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Nach über 60 Jahren hat die Turmstraße wieder eine Straßenbahn
geschrieben von BahnInfo-Redaktion 
Bis zum 2. Mai 1960 klingelte die Linie 2 in der Turmstraße, ehe letztere spätestens mit der Einstellung der 25 am 1. September 1961 straßenbahnfrei wurde. Über sechs Jahrzehnte sollte es am Ende dauern, bis sowohl die deutsch-deutsche als auch die verkehrspolitische Teilung Berlins hier überwunden sein würden.

Seit heute, dem 9. September, ist die Turmstraße nun wieder angeschlossen an das Tramnetz und damit nach Jahrzehnten von Diskussion und Planung auf Schienen verbunden mit dem Hauptbahnhof. Acht Minuten soll die M10 für die 2,2 Kilometer lange Neubaustrecke benötigen, womit sie zwischen dem Lehrter Bahnhof und dem U-Bahnhof Turmstraße dann eine Minute schneller unterwegs sein wird als die bisherige Buslinie 245. Der 245er fährt zukünftig an der Invalidenstraße geradeaus weiter auf der Alt-Moabit in die Rahel-Hirsch-Straße, um an der neu eingerichteten Haltestelle am Washingtonplatz auf der Südseite des Hauptbahnhofes zu halten.

Seit den 1990er-Jahren wurde immer wieder heftig über eine Straßenbahn nach Moabit gestritten - vor allem als Alternative zur U5. So warf beispielsweise Michael Cramer als damaliger verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Sommer 1994 dem Senat sogar die bewusste Täuschung von Öffentlichkeit und Parlament vor. Cramer zufolge wurde eine Straßenbahn schlecht und die so genannte Kanzler-U-Bahn schöngerechnet.

Knapp 30 Jahre später fährt nun beides. Die U5 vom Alexanderplatz und die Straßenbahn von der Turmstraße zum Hauptbahnhof. „Seit heute kann man auch auf den Schienen zu den Schienen fahren“, verkündet Verkehrssenatorin Manja Schreiner in ihrer Eröffnungsrede stolz und verspricht: „Wir wollen aber nicht dauerhaft an der Turmstraße enden. Zum Ende der Legislatur streben wir die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens an.“ Gemeint ist damit die Fortsetzung der Straßenbahn zur Jungfernheide, die nicht das einzige Tramprojekt bleiben soll. Ebenfalls wolle man noch innerhalb dieser Amtszeit für Mahlsdorf die Genehmigungsplanung einreichen.

Zu weiteren Ausbauvorhaben der Straßenbahn wie beispielsweise von Johannisthal in die Gropiusstadt hält sich die Christdemokratin unterdessen bedeckt. Dennoch - und das betont Manja Schreiner - gebe es keinen Straßenbahnplanungsstopp, wie immer wieder von einigen oppositionellen Kräften behauptet.

Es besteht also Hoffnung, dass das Netz weiter wächst. Wenn auch sehr schleppend, oder wie Tilo Schütz vom Berliner BUND spitzzüngig bilanziert: „Alle 10 Jahre eine Eröffnung ist schon mal gut.“ Und das, obwohl es am Tempo an sich nicht unbedingt liegt, wenn dann endlich gebaut wird. Selbst bei den Kosten wurde der Rahmen gehalten. „In zwei Jahren sind 33 Millionen Euro ausgegeben worden. Ich finde, das geht doch“, jubelte Franziska Giffey, Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe und zugleich Aufsichtsratsvorsitzende der BVG, in ihrer Eröffnungsrede.

Einig war sie sich mit Verkehrssenatorin Manja Schreiner in Sachen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, wo beide allerdings offensichtlich ihren Schwerpunkt vor allem bei der U-Bahn sehen, wie sie beim Festakt hervorhoben. Die U7 zur Heerstraße, zum BER oder auch die U8 wurden benannt. Energisch und voller Elan skandierte Giffey: „Wir meinen das ernst und machen das jetzt auch!“

Dr. Rolf Erfurt, Vorstand Betrieb der BVG, ist jedenfalls glücklich und erleichtert, dass in Moabit die Straßenbahn rollt, erst recht in Zeiten des Fahrermangels: „Eine Kapazität von fünf Bussen fährt jetzt hier!“ Wenngleich bei der Premiere auch etwas langsam, weil sich die Ampelschaltungen erst einspielen müssen und der Zug vor fast jeder Ampel stoppte. Jens Wieseke, Pressesprecher des Fahrgastverbands IGEB nimmt es mit Humor: „Auch diese Straßenbahnbahnstrecke bringt Momente der Ruhe und Kontemplation in die hektische Großstadt.“

Weniger lustig findet Wieseke, dass die im Planfeststellungsbeschluss versprochene Querung für zu Fuß Gehende und Radfahrende an der Thusnelda-Allee nicht gebaut wurde und vor 2028 nicht kommen soll. Bahninfo berichtete. Er und viele andere Interessenvertreter drängen auf eine schnelle Lösung. „Diese Lösung wird man dort an Ort und Stelle jetzt nicht finden. Aber im Zuge der Verlängerung zur Jungfernheide wird das kommen,“ sagt Manja Schreiner.

Für Tilo Schütz vom BUND ist das nicht hinnehmbar: „Wir prüfen bereits eine Klage!“ Es geht also weiter an der Turmstraße; so oder so.



Artikel geschrieben von Christian Linow



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 09.09.2023 15:47 von BahnInfo-Redaktion.
Vielen Dank für den Artikel!

Zitat
BahnInfo-Redaktion
Energisch und voller Elan skandierte Giffey: „Wir meinen das ernst und machen das jetzt auch!“

Frau Giffey hat mal wieder ihre Kernkompetenz unter Beweis bestellt: ankündigen.

Zitat
BahnInfo-Redaktion
Weniger lustig findet Wieseke, dass die im Planfeststellungsbeschluss versprochene Querung für zu Fuß Gehende und Radfahrende an der Thusnelda-Allee nicht gebaut wurde und vor 2028 nicht kommen soll. Bahninfo berichtete. Er und viele andere Interessenvertreter drängen auf eine schnelle Lösung. „Diese Lösung wird man dort an Ort und Stelle jetzt nicht finden. Aber im Zuge der Verlängerung zur Jungfernheide wird das kommen,“ sagt Manja Schreiner.

1. Nachdem ich mich in letzter Zeit ja desöfteren über die IGEB und vor allem Herrn Wieseke oft genug ausgelassen habe: ich begrüße es, dass er es in dieser Deutlichkeit kritisiert.

2. Wenn man nun 5-10 Jahre braucht, um einen planfestgestellten Zustand mit minimalem Umsetzungsaufwand herzustellen, kann man sich vorstellen, wie glaubwürdig die anderen Ankündigungen sind.
Jetzt ist man stolz auf die Straßenbahn in eine tote Gegend. Was aber ist mit der Verlängerung der U5? Ich bin froh, dass es mehr Schwung für die U-Bahn gibt.
Zitat
Heidekraut
Jetzt ist man stolz auf die Straßenbahn in eine tote Gegend. Was aber ist mit der Verlängerung der U5? Ich bin froh, dass es mehr Schwung für die U-Bahn gibt.

Man wird die Straßenbahn ja nicht gleich wieder einstellen, also gibt es hier keine U-Bahn mehr. Es gibt ja in Berlin die Doktrin dass die Aufgabe der U-Bahn primär die Befreiung der Oberfläche von ÖPNV ist.

Gruß Nemo
---

Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!
Schön, dass hier gleich nur gemeckert wird... Ich dachte ihr wollt endlich wieder die Straßenbahn im Westteil...
Von dieser Doktrin habe ich noch nie was gehört. ;-) Aber morgen wird gefeiert.
Zitat
Heidekraut
Jetzt ist man stolz auf die Straßenbahn in eine tote Gegend. Was aber ist mit der Verlängerung der U5? Ich bin froh, dass es mehr Schwung für die U-Bahn gibt.

Wann warst du denn das letzte Mal in der Turmstraße, wenn das für dich eine tote Gegend ist?
Zitat
Heidekraut
Jetzt ist man stolz auf die Straßenbahn in eine tote Gegend. Was aber ist mit der Verlängerung der U5? Ich bin froh, dass es mehr Schwung für die U-Bahn gibt.

Wir brauchen keine U5 in toten Gegenden.
Zitat
GraphXBerlin
Schön, dass hier gleich nur gemeckert wird... Ich dachte ihr wollt endlich wieder die Straßenbahn im Westteil...

So ärgerlich diese entfallene Querungsmöglichkeit auch ist, den Hype darum mit Klageandrohungen von BUND und FUSS e.V. halte ich für überzogen und sogar schädlich für das Erreichen der Verkehrswende. Das kann nämlich dazu führen, dass künftig überhaupt keine neuen Straßenbahnstrecke mehr projektiert werden, weil Vorhabenträger und Genehmigungsbehörden befürchten müssen, wegen jeder noch so kleinen pragmatischen Änderung gleich vor Gericht zu landen. Bei größeren Projekten sind derlei nachträglich genehmigte Abweichungen vom PFB nicht unüblich - s. etwa den Verzicht auf "Empfangsgebäude" in S Ostkreuz...

Und ja, als Vorstand des Berliner Behindertenverbandes e.V. habe ich bzw. haben wir an zwei konkreten Stellen der gestern eröffneten Strecke auch Bauchschmerzen, dennoch verzichten wir aus obiger Erwägung auf das große Kino.

Kämpfen wir lieber gemeinsam für den schnellen Bau weiterer Tramstrecken statt überteuerter U--Bahnen mit ewiglangen Bauzeiten. :-)

Viele Grüße
Arnd
Die Straßenbahn wird aber auch nicht zum Selbstzweck genutzt. Es müsste alles daran gesetzt werden, dieses Verkehrsmittel so gut es geht in den öffentlichen Raum einzuarbeiten. Meiner Meinung nach ist das mit der Strecke an sich auch gelungen. Nur das Ende ist eben doch 'ne ziemliche Barriere - und das ohne Not.

Und - es ist nun mal das Missverhältnis von enorm langen Planungszeiten um etwas Konsens zu erhalten zur finalen Umsetzung, was das größere Problem ist. Pragmatismus - meinetwegen, aber dann doch bitte gleich bei der Planung!

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Arnd Hellinger
Zitat
GraphXBerlin
Schön, dass hier gleich nur gemeckert wird... Ich dachte ihr wollt endlich wieder die Straßenbahn im Westteil...

So ärgerlich diese entfallene Querungsmöglichkeit auch ist, den Hype darum mit Klageandrohungen von BUND und FUSS e.V. halte ich für überzogen und sogar schädlich für das Erreichen der Verkehrswende. Das kann nämlich dazu führen, dass künftig überhaupt keine neuen Straßenbahnstrecke mehr projektiert werden, weil Vorhabenträger und Genehmigungsbehörden befürchten müssen, wegen jeder noch so kleinen pragmatischen Änderung gleich vor Gericht zu landen. Bei größeren Projekten sind derlei nachträglich genehmigte Abweichungen vom PFB nicht unüblich - s. etwa den Verzicht auf "Empfangsgebäude" in S Ostkreuz...

Und ja, als Vorstand des Berliner Behindertenverbandes e.V. habe ich bzw. haben wir an zwei konkreten Stellen der gestern eröffneten Strecke auch Bauchschmerzen, dennoch verzichten wir aus obiger Erwägung auf das große Kino.

Kämpfen wir lieber gemeinsam für den schnellen Bau weiterer Tramstrecken statt überteuerter U--Bahnen mit ewiglangen Bauzeiten. :-)

An besagter Stelle ließen es sich gestern ein oder zwei Personen nicht nehmen lautstark darauf hinzuweisen. Es war u. a. das Wort Rechtsbeugung zu hören. Na gut.
Zitat
Arnd Hellinger
So ärgerlich diese entfallene Querungsmöglichkeit auch ist, den Hype darum mit Klageandrohungen von BUND und FUSS e.V. halte ich für überzogen und sogar schädlich für das Erreichen der Verkehrswende. Das kann nämlich dazu führen, dass künftig überhaupt keine neuen Straßenbahnstrecke mehr projektiert werden, weil Vorhabenträger und Genehmigungsbehörden befürchten müssen, wegen jeder noch so kleinen pragmatischen Änderung gleich vor Gericht zu landen.

Ob es aber für den Ausbau des Streckennetzes zielführender ist, wenn sich die Framings "Straßenbahn = unsicher" und "Straßenbahntrasse = Barriere im Stadtraum" durchsetzen?

Pragmatisch wäre es übrigens gewesen, die Planung einfach umzusetzen, statt irgendwelche Gefahren herbeizufantasieren - und das in einer Stadt, in der regelmäßig Fußgänger:innen oder Radfahrende von rechtsabbiegenden Kfz verletzt oder gar getötet werden.

Soll heißen: der Blödsinn hat mit irgendwelcher Evidenz nichts zu tun. Die gleiche Situation gibt es völlig ohne Probleme seit anderthalb Jahrzehnten am Alexanderplatz. Und das, obwohl am Alex die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls höher sein dürfte als an der Turmstraße, schließlich sind dort mehr Passant:innen unterwegs und außerdem ziemlich viele Ortsfremde (während an der Turmstraße zu weit über 90 % Menschen queren dürften, die die Situation kennen).

Wieso ist es eigentlich in Berlin nicht möglich, einen absoluten Grundsatz guter Politik und guten Managements zu befolgen: man identifiziere ein Problem und arbeite Lösungen dazu aus, aus denen sich dann eine Lösung herauskristallisiert, die schließlich umgesetzt wird. Das würde bei der Verkehrssicherheit heißen: wie verdammt nochmal verhindern wir Abbiegeunfälle? Welche weiteren Ursachen haben Unfälle mit Schwerverletzten und Toten noch besonders häufig und wie kann man sie beseitigen? Stattdessen: Lasst uns einen Übergang über langsam befahrene Straßenbahngleise bauen! Oder in einem anderen Teil der Verkehrspolitik: Lasst uns U-Bahnen bauen, das Problem finden wir später! Kein Wunder, dass Berlin so dysfunktional ist, wie wir es kennen, wenn auf diesem Niveau politische Entscheidungen herbeigeführt werden.



3 mal bearbeitet. Zuletzt am 10.09.2023 22:11 von def.
Zitat
Arnd Hellinger
Zitat
GraphXBerlin
Schön, dass hier gleich nur gemeckert wird... Ich dachte ihr wollt endlich wieder die Straßenbahn im Westteil...

So ärgerlich diese entfallene Querungsmöglichkeit auch ist, den Hype darum mit Klageandrohungen von BUND und FUSS e.V. halte ich für überzogen und sogar schädlich für das Erreichen der Verkehrswende. Das kann nämlich dazu führen, dass künftig überhaupt keine neuen Straßenbahnstrecke mehr projektiert werden, weil Vorhabenträger und Genehmigungsbehörden befürchten müssen, wegen jeder noch so kleinen pragmatischen Änderung gleich vor Gericht zu landen. Bei größeren Projekten sind derlei nachträglich genehmigte Abweichungen vom PFB nicht unüblich - s. etwa den Verzicht auf "Empfangsgebäude" in S Ostkreuz...

Und ja, als Vorstand des Berliner Behindertenverbandes e.V. habe ich bzw. haben wir an zwei konkreten Stellen der gestern eröffneten Strecke auch Bauchschmerzen, dennoch verzichten wir aus obiger Erwägung auf das große Kino.

Kämpfen wir lieber gemeinsam für den schnellen Bau weiterer Tramstrecken statt überteuerter U--Bahnen mit ewiglangen Bauzeiten. :-)

Hallo Arnd,

es hätte dem Vorhabenträger jederzeit freigestanden, den planfestgestellten Zustand durch ein Planänderungsverfahren anpassen zu lassen. Leider hat er diesen legitimen Weg nicht gewählt, sondern sich über das Gesetz gestellt, indem er den Überweg einfach mal so nicht baut (ebenso wie den zweiten Aufzugs-Zugang). Das ist Anmaßung und Rechtsbeugung, es delegitimiert alle vorerigen Abwägungsprozesse und Entscheidungskometenzen der Planfeststellungsbehörde. Was sind denn solche Beschlüsse (und insbesondere die eingebrachten Aspekte, die Anhörungen und Abwägungen zuvor) noch wert, wenn der Vorhabenträger anschließend meint, alles besser zu wissen und besser zu können und Genehmigungsrecht was für Weicheier ist? Nein, hier ist eine Klage das einzig richtige Vorgehen, damit so was gar nicht erst einreißt.

Viele Grüße
André
Zitat
andre_de
Zitat
Arnd Hellinger
Zitat
GraphXBerlin
Schön, dass hier gleich nur gemeckert wird... Ich dachte ihr wollt endlich wieder die Straßenbahn im Westteil...

So ärgerlich diese entfallene Querungsmöglichkeit auch ist, den Hype darum mit Klageandrohungen von BUND und FUSS e.V. halte ich für überzogen und sogar schädlich für das Erreichen der Verkehrswende. Das kann nämlich dazu führen, dass künftig überhaupt keine neuen Straßenbahnstrecke mehr projektiert werden, weil Vorhabenträger und Genehmigungsbehörden befürchten müssen, wegen jeder noch so kleinen pragmatischen Änderung gleich vor Gericht zu landen. Bei größeren Projekten sind derlei nachträglich genehmigte Abweichungen vom PFB nicht unüblich - s. etwa den Verzicht auf "Empfangsgebäude" in S Ostkreuz...

Und ja, als Vorstand des Berliner Behindertenverbandes e.V. habe ich bzw. haben wir an zwei konkreten Stellen der gestern eröffneten Strecke auch Bauchschmerzen, dennoch verzichten wir aus obiger Erwägung auf das große Kino.

Kämpfen wir lieber gemeinsam für den schnellen Bau weiterer Tramstrecken statt überteuerter U--Bahnen mit ewiglangen Bauzeiten. :-)

Hallo Arnd,

es hätte dem Vorhabenträger jederzeit freigestanden, den planfestgestellten Zustand durch ein Planänderungsverfahren anpassen zu lassen. Leider hat er diesen legitimen Weg nicht gewählt, sondern sich über das Gesetz gestellt, indem er den Überweg einfach mal so nicht baut (ebenso wie den zweiten Aufzugs-Zugang). Das ist Anmaßung und Rechtsbeugung, es delegitimiert alle vorerigen Abwägungsprozesse und Entscheidungskometenzen der Planfeststellungsbehörde. Was sind denn solche Beschlüsse (und insbesondere die eingebrachten Aspekte, die Anhörungen und Abwägungen zuvor) noch wert, wenn der Vorhabenträger anschließend meint, alles besser zu wissen und besser zu können und Genehmigungsrecht was für Weicheier ist? Nein, hier ist eine Klage das einzig richtige Vorgehen, damit so was gar nicht erst einreißt.

Viele Grüße
André

Allerdings darf man ja kleinere Änderungen ohne Planfeststellungsverfahren durchführen. Z.B. hat man in der Warschauer Straße einen Fahrstreifen weggenommen, damit die Straßenbahn zwei Wendegleise bekommt.

Die Frage ist hier halt, ob die Wegnahme des Überwegs eine kleinere nicht planfeststellungspflichtige Maßnahme ist.

Wenn nun jemand klagt, wird dieser vor Beginn des Planfeststellungsverfahrens für Turmstraße II sowieso keinen Termin am Verwaltungsgericht bekommen und wenn dieses Verfahren dann erstmal läuft ist ja die Einrichtung des Übergangs absehbar.

Interessant wird es dann, wenn Turmstraße II nicht oder erst am St. Nimmerleinstag kommt und man sich daher dann nicht mehr auf die baldige Einrichtung des Überwegs berufen kann.

Gruß Nemo
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Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!
Zitat
andre_de
Zitat
Arnd Hellinger
Zitat
GraphXBerlin
Schön, dass hier gleich nur gemeckert wird... Ich dachte ihr wollt endlich wieder die Straßenbahn im Westteil...

So ärgerlich diese entfallene Querungsmöglichkeit auch ist, den Hype darum mit Klageandrohungen von BUND und FUSS e.V. halte ich für überzogen und sogar schädlich für das Erreichen der Verkehrswende. Das kann nämlich dazu führen, dass künftig überhaupt keine neuen Straßenbahnstrecke mehr projektiert werden, weil Vorhabenträger und Genehmigungsbehörden befürchten müssen, wegen jeder noch so kleinen pragmatischen Änderung gleich vor Gericht zu landen. Bei größeren Projekten sind derlei nachträglich genehmigte Abweichungen vom PFB nicht unüblich - s. etwa den Verzicht auf "Empfangsgebäude" in S Ostkreuz...

Und ja, als Vorstand des Berliner Behindertenverbandes e.V. habe ich bzw. haben wir an zwei konkreten Stellen der gestern eröffneten Strecke auch Bauchschmerzen, dennoch verzichten wir aus obiger Erwägung auf das große Kino.

Kämpfen wir lieber gemeinsam für den schnellen Bau weiterer Tramstrecken statt überteuerter U--Bahnen mit ewiglangen Bauzeiten. :-)

Hallo Arnd,

es hätte dem Vorhabenträger jederzeit freigestanden, den planfestgestellten Zustand durch ein Planänderungsverfahren anpassen zu lassen. Leider hat er diesen legitimen Weg nicht gewählt, sondern sich über das Gesetz gestellt, indem er den Überweg einfach mal so nicht baut (ebenso wie den zweiten Aufzugs-Zugang). Das ist Anmaßung und Rechtsbeugung, es delegitimiert alle vorerigen Abwägungsprozesse und Entscheidungskometenzen der Planfeststellungsbehörde. Was sind denn solche Beschlüsse (und insbesondere die eingebrachten Aspekte, die Anhörungen und Abwägungen zuvor) noch wert, wenn der Vorhabenträger anschließend meint, alles besser zu wissen und besser zu können und Genehmigungsrecht was für Weicheier ist? Nein, hier ist eine Klage das einzig richtige Vorgehen, damit so was gar nicht erst einreißt.

Das führt mich gleich zu einer anderen Frage: Arnd, Du ermunterst hier regelmäßig, sich am politischen Prozess zu beteiligen, z.B. eben an Beteiligungsmöglichkeiten. Was soll eine solche Beteiligung aber bringen, wenn die Beteiligungs- und schließlich die Abwägungsergebnisse dann völlig egal sind und gutsherrenmäßig von staatlicher Seite übergangen werden? Dann kann man sich das ganze Beteiligungsgedöns doch auch sparen, wenn irgendein selbstherrlicher Mensch in der Verwaltung sowieso im Alleingang entscheidet, wie es zu sein hat?
Um die fragliche Querung verkehrs- und betriebssicher einzurichten, müsste die Kehranlage woanders hin, wo keine Fußgänger/Radfahrer die Gleise queren.
Behördlicherseits muss alles getan werden, um den Straßenbahnbetrieb unfallfrei zu organisieren.

Die Zahl der Verkehrsunfälle mit Straßenbahnbeteiligung steigt nach Jahren des Rückgangs wieder an: [www.rbb24.de] Und diese Statistik klammert eine ebenfalls wachsende Zahl von Bahnbetriebsunfällen mit Personenschaden auf eigenem Bahnkörper völlig aus.
An einer Stelle, an der auf zwei Gleisen in beide Richtungen gefahren wird, liegen keine einfachen Verhältnisse im Sinne der Unfallverhütungsvorschriften im Bahnbetrieb vor. Es gelten dort 20 km/h Höchstgeschwindigkeit nach DF Strab. Der Bremsweg für Gefahrbremsung bei dieser Geschwindigkeit nach BOStrab / TR Bremsen beträgt neun Meter. Einen ungesicherten Übergang für Fußgänger und Fahrradfahrer an dieser Stelle wird niemand verantworten wollen.

Die Situation mit der Fußgängerzone Alexanderplatz ohne Gitter aber mit 10 km/h Begrenzung ist nicht vergleichbar, es sei denn die Turmstraße würde zur Fußgängerzone umgewidmet. Dann brauchte man gar keine Übergänge oder Ampeln mehr.

so long

Mario
Zitat
der weiße bim
Um die fragliche Querung verkehrs- und betriebssicher einzurichten, müsste die Kehranlage woanders hin, wo keine Fußgänger/Radfahrer die Gleise queren.
Behördlicherseits muss alles getan werden, um den Straßenbahnbetrieb unfallfrei zu organisieren.

Dann wäre die beste Maßnahme, ihn einzustellen. Dann gibt es auch keine Unfälle.

Zitat
der weiße bim
Die Zahl der Verkehrsunfälle mit Straßenbahnbeteiligung steigt nach Jahren des Rückgangs wieder an: [www.rbb24.de]

Aus dem Artikel:

Zitat
RBB
Am häufigsten beteiligt an solchen Unfällen sind Autofahrer - ihr Anteil lag in den zurückliegenden Jahren konstant bei knapp 70 Prozent. Auf Platz zwei der Unfallbeteiligten liegen Lkw-Fahrer (im laufenden Jahr knapp 10 Prozent), gefolgt von Fußgängern (8,5 Prozent) und Radfahrern (6 Prozent).

Genau das meine ich, wenn ich kritisiere, dass der Maßnahme offensichtlich keine Problemanalyse zugrundeliegt. Offensichtlich ist Verkehrssicherheit nur dann ein beliebtes Argument, wenn dadurch Verkehrsträger aus dem Umweltverbund Nachteile haben. Aber der Elefant im Raum wird weiterhin ignoriert.

Zitat
der weiße bim
An einer Stelle, an der auf zwei Gleisen in beide Richtungen gefahren wird, liegen keine einfachen Verhältnisse im Sinne der Unfallverhütungsvorschriften im Bahnbetrieb vor. Es gelten dort 20 km/h Höchstgeschwindigkeit nach DF Strab. Der Bremsweg für Gefahrbremsung bei dieser Geschwindigkeit nach BOStrab / TR Bremsen beträgt neun Meter. Einen ungesicherten Übergang für Fußgänger und Fahrradfahrer an dieser Stelle wird niemand verantworten wollen.

Warum genau sollten 9 m nicht ausreichen? Die Sichtverhältnisse sind doch im Regelfall gut. Ausnahme vielleicht, wenn zwei Bahnen sich genau auf dem Bahnübergang begegnen - aber dafür gibt es doch auch eine bewährte Methodik, nämlich dass die zuerst den Bahnübergang erreichte Bahn ihre Fahrt etwas verzögert, bis die entgegenkommende ihn auch erreicht hat.

Und wir reden schon von der gleichen Stadt, in der man überhaupt kein Problem mit zu schmalen Schutzstreifen im Dooringbereich oder mit Wurzeln übersäten und hinter parkenden Autos versteckten Radwegen hat?

Zitat
der weiße bim
Die Situation mit der Fußgängerzone Alexanderplatz ohne Gitter aber mit 10 km/h Begrenzung ist nicht vergleichbar, es sei denn die Turmstraße würde zur Fußgängerzone umgewidmet. Dann brauchte man gar keine Übergänge oder Ampeln mehr.

Es ist doch für die praktische Gefahreneinschätzung relativ egal, wie die Straße bzw. der Gleisbereich rechtlich gewidmet ist. Oder ist es in einer Fuzo weniger folgenschwer, von einer Bahn angefahren zu werden?
Zitat
Mario
Einen ungesicherten Übergang für Fußgänger und Fahrradfahrer an dieser Stelle wird niemand verantworten wollen.

Dann stellt sich doch aber eine Frage...WARUM HAT DAS BEIM ERARBEITEN DES PLANFESTSTELLUNGSBESCHLUSS NIEMANDEN GESTÖRT? DAS ist doch das viel größere Fragezeichen! Es bleiben ja nur zwei Möglichkeiten: ALLE Beteiligten haben während der langen Planungsphase geschlafen oder...ja, oder man hat es absichtlich so gedreht weil man sonst weitere Verzögerungen in der Planung befürchtet hat.

Ich stelle mir das genau vor - jetzt nach dem vierten Anlauf bekommt man endlich den Ostkreuz-Schwenk rechtssicher geplant. Irgendwie so, dass doch so viele Parkplätze wie möglich bestehen bleiben. Damit die Leute vor Ort beruhigt sind und ihre Einwände berücksichtigt sehen. Dann baut man endlich...und am Ende bleibt doch keine Autostellfläche übrig. Tja, Pech, da ist jemandem beim Bau noch was eingefallen. Kleine Änderung, ist rechtlich vielleicht sogar zulässig (was weiß denn ich). Und dann ist das Hallo groß. Machen wir so? Dann ist's ja okay. Dann will ich mich nicht über diese fehlende Querung beschweren.

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def
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der weiße bim
An einer Stelle, an der auf zwei Gleisen in beide Richtungen gefahren wird, liegen keine einfachen Verhältnisse im Sinne der Unfallverhütungsvorschriften im Bahnbetrieb vor. Es gelten dort 20 km/h Höchstgeschwindigkeit nach DF Strab. Der Bremsweg für Gefahrbremsung bei dieser Geschwindigkeit nach BOStrab / TR Bremsen beträgt neun Meter. Einen ungesicherten Übergang für Fußgänger und Fahrradfahrer an dieser Stelle wird niemand verantworten wollen.

Warum genau sollten 9 m nicht ausreichen?

Willst du die Frage vielleicht nochmal stellen nachdem du die 9 m "mitgemacht" hast?


Zitat
def
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der weiße bim
Die Situation mit der Fußgängerzone Alexanderplatz ohne Gitter aber mit 10 km/h Begrenzung ist nicht vergleichbar, es sei denn die Turmstraße würde zur Fußgängerzone umgewidmet. Dann brauchte man gar keine Übergänge oder Ampeln mehr.

Es ist doch für die praktische Gefahreneinschätzung relativ egal, wie die Straße bzw. der Gleisbereich rechtlich gewidmet ist. Oder ist es in einer Fuzo weniger folgenschwer, von einer Bahn angefahren zu werden?

Da in Fußgängerzonen kein Rad gefahren werden darf ist der Unterschied schon gegeben. Außerdem liegt die Höchstgeschwindigkeit dort bei 10km/h.
Zitat
tramfahrer
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der weiße bim
An einer Stelle, an der auf zwei Gleisen in beide Richtungen gefahren wird, liegen keine einfachen Verhältnisse im Sinne der Unfallverhütungsvorschriften im Bahnbetrieb vor. Es gelten dort 20 km/h Höchstgeschwindigkeit nach DF Strab. Der Bremsweg für Gefahrbremsung bei dieser Geschwindigkeit nach BOStrab / TR Bremsen beträgt neun Meter. Einen ungesicherten Übergang für Fußgänger und Fahrradfahrer an dieser Stelle wird niemand verantworten wollen.

Warum genau sollten 9 m nicht ausreichen?

Willst du die Frage vielleicht nochmal stellen nachdem du die 9 m "mitgemacht" hast?

Okay, stellen wir den Straßenbahnbetrieb also vollständig ein oder reduzieren wir die Geschwindigkeit zumindest auf 10 km/h. Es ist völlig unverantwortlich, dass z.B. am Fennpfuhl mit deutlich höheren Geschwindigkeiten ein Bahnübergang passiert wird.

Warum das Thema bei einer Verlängerung zur Jungfernheide plötzlich keines mehr sein sollte, obwohl die Bahnen dann sogar schneller unterwegs sein dürften, ist die andere Frage.

Ja, ich weiß, ABER DER LINKSVERKEHR!!!1! Die Gleise liegen hier direkt nebeneinander und werden mit einem Blick erfasst. Problematisch wäre es, wenn beide am Straßenrand verliefen oder eine breite Mittelpromenade dazwischen läge.

Zitat
tramfahrer
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def
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der weiße bim
Die Situation mit der Fußgängerzone Alexanderplatz ohne Gitter aber mit 10 km/h Begrenzung ist nicht vergleichbar, es sei denn die Turmstraße würde zur Fußgängerzone umgewidmet. Dann brauchte man gar keine Übergänge oder Ampeln mehr.

Es ist doch für die praktische Gefahreneinschätzung relativ egal, wie die Straße bzw. der Gleisbereich rechtlich gewidmet ist. Oder ist es in einer Fuzo weniger folgenschwer, von einer Bahn angefahren zu werden?

Da in Fußgängerzonen kein Rad gefahren werden darf ist der Unterschied schon gegeben. Außerdem liegt die Höchstgeschwindigkeit dort bei 10km/h.

Ganz ehrlich: dann reduziert man halt für die paar Meter die Höchstgeschwindigkeit auf 10 km/h. Auf jeder Fahrt Minuten vor Ampeln vertrödeln, damit die luftverpestende Elite nicht den Anblick eines öffentlichen Verkehrsmittels ertragen muss - völlig in Ordnung. Aber wehe, eine leer durchgeführte Wendefahrt dauert etwas länger - dann kann man dem zu Fuß gehenden Abschaum Umwege zumuten.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 11.09.2023 08:22 von def.
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