Re: Verkehrspolitik in Berlin 12.07.2024 15:53 |
Zitat
nicolaas
Ich habe kürzlich ein längeres Gespräch mit dem "Fietsprofessor" Marco te Brömmelstroet gehabt. Er glaubt, dass man Mehrheiten für die Verkehrswende organisieren kann, wenn man sich von der Verkehrsplanungssprache löst. "Ich bin davon überzeugt, dass in Berlin als nächstes großes Volksbegehren ein Kinderentscheid kommen muss", sagt er. "Ich denke, da würden 80 bis 90 Prozent der Berlinerinnen und Berliner mitgehen", wenn man argumentieren würde, die Stadt kinderfreundlicher zu machen, ist er überzeugt.
Seine Gedanken ausführlich in meinem Artikel in nd.
Re: Verkehrspolitik in Berlin 18.07.2024 07:28 |
Zitat
Anfrage der Abgeordneten Tamara Lüdke (SPD) vom 10.6.2024 und Antwort vom 8.7.2024: Frust kommt auf, denn der O-Bus kommt nicht
Frage 1: Existiert ein Gutachten, dass die Nutzbarkeit von Oberleitungsbussen für den Berliner Raum überprüft? Falls nicht, ist ein dergestaltes Gutachten geplant?
Frage 5: Ist die Einführung einer oder mehrerer Oberleitungsbuslinien Linien geplant? Wenn ja, wo sollen diese verlaufen und wenn nein, warum wurde sich dagegen entschieden?
Antwort zu 1. und 5.: Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 und 5 gemeinsam beantwortet:
Im Jahr 2019 wurde ein Gutachten (1) für den Einsatz von Oberleitungsbussen in Berlin-Spandau mit positivem Ergebnis angefertigt. Seitdem hat sich die Batterietechnik aber so rasant verbessert, dass die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt (SenMVKU) und die Berliner Verkehrsbetriebe AöR (BVG) im Jahr 2022 eine erneute Wirtschaftlichkeits- und Umsetzbarkeitsanalyse erstellt haben.
Nach Prüfung der Faktoren Wirtschaftlichkeit der Lebenszykluskosten, Fahrzeugmehrbedarf, Betriebsstabilität, Planungs- und Genehmigungsaufwand, Realisierungsdauer, Marktverfügbarkeit, Umweltauswirkungen der Batterien u.v.m. wurde festgestellt, dass sich die Systeme Oberleitungsbus und batterieelektrischer Bus in den wesentlichen Faktoren nur noch wenig unterscheiden, batterieelektrische Busse sogar leicht positiv abschneiden. Entscheidend hatte sich seit dem Jahr 2019 verändert, dass 24 m lange Doppelgelenkbusse batterieelektrisch überhaupt verfügbar sind und bei einem Einsatz von batterieelektrischen Doppelgelenkbussen kein Fahrzeugmehrbedarf mehr gegenüber Oberleitungsbussen entsteht.
Beide Systeme haben Vor- und Nachteile, die Umsetzungsgeschwindigkeit und betriebliche Flexibilität ist bei batterieelektrischen Fahrzeugen aber deutlich höher. Im Ergebnis wurde entschieden, dass daher auch im Raum Spandau batterieelektrische Fahrzeuge angeschafft werden, die nach Bedarf an Endstellen geladen werden. Hauptargument für diese Entscheidung war, dass der Planungs- und Genehmigungsaufwand für den Bau von Oberleitungen so groß ist, dass eine verhältnismäßig schnelle Umsetzung unter Berücksichtigung der klimapolitischen Ziele einer vollständigen Dekarbonisierung nicht zu erwarten ist.
(1) Dr. Krail et al 2019: Machbarkeit eines Hybridoberleitungsbetriebs - "Berlin Spandau"
Frage 2: Welche Vor- und Nachteile sprechen aus Sicht des Senats für Oberleitungsbusse im Vergleich zu Bussen und Straßenbahnen?
Antwort zu 2.: Vergleich Oberleitungsbus und batterieelektrischer Bus: Ein Oberleitungsbus ist gegenüber einem batterieelektrischen Bus ein sehr lang erprobtes System, welches besonders langlebig ist. Zudem ist keine oder nur eine kleine Batterie notwendig, sofern es oberleitungsfreie Streckenabschnitte geben soll.
Nachteilig ist, dass der Infrastrukturbedarf deutlich höher ist und die Realisierung viel Zeit und Abstimmungen in Planungs- und Genehmigungsverfahren erfordert, für die Errichtung der Oberleitungen sind Planfeststellungsverfahren erforderlich. Auch die Infrastrukturkosten für Oberleitungsbusse sind deutlich höher als für batterieelektrische Busse. Da Batterien zunehmend auch in Europa hergestellt werden und die Lieferketten stärker in den Fokus geraten, verringert sich der Treibhausgas-Fußabdruck in der Batterieherstellung zunehmend, gleichzeitig werden Batterien auch nachgenutzt oder (z. T.) recycelt. Auch die Batteriekosten sind zuletzt deutlich gesunken.
Vergleich Oberleitungsbus und Straßenbahn: Oberleitungsbusse und Straßenbahnen sind relativ ähnliche Systeme, die sich vor allem in der Fahrgastkapazität unterscheiden. Der Bus hat gegenüber der Straßenbahn eine deutlich geringere Fahrgastkapazität. (Oberleitungs-)Busse können verschieden groß sein und ca. 65-140 Fahrgäste transportieren. Straßenbahnen haben eine höhere Kapazität für bis zu 300 Fahrgäste (2). Das bedeutet, dass pro Fahrpersonal mehr Fahrgäste transportiert werden. Pro Tag kann das System Straßenbahn fast dreimal so viele Fahrgäste befördern, wie der Bus (vgl. nachfolgende Abbildung, Quelle: Berliner Nahverkehrsplan 2019–2023).
Ein Vorteil des Oberleitungsbusses ist, dass dieser Teilstrecken oberleitungsfrei zurücklegen kann, aber nur dann, wenn er mit einer Batterie ausgestattet wird. Inzwischen gibt es aber auch oberleitungsfreie Straßenbahnen. Mit Batterie kann der Oberleitungsbus bei Bedarf auch von der ursprünglichen Linienführung abweichen, das ist gleisgebundenen Straßenbahnen nicht möglich. Alle Systeme können abhängig vom fließenden Verkehr ausgeführt und dadurch stauanfällig sein, tendenziell erhalten Straßenbahnen aber häufiger eine eigene Trasse und sind dann unabhängig vom allgemeinen Verkehrsfluss. Die Reisegeschwindigkeit des Busses kann aber auch durch Busspuren oder eigene Trassen beschleunigt werden (Bus Rapid Transit).
(2) Standardbusse (12 m, Fahrgastkapazität ca. 65 Personen), Gelenkbusse (18 m, Fahrgastkapazität ca. 100 Personen) oder Doppelgelenkbusse (24 m, Fahrgastkapazität ca. 140 Fahrgäste, dürfen nur mit Sondergenehmigung verkehren), Straßenbahnen (30-50 m, Fahrgastkapazität 170-300 Fahrgäste)
Frage 3: Wie verhält es sich mit der Umweltbilanz von Oberleitungsbussen im Vergleich zu Elektrobussen?
Antwort zu 3.: Die Umweltbilanz von Oberleitungsbussen im Vergleich zu batterieelektrischen Bussen ist aufgrund der größeren Batterien bei batterieelektrischen Bussen positiver. Durch die zunehmende Herstellung von Batterien in Europa ist eine Verringerung des Treibhausgas-Fußabdrucks bei der Batterieherstellung wahrscheinlich. Wegen der kürzeren Genehmigungs- und Bauphasen sind batterieelektrischen Busse schneller Einsetzbereit und es können schon früher Treibhausgasemissionen eingespart werden. Alle Buskonzepte mit Elektroantrieb verringern die Treibhausemissionen um 88% bis 94% gegenüber dem Dieselbusbetrieb unter Berücksichtigung von Fahrbetrieb und Fahrzeugherstellung (inkl. Batterie).
Frage 4: Welche Gegebenheiten sind notwendig für die Umsetzbarkeit einer Oberleitungsbuslinie?
Antwort zu 4.: Vor Einrichtung der Oberleitungen wäre ein Planfeststellungsverfahren erforderlich, im Anschluss wären der Bau der Oberleitungen und der erforderlichen elektrotechnischen Anlagen mit entsprechenden Eingriffen in den öffentlichen Raum notwendig.
Frage 6: Wie teuer wäre der Ausbau einer Oberleitungsbuslinie im Vergleich zu einer Magnetschwebebahnstrecke?
Antwort zu 6.: Im zu Frage 1 angeführten Gutachten aus 2019 wurden die Kosten für einen Kilometer Oberleitung mit ca. 1,5 Mio. EUR inkl. der Unterwerke angenommen.
Bei der Magnetschwebebahn setzen sich die Kosten gemäß eines Gutachtens der TTK GmbH mit einem Kostenstand aus dem Jahr 2020 wie folgt zusammen: 20 bis 25 Mio. EUR pro km für den Fahrweg (zweispurig) und 3 bis 8 Mio. EUR pro Haltestelle zzgl. Kosten für eventuelle Weichen, Brücken und Tunnel (vgl. TTK GmbH 2021, S. 137 ff. (https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Anlage/E/machbarkeitsstudien-einsatz-alternative-verkehrssysteme.pdf?__blob=publicationFile [Anmerkung des Zitierenden: PDF-Datei, 7.680.384 Bytes]).
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Re: Verkehrspolitik in Berlin 18.07.2024 10:24 |
Zitat
Frage
Frage 6: Wie teuer wäre der Ausbau einer Oberleitungsbuslinie im Vergleich zu einer Magnetschwebebahnstrecke?
Re: Verkehrspolitik in Berlin 18.07.2024 10:33 |
Zitat
Latschenkiefer
Die Kosten von 20-25 Mio EUR pro km Magnetbahn halte ich übrigens für sehr idealisiert. Das ist mit Sicherheit der untere Wert des möglichen.
Re: Verkehrspolitik in Berlin 18.07.2024 10:40 |
,Zitat
Lopi2000
Zitat
Latschenkiefer
Die Kosten von 20-25 Mio EUR pro km Magnetbahn halte ich übrigens für sehr idealisiert. Das ist mit Sicherheit der untere Wert des möglichen.
Zum einen das und zum anderen auch nur mit einem Kostenstand von 2020. Auch wenn der Preisanstieg im Baubereich inzwischen wieder langsamer geht, zahlt man aktuell immer noch rund 20 % mehr als damals.
Re: Verkehrspolitik in Berlin 18.07.2024 11:42 |
Zitat
phönix
,Zitat
Lopi2000
Zitat
Latschenkiefer
Die Kosten von 20-25 Mio EUR pro km Magnetbahn halte ich übrigens für sehr idealisiert. Das ist mit Sicherheit der untere Wert des möglichen.
Zum einen das und zum anderen auch nur mit einem Kostenstand von 2020. Auch wenn der Preisanstieg im Baubereich inzwischen wieder langsamer geht, zahlt man aktuell immer noch rund 20 % mehr als damals.
Zumal das die reinen Baukosten sind. Die kosten für den Grundstückserwerb dürften dazu kommen.
Re: Verkehrspolitik in Berlin 18.07.2024 13:33 |
Zitat
Nemo
...vermutlich wird man die Hochbahn so planen, dass man kaum neue Grundstücke braucht und falls doch, legt man unter der Hochbahn einen Radweg an und finanziert den Grundstückskauf aus dem Radwegetat.
Re: Verkehrspolitik in Berlin 18.07.2024 15:14 |
Zitat
Lopi2000
Zitat
Nemo
...vermutlich wird man die Hochbahn so planen, dass man kaum neue Grundstücke braucht und falls doch, legt man unter der Hochbahn einen Radweg an und finanziert den Grundstückskauf aus dem Radwegetat.
Naja, unter den wenigsten Hochbahnen (alt wie neu - bundesweit wie international) sind flächendeckend halbwegs sinnvolle Nutzungen, die mit dem vergleichbar sind, was in der näheren Umgebung baulich so üblich ist. Entsprechend sind die Grundstücke, die für Hochbahnen in Anspruch genommen werden, mehr oder weniger vollständig "verloren", auch wenn punktuell mal ein Kiosk oder ein paar Parkplätze darunter sind. Auch aufgeständert über Hauptverkehrsstraßen gehen neben der eigentlichen Trasse mit Pfeilern noch etliche Fläche an Sicherheitsvorkehrungen wie Leitplanken, Anfahrschutz usw. drauf.
Re: Verkehrspolitik in Berlin 18.07.2024 15:44 |
Re: Verkehrspolitik in Berlin 18.07.2024 15:49 |
Zitat
Latschenkiefer
Ich vermute, der Einwand von Nemo war nicht ganz ernst gemeint....
Re: Verkehrspolitik in Berlin 18.07.2024 17:06 |
Zitat
Lopi2000
Zitat
Latschenkiefer
Ich vermute, der Einwand von Nemo war nicht ganz ernst gemeint....
Ich auch, aber medial und "fanpolitisch" wird eine Hochbahn leider oft so diskutiert, als wäre der Kommentar nicht nur ernst gemeint, sondern entspräche sogar der Wahrheit.
Re: Verkehrspolitik in Berlin 18.07.2024 17:21 |
Zitat
Nemo
Platz für ein paar Fahrradständer
Re: Verkehrspolitik in Berlin 18.07.2024 19:09 |
Re: Verkehrspolitik in Berlin 21.07.2024 23:56 |
Re: Verkehrspolitik in Berlin 31.07.2024 08:02 |
Zitat
rbb
Verkehrsbelastung ist in Berlin um bis zur Hälfte gesunken
(…) Demnach sank die sogenannte durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke seit dem Jahr 2015 an den allermeisten der rund 250 Messstellen stetig - und zwar im Einzelfall um bis zu 50 Prozent. Teils ist nach einem starken Rückgang in den Corona-Jahren 2020 und 2021 zwar wieder ein leichter Anstieg zu erkennen, an dem generell rückläufigen Trend seit 2015 ändert das aber nichts.
Zitat
rbb
Auch Staulänge ging in Berlin zurück
Kapek fragte auch Daten zu Staus in Berlin ab. Laut Verkehrsverwaltung standen Fahrzeuge im Jahr 2021 insgesamt 90.854 Stunden in Staus, die sich auf 140.728 Kilometer Länge summierten. Ein Jahr später waren es 82.488 Staustunden auf 105.674 Kilometern Länge und 2023 schließlich 87.726 Staustunden auf 117.391 Kilometern Länge.
Re: Verkehrspolitik in Berlin 31.07.2024 09:04 |
Ich bin gespannt, ob es hier ab 2026 Veränderungen geben wird, wenn die Dresdener Bahn fertig ist und man aus dem Umland schnell mit dem Regio in Südkreuz, Potsdamer Platz etc. ist. Leider fehlt für viele Pendler der Regio-Halt im B-Bereich.Zitat
marc-j
Tempelhofer Damm (Süd): -3%
Re: Verkehrspolitik in Berlin 31.07.2024 15:32 |
Re: Verkehrspolitik in Berlin 31.07.2024 15:36 |
Zitat
LariFari
9 von 10 Radschnellweg-Projekte sind gestoppt worden. Und wieder hat das „Miteinander“ und „Angebote statt verbote“ zugeschlagen. Berlin ist auf dem besten Weg weiterhin den Anschluss zu verlieren. Ein träumchen. Schauen wir mal, ob der ÖPNV auch irgendwann von dem Miteinander so profitiert wie die Radwege ;)
https://changing-cities.org/neun-von-zehn-radschnellverbindungen-werden-weggespart/
Re: Verkehrspolitik in Berlin 31.07.2024 15:42 |
Zitat
Leyla
Wegsparen bzw. sperren sollte man eher denjenigen, der bei Changing Cities für das Design verantwortlich ist
Re: Verkehrspolitik in Berlin 31.07.2024 16:19 |
Zitat
LariFari
9 von 10 Radschnellweg-Projekte sind gestoppt worden. Und wieder hat das „Miteinander“ und „Angebote statt verbote“ zugeschlagen. Berlin ist auf dem besten Weg weiterhin den Anschluss zu verlieren. Ein träumchen. Schauen wir mal, ob der ÖPNV auch irgendwann von dem Miteinander so profitiert wie die Radwege ;)
https://changing-cities.org/neun-von-zehn-radschnellverbindungen-werden-weggespart/
Zitat
ChangingCities
Über Kürzungen bei anderen Großprojekten der Senatsverwaltung wie der TVO oder dem Schlangenbader Tunnel haben wir nichts in Erfahrung bringen können.