Hallo,
mich bewegt schon länger eine Frage in Zusammenhang mit den Info-Bildschirmen in den U-Bahnen der BVG.
In den politisch "aufgeregten" Zeiten, geprägt von Polarisierung und einer merkwürdigen Medienmacht der "Sozialen Medien" merke ich, wie auch meine Sensibiliät, ja vielleicht auch Überreiztheit ansteigt. Welcher politischen Richtung man auch anhängt, viele registrieren sensibler als früher, wenn Medien leicht bis stark tendenziell berichten.

Nun bestücken bei der BVG die Redaktionen von "Die Welt" und der BZ die Infoscreens. Ohne eine wissenschaftliche Doktorarbeit darüber zu zitieren, kann man die BZ als BILD-typische Sensationspresse mit einem Hang zur spießigen Weltsicht beschreiben, während "Die Welt" sich in den letzten Jahren doch spürbar nach "Rechts" entwickelt hat. Beide Medien sicherlich im Bereich des demokratischen Spektrums, aber beide spürbar Wertkonservativ und näher an der Union und rechts davon, als im Verdacht, linke Medien zu sein.

Ich frage mich nun, wie kam dieser Deal zu Stande? Warum informieren ausgerechnet in der - im Vergleich zu anderen dt. Städten - eher linken und weltoffenen Stadt zwei so konservate Zeitungen die Fahrgäste? Es gibt ja auch Redaktionen, die "mittiger" angesiedelt sind, oder man könnte aus Neutralitätsgründen zwei vergleichbar jenseits der Mitte etablierte Medien, also ein bißchen progessiv, ein bißchen konservativ gegenüberstellen.

15 Minuten U-Bahn-Fahrt mit verschiedenen Information aus Welt und BZ - definitiv ein anderes dargestelles Weltbild, als würden dort TAZ und Süddeutsche melden.

Ich empfinde das Nachrichtenangebot daher durchaus als "nicht neutral".
Weiß jemand, wie dieses Angebot zustand kam und wie lange die Laufzeit der derzeitigen Anbieter ist?

Wie seht Ihr das?
Zitat

"Bln.-Anhalter Bahnhof" am 21.8.2025 um 1.14 Uhr:

[...] Weiß jemand, wie dieses Angebot zustande kam und wie lange die Laufzeit der derzeitigen Anbieter ist?

Das Suchstichwort für "dieses Angebot" lautet "Berliner Fenster" und kann Dir eventuell einige Antworten geben. Ich sehe z. Bsp. in den Antworten auf parlamentarische Anfragen ab und zu 'mal wieder Hinweise darauf, so z. Bsp. in dieser:

Zitat

Anfrage des Abgeordneten Kristian Ronneburg (Die Linke) vom 6.6.2025 und Antwort vom 26.6.2025: Berliner Fenster (II)

Vorbemerkung der Verwaltung: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl um eine sachgerechte Antwort bemüht und hat daher die Berliner Verkehrsbetriebe AöR (BVG) Stellungnahme gebeten. Sie wird in der Antwort an den entsprechend gekennzeichneten Stellen wiedergegeben.

Frage 1: Welche Pläne verfolgt die BVG hinsichtlich der Fortführung oder Beendigung des Gestattungsvertrags für den Betrieb des sog. Fahrgastfernsehens mit der Berliner Fenster GmbH über das Jahr 2030 hinaus?

Frage 4: Neufahrzeuge (wie z.B. J/JK-Baureihe) werden nicht mehr mit Anzeigesystemen der Berliner Fenster GmbH ausgestattet werden. In welchen Fahrzeugen und auf welchen Linien soll zukünftig und über das Jahr 2030 hinaus das Angebot des Fahrgastfernsehens vorgehalten werden?

Frage 5: Wird es für die Zeit nach 2030 eine Neuausschreibung eines oder mehrerer Verträge zum Betrieb von sog. Fahrgastfernsehen geben? Wenn ja, wann soll dies erfolgen? Wenn nein, warum nicht?

Antwort zu 1., 4. und 5.: Auf Grund des Sachzusammenhangs werden die Fragen gemeinsam beantwortet. Die BVG teilt hierzu mit: "Die Strategie zur Fortführung oder Beendigung des Gestattungsvertrags hängt maßgeblich davon ab, wie lange die Fahrzeuge mit der verbauten Technik noch im Einsatz sind. Der aktuelle Vertrag sieht vor, dass die BVG die in den Fahrzeugen verbaute Technik zum Ende der Vertragslaufzeit (31.12.2030) übernehmen kann. Grundsätzlich dienen Anzeigesysteme in den Fahrzeugen primär der Fahrgastinformation. Ob und wie in Zukunft ein Fahrgastfernsehen auch in den neuen Baureihen J/JK, die nicht mehr mit Anzeigesystemen der Berliner Fenster GmbH ausgestattet werden, ergänzt wird, ist aktuell nicht entschieden."

Frage 2: Welche Möglichkeiten hat die BVG den Gestattungsvertrag mit der Berliner Fenster GmbH vorfristig aufzulösen?

Antwort zu 2.: Die BVG teilt hierzu mit: "Der Vertrag könnte mit einer Frist von 12 Monaten zum 31.12.2030 gekündigt werden. Im Übrigen ist eine vorfristige Kündigung nur aus wichtigem Grund (siehe Beantwortung Frage 3) möglich."

Frage 3: Welche Pläne gibt es, das Angebot des Fahrgastfernsehens zukünftig zu verändern?

Antwort zu 3.: Die BVG teilt hierzu mit: "Der zwischen der BVG und der Berliner Fenster GmbH geschlossene Gestattungsvertrag, der bis zum Ende des Jahres 2030 läuft, beinhaltet den gesamten Betrieb des sog. Fahrgastfernsehens. Die Berliner Fester GmbH ist Eigentümerin der Hard- und Software, so dass auch nur sie die Leistung "Infotainment/Fahrgastfernsehen" erbringen kann. Lediglich das Fahrgastinformationssystem wird von der Berliner Fenster GmbH und der BVG gemeinsam betrieben. Hierfür stellt die Berliner Fenster GmbH der BVG von allen in einem U-Bahnwagen vorhanden Doppel-Bildschirmen jeweils einen Monitor zur Verfügung, der die fahrgastrelevanten Informationen anzeigt. Das Angebot und die Contentauswahl des Fahrgastfernsehens des Berliner Fensters liegt daher ausschließlich im Verantwortungsbereich der Berliner Fenster GmbH.

Es gelten allerdings inhaltliche Beschränkungen aus dem Gestattungsvertrag, so dass die Berliner Fenster GmbH keine rassistischen, sexistischen und gewaltverherrlichenden Inhalte bewerben darf. Darüber hinaus muss Inhalt und Gestaltung der Werbung den gesetzlichen und wettbewerblichen Bestimmungen entsprechen. Die BVG hat weder einen vertraglichen Anspruch darauf, auf die Konditionen mit den Medienhäusern einzuwirken oder sie einzusehen noch darauf, an der Auswahl der Vertragspartner des Berliner Fensters beteiligt oder angehört zu werden."
.

Andere parlamentarische Anfragen dazu sind:

Anfrage der Abgeordneten Antje Kapek (Bündnis 90 / Die Grünen) vom 29.2.2024 und Antwort vom 18.3.2024: Springer und die BVG: Nachrichten aus dem Berliner Fenster

Anfrage des Abgeordneten Kristian Ronneburg (Die Linke) vom 11.4.2023 und Antwort vom 25.4.2023: Berliner Fenster

Ansonsten finde ich in meinem Archiv Zeitungsartikel über einen Verkauf des "Verlustbringers U-Bahn-Fernsehen" von einem gewissen Klaus Kurpjuweit (legendärer, aber mittlerweile pensionierter Redakteur des Tagesspiegels) aus dem Jahr 2005. ;-)

Viele Grüße, Thomas

--
Thomas Krickstadt, Berlin, Germany, usenet@krickstadt.de



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 21.08.2025 05:44 von krickstadt.
Ich denke ein entscheidender Grund für die Auswahl von Springer als Nachrichtenquelle ist, dass der Springerverlag schon lange als Geschäftsmodell hat, konservative Inhalte "ins Volk zu tragen". Insbesondere die Welt war dabei lange nicht auf eigene Wirtschaftlichkeit angewiesen sondern wird/wurde eher durch andere Produkte quersubventioniert. Da kann man auch leicht solche Inhalte kostenlos (oder gar mit einem Zuschuss für die Veröffentlichung) zur Verfügung stellen.

Für die Idee die Inhalte des eigenen Mediums auf diesen und anderen Kanälen in die Öffentlichkeit zu tragen, war beim Aufkommen des Berliner Fensters noch relativ neu. Inzwischen wäre es wohl besser, wenn die BVG so etwas nach fest definierten Kriterien selbst ausschreiben würde und den technischen Betrieb von der Lieferung der Inhalte trennen würde. Dann könnte man zumindest für die Inhalte auch regelmäßiger die Partner wechseln. Inzwischen sieht man ja z.B. auch häufiger Displays an öffentlichen Orten, die mit Inhalten anderer Anbieter wie T-Online/Watson oder der ARD kooperieren.

Andernorts wird das im Fahrgastfernsehen durch andere Anbieter so gelöst, dass dort der RSS-Feed des örtlichen Accounts des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Textticker über den Fahrgastinformationen steht, allerdings ohne jeglichen redaktionellen Eingriff, so dass dann auch die Überschriften zu Links zum "Zuschauerfoto des Tages" oder einem "Gaspreis-Dashboard" auftauchen, ohne dass man die eigentlichen Informationen wie das Foto oder auch nur eine einzige Zahl zum Gaspreis (nicht dass die mich während der Fahrt interessieren würde) sehen könnte.

Ich finde ja das Fahrgastfernsehen grundsätzlich ganz sinnvoll und habe den Eindruck, dass Springer den Bogen inhaltlich zumindest nicht so überspannt, wie dies andere Medien oder auch Springer auf anderen Kanälen tun. Auch wenn mir ein andere Anbieter für die Inhalte lieber wäre, kann ich damit leben und es tut meinen Augen zumindest gut, bei der U-Bahn-Fahrt ein bisschen mehr in die Ferne zu blicke als auf meinen Handyscreen.
Die Idee zum Berliner Fenster soll 1997 entstanden sein, verwirklicht wurde es bis 2000. Da hatte die Diepgen-Landowski-Bande das Land noch fest im Griff. Damit ist auch sonnenklar warum Springer den Zuschlag bekam...
Ich empfand das Berliner Fenster schon immer als altmodisch, ganz besonders im Vergleich mit den mitgeführten Handys. Hausbacken wäre auch ein gutes Wort. Ich fand es sehr angenehm, als ein Teil der Fenster für die Fahrgastinformationen eingesetzt wurden, wie sie ja auch in Straßenbahn und S-Bahnen üblich geworden sind. Das Berliner Fenster ist altes Westberliner Springer Medium, das außerdem Werbung verbreitet. Ein Relikt, nicht mehr zeitgemäß und unattraktiv. Gibt es das in den neuen Baureihen auch?
Zitat
Heidekraut
Gibt es das in den neuen Baureihen auch?

Nein, bisher nicht. Ich glaube in der Antwort auf die Fragen von Antje Kapek wird das thematisiert.
Hallo,

In welchen Baureihen neben den F gibt es das Berliner Fenster noch?

Mit freundlichen Grüßen

Theo
Zitat
Theo333
In welchen Baureihen neben den F gibt es das Berliner Fenster noch?

Im Großprofil, also Linien U6 bis U9 flächendeckend, in allen F- und H-Zügen. Bei der U5 nicht in den IK-"Blumenbretter"-Zügen.
Im Kleinprofil ist es durch die Ausmusterung der A3L71 weniger geworden. Hier sind nur die verbliebenen A3L92 und GI/1-Wagen mit Berliner-Fenster-Monitoren ausgestattet.
Die Reihe HK ist als erste nicht mehr damit ausgerüstet worden.

so long

Mario
Zitat
Bln.-Anhalter Bahnhof
Ohne eine wissenschaftliche Doktorarbeit darüber zu zitieren, kann man die BZ als BILD-typische Sensationspresse mit einem Hang zur spießigen Weltsicht beschreiben, während "Die Welt" sich in den letzten Jahren doch spürbar nach "Rechts" entwickelt hat.

Die Welt ist die Bild für jene, die des Lesens mächtig sind.
Zitat
der weiße bim
Zitat
Theo333
In welchen Baureihen neben den F gibt es das Berliner Fenster noch?

Im Großprofil, also Linien U6 bis U9 flächendeckend, in allen F- und H-Zügen. Bei der U5 nicht in den IK-"Blumenbretter"-Zügen.
Im Kleinprofil ist es durch die Ausmusterung der A3L71 weniger geworden. Hier sind nur die verbliebenen A3L92 und GI/1-Wagen mit Berliner-Fenster-Monitoren ausgestattet.
Die Reihe HK ist als erste nicht mehr damit ausgerüstet worden.

Hätte man durchaus in die Jk wieder integrieren knnen bei der Fläche zwischen Tür und Fenster, aber wo der Wille fehlt...
Zitat
Flexist
Hätte man durchaus in die Jk wieder integrieren können bei der Fläche zwischen Tür und Fenster, aber wo der Wille fehlt...

Zur Zeit der Einführung des Berliner Fensters waren TFT-Monitore, bahnfeste Computer zur Datenverarbeitung und die Übertragung sauteuer, die BVG der "größte Sanierungsfall Europas" und es musste gespart werden, bis es quietscht. Insofern war die fremdfinanzierte Multimediaausstattung zur Attraktivitätserhöhung der großen U-Bahnflotte überhaupt nur durch einen finanzkräftigen Privatinvestor möglich. Unter rot-rot-grüner Regierung sollte das schnellstmöglich beendet werden, den Anteil konservativer Medien im öffentlichen Raum zurückzudrängen. Sinnvoll waren die Verhandlungen, wenigstens dir Hälfte der Monitore für echte Fahrgastinfo in Regie der BVG zu nutzen. Das dürfte vermutlich die letzten Werbeeinnahmen gekostet haben, so dass das Ende 2030 für das Berliner Fenster sicher scheint. A3, F und G-Züge dürften dann ohnehin größtenteils abgestellt sein. Verkehrsreklame wird sich auf U-Bahnhöfe, Wartehäuschen und das Fahrzeugäußere beschränken.

so long

Mario
Falsch. Wie bereits oben erwähnt ist das Berliner Fenster ein Projekt des letzten Diepgen-Senats.
Hat jemand was anderes behauptet?

so long

Mario
Ja, du:
Zitat
der weiße bim
Zur Zeit der Einführung des Berliner Fensters waren TFT-Monitore, bahnfeste Computer zur Datenverarbeitung und die Übertragung sauteuer, die BVG der "größte Sanierungsfall Europas" und es musste gespart werden, bis es quietscht. Insofern war die fremdfinanzierte Multimediaausstattung zur Attraktivitätserhöhung der großen U-Bahnflotte überhaupt nur durch einen finanzkräftigen Privatinvestor möglich.
Für die Landowsky-Bande war die Stadt ein einziger Selbstbedienungsladen. Gespart wurde bei solchen Prestigeprojekten nicht, schon gar nicht bis es quietscht. Der Zuschlag für Springer war politisch gewünscht.
Zitat
VvJ-Ente
Die Idee zum Berliner Fenster soll 1997 entstanden sein, verwirklicht wurde es bis 2000. Da hatte die Diepgen-Landowski-Bande das Land noch fest im Griff. Damit ist auch sonnenklar warum Springer den Zuschlag bekam...

Das haut nicht hin. Zu Beginn kam der "informative" Teil vom Berliner Kurier. Springer kam erst viel später an die Reihe.
Zitat
VvJ-Ente
Falsch. Wie bereits oben erwähnt ist das Berliner Fenster ein Projekt des letzten Diepgen-Senats.

Hast Du denn Belege, dass das tatsächlich vom Senat ausging...?

Viele Grüße
Arnd
Zitat
Fahrgast1414
Zitat
VvJ-Ente
Die Idee zum Berliner Fenster soll 1997 entstanden sein, verwirklicht wurde es bis 2000. Da hatte die Diepgen-Landowski-Bande das Land noch fest im Griff. Damit ist auch sonnenklar warum Springer den Zuschlag bekam...

Das haut nicht hin. Zu Beginn kam der "informative" Teil vom Berliner Kurier. Springer kam erst viel später an die Reihe.

Stimmt, am Anfang war es der Kurier und, soweit ich mich erinnere, NTV.

--- Signatur ---
Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
Stimmt, an den Kurier kann ich mich auch noch erinnern. Dann wäre interessant zu erfahren, wann und warum von Kurier zu BZ gewechselt wurde.
Ich wollt mich auf jeden Fall bei Euch für die ausführlichen und vielfältigen Antworten auf meine Frage bedanken. Auch wenn "die Täterschaft" noch nicht eindeutig belegt ist, waren die Antworten in jedem Fall aufhellend und machen klar, was die Ausgangslage war und warum das Ganze aktuell auch in "Schockstarre" ist.
Ich fände im übrigen eine Fortführung des Fensters eigentlich sinnvoll und die Ablenkung (als jemand, der sein Handy irgendwo im Schrank liegen hat) immer ganz nett. Inhaltlich sollte es aber eben neutraler und ausgewogener werden
Zitat
VvJ-Ente
Die Idee zum Berliner Fenster soll 1997 entstanden sein, verwirklicht wurde es bis 2000. Da hatte die Diepgen-Landowski-Bande das Land noch fest im Griff. Damit ist auch sonnenklar warum Springer den Zuschlag bekam...

Zitat
VvJ-Ente
Stimmt, an den Kurier kann ich mich auch noch erinnern. Dann wäre interessant zu erfahren, wann und warum von Kurier zu BZ gewechselt wurde.

Ja, was denn nun? Sonnenklar oder was... ;-)
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