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"Moia" - lästige Konkurrenz für den klassischen ÖPNV oder wertvolle Ergänzung?
geschrieben von Jules 
"Modernes Sammeltaxi startet in Hannover", so titelt die HAZ vom 4.10.2017 und berichtet über "Moia", ein Mobilitätsangebot im Grenzbereich zwischen klassischem ÖPNV und klassischem Taxi-Angebot. [www.haz.de]
Da "Moia" sich in diesem Grenzbereich bewegt, wäre zunächst mal zu klären, ob es überhaupt Diskussionsgegenstand in einem Diskussionsforum sein kann, das sich Nahverkehrsforum nennt.
Um das aber klären zu können, sollten schon ein paar Basisinformationen dazu gegeben sein. Fakt ist jedenfalls, dass ich gestern erstmals ein Fahrzeug des "Moia-Projektes" auf Hannovers Straßen gesehen habe und zwar auf der Vahrenwalder Straße stadteinwärts. Ob sich darin neben dem Fahrer auch Fahrgäste in dem VW T6 Transporter befanden konnte ich leider nicht erkennen. Dem HAZ-Artikel zu Folge werden die schwarzen "Moia"-Fahrzeuge jedoch bald zum Stadtbild gehören. (Zumindest vorübergehend)

Ein paar Fakten, die ich dem bereits genannten HAZ-Artikel und einem weiteren HAZ-Artikel vom 11.9.2017 mit dem Titel, "Modernes-Sammeltaxi startet in Hannover" [www.haz.de] entnehme, habe ich hier zusammengestellt, um die Diskussion über "Moia" anzustoßen. (Oder aber zu klären ob Moia nicht Gegenstand einer Diskussion in einem Nahverkehrsforum ist?)
Und wer dazu Bilder wünscht, der wird ebenfalls bei der HAZ fündig, in der Bildergalerie mit dem Titel: "Sammeltaxis von Moia starten in Hannover" [www.haz.de]
Hier die Fakten, die ich zunächst mal für relevant halte:

1. Der Moia-Testlauf in Hannover soll mehrere Monate dauern. "Der mehrmonatige Testlauf des VW-Pilotprojektes ist am Mittwoch gestartet. Die Shuttles fahren ab sofort durch die Stadt." (HAZ vom Mittwoch, 4.10.2017)

2. Der Test findet in einem Bereich statt, der fast das gesamte Stadtgebiet (nicht die Region Hannover) umfasst. "Auf 90 Quadratkilometern findet der Test statt." (ebenda)

3. Die Bestellung der Fahrzeuge erfolgt über eine Handy-App und der Fußweg zum Startpunkt soll maximal 250 m betragen. ""Unser Ziel ist es, dass die Menschen maximal 250 Meter laufen müssen" sagt Henrich. (Henrich ist ein Manager des Projektes) Bei diesem Fußweg zum Startpunkt sehe ich eine Ähnlichkeit mit dem ÖPNV und ein Unterschied zum Taxi, das den Fahrgast in der Regel zu hause, bzw. von der angegebenen Adresse abholt, bzw. hinbringt.

4. Der Fahrpreis beträgt in der Testphase 6 Cent pro Kilometer. "Noch bezahlt der Testreisende für den Kilometer sechs Cent. "Dass das nicht wirtschaftlich ist, wissen wir", sagt Henrich. Noch könne man aber nicht sagen, wie hoch der Preis am Ende gehe. "Er wird zwischen öffentlichen Verkehrsmitteln und Taxis liegen", verspricht Henrich." (ebenda)

5. Ebenfalls Ähnlichkeit mit dem ÖPNV sehe ich in diesem Punkt: "Anders als bei einem Taxi können unterwegs weitere Fahrgäste zusteigen." (HAZ vom 11.9.2017) In dem Artikel wird dieses Aufnehmen mehrerer Fahrgäste "Ridepooling" genannt.

6. Es sollen insgesamt 20 Busse an dem Projekt in Hannover teilnehmen. (ebenda)

7. 3500 ausgewählte Nutzer sollen die Busse testen. (ebenda)

8. Moia erhebt den Anspruch, die vom massenhaften Autoverkehr angespannte Verkehrssituation zu entlasten. Hier sehe ich ebenfalls eine Parallele zum ÖPNV, der nachweislich erheblich dazu beiträgt, dass sich auf den Straßen überhaupt noch Fahrzeuge bewegen können. An Tagen an denen in Hannover die Üstra streikte, kam es in der Vergangenheit jedenfalls immer wieder zu deutlich mehr Staus und längeren Fahrtzeiten im MIV bis hin zum phasenweisen Stillstand. "Auch der Berliner Verkehrsforscher Andreas Knie geht davon aus, dass Ridepooling den Verkehr „erheblich entlasten“ kann." (ebenda)

9. Perspektivisch soll "Moia" mit Fahrzeugen stattfinden, die elektrisch betrieben sind und automatisch gesteuert werden, also ohne Fahrer fahren. "2019 sollen die ersten Versuche mit autonom fahrenden Kleinbussen beginnen. Und 2025 will Moia eine der größten fahrerlosen Autoflotten der Welt betreiben, ..." Quelle: Ingenieur.de vom 6.12.2016: "VW-Tochter Moia will mit coolem Busfahren viel Geld verdienen" [www.ingenieur.de]

Neugierig gemacht? Ein Diskussionsthema für ein Nahverkehrsforum? Ich meine Ja. Nicht zuletzt deshalb, weil es möglicherweise Auswirkungen auf den ÖPNV in der Form haben wird, dass Moia dem ÖPNV Kunden wegschnappt, ohne dass tatsächlich eine Verbesserung der Verkehrssituation eintritt, und ohne dass eine deutliche Reduzierung der Umweltbelastung stattfindet, wie es die Initiatoren in Aussicht stellen.

Zum Schluss noch ein Foto von einem selbstfahrenden Shuttle-Bus, den die Hannoveranerinnen und Hannoveraner im Juni dieses Jahres testen konnten, als in Hannover im vergangenen Juni die VDV-Jahrestagung 2017 im Hannover Congresszentrum stattfand. Dass sich der VDV, also der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen für diese autonom fahrenden Shuttlebusse interessiert, die Moia perspektivisch betreiben will, ist für mich ein weiterer Grund dafür, diese Diskussion hier im Nahverkehrsforum anzustoßen.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 08.10.2017 12:26 von Jules.


Schon seit einigen Tagen hatte ich an verschiedenen Stellen eines der "Moia"-Fahrzeuge gesehen, die für den Test in Hannover verwendet werden. Gestern gelang mit dieses Foto auf der Vahrenwalder Straße, bei dem allerdings nur das aus dem Verkehrsgewühl herausragende hohe Heck des Fahrzeuges mit der Nummer 09 zu sehen ist:


Während in Hannover noch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoeren und Fahrern am Start sind, ist in Bad Birnbach in Bayern bereits ein ÖPNV-Angebot mit automatisch fahrenden E-Shuttle-Bussen seit Vorgestern in Betrieb gegangen.

Hier ein You-tube-Video von N24: [www.youtube.com]

Interessant ist der Film bei Szene 1:11 von 1:29, denn hier ist ein neues Verkehrsschild zu sehen, dass vor dem autonom fahrenden Bus warnt. Müsste nicht sehr viel deutlicher vor Autos gewarnt werden, in denen Fahrer am Steuer sitzen?
Anscheinend läuft der Moia-Test so erfolgreich, dass der Betreiber den Betrieb von 30 auf 250 Fahrzeuge ausdehnen will. Und es sollen reelle Preise erhoben werden, die über den ÖPNV-Preisen, jedoch unter den Taxi-Preisen liegen sollen.
[www.haz.de]
Anfangs hatte ich nicht verstanden, dass das Taxi-Gewerbe sich nicht mit lautstarken Protesten eingeschaltet hat. Das geschieht allerdings jetzt.
Auch in Hamburg regt sich massiver Protest gegen Moia von Seite der klassischen Motordroschken-Kutscher:
[www.ndr.de]
Dem NDR-Bericht zufolge boykottierten zahlreiche Taxi-Fahrer heute, 12.3.2018, unter anderem den Hamburger Flughafen. "Für viele Reisende bedeutete das längere Wartezeiten."
Interessanter Unterschied: In Hamburg sollen E-Fahrzeuge an den Start gehen, in Hannover Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren. Hofft man in Hannover deshalb damit durchzukommen, weil sich der niedersächsische Ministerpräsident mehrfach als treuer Vasall des VW-Werks erwiesen hat?



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 12.03.2018 18:54 von Jules.
Der Spiegel vom 27.4.2018 berichtet über die für 2019 geplante Einführung des Moia-Shuttle-Dienstes in Hamburg: "Von den beantragten 1000 Fahrzeugen darf Moia zunächst höchstens 500 auf die Hamburger Straßen bringen; die restliche Flotte darf nur dann ihren Dienst aufnehmen, wenn der öffentliche Nahverkehr dadurch nicht beeinträchtigt wird." [www.spiegel.de]
Die verantwortlichen Entscheidungsträger in Hamburg sehen also durchaus die Gefahr, dass Moia dem ÖPNV Schaden zufügt.
Warum Moia dem ÖPNV schaden kann:
Die Betreiber des Shuttle-Dienstes behaupten, dass viele "Jetzt-noch-Autofahrer" künftig auf's Auto verzichten werden, wenn es Moia gibt.
Ist jedoch nicht viel eher zu befürchten, dass vor allem ÖPNV-Fahrgäste oder Radfahrer umsteigen werden, wenn Moia kommt?
Am Ende werden möglicherweise nicht weniger sondern noch mehr Autos die Straßen der Stadt verstopfen.
Diese Befürchtung wird auch in einem Artikel auf der Internetseite Vision Mobility geäußert: "Eine ganz andere Frage ist, ob diese hippen und bequemen neuen Dienste nicht kontraproduktiv im Hinblick auf eine Verkehrsreduzierung wirken. Erste Studien aus den USA legen nämlich genau diesen Verdacht nahe: Statt weniger Verkehr, gibt es jetzt mehr, statt dem Bus oder dem Fahrrad ordert man sich jetzt einen Fahrdienst. Schlicht weil es so einfach, billig und bequem geworden ist." [www.vision-mobility.de]
In Hannover hat der neue Üstra-Vorstand jüngst angekündigt, mit Moia kooperieren zu wollen: "So sei es fahrlässig, sich nicht mit dem Busservice zu befassen, den in Hannover die VW-Tochter Moia bietet und ausbauen will. „Wir gucken da hin und wollen auch ausloten, ob eine Zusammenarbeit möglich ist“, sagt Klöppner." HAZ vom 30.4.2018. [www.haz.de]
Dieser Film beantwortet eindrucksvoll, die eingangs gestellte Frage, das Thema dieses Threads:
"Moia" - lästige Konkurrenz für den klassischen ÖPNV oder wertvolle Ergänzung?
Die Antwort fällt noch sehr viel schlimmer aus als befürchtet:
In dem ARD-Beitrag "Mit Vollgas in den Verkehrskollaps" wird minutiös darüber berichtet, wie Moia und andere Shuttledienste von den Autoherstellern dazu aufgebaut werden, um den ÖPNV kaputt zu machen!
Meine bereits weiter oben geäußerten Befürchtungen in dieser Frage werden leider im vollen Umfange und darüber hinaus durch den Film bestätigt.
Hier der Link zum Film, der noch bis 30.7.2019 verfügbar ist und heute (Montagabend) um 21:45 Uhr im Ersten gezeigt wird:
[www.ardmediathek.de]
Noch mehr Autos, die die Marienstraße in Hannover verstopfen:



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 01.08.2018 09:13 von Jules.


[www.daserste.de]
[www.sueddeutsche.de]
[www.berliner-zeitung.de]
[www.daserste.de]
[www.spiegel.de]
Diese Links führen zusätzlich zu dem ersten angegebenen Link, den ich bereits weiter oben nannte, zu weiteren Artikeln, die sich kritisch auseinandersetzen mit der angeblichen Verkehrswende, die von Moia und anderen Shuttle-Diensten versprochen wird.
Zusammenfassend: Moia usw., auch Carsharing-Angebote treten in Konkurrenz zum ÖPNV, können aber hinsichtlich der Personentransportkapazität des ÖPNV bei gleichzeitig geringer Verkehrsflächen-Inanspruchnahme bei weitem nicht die Vorteile bieten, die der ÖPNV bietet. Moia usw. gewinnen ihre Kunden nicht aus dem Pool der jetzt Autofahrenden, sondern ziehen ÖPNV-Kunden ab.
Donnerstag, 28.3.2019: Hannovers Taxifahrer protestieren gegen Scheuers Vorhaben, Fahrdienste wie Moia zuzulassen.
Hier ein Link zu einem NDR-Beitrag (mit Film) zum Thema: [www.ndr.de] In dem Filmbeitrag wird ausdrücklich auf Moia eingegangen und die aus Sicht der Taxifahrer unfairen Wettbewerbsvorteile, von denen Moia profitiert, herausgestellt.
Und hier zwei Bilder aus Hannover vom Friedrichswall:


„Wir danken Ole Harms, der MOIA in den vergangenen drei Jahren sehr erfolgreich geführt hat“, sagt Thomas Sedran, der Aufsichtsratsvorsitzende von MOIA. „Seit der Gründung im Dezember 2016 hat MOIA viel erreicht. Aus einem kleinen Team wurde ein Unternehmen mit mehreren Hundert Mitarbeitern und Fahrern. Das wegweisende, elektrische Ridesharing-Angebot in Hannover, Hamburg und bald auch in London wird von der Öffentlichkeit und Kunden sehr gut angenommen. Jetzt geht es darum, den Dienst weiter zu entwickeln. Für diese neue Phase bringt Robert Henrich genau die richtigen Erfahrungen mit.“ Quelle: VW-Internetseite [www.volkswagen-newsroom.com]

Nanu - war da was? Nach meiner Beobachtung sind die Sammeltaxis von Moia in Hannover nur mit dem Fahrer und darüberhinaus nur selten und sehr spärlich besetzt. Daran hat sich durch den Führungswechsel an der Unternehmensspitze auch nichts geändert. Das verstärkt den Eindruck, dass Moia vor allem die Funktion hat, der Automobilindustrie einen umweltfreundlichen innovativen Anstrich zu verpassen, der sich beim genauen Hinschauen jedoch in Luft auflöst.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 23.12.2019 11:19 von Jules.
"MOIA setzt Ridepooling-Service wegen Coronavirus vorübergehend aus", weitere Informationen dazu gibt's auch auf der Moia-Internetseite:
[www.moia.io]
Moia steht still, aber es fahren weiterhin Taxis!
These 1: Keines der Ridepooling-Angebote hat vor Coronavirus Gewinn gemacht, bzw. in städtischen Räumen haben sie viel mehr Verlust pro Fahrgast / pro Fahrgast-km als normaler ÖPNV. (Es ist schon interessant das keine der von den Unternehmen selbstverbreiteten tollen Erfolgsmeldungen irgendwas über Kosten/Effizienz/Gewinne beinhaltet.)

These 2: Das Ende der Coronakrise wird schrittweise sein, es wird also keinen klar definierbaren Moment geben wo alles wieder so wie vorher war, und wo deshalb Moia und andere wieder einfach so das alte Angebot einführen können.

These 3: Irgendjemand (Stadt, DB) wird trotzdem bereit sein da noch einmal noch grössere Unsummen zu versenken, weil man (und es sind hier eigentlich immer Männer) andauernd mit sogenannten wichtigen Leuten (Männern) rumhängt die in New York schon mal Uber gefahren sind und Angst hat das Rideshare doch die Zukunft sein könnte, und man sonst was verpasst.
Ich hoffe sehr, dass bei der wirtschaftlichen Bewältigung der Krise, sehr genau darauf geachtet werden wird, dass vorrangig soziale und ökologische Ziele dabei verfolgt werden. So was wie Moja würde ich dabei keine Wiederaufbauhilfe gönnen. Dass Moia-Mitarbeiter jetzt Kurzarbeitergeld erhalten ist sicher im Sinne der Mitarbeiter und aus sozialen Gründen zu rechtfertigen. Aber da müssen Ausstiegsszenarien her. Moja ist nicht sozial und nicht ökologisch.
"Der Sammeltaxi-Anbieter Moia stellt seinen Service in Hamburg und Hannover wegen der Corona-Pandemie ab 24. Dezember vorübergehend ein." Für wie lange der Betrieb ruht, stand nicht in dem SZ-Artikel vom 18.12.2020. [www.sueddeutsche.de]
Hier ein Foto aus Hannover von Mitte Dezember, noch fährt Moia:


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