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Bern: Kaum Zeitverluste durch Tempo 30 auf Hauptstrassen
geschrieben von Marienfelde 
Kürzlich hat sich die schweizerische Online-Zeitung Infosperber.ch unter der Überschrift "Kurioser Streit um ein paar Sekunden" mit der Einführung von Tempo 30 auf Hauptstrassen, wie vom schweizerischen Städteverband gefordert, beschäftigt.

"Infosperber wollte es wissen und hat werktags zur gleichen Zeit zehn Teststrecken in der Stadt Bern befahren – einmal mit maximal Tempo 30 und einmal mit maximal Tempo 50. Die Ergebnisse:

- Auf sechs Strecken unterschieden sich die Fahrzeiten kaum. Der Unterschied betrug höchstens drei Sekunden. Mit Tempo 50 war zwar die Fahrt schneller, dafür die Wartezeit an den Lichtsignalanlagen länger.

- Auf vier Strecken war Tempo 50 tatsächlich schneller. Und zwar um 3 bis 18 Prozent.

- Die Fahrzeit für alle zehn Strecken betrug eine gute Stunde. Genauer: 1:05:36 mit Tempo 50, 1:07:32 mit Tempo 30. Mit Tempo 30 war die gesamte Fahrzeit als nur um zwei Minuten oder drei Prozent länger.

- Der Benzin-Verbrauch betrug 7,4 l/100 km bei maximal Tempo 50, lediglich 6,9 l/100 km bei maximal Tempo 30.

- Die Durchschnittsgeschwindigkeiten inklusive Wartezeiten bei Lichtsignalen, an Kreuzungen und im Stau unterschieden sich kaum: 18,9 km/h bei Tempo 50, 18,4 km/h bei Tempo 30."

(...)

"Fazit: Die Zeitverluste sind minimal. Denn auf vielen Innerorts-Strecken gilt schon heute Tempo 30 oder sogar Tempo 20. Und selbst dort, wo Tempo 50 eigentlich erlaubt wäre, können Autofahrer häufig nicht so schnell fahren, weil der Verkehr stockt, weil es Rotlichter hat oder weil Fussgänger die Strasse überqueren."

Außerdem weist der (schweizerische) Städteverband auf die gesundheitsfördernde Wirkung von Tempo 30 durch Lärmreduzierungen hin, und: "«Viele Projekte werden wegen Lärmeinsprachen blockiert.» Das gefährde die Stadtentwicklung. Demgegenüber sei Tempo 30 «eine wirkungsvolle, kostengünstige und einfach umsetzbare Massnahme – namentlich im Vergleich zu baulichen Massnahmen»."

Hier noch ein Link zu Infosperber.ch: [www.infosperber.ch]

und zum Schweizerischen Städteverband: [staedteverband.ch]

Noch einen schönen Feiertag wünscht Euch
Marienfelde

Nachtrag eines weiteren Links zum Städteverband: [staedteverband.ch]



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 18.05.2023 17:58 von Marienfelde.
Können Wissing, Scheuer, Dobrindt, Lindner etc eigentlich lesen? Oder sollte zu denen mal jemand hingehen und laut vorlesen? Ist die Studie so verfasst, dass diese Herren sie verstehen? Oder sollte sie zunächst in "einfache Sprache" übersetzt werden?
Für die „Grüne-Welle-Vermeidungs-Programmierung“ der Lichtsignalanlagen in Spandau könnte der Effekt auch zutreffen.

Für mich deutlich interessanter ist der doch überschaubare Verbrausunterschied, Physik lässt sich eben nicht per Gesetz verändern.

Was passiert eigentlich, wenn der Soundgenerator eines BEV bei Tempo 30 lauter ist, als das einfache Vorbeifahrgeräusch bei Tempo 50? Kommt dann die Verbannung von Fahrzeugen mit per Gesetz vorgeschriebenen Lärmpegel?
Zitat
Jahreskarte
Für die „Grüne-Welle-Vermeidungs-Programmierung“ der Lichtsignalanlagen in Spandau könnte der Effekt auch zutreffen.

Für mich deutlich interessanter ist der doch überschaubare Verbrausunterschied, Physik lässt sich eben nicht per Gesetz verändern.

Was passiert eigentlich, wenn der Soundgenerator eines BEV bei Tempo 30 lauter ist, als das einfache Vorbeifahrgeräusch bei Tempo 50? Kommt dann die Verbannung von Fahrzeugen mit per Gesetz vorgeschriebenen Lärmpegel?
Dann wird die Verordnung nachgeregelt dass das nicht mehr so ist. Nebenbei wäre das auch gefährlich, wenn die Autos bei 50 leiser sind als bei 30 - diese künstliche Lärmquelle wird ja gefordert da das Rollgeräusch bei 30 noch nicht laut genug ist.

Gruß Nemo
---

Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!
Mit Tempo 50 war zwar die Fahrt schneller, dafür die Wartezeit an den Lichtsignalanlagen länger, weil die Programmierung der grünen Welle auf 50 km/h erfolgte. Wer hätte das Ergebnis auch erwartet?
Zitat
phönix
Mit Tempo 50 war zwar die Fahrt schneller, dafür die Wartezeit an den Lichtsignalanlagen länger, weil die Programmierung der grünen Welle auf 50 km/h erfolgte. Wer hätte das Ergebnis auch erwartet?

In dieser Kombination wäre es eigentlich nicht zu erwarten. Im Grundsatz sollen grüne Wellen wohl so programmiert sein, dass sie bei der vorgesehenen Geschwindigkeit die Wartezeiten in der vorgesehenen Richtung minimieren. Also sollte der Verkehr auf der für 50 km/h optimierten Strecke dann eine grüne Welle haben, wenn er mit 50 km/h fährt.

Das geht aber naturgemäß zum einen nicht flächendeckend, da die Lichtsignalanlagen vor allem dazu dienen, Verkehrsströme zu priorisieren und dabei eher ein Hauptstrom priorisiert werden kann/muss. Meist funktioniert es auch nur bedingt, wenn die grüne Welle auf eine fixe Geschwindigkeit eingestellt ist, da der Verkehrsfluss nicht zwingend bei dieser Geschwindigkeit funktioniert.

Was die Testfahrten angeht: Letztlich hängt es natürlich auch davon ab, ob die ausgewählten Strecken überhaupt von der grünen Welle profitieren sollten. Denn durch die Priosierung ausgewählter Strecken kommt es sicher auch zu einer Verlangsamung anderer Strecken, so dass von 10 zufällig ausgewählten Teststrecken mindestens einige natürlich auch unter den grünen Wellen anderer Strecken zu leiden haben.

Zitat
Jahreskarte
Für mich deutlich interessanter ist der doch überschaubare Verbrausunterschied, Physik lässt sich eben nicht per Gesetz verändern.

Es sind immerhin 7 % weniger Verbrauch bei 2-3 % Zeitverlust, das klingt für mich nach einem sehr sinnvollen Verhältnis und gewichtigen Argument für eine entsprechende Geschwindigkeitsbegrenzung.

Was vom Versuchsaufbau her systematisch noch nicht mit berücksichtigt werden konnte, sind die besseren Möglichkeiten, den Verkehr bei Tempo 30 für alle flüssiger zu gestalten, weil man durch die geringere Fahrgeschwindigkeit den Verkehr flexibler regeln kann und statt einer Ampel mit entsprechenden Sicherheitspufferphasen, in denen für alle rot ist, Rechts-vor-Links- und Zebrastreifenlösungen anwenden kann. Soweit der Querverkehr nicht zu groß ist, dürfte dies die 2-3 % Zeitverlust locker einsparen.
Zitat
phönix
Mit Tempo 50 war zwar die Fahrt schneller, dafür die Wartezeit an den Lichtsignalanlagen länger, weil die Programmierung der grünen Welle auf 50 km/h erfolgte. Wer hätte das Ergebnis auch erwartet?

Eigentlich müsst man doch dann bei 50km/h durchflutschen und bei 30 warten, wenn sich die grüne Welle an 50km/h orientieren würde.

Das Ding ist hierbei halt, dass die grüne Welle auch eine von diesen automobilen Mythen ist. Eine grüne Welle funktioniert in einem regelmäßigen Straßenraster mit quadratischen Häuserblocks, die Kantenlängen haben, die in der Umlaufzeit der Ampeln mit der gewünschten Geschwindigkeit durchfahren werden können.

Das hat aber mit europäischen Stadtstraßennetzen so ziemlich gar nichts zu tun!

In allen anderen Fällen funktioniert die grüne Welle nur in eine Richtung oder mit wechselnden Geschwindigkeiten - vom langsamer Fahren kann man den Autofahrer aber gar nicht überzeugen. Bei Kreuzungen funktioniert das also nur in eine der vier möglichen Richtungen. Man kann also morgens stadteinwärts und abends stadtauswärts wunderbar grüne Wellen schalten. Alle anderen Richtungen und vor allem andere Verkehrsteilnehmer dürfen dann aber immer warten - gerne auch mehrfach.

Gruß Nemo
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Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 19.05.2023 13:56 von Nemo.
Zitat
oskar92
Können Wissing, Scheuer, Dobrindt, Lindner etc eigentlich lesen? Oder sollte zu denen mal jemand hingehen und laut vorlesen? Ist die Studie so verfasst, dass diese Herren sie verstehen? Oder sollte sie zunächst in "einfache Sprache" übersetzt werden?

Vielleicht suchen sie auch, so wie ich, noch eine Angabe, wann dieser Mensch seine tollen Messungen gemacht hat, da es ja ohne diese Angabe ein relativ wertloser Test war. Ich lese nur "werktags". Natürlich wird er in der Rush-Hour, auch wenn er es versucht, Tempo 50 kaum erreichen - aus dem Text lese ich schon heraus, dass er das bei starkem Verkehrsuafkommen gemacht hat. Warum sollte man aber jetzt, nur weil manch einer im Berufsverkehr selten schneller als 30 fährt (trifft auf meinen Arbeitsweg z. B. überhaupt nicht zu), auch denjenigen Lebenszeit rauben, die zwischen 6 und 7 Uhr auf leeren, ampelfreien Straßen dahingleiten könnten? 10 km mit 50km/h dauern ca. 12 Minuten, mit 30km/h wären es ca. 20 Minuten - also ca. 67% länger.

Es könnte auch jemand Testfahrten zwischen 8 und 9 Uhr auf der BAB100 machen und danach behaupten, dass es kaum einen Unterschied macht ob man maximal 80km/h oder maximal 30km/h fährt, wäre genauso sinnlos.

Ich hätte übrigens überhaupt nichts dagegen, stadtweit zwischen 22 und 6 Uhr flächendeckend Tempo 30 innerorts einzuführen und 60 auf dem Stadtring - wohlwissend, dass man dann länger brauchen wird. Hier hätte es aber den Mehrwert, dass Anwohner vor nächtlichem Verkehrslärm geschützt werden - Tempo 30 generell, nur weil es im Berufsverkehr keinen Unterschied macht, ist doch reine Symbolpolitik ohne relevanten Mehrwert...

Gruß
Salzfisch

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Berlins Straßen sind zu eng, um sie mit Gelenkbussen zu verstopfen!
Zitat
Salzfisch
stadtweit

Zitat
Salzfisch
dass Anwohner vor nächtlichem Verkehrslärm geschützt werden

Nicht immer nur pauschal und aus der Innenstadt heraus denken. Es gibt zahlreiche Hauptstraßen wo keine dichte Wohnbebauung ist und 30 km/h keinen Nutzen bringen.
Es wäre aber vermutlich ökonomischer, die Straßen ohne Wohnbebauung mit 50 zu beschildern als anders herum :)
Zitat
Salzfisch
Zitat
oskar92
Können Wissing, Scheuer, Dobrindt, Lindner etc eigentlich lesen? Oder sollte zu denen mal jemand hingehen und laut vorlesen? Ist die Studie so verfasst, dass diese Herren sie verstehen? Oder sollte sie zunächst in "einfache Sprache" übersetzt werden?

Vielleicht suchen sie auch, so wie ich, noch eine Angabe, wann dieser Mensch seine tollen Messungen gemacht hat, da es ja ohne diese Angabe ein relativ wertloser Test war. Ich lese nur "werktags". Natürlich wird er in der Rush-Hour, auch wenn er es versucht, Tempo 50 kaum erreichen - aus dem Text lese ich schon heraus, dass er das bei starkem Verkehrsuafkommen gemacht hat. Warum sollte man aber jetzt, nur weil manch einer im Berufsverkehr selten schneller als 30 fährt (trifft auf meinen Arbeitsweg z. B. überhaupt nicht zu), auch denjenigen Lebenszeit rauben, die zwischen 6 und 7 Uhr auf leeren, ampelfreien Straßen dahingleiten könnten? 10 km mit 50km/h dauern ca. 12 Minuten, mit 30km/h wären es ca. 20 Minuten - also ca. 67% länger.

Es könnte auch jemand Testfahrten zwischen 8 und 9 Uhr auf der BAB100 machen und danach behaupten, dass es kaum einen Unterschied macht ob man maximal 80km/h oder maximal 30km/h fährt, wäre genauso sinnlos.

Ich hätte übrigens überhaupt nichts dagegen, stadtweit zwischen 22 und 6 Uhr flächendeckend Tempo 30 innerorts einzuführen und 60 auf dem Stadtring - wohlwissend, dass man dann länger brauchen wird. Hier hätte es aber den Mehrwert, dass Anwohner vor nächtlichem Verkehrslärm geschützt werden - Tempo 30 generell, nur weil es im Berufsverkehr keinen Unterschied macht, ist doch reine Symbolpolitik ohne relevanten Mehrwert...

Gruß
Salzfisch

"Tempo 30 auf Hauptstraßen - das geht gar nicht" - mit dieser (falschen) Kernaussage kommt die in Berlin geführte Debatte wohl nicht nur bei mir an. Ich denke, wir sind uns insoweit einig.

Wir müssen ohnehin nicht in der Schweiz und bei "Infosperber" (eine Seite, die ich schätze, weil auf ihr hinsichtlich des Ukraine-Krieges jedenfalls nicht nur NATO-Propaganda verbreitet wird) bleiben, sondern wir können direkt zur Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz gehen (seht es mir nach, wenn der Laden inzwischen schon wieder anders heißen sollte).

Dort ist seit Dezember 2021 ein Abschlussbericht "zur lufthygienischen und verkehrlichen Wirkung von Tempo 30 mit Verkehrsverstetigung als Maßnahmen des Luftreinhalteplans zur Reduzierung von NO²" verfügbar.

"Um diese Erkenntnisse zu gewinnen, wurde am 8. April 2018 an der Leipziger Straße zwischen
Markgrafenstraße und Potsdamer Platz, am 4. Juni 2018 an der Potsdamer Straße zwischen
Potsdamer Platz und Kleistpark und am 3. September 2018 an der Hauptstraße zwischen
Kleistpark und Innsbrucker Platz Tempo 30 angeordnet, sodass ab diesem Zeitpunkt im
gesamten 5,5 Kilometer langen Straßenzug zwischen Markgrafenstraße und Innsbrucker Platz
Tempo 30 galt. Am Tempelhofer Damm zwischen Alt-Tempelhof und Ordensmeisterstraße
wurde Tempo 30 am 3. September 2018, an der Kantstraße zwischen Savignyplatz und Amtsgerichtsplatz am 5. November 2018 angeordnet."

Im Ergebnis (vgl. die Tabelle auf Seite 62) konnte (mit der Ausnahme Potsdamer Straße) die verkehrsbedingte Belastung mit Stickstoffdioxid deutlich reduziert werden. Anders als in Bern gab es in den untersuchten Fällen in Berlin allerdings höhere Reduzierungen der durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit, z.B. in der Leipziger Straße um 5,2 km/h auf noch 22 - 26 km/h.

Im Autobusverkehr der BVG ergaben sich verminderte Reisegeschwindigkeiten von 1,3 km/h (Tempelhofer Damm, im Nachtverkehr übrigens 7,5 km/h!) bis zu 2,5 km/h (Kantstraße).

Dem wären aber die geringeren Umweltbelastungen sowie die größere Verkehrssicherheit gegenüberzustellen.

"Menschen, die an Hauptstraßen wohnen, haben sich im Interesse eines schnelleren Verkehrs mit höheren Schadstoffbelastungen abzufinden" - eine solche Position würde ich für falsch halten.
Sie ist, glaube ich, auch keine Frage von Mehrheiten.

Hier noch ein "Eingangslink" zu Sen UVK für Interessierte (Download unter dem Stichwort "Untersuchungen zur Wirkung von Tempo 30", etwa in der Mitte): [www.berlin.de]


Allseits einen schönen Sonntag wünscht Euch
Marienfelde
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