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Neun Euro Ticket
geschrieben von Heidekraut 
Re: Neun Euro Ticket
29.03.2022 11:39
Ich war letzte Woche in Wien, war sehr begeistert und muß sagen das es kein Vergleich ist zur BVG. Da können die Berliner noch sehr viel lernen, aber hey, social media ist wichtiger und wir sind Hauptstadt.
def
Re: Neun Euro Ticket
29.03.2022 12:48
Zitat
micha774
Ich war letzte Woche in Wien, war sehr begeistert und muß sagen das es kein Vergleich ist zur BVG. Da können die Berliner noch sehr viel lernen, aber hey, social media ist wichtiger und wir sind Hauptstadt.

Was meinst Du? 30- und vereinzelt 60-Minutentakte bei zahlreichen S-Bahn- und Buslinien, eine U-Bahn-Station vor Knotenpunkten endende Straßenbahnlinien oder die jahrelange Vernachlässigung des Gleisnetzes? :)

Man sollte nicht den Fehler machen, aus einem Urlaubsaufenthalt auf die Qualität des ÖPNV vor Ort zu schließen. Zum einen ist man als Tourist eher im Zentrum unterwegs, zum anderen hat man eher Zeit und keinen Auftrag zu bewältigen. Wenn man in Berlin Zeit hat und nur zwischen Ostkreuz und Zoo unterwegs ist, bekommt man auch keinen ansatzweise repräsentativen Eindruck vom Berliner ÖPNV. Und folgerichtig sind viele Berlin-Besuchende auch begeistert vom hiesigen ÖPNV, was wiederum viele Berliner/innen nicht nachvollziehen können.

Gerade in den Außenbezirken, also dort, wo es viel mehr vom Auto abzuschöpfen gilt, ist Berlin m.E. dem vielgelobten Wien weit voraus, z.B. durch den 20-min-Grundtakt.



3 mal bearbeitet. Zuletzt am 29.03.2022 13:14 von def.
Also da ich regelmäßig im ÖPNV von Kunden zu Kunden fahre: Bettelnden begegne ich relativ selten. Ja es kommt vor und als Musiker bin ich extrem von Pseudomusikanten genervt. Sie begegnen mir aber halt alle paar Wochen mal (und nicht alle 5 Minuten).


Als Triebfahrzeugführer sieht man natürlich viel mehr Fahrgäste, als ein Fahrgast jemals sehen kann. Nur weil man als Tfzf fünf mal am Tag Probleme mit Fahrgästen hat, ist das nicht bei Fahrgästen genauso. Ich vermute mal Railroader, dass du zumindest unbewusst auch als Fahrgast vielmehr die Sichtweise eine Tfzf's auf die Fahrgäste hast.

Disclaimer:
Ja ich würde mich sehr freuen, wenn die Beförderungsbedingungen strenger durchgesetzt werden würden.
Trotzdem halte ich den ÖPNV in Berlin ABC für sehr attraktiv.



@Micha: Hast du in Wien auch probiert um 4:30 Uhr morgens zur Arbeit zu fahren? ;-)
Re: Neun Euro Ticket
29.03.2022 14:43
Zitat
def
Zitat
micha774
Ich war letzte Woche in Wien, war sehr begeistert und muß sagen das es kein Vergleich ist zur BVG. Da können die Berliner noch sehr viel lernen, aber hey, social media ist wichtiger und wir sind Hauptstadt.

Was meinst Du? 30- und vereinzelt 60-Minutentakte bei zahlreichen S-Bahn- und Buslinien, eine U-Bahn-Station vor Knotenpunkten endende Straßenbahnlinien oder die jahrelange Vernachlässigung des Gleisnetzes? :)

Dichte Takte bei der Bim (6min, 7,5 oder 7/7/6) und hohe Pünktlichkeit durch kurze Linien.

U-Bahn tlw. alle 2.5 ohne Überlappung mit anderen Linien und ne Wochenkarte für 17.10€ ist ein Witz zu den Preisen hier. Und nein, wir waren nicht nur im Zentrum unterwegs.
def
Re: Neun Euro Ticket
29.03.2022 16:55
Zitat
micha774
Zitat
def
Zitat
micha774
Ich war letzte Woche in Wien, war sehr begeistert und muß sagen das es kein Vergleich ist zur BVG. Da können die Berliner noch sehr viel lernen, aber hey, social media ist wichtiger und wir sind Hauptstadt.

Was meinst Du? 30- und vereinzelt 60-Minutentakte bei zahlreichen S-Bahn- und Buslinien, eine U-Bahn-Station vor Knotenpunkten endende Straßenbahnlinien oder die jahrelange Vernachlässigung des Gleisnetzes? :)

Dichte Takte bei der Bim (6min, 7,5 oder 7/7/6) und hohe Pünktlichkeit durch kurze Linien.

U-Bahn tlw. alle 2.5 ohne Überlappung mit anderen Linien

Die dichten Intervalle bei einigen U-Bahnlinien relativieren sich aber vor dem Hintergrund, dass sie schlicht notwendig sind, um dem hohen Fahrgastaufkommen Herr zu werden. Und warum ist das so hoch? Weil bei eben bei diesen Linien die Eröffnung (bzw. der Umbau von der Stadt- zur U-Bahn) zu einem Kahlschlag im Oberflächennetz geführt hat. Deshalb ist die U-Bahn stark von Kurzstreckenfahrgästen genutzt.

Wenn man sich in Berlin an Wien orientierten wollte, müsste man den Busverkehr in der Steglitzer Schloßstraße und den Straßenbahnverkehr in der Schönhauser Allee einstellen und stattdessen (nicht zusätzlich!) die U-Bahn verdichten. Das halte ich nicht für erstrebenswert.

Die dichten Takte bei der Bim relativieren sich vor dem Hintergrund des auch in Wien allgegenwärtigen Fahrer/innenmangels, und Pendants zur Uferbahn oder zur Rahnsdorfer Strecke gibt es gar nicht.

Ein anderes Beispiel: die S-Bahn-Station Geiselbergstraße. Sie ist umgeben von einem Wohngebiet, das von der Dichte her mit gründerzeitlichen Wohngebieten vergleichbar ist, Plattenbauten und einem Siemens-Werk mit 1.200 Beschäftigten, hinzu kommen eine wichtige tangentiale Straßenbahnlinie und eine gut nachgefragte Buslinie. In Berlin würde dort (zumal keine 10 min vom Zentrum entfernt) mindestens alle 10 min eine S-Bahn fahren - die besagte Station wird halbstündlich bedient.

Apropos "Tickets": hier im Forum wurde diskutiert, als man coronabedingt Fahrkarten im Bus nur noch mit Karte kaufen konnte. In Wiener Bussen wurde der Fahrkartenverkauf schon vor Corona komplett eingestellt. Auch das halte ich weder für vorbildlich noch für nachahmenswert.

Natürlich ist auch in Wien nicht alles schlecht. Aber "In Wien ist alles gut und hier alles schlecht" ist eben auch zu simpel. Im Englischen sagt man dazu so schön "The grass is always greener on the other side". Das erkennt man übrigens auch daran, dass viele verkehrspolitisch interessierte Wiener/innen sehnsüchtig auf Berlin als Vorbild verweisen. :)



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 29.03.2022 17:06 von def.
Anonymer Benutzer
Re: Neun Euro Ticket
29.03.2022 17:41
Zitat
PassusDuriusculus
Ich vermute mal Railroader, dass du zumindest unbewusst auch als Fahrgast vielmehr die Sichtweise eine Tfzf's auf die Fahrgäste hast.

Da geht es weniger um eine Sichtweise, da es hier keinen Interpretationsspielraum gibt. Da gibt es nur: entweder wird man angebettelt oder mit "Musik" belästigt oder eben nicht. Während ich bei Fahrten als Fahrgast zwischen Lichtenberg und Wuhletal sehr selten Bettler und Musiker sehe, begegne ich als Fahrgast zwischen Treptower Park und Gesundbrunnen oft mehreren kurz nacheinander. Und das ist tatsächlich keine Seltenheit. Bei Fahrten auf gewissen Abschnitten wird man häufiger angebettelt, als dass keiner bettelt.

Mich stört das jetzt auch nicht in einem Ausmaß, dass ich nicht gern mit dem ÖPNV fahre und ihn deswegen nicht mehr nutze, nur kann ich eben diesen Einwand nicht wegdiskutieren. Ebenso würde ich auch deiner Aussage, die Züge wären gut durchlüftet, widersprechen. Ja, seit Corona ist die Angst, an Zugluft zu sterben, bei vielen Menschen etwas abgeschwächt, von einer guten Durchlüftung würde ich dennoch nicht pauschal sprechen wollen.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 29.03.2022 18:38 von Railroader.
Re: Neun Euro Ticket
29.03.2022 18:48
Zitat
Railroader
Da geht es weniger um eine Sichtweise, da es hier keinen Interpretationsspielraum gibt. Da gibt es nur: entweder wird man angebettelt oder mit "Musik" belästigt oder eben nicht.

Die Frage, ob Musik eine Belästigung ist oder nicht, enthält durchaus einen Interpretationsspielraum. Ich fühle mich von manchen Musizierenden auf einer Ringbahnfahrt durchaus unterhalten und honoriere dies entsprechend. Dass es Menschen, die betteln müssen gibt, ist gesellschaftlich traurig, aber das "öffentlich" in ÖPNV steht auch ein Stück weit dafür, dass man sich darin nicht vor jeglicher gesellschaftlicher Realität abschotten kann.
Re: Neun Euro Ticket
29.03.2022 19:03
Zitat
Lopi2000
Zitat
Railroader
Da geht es weniger um eine Sichtweise, da es hier keinen Interpretationsspielraum gibt. Da gibt es nur: entweder wird man angebettelt oder mit "Musik" belästigt oder eben nicht.

Die Frage, ob Musik eine Belästigung ist oder nicht, enthält durchaus einen Interpretationsspielraum. Ich fühle mich von manchen Musizierenden auf einer Ringbahnfahrt durchaus unterhalten und honoriere dies entsprechend. Dass es Menschen, die betteln müssen gibt, ist gesellschaftlich traurig, aber das "öffentlich" in ÖPNV steht auch ein Stück weit dafür, dass man sich darin nicht vor jeglicher gesellschaftlicher Realität abschotten kann.

Wenn man Fahrgäste zwingt am eigenen künstlerischen Können teilzuhaben, dann ist das nichts anderes als Belästigung/Nötigung. Wenn sie vor dem Spielen erstmal alle Fahrgäste abfragen würden, ob sie einverstanden sind, wäre es was anderes.

—————————————————

Ich hab nen Bus und meine Busfahrerin heißt Layla, sie fährt schöner, schneller, weiter.
Anonymer Benutzer
Re: Neun Euro Ticket
29.03.2022 19:16
Zitat
Lopi2000


Die Frage, ob Musik eine Belästigung ist oder nicht, enthält durchaus einen Interpretationsspielraum. Ich fühle mich von manchen Musizierenden auf einer Ringbahnfahrt durchaus unterhalten und honoriere dies entsprechend. Dass es Menschen, die betteln müssen gibt, ist gesellschaftlich traurig, aber das "öffentlich" in ÖPNV steht auch ein Stück weit dafür, dass man sich darin nicht vor jeglicher gesellschaftlicher Realität abschotten kann.

Natürlich, wie man das empfindet ist subjektiv. Es gibt aber eben keine Sichtweise und keine Interpretation, wenn es um die Frage geht, wie oft man angebettelt wird oder Musikern begegnet. Und darum ging es ja. Wenn wir Beide vom Treptower Park zur Greifswalder Straße fahren und begegnen auf der Fahrt 2 Bettlern und einem Musiker, dann bleiben es bei uns Beiden auch 3 Begegnungen, völlig egal, ob dich das jetzt weniger stört als mich. Das ist keine Sichtweise, sondern vermutlich vor allem abhängig von Strecken und Zeiten.

Auch dein 2. Ansatz ist ja nicht verkehrt. Wir müssen uns als Gesellschaft überlegen, wie wir mit der Situation umgehen, nur war das eben nicht Bestandteil dieser Diskussion. Hier ging es letztendlich um die Frage, ob diese Probleme faktisch bestehen oder sie in diesem Ausmaß als Ausrede herbeigeredet werden. Wenn wir sagen, dass wir diese Einflüsse im ÖPNV hinnehmen müssen, müssen wir aber auch akzeptieren, dass es Menschen gibt, die dem ÖPNV dann fernbleiben, da natürlich auch jeder Mensch das Recht hat, sich unangenehmen Faktoren zu entziehen und meinetwegen auch die gesellschaftliche Realität an bestimmten Stellen auszublenden. Zudem sollte der Fahrgast auch davon ausgehen dürfen, dass Beförderungsbedingungen durchgesetzt werden.
Edit: War nicht so wichtig, stattdessen:


Ich wäre eh dafür das Geld nicht für billig Tanken und billige Tickets auszugeben, sondern damit die bestehenden Investitionen ins Personal, Fahrzeuge und Infrastruktur aufzustocken.


Meinetwegen kann man ja den Zapfsäulenpreis senken und das dann über eine weiter zu erhöhende KfZ-Steuer wieder rein holen, damit die autofahrende Gesellschaft nicht so instinktiv-agressiv auf schwankenden überall angezeigte Spritpreise reagieren muss



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 29.03.2022 21:30 von PassusDuriusculus.
Anonymer Benutzer
Re: Neun Euro Ticket
29.03.2022 22:08
Zitat
PassusDuriusculus


Meinetwegen kann man ja den Zapfsäulenpreis senken und das dann über eine weiter zu erhöhende KfZ-Steuer wieder rein holen, damit die autofahrende Gesellschaft nicht so instinktiv-agressiv auf schwankenden überall angezeigte Spritpreise reagieren muss

Instinktiv aggressiv reagieren auch viele meiner Kollegen, die nicht in oder im Umkreis von Berlin wohnen und dennoch morgens um 4 zur Frühschicht erscheinen oder nach der Spätschicht um halb 1 nach Hause müssen, schlicht aber mit keinem Zug oder Bus zu dieser Zeit ihr Ziel erreichen und nur mit dem Auto fahren oder sich krankmelden können. Da reicht es manchmal schon, wenn du in Neuenhagen wohnst.

Es ist sicherlich nicht verkehrt, nur wenig Mitleid mit Großstädtern zu haben, die jegliche Alternativen vor der Haustür haben. Nur trifft es halt auch Menschen, die wirklich auf ihr Auto angewiesen sind, sei es aus beruflichen Gründen oder weil sie eben an einem Ort wohnen, der nicht so gut angebunden ist.
Re: Neun Euro Ticket
30.03.2022 00:25
Zitat
PassusDuriusculus
Meinetwegen kann man ja den Zapfsäulenpreis senken und das dann über eine weiter zu erhöhende KfZ-Steuer wieder rein holen, damit die autofahrende Gesellschaft nicht so instinktiv-agressiv auf schwankenden überall angezeigte Spritpreise reagieren muss

Dabei muss man allerdings berücksichtigen, dass der hohe Anteil an fixen Steuern (also x,xx Euro pro Liter) eine preisstabilisierende Wirkung hat. Im Extremfall war der Rohölpreis 2020 sogar mal kurzzeitig negativ, der Tankstellenpreis von gut einem Euro bestand also zu sehr großen Teilen aus Steuern und Abgaben plus ein bisschen Raffineriekosten. Jetzt kostet der Liter Sprit vor Steuern einen Euro und mit Steuern rund zwei Euro. Gegenüber den niedrigsten Ständen hat sich der Preis also ungefähr verdoppelt, ohne Steuern hätte er sich dagegen verzehnfacht oder wäre noch stärker gestiegen.

Der halbwegs verlässliche Steuer-/Abgabensatz von einem Euro pro Liter kann sicher eingepreist werden. Je nach Unternehmensstrategie kann man den flexiblen, weltmarktabhängigen Preis ein Stück weit stabilisieren oder eben darauf verzichten. Der kleine Sprit-Endverbraucher zahlt dagegen den jeweiligen Marktpreis und kann sich selbst nur nachträglich vorwerfen, vielleicht besser auf eine andere Antriebstechnologie hätte setzen zu sollen.

Die Grundidee, den Spritverbrauch und nicht nur den Besitz eines Kfz zu besteuern, finde ich an sich sinnvoll. Die Entfernungspauschale sorgt im Grundsatz auch dafür, dass "Mussfahrten" mit einem sparsamen Kfz nahezu kostenneutral erfolgen. Wenn man sich dagegen entscheidet, lieber 2 als 1 Tonne Metall um sich zu haben, um damit allein zum Arbeitsplatz zu fahren und zusätzlich auch noch die 300m zum nächsten Bäcker mit diesem Fahrzeug zurücklegt, ist dies nichts, was subventioniert werden muss.
Re: Neun Euro Ticket
31.03.2022 10:08
Zitat
def

Natürlich ist auch in Wien nicht alles schlecht. Aber "In Wien ist alles gut und hier alles schlecht" ist eben auch zu simpel. Im Englischen sagt man dazu so schön "The grass is always greener on the other side". Das erkennt man übrigens auch daran, dass viele verkehrspolitisch interessierte Wiener/innen sehnsüchtig auf Berlin als Vorbild verweisen. :)

Ich kann den ÖPNV in Wien dennoch empfehlen und finde ihn besser organisiert als hier und seien es nur Aushänge, Sauberkeit, Taktfrequenzen und vor allem die Zugänglichkeit online für Fahrpläne. Wenn das der VBB mal hinbekäme wären wir schon einen großen Schritt weiter.

Und eine E-Mailantwort nach nicht einmal 24h ist undenkbar bei der BVG.
Anonymer Benutzer
Re: Neun Euro Ticket
31.03.2022 10:21
Zitat
micha774
Ich kann den ÖPNV in Wien dennoch empfehlen und finde ihn besser organisiert als hier und seien es nur Aushänge, Sauberkeit, Taktfrequenzen und vor allem die Zugänglichkeit online für Fahrpläne.

In den Weiten des Internets ist von einer über Jahre konstanten Zufriedenheit von 98 Prozent der Kundschaft die Rede. Sicher am Abend fühlen sich, je nach Verkehrsmittel, etwa 80 Prozent der Wiener Fahrgäste.
Re: Neun Euro Ticket
31.03.2022 15:10
Wien selbst soll ja angeblich seit 10 Jahren an der Spitze stehen, der lebenswertesten Städte ;-)
def
Re: Neun Euro Ticket
31.03.2022 15:30
Zitat
micha774
Zitat
def

Natürlich ist auch in Wien nicht alles schlecht. Aber "In Wien ist alles gut und hier alles schlecht" ist eben auch zu simpel. Im Englischen sagt man dazu so schön "The grass is always greener on the other side". Das erkennt man übrigens auch daran, dass viele verkehrspolitisch interessierte Wiener/innen sehnsüchtig auf Berlin als Vorbild verweisen. :)

Ich kann den ÖPNV in Wien dennoch empfehlen und finde ihn besser organisiert als hier und seien es nur Aushänge, Sauberkeit, Taktfrequenzen und vor allem die Zugänglichkeit online für Fahrpläne. Wenn das der VBB mal hinbekäme wären wir schon einen großen Schritt weiter.

Bei den Fahrplanaushängen fehlen Umsteigemöglichkeiten, z.T. sind bei längeren Linien noch nicht mal alle weiten Haltestellen aufgeführt, die Fahrpläne sind bei Halbdunkel schlechter lesbar, weil bei verkürzten/abweichenden Linienführungen statt mit Fußnoten teilweise mit Farbtönen gearbeitet wird, und nicht (garantiert) barrierefreie Fahrten sind nicht gekennzeichnet. Wer am Westbahnhof von der U3 zu den Fernbahnsteigen möchte, muss dem 2004 (!) abgeschafften alten ÖBB-Logo folgen (das auch damals schon ungeeignet für Fahrgastinformation war, weil es international nicht verständlich ist). Hinweisschilder an so prominenter Stelle über fast zwanzig Jahre veraltet zu lassen - ich glaube, das schafft noch nicht mal die BVG.

Manche U-Bahn-Stationen tragen Beinamen, die aber in gleicher Größe auf eigenen Schildern angebracht sind, aber nicht im Netzplan auftauchen - nicht nur einmal habe ich Touristen beobachtet, die aus der U-Bahn heraus "Mariahilfer Straße" gelesen und das dann im Netzplan nach eben jener Station gesucht haben ("Museumsquartier" wäre der Name der Wahl gewesen). Das ist ungefähr so sinnvoll, als würde man an der Kochstraße auf jedes zweite Schild nur "Checkpoint Charlie" schreiben, aber in gleicher Größe wie auf den anderen Schildern "Kochstraße", und dazu noch im Netzplan auf den Beinamen verzichten.

Aber ja, wenn die Wiener-Linien-Homepage zur Abwechslung mal funktioniert (meist tut sie es nicht), kann man da Haltestellenfahrpläne herunterladen - das ist wirklich (ironiefrei) positiv.

Ansonsten halte ich den Wiener ÖPNV als regelmäßiger ÖPNV-Nutzer in beiden Hauptstädten nicht pauschal für besser, und erst recht nicht für so gut (nahezu das Paradies auf Erden), wie er aus der Ferne immer dargestellt wird. Es gibt Dinge, die in Wien besser laufen und anderes, das in Berlin besser läuft. Als Pi-mal-Daumen-Regel würde ich sagen: in der Innenstadt und auf U-Bahnlinien ist der Wiener ÖPNV besser (Netzdichte, Takte), in den Außenbezirken, im Umland, nachts und auf S-Bahn-Linien der Berliner. Bettelnde und Musiker/innen halten übrigens in Wien auch langsam Einzug, wenn auch noch nicht in dem Ausmaß wie in Berlin.

Interessant übrigens in Bezug auf das auch in Deutschland gern als Universallösung verkaufte 365-Euro-Ticket: in den zehn Jahren vor seiner Einführung (2012) ist der Anteil des MIV am Modal Split viel stärker gesunken als in den zehn Jahren danach, seitdem liegt er bei (+/-) 27 % (und das war auch schon vor Corona zu beobachten).



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 31.03.2022 15:41 von def.
Re: Neun Euro Ticket
31.03.2022 19:55
Dafür gibt es hier noch Wartehallen mit dem alten BVG-Symbol. ;-)

Aber lassen wir das Thema Wien.
Wir beide haben da unterschiedliche Ansichten und dies auf Dauer hier zu verteidigen ermüdet den Rest des Forums.
Re: Neun Euro Ticket
31.03.2022 21:39
Zitat
micha774
Dafür gibt es hier noch Wartehallen mit dem alten BVG-Symbol. ;-)

Aber lassen wir das Thema Wien.
Wir beide haben da unterschiedliche Ansichten und dies auf Dauer hier zu verteidigen ermüdet den Rest des Forums.

Also Wien hat schon einen sehr guten Nahverkehr. Mir gefällt er auch besser organisiert als hier. Wenn wir dann noch den Preis dazu nehmen, dann ergibt sich der Vorteil für Wien. Sind doch in Deutschland immer alle darauf aus, möglichst alles so billig wie möglich zu bekommen. Die hier immer erwähnten dichten Takte in Berlin lässt sich die BVG auch fürstlich bezahlen. In Sachen Service, Kundenfreundlichkeit und Sauberkeit ist dann aber Wien deutlich vorn.

Was den 30 Min Takt bei so mancher S-Bahnlinie in Wien betrifft, der ist dort die Regel bei uns Sorgen Weichenstörungen, Polizeieinsätze und Personalengpässe, dass aus dem Regeltakt dann auch mal etwas anderes wird.

Aber alles lässt sich kurz zusammenfassen, besser geht es immer. Gilt für beide Städte....



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 31.03.2022 21:39 von Alba Coach.
Angeblich kann man ab morgen deutschlandweit in vielen Verkehrsunternehmen (VU) insbesondere im SPNV kostenlos fahren. Soll über eine Karte funktionieren,.die man sich in Kundenzentren der beteiligten VUs abholen kann.
Stimmt das? Wie soll das denn jetzt auf einmal so schnell gehen?
[deutschland-faehrt-gratis.de]
... Also da ich auf offiziellen Seiten nichts finde, und sonst nur zwei ominöse Zeitungsartikel, scheint das wohl ein Scherz/Werbegag/Ente/politische Aktion/Aprilscherz zu sein



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 03.04.2022 18:07 von PassusDuriusculus.
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