugen betreiben konnte relativ schnell wieder in Betrieb genommen.

Auch das stimmt nicht, siehe die Stilllegung der Stecken Heiligensee - Schönholz und Priesterweg - Lichterfelde Süd am 9.1.1984.

x--x--x--x

Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
Zitat
Nemo
Zitat
Bahnmeier
[...]
Dabei stell sich die Frage auf warum die S1 nicht die S3 wurde, denn die S1 war die letzte die von der BVG übernommen wurde. Logisch wäre es gewesen die erste Linie, die von der BVG übernommen wurde, als S1 zu bezeichnen.

Könnte auch sein, dass es daran lag, dass die S1 früher die Zuggruppe 1 war, während nach Lichtenrade eh... da fuhr mal die Zuggruppe 3... Ok, das passt also nicht.
[...]

Nein, es war ganz schlicht und einfach eine bewusste Entscheidung. Man wollte mit dem Freihalten der S1 zeigen, dass die Wannseebahn nicht vergessen ist. Quasi ein Versprechen auf die kommende Wiedereröffnung.

Wenn ich das richtig im Kopf habe, wird das im Buch zur Nordsüd-S-Bahn aus dem GVE-Verlag erwähnt.

--- Signatur ---
Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
Zitat
B-V 3313
Zitat
Nemo
Vermutlich hat man die Liniennummern festgelegt, bevor man genau wusste in welcher Reihenfolge die Eröffnung erfolgen sollte oder man hat damals eine andere Reihenfolge geplant.

Nein, man wusste natürlich, dass die Wannseebahn erst saniert werden musste.

Zitat
Nemo
Es kam dann halt anders und man hat die Strecken, die man mit den zur Verfügung stehenden Fahrzeugen betreiben konnte relativ schnell wieder in Betrieb genommen.

Auch das stimmt nicht, siehe die Stilllegung der Stecken Heiligensee - Schönholz und Priesterweg - Lichterfelde Süd am 9.1.1984.

So richtig saniert hat man die Wannseebahn erst später. In dem einem Jahr von Übernahme bis zur Eröffnung hat man vielleicht mit etwas Farbe renoviert. Dass man Strecken stillgelegt hat, ist ja klar. Da man zu wenig Fahrzeuge hatte, musste man sich entscheiden, welche Strecken man betreiben möchte. Für die gegenüber dem Netz von 1983 zusätzliche Wannseebahn musste man dann die Anhalter Bahn und die Kremmener Bahn opfern. Was man aber nicht gemacht hat, ist eine Komplettstilllegung des gesamten S-Bahnnetzes für 10 Jahre und länger, um es dann auf einen modernen Stand zu bringen. Man hat sich stattdessen dafür entschieden, relativ schnell ein Anfangsnetz in Betrieb zu nehmen und die fällige Sanierung später unter rollendem Rad durchzuführen.

Gruß Nemo
---

Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!
Zitat
B-V 3313
Zitat
speedwings
Zitat
Sascha Behn

Wie sah das 117 km Konzept aus und wie waren die Linienverläufe?

Nach Planung aus dem Jahr 1987 sollte das Zielnetz folgende Linienverläufe haben:
S1 Waidmannslust - Gesundbrunnen - Friedrichstraße - Anhalter Bahnhof - Schöneberg - Wannsee
S2 Gleisdreieck - [Cheruskerkurve] - Papestraße - Lichtenrade
S3 Friedrichstraße - Zoologischer Garten - Charlottenburg - Westkreuz - Wannsee
S4 Frohnau - Gesundbrunnen - Ring - Sonnenallee bzw. Köllnische Heide
S5 Zoologischer Garten - Charlottenburg - Westkreuz - Spandau - Staaken
S6 Gleisdreieck - [Cheruskerkurve] - Papestraße - Lichterfelde Süd

Quelle: Broschüre "Berlin im Verkehr" - Herausgegeben 1987 vom Senat von Berlin

Vielen dank dafür!

Damit dürften hoffentlich auch die letzten Anhänger einer angeblichen "Linienreinheit" überzeugt sein.

Du hattest offenbar einen Draht nach oben: BVG-Direktor Piefke und Senator Wronski sind bereits 2003 bzw. 2020 verstorben.

Und Du kannst dich anscheinend nicht mehr an deine Ausgangsfrage erinnern, Du fragtest nach 1984, nicht nach 1987 (dennoch Dank an speedwings für die Aufstellung!)

Dazwischen ist nämlich 'ne Menge passiert, und so einfach war das alles nicht: Nur durch massiven und ausdauernden Druck der Berliner Öffentlichkeit, wie mehrere Bürgerinitiativen, Medien und Fahrgastverbänden, kam es nicht zur beabsichtigten völligen Einstellung des West-Berliner S-Bahnnetzes und schrittweiser Wiedereröffnung erst nach viele Jahren, beginnend mit einem Torso-Netz, sondern schneller.

Im Alba-Buch "Berliner S-Bahn", Auflage von 1985, Seite 39, heißt es: "Die Senatsplanung von Mai 1982 - das endgültige "Aus" für die S-Bahn in West-Berlin schien sich abzuzeichnen."
Nach dieser früheren Planung sollten die Wiedereröffnungen wie folgt erfolgen:

"Wannseebahn Gleisdreieck - Wannsee erst ab 1991
Gleisdreieck - Lichtenrade erst 1994
Ringbahn Sonnenallee - Jungfernheide 1996
Jungfernheide - Gesundbrunnen - Frohnau 2000
Lichterfelde Süd - Priesterweg (-Papestr., längstens bis Gleisdreieck) erst ab 2004 (tatsächliche Wiedereröffnung durch Druck der Öffentlichkeit: 1995 bzw. 1998).
Charlottenburg - Wannsee erst 2004
Charlottenburg - Staaken 2004"

Bis 2004 war also ein linienreiner Betrieb geplant, danach fast linienrein; die Strecke Charlottenburg - Friedrichstr. sollte erstmal stillgelegt werden, und "unter Umständen modernisiert" werden; d.h. Wiedereröffnung -wenn überhaupt- nach 2004. Der Nordsüd-Tunnel und die Strecke Schönholz - Heiligensee sollten "vorerst entfallen".

"Signal" der IGEB schrieb im August 1985:
"Es ist gelungen, ... einen Dialog mit der BVG aufzunehmen. Aber auch das Eintreten für die Erweiterung des betrieblichen Netzes bildet einen Schwerpunkt der weiteren Arbeit. Denn mit dem derzeit Erreichten kann man noch längst nicht zufrieden sein. Insbesondere für die Wiederinbetriebnahme der Strecken nach Lichterfelde Süd und nach Spandau wurden bisher von der IGEB Veranstaltungen und Aktivitäten durchgeführt. Denn diese Verbindungen, deren Betrieb in den Senatsplänen erst weit hinten anstehen, sind entweder ohne größeren Aufwand wieder zu betreiben (Lichterfelde Süd, bis 8. Januar 1984 in Betrieb gewesen!) bzw. jeweils eine von beiden mit dem derzeit vorhandenen Wagenmaterial zu bedienen. Von verkehrlicher Bedeutung sind jedenfalls beide Strecken (Lichterfelde: Wohnsiedlungen; Spandau: Veranstaltungsverkehrt)."

"Signal" schrieb dann im April 1988:
"1984 hatte der Senat ein Verkehrskonzept vorgelegt, das Anfang der 90er Jahre das Auslaufen des U-Bahn-Baues vorsah. Mit Fertigstellung der U8-Verlängerung bis zum S-Bahnhof Wittenau (Nordbahn) sollte die 1953 begonnene dritte U-Bahn-Bauphase Berlins abgeschlossen werden, um zunächst die von der Deutschen Reichsbahn übernommene S-Bahn wiederherzustellen. Doch man hatte die Rechnung ohne die Betonlobby für den U-Bahn-Bau gemacht. CDU- und SPD-Politiker plädierten für die Verlängerungen der U-Bahn-Linie 9 vom U-Bf. Rathaus Steglitz nach Lankwitz. Auch eine Variante "U-Bahn auf S-Bahn-Trasse" wird inzwischen vom Senat ernsthaft geprüft. Die U9 soll bis Südende geführt werden und ab dort die Anhalter Bahn bis Lichterfelde Süd befahren."

Diese CDU-Idee flackerte über die Jahrzehnte immer wieder auf, und dürfte vermutlich schon 1984 eine Option gewesen sein, wurde aber erst später kommuniziert. Lankwitz bot bzw. bietet sich als Überleitung der U9 auf die Anhalter Bahn an. Auch bei der Variante bei der die U9 in Lankwitz enden soll, wurde die Planung von einem den S-Bhf. unten kreuzenden U-Bahnhof auf einen oben längs der S-Bahn umgestellt. Also mit einer Option der Verlängerung der U-Bahn nach Lichterfelde Süd (nach der letzten CDU-Variante gar nach Teltow).

Der Grund warum die S2 von Frohnau nach Lichtenrade verkehrte, liegt doch somit auf der Hand!

Herzliche Grüße von
'Möckernbrücke'
Dipl.-Fahrgast h.c.



4 mal bearbeitet. Zuletzt am 10.05.2021 10:22 von Möckernbrücke.
Zitat
Möckernbrücke
Und Du kannst dich anscheinend nicht mehr an deine Ausgangsfrage erinnern, Du fragtest nach 1984, nicht nach 1987 (dennoch Dank an speedwings für die Aufstellung!)

Dazwischen ist nämlich 'ne Menge passiert, und so einfach war das alles nicht: Nur durch massiven und ausdauernden Druck der Berliner Öffentlichkeit, wie mehrere Bürgerinitiativen, Medien und Fahrgastverbänden, kam es nicht zur beabsichtigten völligen Einstellung des West-Berliner S-Bahnnetzes und schrittweiser Wiedereröffnung erst nach viele Jahren, beginnend mit einem Torso-Netz, sondern schneller.

Im Alba-Buch "Berliner S-Bahn", Auflage von 1985, Seite 39, heißt es: "Die Senatsplanung von Mai 1982 - das endgültige "Aus" für die S-Bahn in West-Berlin schien sich abzuzeichnen."
Nach dieser früheren Plan sollten die Wiedereröffnungen wie folgt erfolgen:

Wannseebahn Gleisdreieck - Wannsee erst ab 1991
Gleisdreieck - Lichtenrade erst 1994
Ringbahn Sonnenallee - Jungfernheide 1996
Jungfernheide - Gesundbrunnen - Frohnau 2000
Lichterfelde Süd - Priesterweg (-Papestr., längstens bis Gleisdreieck) erst ab 2004 (tatsächliche Wiedereröffnung durch Druck der Öffentlichkeit: 1995 bzw. 1998).
Charlottenburg - Wannsee erst 2004
Charlottenburg - Staaken 2004

Bis 2004 war also ein linienreiner Betrieb geplant, danach fast linienrein; die Strecke Charlottenburg - Friedrichstr. sollte erstmal stillgelegt werden, und "unter Umständen modernisiert" werden; d.h. Wiedereröffnung -wenn überhaupt- nach 2004. Der Nordsüd-Tunnel und die Strecke Schönholz - Heiligensee sollten "vorerst entfallen".

Interessant, mir ist bisher nur dieser Plan vom Mai 1982 bekannt:
http://berlin.bahninfo.de/suewe2/R_weizsaecker.gif

Bis auf die S4 wäre da nichts linienrein gefahen.

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Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
Zitat
Nemo
So richtig saniert hat man die Wannseebahn erst später. In dem einem Jahr von Übernahme bis zur Eröffnung hat man vielleicht mit etwas Farbe renoviert.

Das war schon eine Komplettsanierung, ich erinnere da an die riesigen Heizzelte für die Baustellen.

Zitat
Nemo
Dass man Strecken stillgelegt hat, ist ja klar. Da man zu wenig Fahrzeuge hatte, musste man sich entscheiden, welche Strecken man betreiben möchte.

Puuh, die 14 Viertelzüge für eine "S25" hätte man sicherlich gehabt, spätestens ab 1985/86 wären genügend Viertelzüge modernisiert gewesen.

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Zitat
Möckernbrücke
Und Du kannst dich anscheinend nicht mehr an deine Ausgangsfrage erinnern, Du fragtest nach 1984, nicht nach 1987 (dennoch Dank an speedwings für die Aufstellung!)

Richtig und bis dahin gab es ja viele Ideen. Die Einstellung des Lichterfelder Astes kommt erstmals bei den Planungen des Vogel-Senates vor.

Eine Kompletteinstellung vor eiern Modernisierung mag mal ein Hirngespinst gewesen sein, sie wäre aber nicht durchführbar gewesen. Oder glaubst du, man hätte nachts den Bahnhof Friedrichstraße samt Grenzübergang per SEV bedienen können? Der war bis 2 Uhr geöffnet und die letzte S-Bahn fuhr erst danach. Die Spätfahrten der U-Bahn (deren letzte Abfahrten Friedrichstraße gegen 1.10 Uhr waren), sind mit der Übernahme weggefallen.

Mich würde auch wundern, warum man erst auf eine angebliche Linienreinheit setzen sollte und diese schon im Sommer 1984 wieder aufgibt. Deren Ende stand mit dem Sanierungsbeginn der Wannseebahn fest. Denn ab 1.2.1985 teilten sich die S1 und die S2 das Gleis 1 im Anhalter Bahnhof.

Damit bleibt also nur die U9 als Grund übrig.

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Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 10.05.2021 22:38 von B-V 3313.
Zitat
J. aus Hakenfelde
Zitat
Sascha Behn
Zitat
B-V 3313

Ich halte die Linienreinheit auch für vorgeschoben. Im 117 km-Konzept, war ja die S6 nach Lichterfelde Süd vorgesehen und die S-Bahnstrecke nach Spandau/Staaken hätte sicherlich auch nicht spätestens in Charlottenburg geendet.

Wie sah das 117 km Konzept aus und wie waren die Linienverläufe?

[www.stadtschnellbahn-berlin.de]

Eine sehr interessante Geschichte. Ob die DDR ein Tunnel von der Stadtbahn zur Nordsüdbahn zugestimmt hätte ist sehr unwahrscheinlich.

Ein S-Bahnhof Gleisdreieck hätte z.B. der damals stillgelegte Teil werden können. Schließung S-Bahnhof Yorkstraße, okay dafür der Umweg über die Cherusker Kurve. Wie wäre denn der Streckenverlauf an der Papestraße gewesen? Erst oben dann unten?

Nach Lankwitz die U 9 auf der "ehem" Strecke verlängern, wäre auch nicht die schlechteste Idee gewesen.

Auf die Siemensbahn verzichten, ok, brauchen wir die heute trotz U-Bahn?

Verlängerung der S-Bahn bis Staaken fehlt bis heute, eine direkte Anbindung an die Ringbahn in Jungfernheide wäre noch to have.
....


Im Alba-Buch "Berliner S-Bahn", Auflage von 1985, Seite 39, heißt es: "Die Senatsplanung von Mai 1982 - das endgültige "Aus" für die S-Bahn in West-Berlin schien sich abzuzeichnen."
Nach dieser früheren Planung sollten die Wiedereröffnungen wie folgt erfolgen:

"Wannseebahn Gleisdreieck - Wannsee erst ab 1991
Gleisdreieck - Lichtenrade erst 1994
Ringbahn Sonnenallee - Jungfernheide 1996
Jungfernheide - Gesundbrunnen - Frohnau 2000
Lichterfelde Süd - Priesterweg (-Papestr., längstens bis Gleisdreieck) erst ab 2004 (tatsächliche Wiedereröffnung durch Druck der Öffentlichkeit: 1995 bzw. 1998).
Charlottenburg - Wannsee erst 2004
Charlottenburg - Staaken 2004"

Bis 2004 war also ein linienreiner Betrieb geplant, danach fast linienrein; die Strecke Charlottenburg - Friedrichstr. sollte erstmal stillgelegt werden, und "unter Umständen modernisiert" werden; d.h. Wiedereröffnung -wenn überhaupt- nach 2004. Der Nordsüd-Tunnel und die Strecke Schönholz - Heiligensee sollten "vorerst entfallen".

Man stelle sich heute eine stillgelegte Stadtbahn zwischen Charlottenburg und Friedrichstraße vor...



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 10.05.2021 22:34 von Henrik.
Zitat
Henrik
Zitat
J. aus Hakenfelde
[www.stadtschnellbahn-berlin.de]

Eine sehr interessante Geschichte. Ob die DDR ein Tunnel von der Stadtbahn zur Nordsüdbahn zugestimmt hätte ist sehr unwahrscheinlich.
Ich schätze mal, der Knick der westlichen Stadtbahn sollte nur andeuten, dass die Stadtbahn unterbrochen ist und eine Umsteigemöglichkeit zur Nord-Süd-S-Bahn besteht.

Zitat
Henrik
Ein S-Bahnhof Gleisdreieck hätte z.B. der damals stillgelegte Teil werden können. Schließung S-Bahnhof Yorkstraße, okay dafür der Umweg über die Cherusker Kurve. Wie wäre denn der Streckenverlauf an der Papestraße gewesen? Erst oben dann unten?
Da die Strecke zur Yorckstraße aufgegeben würde, könnte ich mir eine größere Umgestaltung vorstellen: ab Sachsendamm eine Rampe auf das Ringbahn-Niveau, dort zwei Bahnsteige (einer für die Vorortstrecke, den Ringbahnsteig daneben, also nach Westen verschoben – vielleicht auch mit Überwerfungsbauwerk und Modell Wuhletal/Mehringdamm, falls es vom Platz her reicht), dann weiter zur Cheruskerkurve und zum heutigen Bahnsteig Juluis-Leber-Brücke.
Zitat
Henrik

Ein S-Bahnhof Gleisdreieck hätte z.B. der damals stillgelegte Teil werden können. Schließung S-Bahnhof Yorkstraße, okay dafür der Umweg über die Cherusker Kurve. Wie wäre denn der Streckenverlauf an der Papestraße gewesen? Erst oben dann unten?

Der IGEB hatte im Juli 1989 zu diesem Thema einen Artikel erstellt: [signalarchiv.de]
Auf der freigewordenen Trasse Yorckstraße - Papestraße plante der Senat damals den Bau der Westtangente. Nach der Senatswahl 1989 mit Regierungswechsel zur SPD/AL-Koalition wurden die Planungen für die Westtangente eingestellt und damit war dann auch die Trassenverschwenkung der S-Bahn vom Tisch.

Zitat
Henrik
Nach Lankwitz die U 9 auf der "ehem" Strecke verlängern, wäre auch nicht die schlechteste Idee gewesen.

Und auch dazu gab es 1989 mal einen Artikel vom IGEB: [signalarchiv.de]



3 mal bearbeitet. Zuletzt am 11.05.2021 11:41 von speedwings.
Zitat
Henrik

(...)

Nach Lankwitz die U 9 auf der "ehem" Strecke verlängern, wäre auch nicht die schlechteste Idee gewesen.

(...)

Es wäre die schlechteste Idee gewesen - auch wenn diese Planung seinerzeit von Teilen der Senatsverwaltung für Verkehr und der CDU in den späten 1980er Jahren stark favorisiert wurde.

Doch der Reihe nach.

Ich war 1986 einer der engagiertesten Unterstützer des S-Bahn-Bürgerbegehrens zur Wiederinbetriebnahme der S-Bahn nach Lichterfelde Süd und damals sogar derjenige, der die meisten Unterschriften als Einzelperson für diese Strecke gesammelt hat.

Ein wesentlicher Grund für die Stillegung der S-Bahn nach Lichterfelde Süd war 1984, dass sich der Berliner Senat einen sinnvollen Betrieb nur im Zusammenhang der Verlängerung der U9 nach Lankwitz vorstellen konnte. Zudem wollte Daimler Benz den Spurbus in Berlin ausprobieren. Zwar lag es natürlich räumlich näher, dafür die S-Bahnstrecke nach Lichtenrade zu verwenden, doch wäre es technisch schwierig gewesen, den Spurbus in Marienfelde und weiter nördlich über die Trasse der Dresdner Bahn zu führen. Seinerzeit herrschte in Marienfelde noch erheblicher Güterverkehr, und nördlich des Bahnhofs nutzte die DR die S-Bahngleise für den Güterverkehr mit. Der Bau einer Spurbustrasse hätte also erhebliche Umbauten erfordert - auf der Anhalter Bahn, wo es seit 1984 nur noch einen sehr bescheidenen GV nach Lichterfelde Ost auf dem früheren Fernbahn-Gleis gab, wäre es natürlich leichter gewesen.

Gleichwohl starb das Spurbus-Projekt 1986/87 auch für die Anhalter Bahn - man hätte selbst auf der betrieblich stillgelegten S-Bahntrasse zu viel umbauen müssen, um den Spurbus dort einsetzen zu können. Zudem wäre die Linienführung von Lichterfelde via Priesterweg nach Steglitz weniger vorteilhaft gewesen.

Gegen das erwähnte S-Bahn-Bürgerbegehren gab es vor allem auf Seiten der CDU gewaltige Vorbehalte - um es zurückhaltend auszudrücken. Insbesondere der damalige Bezirksbürgermeister, ein Politiker der CDU, war über die gute Resonanz dieser Unterschriften-Aktion alles andere als "amused". Damals war direkte Demokratie für die "etablierte" Politik noch eher ungewohnt.

Um dem Bürgerdruck nicht nachgeben zu müssen und um auch die Interessen der Bauindustrie zu bedienen, kam der Senat zur Wahl 1989 hin auf die Idee, die U9 nach Lankwitz und weiter nach Lichterfelde Süd auf der S-Bahntrasse verlängern zu lassen. Die Relation der früheren S-Bahn wäre dann teils durch diese U-Bahnstrecke, teils durch die auszubauende B101 ersetzt worden. Das U-Bahnprojekt trat schließlich im Wahlkampf 1988/1989 in eine gewisse Konkurrenz zum Projekt Reaktivierung der Ringbahn. Die "Kontinuität im Tiefbau" war seinerzeit offizielles Argument für die U9!

Das Ganze wurde auch standardisierten Bewertungen unterworfen. Soweit ich mit erinnern kann, mit folgenden Ergebnissen:

U 9 nur bis Lankwitz : 0,60 KNF (Kosten-Nutzen-Faktor)
U 9 bis Lankwitz (unterirdisch) und S6 : 0,80 KNF
U 9 nach Lichterfelde Süd: 1,31 KNF (oder vielleicht auch 1,33)
S 4 (Ringbahn): >2,50 KNF (ich meine, es waren 2,69)

Noch vor den Wahlen 1989 beschloss der Senat den Bau der U9 unter Nutzung der S-Bahntrasse, wobei in Lichterfelde Süd ein Tunnelbahnhof gebaut worden wäre.

Nachdem die CDU die Wahlen Ende Januar 1989 aber verloren hatte und der erste rot-grüne Senat in Berlin folgte, wurde das Projekt dahingehend modifiziert, dass doch die S6 reaktiviert werden sollte - zuzüglich einer bahnsteiggleichen Heranführung der U9 in Lankwitz, also eine Lösung à la Wuhletal.

Der vorherige Senat hatte sich mit dem U9-Projekt vor der Wahl noch ein paar kräftige Eigentore geschossen: Bei einer Vorstellung des Projekts in einer Diskussionsveranstaltung (bei der ich auch zugegen war), vermochte es der Senat nicht, den anwesenden Journalisten die Planung verständlich zu verläutern. Was unter einer "Kombination zwischen U- und S-Bahn" zu versehen war, kam bei Teilen des Auditoriums nicht richtig an. Zudem widerlegte der Senat mit seinen eigenen Graphiken ein Haupt-Argument der U9-Verlängerung. Demnach endeten nur 8% (!) der Verkehre aus Lankwitz/Lichterfelde in Steglitz. Die übrigen 92% der Fahrgäste hatten also auch aus Sicht des Senats andere Ziele. Die IGEB vermochte daraufhin sogar den Nachweis zu erbringen, dass ein Teil der Ziele in der West-Berliner Innenstadt über die S6 (die Anbindung an Gleisdreieck vorausgesetzt) schneller zu erreichen gewesen wäre als die U9.

Im Frühjahr 1990 (mit entsprechendem Planungs-Vorlauf) begann schließlich der Um- und Neubau des S-Bahnhofs Priesterweg, der weiterhin zwei Bahnsteige vorsah. Einige Jahre vorher gab es noch Überlegungen, auf einen der beiden Bahnsteige zu verzichten. Mit der Beibehaltung der beiden Bahnsteige nebst Ausfädelung Richtung Lichterfelde Süd war im Grunde die spätere S6 bereits in die Wege geleitet, auch wenn sie dann S25 bzw. S26 heißen sollte.

Weil mein PC leider gerade ein wenig schwächelt, kommt die Fortsetzung in einem gesonderten Beitrag.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 11.05.2021 18:19 von Bovist66.
Warum wäre nun eine Verlängerung der U9 nach Lichterfelde ein Fehler gewesen?

Ein Teil der Argumente wurde auch damals schon diskutiert:

1. Die Kosten für die Reaktivierung der Ringbahn schnellten bereits vor Öffnung der Berliner Mauer erheblich in die Höhe. Statt 387 Millionen DM waren bereits zum Stand Oktober 1989 rund 585 Millionen DM aufzuwenden (allerdings inklusive Verlängerung der U8 zur Hermannstraße).

Siehe:

[signalarchiv.de]

Nachdem die Bauarbeiten zur Wiederinbetriebnahme der Ringbahn im September 1989 begonnen hatten, wäre das Projekt auch nicht mehr zu stoppen gewesen. Die U9-Verlängerung war damit unweigerlich ohnehin um Jahre nach hinten verschoben.

2. Viele Arbeitsplätze haben auch schon zu West-Berliner Zeiten in Kreuzberg, Neukölln, Schöneberg und Tempelhof gelegen. Die U9 hätte diese Relationen nicht bedient, und es wären mit Sicherheit auch Proteste aus den durch die Linienführung der U9 "abgehängten" Bezirke erfolgt.

Dass außerdem die U9 die S2 in Südende zwar fast erreicht hätte, aber trotzdem kein Umsteigen möglich gewesen wäre, hätte getrost als Schildbürgerstreich durchgehen können.

3. Das örtliche Busnetz kann nur sehr schwer zugunsten der U9 gekürzt werden - dies ist seit jeher und auch heute noch ein großes Handicap einer möglichen Verlängerung der U9 Richtung Süden. Das Busnetz ließe sich zwar an die U9 anpassen, aber eben nicht so einfach reduzieren. Dies hätte aber auch bereits zu West-Berliner Zeiten den KNF der U9 wesentlich verschlechtert.

4. Eine U9 hätte tagsüber Lichterfelde Süd mit sechs Wagen langen Zügen bedient. Außerhalb des Berufsverkehrs wäre es schwierig geworden, Züge in dieser Länge zwischen Lankwitz und Lichterfelde Süd hinreichend auszulasten. Das Potential ist dort eben begrenzt, und in Lichterfelde ist für viele Relationen der Busverkehr im Vergleich zu einer verlängerten U9 nicht so viel langsamer - nicht zuletzt wegen des Umwegs der U9 von Lichterfelde nach Steglitz über Lankwitz. Ein Schnellbus zwischen Lichterfelde Süd und Steglitz wäre wohl damals schon in der Lage gewesen, die Fahrzeit der U9 in diesem Bereich zu unterbieten!

5. Für die U9 hätten für die gesamte Neubaustrecke Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden müssen - die S6 hingegen war juristisch betrachtet bereits in Betrieb. Dieser Nachteil wäre aus folgenden Gründen hier besonders gravierend gewesen:

6. Sowohl in Südende als auch in Lichterfelde wären für die U9 Tunnelzugänge inmitten von Wohngebieten (Ein- und Mehrfamilienhäuser) erforderlich gewesen. Zudem hätte die U9 den Stadtpark Steglitz "touchiert" und jahrelange Bauarbeiten u.a. in der Albrechtstraße nach sich gezogen. Ebenso sehr wäre ein Komplett-Umbau des Bahnhofs Lankwitz zuzüglich einer Buswende-Anlage inmitten der stark befahrenen Leonorenstraße unvermeidbar geworden. Die "Armee" der Wutbürgerinnen und Wutbürger hätte wahrscheinlich letztlich gegen die U9 geklagt und wäre damit eventuell auch erfolgreich gewesen, weil:

7. der Berliner Senat sich vor der Wahl im Januar 1989 offenbar mit einigen Fragen des Eisenbahnrechts nicht so richtig befasst hatte. Die Anhalter Bahn war und ist als Eisenbahn-Trasse gewidmet. Eine solche kann zwar von BoStrab-Fahrzeugen mitgenutzt werden (die technische Anpassung vorausgesetzt), aber der BoStrab-Betrieb darf nicht ohne weiteres den Eisenbahnverkehr auf einer gewidmeten und juristisch in Betrieb befindlichen Eisenbahnstrecke unterbinden. Dies wäre bei der U9-Verlängerung nach Lichterfelde Süd auf der S-Bahntrasse aber der Fall gewesen - was eine erstklassige "Tor-Chance" für jeden Kläger gegen das Projekt ergeben hätte.

8. Die Zahlen, die der CDU/FDP-Senat für die U9 Süd geliefert hatte (nach meiner Erinnerung 55000 Fahrgäste täglich, Baukosten von 600 Millionen DM für die gesamte Neubaustrecke), waren meines Erachtens von vornherein unrealistisch und hätten - spätestens nach der Kosten-Explosion des Ringbahnbaus - überprüft werden müssen. Ob die U9 dann überhaupt noch über einen KNF von 1,0 gekommen wäre, erscheint mir fraglich.

9. Vor der Wende wurde die Verkehrs-Situation in Lichterfelde von den Menschen dort als unbefriedigend wahrgenommen, der Handlungsbedarf war also durchaus dringend. Mit dem Baubeginn auf der Ringbahn war jedoch an eine auch nur halbwegs zeitnahe Verlängerung der U9 kaum mehr zu denken. Mit einer U9 in 15-20 Jahren hätte man damals jedoch kaum jemanden in Lichterfelde bzw. in Lankwitz überzeugen können.

10. Neben der Ringbahn standen 1990ff noch weitere aufwändige Verkehrsprojekte mehr oder minder konkret zur Realisierung an - ungeachtet der Wiedervereinigung. Die Fernbahnplanung hatte bereits begonnen, der rot-grüne Senat wollte die U8 ins Märkische Viertel verlängern, der Fahrzeugpark bei U- und S-Bahn war zu erneuern, die U6 unter Ost-Berliner Gebiert ggf. zu verschwenken, und die Wiederinbetriebnahme der S-Bahn Richtung Spandau ließ sich insbesondere wegen der Olympia-Bewerbung Berlins (Entscheidung 1993) ebenfalls nicht gar zu sehr in die Zukunft verschieben.

Die S6 hätte man übrigens nicht in Anhalter Bahnhof oder Gleisdreieck enden lassen müssen. Es wäre auch eine Weiterführung Richtung Gesundbrunnen bzw. Kochstraße in Betracht gekommen. Letzteres wurde seinerzeit bei der IGEB als Projekt 1988 oder 1989 diskutiert - die damals noch mächtige Springer-Presse hätte man mit einer S-Bahnstrecke zum Bahnhof Kochstraße wohl durchaus auf seiner Seite gehabt.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 11.05.2021 19:26 von Bovist66.
Tolle Zusammenfassung! Danke, Bovist66!
Zitat
Möckernbrücke
Tolle Zusammenfassung! Danke, Bovist66!

Gern geschehen. Auch wenn mich das Thema postum mehr beschäftigt, als es vielleicht sollte ...
Auch ich danke die ganz herzlich für die tollen Erklärungen.

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Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 16.01.2022 09:41 von B-V 3313.
Da kann man ja nur sagen, ein Glück, dass die "friedliche Revolution" die selbständige politische Einheit W-Berlin aus ihrem Dilemma gerissen hatte.

Wie sinnvoll ist heute eine Verlängerung der U9 im Süden? Und wohin sollte sie führen?
Zitat
Heidekraut
Da kann man ja nur sagen, ein Glück, dass die "friedliche Revolution" die selbständige politische Einheit W-Berlin aus ihrem Dilemma gerissen hatte.

Das wäre eine Erklärung für den November 1989! Die Ossis wollten gar keine Demokratie und keine Reisefreiheit, sie wollten das S-Bahnnetz im Westen retten. Die damalige Wende wäre dann die erste Verkehrswende gewesen...

Henning, der vorstehende Text ist nicht ganz ernst gemeint.

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