Willkommen! Einloggen Ein neues Profil erzeugen

erweitert
Göttingen - Erfurt, spinnt die Bahn total?
geschrieben von Thomy71 
Am Samstag hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, mit dem Regionalexpress von Göttingen nach Erfurt zu fahren. Was bitte denkt die Bahn sich denn bei DER Art von Nahverkehr? Es herrschten Zustände wie bei einer Notevakuierung oder der U-Bahn von Tokio. Sowas kennt man eigentlich nur von U-, S- und Stadtbahnen kurz nach einem Fußballspiel, dann ist es aber auch nur eine Sache von 10 oder 15 Minuten maximal. So durften nicht eben wenige Leute die volle Distanz von nahezu 2 Stunden (!) eingezwängt auf Gängen, an Türen gequetscht etc. stehen, es war echt unglaublich.

Irgendwas haben sie ja immer, zu wenig Waggons auf Vorrat, keine Loks, zu kurze Bahnsteige, eingleisige Streckenabschnitte... Weiß jemand, was die Bahn auf dieser Strecke für eine Ausrede hat? Sonst soll es ja nicht so voll da sein, aber es scheint einen regelrechten Weihnachtsmarkt-Hype zu geben, der wohl nicht unverhersehbar gewesen sein dürfte. Da wären ein paar Zwischenzüge, mehr oder höhere Wagen mehr als angebracht gewesen. Eingekeilt auf einem Notsitz mit dem Gesicht zum Klo und dem Rücken zum völlig beschlagenen Fenster konnte man nicht viel erkennen, also könnte ich nur mutmaßen, daß Doppelstockwagen von einer Diesellok nicht pünktlich durch den Fahrplan gebracht werden können. Das ist mir als zahlendem Fahrgast aber herzlich egal, zumal die langen Ein- und Ausstiegszeiten denselben Effekt hatten. Sollen sie zwei Loks nehmen oder den Takt verdoppeln.
Der RE und RB-Verkehr ist Ländersache. Die bestellen und zahlen, die DB (oder ein anderes Unternehmen) fährt. Wahrscheinlich ist eine bestimmte Taktfrequenz und Zugkapazität berechnet und reicht im Normalzustand auch (oder die Länder haben eben zu knapp bestellt). Für solche außergewöhnliche Verkehre ist wahrscheinlich nichts extra bestellt oder von der Streckenkapazität nicht möglich. Einfach so kurzfristig längere Züge ("hängt mal nen Wagon mehr dran")geht nicht so einfach, weil die auch bestellt und eingereiht müssen und das wegen Bahnsteiglängen, Grenzlast der Lok, Bremshundertstel etc. nicht so leicht ist. Im Prinzip könnte man das aber für den Fall der Fälle auch ausrechnen.
Am besten ist, sich beim zuständigen Regionalbereich der DB und dem Besteller (Landesverkehrsministerium, Zweckverband, Landesbahngesellschaft etc. - je nachdem wie das bei euch geregelt) zu beschweren. Wenn viele sich beschweren oder solche Zustände öfters vorkommen, besteht die kleine Chance, dass wenigstens für nächstes Jahr Zusatzzüge bestellt werden.
Die Zeiten sind leider vorbei, wo Bundesbahn oder Reichsbahn eben schnell ein paar alte Umbauwagen und irgendeine Lok aus dem Hut gezaubert und einen Zusatzzug auf die Reise schickten. (Siehe die Wochen nach der Grenzöffnung, als die Reichsbahn kurzerhand alles rollen ließ was ging)
Es gibt durchaus auch nach der Durchführung von Ausschreibungen spezielle Veranstaltungsverkehr, die von den EVUs (z.T. gemeinsam mit den Aufgabenträgern) organisiert werden, z.B. Sonderverkehre von NOB und RBSH zur Kieler Woche, von RBSH zum Lübecker Weihnachtsmarkt. Wie werden denn die organisiert und warum geht das nicht im o.g. Fall?
Problem könnte natürlich in manchen Fällen sein, daß die EVUs zu klein sind und selbst für mittelfristig geplante Sonderverkehre keine Wagen von "anderswo" beschafft werden können. Aber nachdem es im o.g. Fall auch die DB war, sollte es daran ja nicht liegen, sich mal den einen oder anderen Wagen vom benachbarten Regionalbereich zu leihen.
Ich kann ja dann nochmal die wenig überraschende Antwort der Bahn hier posten. Besonders schön die Passage mit dem bequemen Sitzplatz, wo es für schätzungsweise zwei Drittel der an Bord befindlichen Fahrgäste nicht einmal für einen annähernd akzeptablen Stehplatz reichte:

"Sehr geehrter Herr ***,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 12. Dezember dieses Jahres, die an uns übermittelt wurde.

Wir bedauern sehr, dass Sie Unannehmlichkeiten hatten.

Unser Bestreben ist es, das Platzangebot in unseren Zügen stets der Nachfrage auf den jeweiligen Strecken anzupassen und nach Möglichkeit jedem unserer Fahrgäste einen bequemen Sitzplatz zu bieten. Dennoch können wir nur begrenzt steuernd eingreifen, da die Deutsche Bahn den Kundenbedürfnissen nach Flexibilität entsprechend ein offenes System ist, das freien Zugang zu den Zügen bietet.

Zu den Hauptverkehrszeiten ist der Einsatz zusätzlicher Züge meist nicht mehr möglich, da gerade in Ballungsgebieten die Strecken bereits bis an die Kapazitätsgrenze ausgelastet sind und der Platz für zusätzliche Gleise fehlt.
Wo es realisierbar ist, setzen wir auf Optimierung der Infrastruktur, indem wir die Streckenführung der Nahverkehrszüge vom Fernverkehrsnetz trennen. Diese Maßnahmen können jedoch nur mittel- und langfristig umgesetzt werden.

Sehr geehrter Herr ***, selbstverständlich haben wir Ihre Hinweise und Kritik für weitere interne Auswertungen in unserem System aufgenommen. Unsere Fachbereiche haben so die Möglichkeit Schwachstellen zu erkennen und eventuelle Maßnahmen einzuleiten. Ob eine Umsetzung möglich sein wird, müssen wir an dieser Stelle jedoch leider noch offen lassen.

Wir würden uns freuen, wenn wir Sie bald wieder als Gast in einem unserer Züge begrüßen dürfen. Ihren zukünftigen Bahnreisen wünschen wir einen angenehmen Verlauf.

Mit freundlichen Grüßen

DB Fernverkehr AG
Ihr Kundendialog"

Also, wenn Herrn Meyer-Vorfelder nicht gerade beim Endspiel sturzbetrunken der Pokal aus der Hand fällt, weiß ich jedenfalls schon, wer uns bei der WM am meisten als Gastgeber blamieren wird: Die Bahn mit ihrem bereits durch Stundentakt fast überstrapazierten Gleisnetz :-/



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 27.12.2005 11:06 von Thomy71.
Also, nun möchte ich auch einmal meinen Senf dazugeben. Das Problem auf unserer RE-Linie 1 besteht nämlich nicht nur in der Vorweihnachtszeit. Gerade durch den Studentenverkehr zwischen Jena und Erfurt ist es leider fast an der Tagesordnung, dass Fahrgäste auf dem bahnsteig stehen bleiben müssen, weil der Zug einfach voll ist. Ich finde es auch schade, dass sich dies bis jetzt nicht geändert hat, obwohl die situation wohl seit 3 (oder 4) Jahren besteht, seit die lokbespannten Züge durch 612-Tws ersetzt wurden. Diese fahren meistens in Dreiertraktion. Somit bleibt die Option mit "einfach mal nen Wagen dran hängen" nicht. Desweiteren ist es DB Regio Thüringen nicht möglich diesellokbespannte Ersatzzüge zu fahren (die Strecke ist nicht komplett unter Fahrdraht), da in Thüringen alle Diesel-Strecken mit Triebwagen bedient werden, es also auch gar keine Lokreserve mehr gibt.
Die in meinen Augen einzige Lösung, wäre zusätzliche Entlastungszüge einzuführen, also auf 1-h-Takt aufzustocken. Doch die Entscheidung dazu liegt bei der NVS (Nahverkehrsservicegesellschaft) hüringen und nicht bei der DB.
Jörg schrieb:
-------------------------------------------------------
> Das Problem auf unserer RE-Linie 1
> besteht nämlich nicht nur in der
> Vorweihnachtszeit. Gerade durch den
> Studentenverkehr zwischen Jena und Erfurt ist es
> leider fast an der Tagesordnung, dass Fahrgäste
> auf dem bahnsteig stehen bleiben müssen, weil der
> Zug einfach voll ist.

Na, wenn man das so liest... so kann man die Leute auch davon abhalten, den Osten zu erkunden bzw. die Bahn dabei zu benutzen. Wenn ich mich erinnere, wie schön und ruhig ich letztes Jahr auf einer kleinen Rundreise Dresden, Leipzig und Halle auf überwiegend neuen und überdimensioniert ausgebauten Straßen erreichen konnte... da sind solche Zustände wie in den Dieseltriebwagen des Regional- "Express" aber sowas von weit von entfernt, daß ich persönlich schon ganz genau weiß, wie ich nächstes Mal in der Region unterwegs bin. Vielleicht beabsichtigt die DB das ja, welche Gründe auch immer dahinter stecken könnten.
Sorry, in diesem Forum dürfen nur registrierte Benutzer schreiben.

Hier klicken, um sich einzuloggen