Nachdem Oberbürgermeister Christian Ude in seiner Jahresvorschau 2006 den Transrapid zum „Streitthema des Jahres“ gekürt hat, schlagen die Wogen zwischen Landeshauptstadt und der Bayerischen Staatsregierung über die umstrittene Schwebebahn erneut nach oben.
Derzeit wird der Flughafen von zwei S-Bahn-Linien angefahren, die alle 20 Minuten verkehren und eine Fahrzeit ab Hauptbahnhof von 41 Minuten benötigen. Außerdem gibt es eine Buslinie vom Hauptbahnhof zum Flughafen mit einer Fahrzeit von 45 Minuten, und weitere Buslinien verbinden den Flughafen mit Freising, Erding, Ingolstadt, Pfaffenhofen und im Bedarfsfall mit der Messe München.
Die Landeshauptstadt betont, dass sie sich zu notwendigen Verbesserungen der Flughafenanbindung bekennt, lehnt aber den Transrapid zu diesem Zwecke ab und möchte im Falle der Planfeststellung den Gerichtsweg gehen.
Der Oberbürgermeister führt aus, dass der Transrapid als bloße Punkt-zu-Verbindung nur denjenigen Fahrgästen einen Zeitvorteil bringt, die schon am Hauptbahnhof sind oder sehr schnell dort hin kommen können. Dies ist jedoch ausgerechnet im gehätschelten Geschäftsverkehr häufig nicht der Fall, wie anhand dreier Beispiele nachvollzogen werden kann. So würde die <b>Reisezeit</b> vom - BMW-FIZ zum Flughafen mit dem Transrapid 32 Minuten in Anspruch nehmen, während man mit U-und S-Bahn über Feldmoching lediglich drei Minuten länger braucht.
Für die Destinationen Flughafen - Siemens-Neuperlach und Flughafen - Messe München lassen sich Zeitvorteile von sieben und zehn Minuten für den Transrapid errechnen – angesichts der Gesamtreisezeit von Flugreisenden über mehrere Stunden ein zu vernachlässigender Posten.
Die Stadt bemängelt ferner das geringe <b>Fassungsvermögen des Transrapids</b>, der mit ca. 400 Plätzen pro Zug nur ein Drittel der S-Bahn-Kapazität aufweisen kann. Kapazitätserweiterungen sind jedoch nur durch eine aufwändige Auslegung der im Fahrweg installierten Motoren möglich. Bezüglich des <b>Kostenrahmens</b> führt das Münchner Stadtoberhaupt aus, dass Finanzierungsbestandteile von mehren hundert Millionen EUR nicht gedeckt sind. U. a. ist damit auch ein Anteil der Flughafengesellschaft gemeint, an der die Stadt mehrheitlich beteiligt ist. Weiterhin ist der Finanzierungsanteil von 300 Millionen Euro, die aus Betriebsgewinnen stammen sollen, reine Spekulation. Kostensteigerungen durch die wahrscheinlich notwendige Verlängerung des Tunnels in Feldmoching oder der schwierigen technischen Situation am Hauptbahnhof, die wegen des zu starken Streckengefälles statt der vorgesehenen oberirdischen Einfädelung eine unterirdische Einfahrt notwendig machen, sind darüber hinaus zu befürchten.
Die <b>Einleitung des Planfeststellungsverfahrens</B> wird dennoch am 30. März erfolgen. Die Stadtverwaltung hat bereits angekündigt, der Bürgerschaft Rad-Schiene-Alternativen vorzulegen, die mit wesentlich geringerem Aufwand wesentlich mehr Verkehrsteilnehmern zugute kommen. Außerdem wird die Stadt München in den förmlichen Verfahren auf einem Finanzierungsnachweis bestehen, weil nur so ernsthaft abgewogen werden kann, ob die außerordentlichen Belastungen der öffentlichen Haushalte bei gleichzeitiger finanzieller Zurückhaltung der begünstigten Industrieunternehmen vertretbar sind. Dies ist auch planungsrechtlich von Belang.
Der Oberbürgermeister zieht in der Jahresvorschau sein Fazit mit der Bemerkung, <i>„dass der Transrapid in München nicht Start sein für den Siegeszug einer neuen Verkehrstechnologie sein werde, sondern ein Denkmal industriepolitischer Repräsentationslust bliebe“</i>.
Die Antwort des <b>Bayerischen Wirtschaftsministeriums</b> auf die Veröffentlichung des Oberbürgermeisters ließ unterdessen nicht lange auf sich warten. Verkehrsminister Erwin Huber fordert die Münchner SPD darin auf, „mit ihrer Stimmungsmache gegen den Transrapid aufzuhören und sich zu dem für Bayern und die Landeshauptstadt so wichtigen Projekt zu bekennen." Die Äußerungen von OB Ude, die Stadt werde gegen den Transrapid notfalls auch gerichtlich vorgehen, nehme man gelassen, da "München dringend eine attraktive Anbindung an den Flughafen brauche und der Transrapid die verkehrlich beste Lösung sei.“
Dass es dem Minister dabei wohl doch nicht nur um den verkehrlichen Nutzen geht, lässt jedoch die Äußerung erahnen, „dass der Transrapid für den Industrie- und Technologiestandort Bayern und insbesondere für München von entscheidender Bedeutung sei“. „OB Ude sollte die Chance erkennen, dass München die erste Stadt in Europa sein könnte, in der der Transrapid fahren wird." Der Minister beruft sich auf den Koalitionsvertrag, in der auch der Transrapid enthalten ist. Kurz vor der Bundestagswahl habe Verkehrsminister Stolpe zudem ein über 100 Mio. Euro umfassendes Weiterentwicklungsprogramm für den Transrapid genehmigt, mit dem ein eigens auf die Münchner Strecke ausgerichtetes Fahrzeug entwickelt werde. Die Staatsregierung rechnet zum jetzigen Zeitpunkt mit einem Investitionsvolumen von rd. 1,6 Mrd. Euro, welche aus der Machbarkeitsstudie des Bundes aus dem Jahr 2000 errechnet wurde. Belastbarere Zahlen wolle man im Zusammenhang mit dem Planfeststellungsverfahren vorlegen.
Artikel geschrieben von
Arnd Werther