Das wird ja immer wieder probiert, dass einem ein Bus als Straßenbahn verkauft wird! Ja, man spart die Gleisbaukosten. Die Schwachstellen derartiger Systeme sind jedoch in der Regel:
1. Was ist bei Glätte? Hier sind Straßenbahnen unempfindlich! Bei Gummibereiften Fahrzeugen muss man die Strecke streuen oder man benötigt eine Fahrwegheizung (vgl. People-Mover Flughafen FFM). Gerade in dieser Beziehung sind derartige System in unseren Breiten als schwierig zu bezeichnen! Nich alles was in z.B. Miami funktioniert ist auch für uns sinnvoll!
2. Dadurch, dass die Fahrzeuge immer exakt auf der gleichen Linie fahren, ist der Verschleiss des Fahrwegs ungleich größer als beim konventionellen Busverkehr, daraus folgt dann meistens nach einiger Zeit ein schlechter Fahrkomfort, und höhere Instandhaltungskosten. Alternativ kann man einen Betonfahrweg verlegen. Was dann wiederum die Baukosten für die Strecke in die Höhe treibt.
3. Eine Spurführung mit Hilfe vom Markierungen ist lustig! Man kann dann also die Linienführung für sich 'optimieren' oder unsere fitten Jugendliche können sich Scherze erlauben? Außerdem was ist, wenn die Markierungen mit Schnee bedeckt sind s.o..
4. Längere Fahrzeugen als beim Busbetrieb, und somit Kostensenkungen, sind nur möglich, wenn ausschließlich Autotram-Strecken benutzt werden. Folglich ist der Vorteil gegenüber bereits existierender Straßenbahnstrecken relativ gering!
Die Vorteile sind natürlich unbestritten:
1. Schadfahrzeuge können einfach am Straßenrand abgestellt werden, bzw. können bei der Rückfahrt in den Betriebshof evtl. auch über normale Straßen geführt werden.
2. Überholungen sind überall möglich. Also sind Express-Systeme möglich! Bei Zweirichtungsfahrzeugen kann überall gekehrt werden. Also ist eine sehr flexible Betriebsführung möglich!
3. Man kann auch mit wenigen Strecken bereits ein großes Netz betreiben, wenn Zulaufstrecken auf der normalen Straße betrieben werden
Derartige System können für Städte ohne hochwertigen ÖPNV durchaus eine Alternative zum Neubau eines Straßenbahnnetzes sein! Ein Umbau bestehender Netze kommt in den meisten Fällen einem Neubau gleich. Er ist daher als Geldverschwendung abzulehnen, da der Nutzen relativ gering ist. In Frankreich sind ja bekanntlich Fahrzeuge mit Gummireifen und Spurführung sehr beliebt. Dem interressierten User kann ich da mal empfehlen die Begriffe Translohr und Tram sur pneus zu googlen. Empfehlenswert ist auch eine Beschäftigung mit dem System O-Bahn von Dailmer-Benz. Hierbei handelt es sich um einen normalen Bus mit Beton-Spurführung. Es wurde in Essen auch mal eine zeitlang Anfang der 90er in einem Gemeinschaftsbetrieb im Stadtbahntunnel eingesetzt. Aufgrund der zu geringen Kapazitäten des Busses und häufiger Entgleisungen der Oberleitungsstangen des O-Bahn-O-Busses wurde der Betrieb wieder stillgelegt. Auch war wohl das Befahren der Tunnelrampen im Winter schwierig (s.o.) Oberirdisch wurde dieses System in ebenfalls in Essen auf einer Strecke nach Kray angewendet, ich weiß nicht, ob es heutzutage noch so ist. In Adelaide (Australien) wird die O-Bahn sehr erfolgreich angewendet. Hier verbindet sie sehr sinnvoll eine gut Ortseerschließung in den Vororten und der Innenstadt mit einer umsteigefreien, schnellen Beförderung dazwischen.
In Schwellenlänern (vorallem Südamerika) gibt es noch die Low-Budget-Variante. Man baut einfach Straßen für Busse, macht sie halt ein wenig breiter und verzichtet auf eine automatische Spurführung. Gefahren wird dann mit Hochflurbussen und Hochbussteigen! Man hat also einen ebenerdigen Einstieg ohne teure Niederflurtechnologie, die außerdem sehr empfindlich auf schlechte Straßen reagiert. Die fehlende Präzision beim Anfahren an die Haltestelle wird mit herunterklappbaren Blechen ausgegleichen. Da die Personalkosten in Südamerika niedriger sind, kann man die hohe Nachfrage einfach mit einem dichten Takt abfangen, und braucht so keine überlangen Fahrzeuge. Derartige Systeme nennt man z.B. Bus Rapid Transit (BRT).
Man sieht es gibt im Prinzip alles schon, daher finde ich eine derartige Autotram keineswegs sensationel. Es ist alles schonmal dagewesen! Außerdem hat die Geschichte gezeigt, dass die Verknüfung zweier Verkehrssysteme meistens dazu geführt hat, dass nicht nur die Vorteile, sondern auch die Nachteile beider Systeme verknüpft worden sind. In diesem Falle hätten wir also schlimmstenfalls ein Verkehrsmittel, dass den Fahrkomfort und die Kapazität eines Busses mit dem Preis und der Unflexibilität einer Tram verbindet. Dass ist nun wirklich nicht dass, was wir brauchen.
Gruß Nemo
1 mal bearbeitet. Zuletzt am 16.05.2006 00:02 von Nemo.