Willkommen! Einloggen Ein neues Profil erzeugen

erweitert
Friedrichstraße: Ohne Nachtbus, aber mit Fahrrädern und Rollern
geschrieben von BahnInfo-Redaktion 
Seit gestern Vormittag ist die Teilsperrung der Friedrichstraße offiziell. Zusammen mit der Bezirksstadträtin von Mitte, Almut Neumann, hat Verkehrssenatorin Bettina Jarasch angekündigt, rund 500 Meter der Nord-Süd-Achse zwischen der Französischen Straße und der Leipziger Straße zu einer Fußgängerzone umzubauen, die vorerst provisorisch mit Sitzmöbeln und ab dem Frühjahr mit Begleitgrün dekoriert wird. 

Ab kommenden Montag beginnt die Umbauphase, womit die Friedrichstraße auf diesem Abschnitt dann endgültig autofrei sein wird. Auch mögliche Einwendungen gegen die so genannte Teileinziehung würden rechtlich keine aufschiebende Wirkung haben, wie Bettina Jarasch versicherte. Im Zentrum der Verkehrsberuhigung stehen laut der Verkehrssenatorin vor allem die zu Fuß Gehenden. Für sie solle die Aufenthaltsqualität perspektivisch in der gesamten historischen Mitte verbessert werden. Daran, den motorisierten Individualverkehr aus der Innenstadt zu verbannen, denkt aber auch Bettina Jarasch nicht: „Fußgängerfreundlichkeit – ich betone nochmal – das bedeutet nicht zwangsweise überall Autofreiheit.“

Bis die Friedrichstraße ihr endgültiges Gesicht bekommt, werden unterdessen noch Jahre vergehen. Zwei Optionen gebe es für die bauliche Umgestaltung. Entweder einen längeren Gestaltungswettbewerb mit Jury und Auswahlverfahren in Zusammenarbeit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen sowie der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz oder ein partizipatives Verfahren nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, kurz: HOAI. 

So lange löst nun das neue quasi das alte Provisorium ab. Dessen auffälligste Neuerung ist vor allem die Verlegung des Radverkehrs in die benachbarte Charlottenstraße, die jetzt Fahrradstraße ist. „Der Durchgangsradverkehr findet natürlich nicht mehr in der Friedrichstraße statt. Das war ja eine der Erkenntnisse, die wir aus dem Verkehrsversuch damals gezogen haben, dass sich das nicht bewährt, wenn da ein gelber Radstreifen eine Radschnellverbindung suggeriert und dadurch die Passanten eher davon abhält, den Straßenraum zu benutzen“, exemplifizierte die Mobilitätssenatorin gestern. Ungeachtet dessen bleibt das Rad- und Rollerfahren auch in der Fußgängerzone vorerst gestattet, wenn auch nur mit Schrittgeschwindigkeit. Dafür sollen Informationsstelen werben, die in der kommenden Woche zusammen mit dem Stadtmobiliar aufgestellt werden. Klappt das Miteinander nicht, wird nachgesteuert. Das versprachen sowohl Bettina Jarasch als auch Almut Neumann.

Ein weiteres Fazit aus den Einwendungen der Anrainerinnen und Anrainer ist, dass der Lieferverkehr im Gegensatz zur ersten Sperrung aus Gründen der Verkehrssicherheit die Friedrichstraße künftig queren können wird, um Rangiermanöver von Lkw zu vermeiden. 

Während der halbe Kilometer Fußgängerzone für alle Autofahrenden am Ende verschmerzbar sein dürfte, noch dazu, wo nur 4% der 2008 erhobenen Parkstände wegfallen, hinterlässt er für Nutzer des ÖPNV einen bitteren Nachgeschmack. Der Nachtbus N6 wird dauerhaft über die Wilhelmstraße umgeleitet, was einerseits einen Umweg und damit eine Fahrzeitverlängerung nach sich zieht. Andererseits verschlechtert sich die Umsteigesituation drastisch. Gab es Stadtmitte bis dato eine gemeinsame Haltestelle von N6 und N2, gibt es für den N6 an der Leipziger Straße/Wilhelmstraße Stand jetzt gar keine Station. Ob die am Ende kommen wird, ist keineswegs sicher. Während der letzten Umleitung über die Wilhelmstraße nach der Umgestaltung der Charlottenstraße spendierte die BVG dem N6 nämlich keinen Halt und ließ ihn am N2 vorbeirauschen. 

Hinzu kommt, dass der Gendarmenmarkt als einer der bedeutendsten Plätze oder  – wie es Frau Jarasch gestern nannte – Berlins schönste Piazza mitsamt der umliegenden Hotellerie und den zahlreichen Restaurants nachts von jetzt an ersatzlos abgehängt wird. Nicht viel besser schaut es aus, wenn man an die seit Jahrzehnten auf der Leipziger Straße geplante Tram denkt. Wegen der an der Wilhelmstraße weit auseinander liegenden Richtungsbahnsteige werden Umsteigende deutlich längere Wege in Kauf nehmen müssen als an der Stadtmitte. Dass der Bus durch die Fußgängerzone fährt, die zu diesen Zeiten anzunehmenderweise nicht besonders stark frequentiert werden dürfte, sei nicht vorgesehen, sagt Jarasch. Mit Blick auf die Tramverbindung vom Alex zum Potsdamer Platz gibt sie jedoch zu bedenken: „Busverkehre noch mal anzupassen, noch dazu, wenn sie sich auf die künftige Straßenbahnführung auf der Leipziger Straße beziehen, die es ja noch nicht gibt […], da dann noch mal zu optimieren, das können wir immer.“ Wie gut und vor allem schnell derlei Anpassungen in Berlin funktionieren, sieht man beispielsweise an der Nachtbushaltestelle des N60 an der Grimaustraße zwischen Schöneweide und Adlershof. Binnen von sage und schreibe zehn Jahren wurde sie verwirklicht.



Artikel geschrieben von Christian Linow
Bisher scheint der Gendarmenmarkt nachts nicht belebt genug zu sein, um einen Schlenker über die Mohrenstraße zu rechtfertigen. Wenn dort tatsächlich direkt nebenan ein Nachtbus gebraucht würde, könnte man den N65er an der Fischerinsel umklappen und über die Französische Straße zum Potsdamer Platz führen. Zum Alexanderplatz fahren dann parallel weiterhin N40er und N60er, ersterer im Minutenabstand zum N65er.

Die Umsteigehaltestellen müssen dann natürlich kommen.
Danke für den Bericht.

Natürlich hängt es von der konkreten künftigen Straßengestaltung, aber ich verstehe nicht, wieso der N6 nicht weiterhin den direkten Weg nehmen kann. Es geht ja letztlich nur um ein paar Busse in Werktagsnächten, da dürfte auch künftig nicht viel los sein.

Dass der Gendarmenmarkt nachts nun ersatzlos abgehängt werde, halte ich für etwas zu drastisch ausgedrückt. Am Wochenende sowieso nicht, da ist er weiterhin direkt mit der U2 angebunden, in Werktagsnächten ist man in 5 min beim N2. Auch zum umgeleiteten N6 dürften es kaum mehr als 10 min sein.
Zitat
def
Dass der Gendarmenmarkt nachts nun ersatzlos abgehängt werde, halte ich für etwas zu drastisch ausgedrückt. Am Wochenende sowieso nicht, da ist er weiterhin direkt mit der U2 angebunden, in Werktagsnächten ist man in 5 min beim N2. Auch zum umgeleiteten N6 dürften es kaum mehr als 10 min sein.

Abgesehen davon wird die angestrebte Erschließungsqualität im Nachtverkehr allein schon durch die Buslinien, die über Leipziger Straße und Unter den Linden verkehren, erreicht. Beide liegen rund 400m vom Platz entfernt, was sogar dem Erschließungsstandard für Gebiete mit hoher Nutzungsdichte entspricht. Da der Indikator im Nahverkehrsplan nur die Bevölkerungsdichte ist und diese hier bei weitem nicht die 7000 EW / qkm erreicht, die eine hohe Nutzungsdichte wären, würden sogar 500m noch ausreichen. Eine neue Umsteigehaltestelle zwischen N2 und N6 zu schaffen, sollte nicht wirklich ein Problem sein, das hätte man sogar für den Verkehrsversuch machen können, aber wenn die Sperrung nun dauerhaft wird, wird man wohl nicht drum herum kommen.
Zitat
Lopi2000
Zitat
def
Dass der Gendarmenmarkt nachts nun ersatzlos abgehängt werde, halte ich für etwas zu drastisch ausgedrückt. Am Wochenende sowieso nicht, da ist er weiterhin direkt mit der U2 angebunden, in Werktagsnächten ist man in 5 min beim N2. Auch zum umgeleiteten N6 dürften es kaum mehr als 10 min sein.

Abgesehen davon wird die angestrebte Erschließungsqualität im Nachtverkehr allein schon durch die Buslinien, die über Leipziger Straße und Unter den Linden verkehren, erreicht. Beide liegen rund 400m vom Platz entfernt, was sogar dem Erschließungsstandard für Gebiete mit hoher Nutzungsdichte entspricht. Da der Indikator im Nahverkehrsplan nur die Bevölkerungsdichte ist und diese hier bei weitem nicht die 7000 EW / qkm erreicht, die eine hohe Nutzungsdichte wären, würden sogar 500m noch ausreichen. Eine neue Umsteigehaltestelle zwischen N2 und N6 zu schaffen, sollte nicht wirklich ein Problem sein, das hätte man sogar für den Verkehrsversuch machen können, aber wenn die Sperrung nun dauerhaft wird, wird man wohl nicht drum herum kommen.

Während des Verkehrsversuchs wurde der N6 über Charlottenstraße umgeleitet und hielt in Stadtmitte. Erst mit der panikhaften Umgestaltung der Charlottenstraße zur Fahrradstraße (anstelle der dafür besser geeigneten Glinkastr.) wurde er adhoc ins Abseits gebracht und über die Wilhelmstraße umgeleitet. Und dabei wurde die Einrichtung einer Umsteigehaltestelle "vergessen". Neben der direkten Anbindung von Stadtmitte (Ersatzhalt U Mohrenstraße), unterlässt die BVG aus Fahrzeitgründen aber auch den Schlenker zur Kochstraße, so dass der M29 ebenfalls an einer anderen Haltestelle erreicht wird.

--- Signatur ---
Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
Update: Wie Recherchen von Drehscheibe Online ergaben, wird der Nachtbus N6 keinen separaten Halt an der Leipziger Straße/Wilhelmstraße erhalten. Damit wird es im Gegensatz zum bisherigen Stopp an der Stadtmitte keinen direkten Umstieg für Fahrgäste zwischen N6 und N2 geben! Dies bestätigt auch Pressesprecher Jannes Schwentu von der BVG.
Hat der Pressesprecher auch eine Begründung für den Dummfug?
Was ist eigentlich an der Friedrichstraße heute noch so bedeutend, dass ein solches Gewese darum gemacht wird? Für mich ist sie nunmal die Verlängerung der Müllerstraße/Chausseestraße. Sie ist Bestandteil einer Radialen, einer Verkehrsachse, die die Innenstadt durchzieht und aufgrund der ehemaligen Teilung der Stadt heute am Mehringplatz versandet. Diese schon in Westberlin begonnene Baupolitik wird mit Frau Jaraschs Maßnahme nun verewigt.
Zitat
Heidekraut
Was ist eigentlich an der Friedrichstraße heute noch so bedeutend, dass ein solches Gewese darum gemacht wird? Für mich ist sie nunmal die Verlängerung der Müllerstraße/Chausseestraße. Sie ist Bestandteil einer Radialen, einer Verkehrsachse, die die Innenstadt durchzieht und aufgrund der ehemaligen Teilung der Stadt heute am Mehringplatz versandet. Diese schon in Westberlin begonnene Baupolitik wird mit Frau Jaraschs Maßnahme nun verewigt.

Die Achse hat man in den Tiergartentunnel verlegt, daher ist die Friedrichstraße im MIV lediglich eine Straße mit Erschließungsfunktion.

Gruß Nemo
---

Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!
Der Tiergartentunnel ist aber ebenso ein halbgares Ganzes. Er reicht ja nicht weit genug in den Süden Berlins. Man hat ihn mit der Westtangente beerdigt.
Zitat
Heidekraut
Der Tiergartentunnel ist aber ebenso ein halbgares Ganzes. Er reicht ja nicht weit genug in den Süden Berlins. Man hat ihn mit der Westtangente beerdigt.

Er reicht weit genug in den Süden, damit man den künftig fürs Stadtleben geöffneten Abschnitt der Friedrichstraße umfahren kann.
Zitat
Christian Linow
Update: Wie Recherchen von Drehscheibe Online ergaben, wird der Nachtbus N6 keinen separaten Halt an der Leipziger Straße/Wilhelmstraße erhalten. Damit wird es im Gegensatz zum bisherigen Stopp an der Stadtmitte keinen direkten Umstieg für Fahrgäste zwischen N6 und N2 geben! Dies bestätigt auch Pressesprecher Jannes Schwentu von der BVG.

Gibt es es dafür einem Link?
Mal sehen, ob die Rad- und Rollerfahrer sich tatsächlich an der Schrittgeschwindigkeit halten...
Zitat
Ruhlebener
Mal sehen, ob die Rad- und Rollerfahrer sich tatsächlich an der Schrittgeschwindigkeit halten...

Das selbe gilt für den Lieferverkehr, der die Straße kreuzen darf und die Frage, wie sich weiterer Verkehr davon sinnvoll trennen lassen wird. Im Gegensatz zum Verkehrsversuch mit der Fahrradspur in der Mitte wird sich vieles aber auch durch die finale Gestaltung des öffentlichen Raums ergeben.
Zitat
Lopi2000
Zitat
Ruhlebener
Mal sehen, ob die Rad- und Rollerfahrer sich tatsächlich an der Schrittgeschwindigkeit halten...

Das selbe gilt für den Lieferverkehr, der die Straße kreuzen darf und die Frage, wie sich weiterer Verkehr davon sinnvoll trennen lassen wird. Im Gegensatz zum Verkehrsversuch mit der Fahrradspur in der Mitte wird sich vieles aber auch durch die finale Gestaltung des öffentlichen Raums ergeben.

Hat sich schonmal irgendwo irgendwer - von Fußgängern abgesehen - an Schrittgeschwindigkeit gehalten?

Gruß Nemo
---

Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!
Muss man sich eigentlich als Fußgänger an die Schrittgeschwindigkeit halten? Also verhalte ich mich verkehrswidrig, wenn ich z.B. von Stadtmitte zum Bahnhof Friedrichstr. renne, weil die U6 mal wieder 40 Sekunden zu früh abgefahren ist?
Zitat
Heidekraut
Der Tiergartentunnel ist aber ebenso ein halbgares Ganzes. Er reicht ja nicht weit genug in den Süden Berlins.

Aber die Sackgasse Friedrichstraße?
Zitat
PassusDuriusculus
Muss man sich eigentlich als Fußgänger an die Schrittgeschwindigkeit halten?
Nein!
Aber als Reiter schon - falls jetzt jemand auf die Idee kommt, dass ein Pferd auch zu Fuß geht!

Gruß Nemo
---

Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 27.01.2023 12:03 von Nemo.
Zitat
Nordender
Gibt es es dafür einem Link?

Ja, den Artikel auf der BahnInfo-Hauptseite. 😉

Ansonsten gibt es eine offizielle Anfrage durch die DSO-Redaktion, auf die die BVG schriftlich geantwortet hat.
Zitat
Ruhlebener
Mal sehen, ob die Rad- und Rollerfahrer sich tatsächlich an der Schrittgeschwindigkeit halten...

Ja, das bleibt abzuwarten. Wobei selbst das Modell Friedrichstraße mit Radspur in der Mitte funktionieren kann, wie ich in Düsseldorfs Schadowstraße sehe.


Sorry, in diesem Forum dürfen nur registrierte Benutzer schreiben.

Hier klicken, um sich einzuloggen