nordClick/Kieler Nachrichten vom 15.11.2006
"Die Angst fährt immer mit"
Kiel/Eckernförde – Gefährliche Körperverletzung legt die Staatsanwaltschaft zwei jungen Männern zur Last, die am 19. Februar 2005 in Schilksee einen Busfahrer der Autokraft brutal zusammengeschlagen haben sollen.
Seit gestern wird im Amtsgericht Eckernförde gegen die 19 und 21 Jahre alten Heranwachsenden aus dem nördlichen Kieler Umland vor dem Jugendrichter verhandelt. Das 35-jährige Opfer ist als Nebenkläger am Prozess beteiligt. Wegen der einschneidenden, vor allem seelischen Folgen der Tat beziffert sein Anwalt die zivilrechtlichen Forderungen auf "10000 bis 15000 Euro Schmerzensgeld und Schadensersatz".
Mit einer Gehirnerschütterung, Prellungen und Hämatomen war Norbert L. nach dem Vorfall auf dem Betriebshof der Autokraft in Wellsee zusammengebrochen, lag tagelang in einer Klinik und wurde nach eigener Aussage für vier Monate krankgeschrieben. "Die Angst fährt seitdem immer mit", erklärte der Zeuge am Rande des Prozesses, warum er noch anderthalb Jahre später psychologischer Betreuung bedarf und einen Wechsel seiner Tätigkeit anstrebt.
Vor Gericht glaubt Norbert L. in den beiden Angeklagten jene angetrunkenen Fahrgäste wieder zu erkennen, die ihn in jener Samstagnacht auf der Strecke von Friedrichsort nach Schilksee zunächst bepöbelt und dann mit Fäusten und Fußtritten malträtiert hatten. Nach Aussage mehrerer Fahrgäste saßen damals rund 20 Jugendliche und Heranwachsende im Bus. Viele von ihnen, darunter die Angeklagten, waren stark alkoholisiert und wollten zu einer Geburtstagsparty in Schilksee.
Laut Anklage trank der 21-Jährige im Bus aus einer Bierflasche. Nach mehreren Aufforderungen des Fahrers, das Trinken einzustellen, stoppte dieser an der Haltestelle Schilksee Süd und forderte den Angeklagten zum Verlassen des Busses auf. Der Mitangeklagte (19) soll nun durch Betätigen des Nothebels die hintere Bustür geöffnet haben, um seinem Freund den Wiedereinstieg zu ermöglichen.
Der Fahrer wollte dies nicht akzeptieren, es kam erneut zu einer verbalen Auseinandersetzung. Nach Darstellung einer unbeteiligten Zeugin, die nicht zur Clique der Angeklagten gehört und nach dem Vorfall die Polizei alarmiert hatte, wurde der Busfahrer "rausgeschubst, rausgetreten". Mehrere Jugendliche seien hinterher gesprungen.
Nach eigener Erinnerung wurde Norbert L. vor dem Bus von mindestens drei Angreifern zusammengeschlagen und –getreten. Während der 19-jährige Angeklagte im Grunde geständig ist, sich jedoch auf alkoholbedingte Erinnerungslücken beruft, spricht der 21-Jährige von einer Verwechslung: Er selbst will weder geschlagen noch getreten haben. Zur Vernehmung weiterer Zeugen aus dem Bus hat das Gericht in Eckernförde nun einen zweiten Verhandlungstag angesetzt. Von Thomas Geyer