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Ein paar rechtliche Fragen
geschrieben von Bahnfreund Schranke 
Hallo zusammen,

ich hätte da mal ein paar rechtliche Fragen zu einem "Gedankenspiel":
Angenommen ich wäre Inhaber eines Busunternehmens und würde nun nachdem ich die Preispolitik der Vag beobachtet habe, auf die Idee kommen einen eigenes städtisches Busnetz einzuführen. Dazu würde ich mir vielleicht noch zeitweise ein paar Fahrzeuge von Konkurrenten mieten und dann damit halbstündlich z.B. die Relationen "Nürnberg Zentrum (hier müsste man sich halt noch überlegen, wo die Haltestelle(n) genau liegen sollte(n)) - Fürther Straße - Fürth Rathaus", "Nürnberg Zentrum - Schweinau - Stein", "Nürnberg Zentrum - Münchener Straße - Langwasser" und den Ring bedienen würde. Diese Linien wären dann natürlich nicht im VGN und auch langsamer als die U-Bahn, aber alles in allem um einiges günstiger und somit eine doch für einige Leute attraktive Alternative:

Dürfte ich dann auch nicht barrierefreie Busse (Reisebusse) einsetzen?
Könnte mich jemand anzeigen, weil er mit dem Bus fahren wollte, der Bus aber komplett voll war und er deshalb nicht mitgekommen ist?
Hätte ich das Recht dazu die Bushaltestellen der VAG unter Zahlung eines bestimmen Mietbetrages mitzunutzen?
Würde ich eine Genehmigung bekommen regelmäßig Busspuren zu nutzen?

Ich möchte betonen, dass das Ganze wirklich nur ein Gedankenspiel ist, bei dem mich aber echt interessieren würde wie realistisch es umsetzbar wäre, wenn man wollte.
Lieber Bahnfreund Schranke, Deiner Idee hat der Gesetzgeber mit dem Personenbeförderungsgesetz eine deutliche Schranke gesetzt. Wer Personen im Linienverkehr befördern will, braucht eine besondere Genehmigung. Das ist auch wirklich zu verstehen, weil eben nicht Menschenleben in Rostlauben gefährdet werden sollen und der Betrieb vorher dazu geprüft werden muss. Die entsprechenden Voraussetzungen kannst Du dem entsprechenden Gesetz entnehmen. Auch Wikipedia bietet unter dem Stichwort Linienverkehr einiges.
Freundliche Grüße Hans Peter
Ergänzend zu lebenskürs Beitrag: Dieses Jahr ist ja das Monopol der Bahn gefallen, der alleinige Betreiber von Fernbuslinien zu sein. Private Busunternehmen dürfen ihre Leistungen nun bundesweit anbieten, unter der Voraussetzung, dass sie keine Verbindung anbieten, die unter 50km ist, da sie sonst im Wettbewerb mit den Öffentlichen stehen würden.
Eben. Eine allgemeine Erlaubnis nach dem Personenbeförderungsgesetz wäre vielleicht noch zu bekommen. Aber man kann nicht einfach eine eigene Linie als Konkurrenz zu anderen aufmachen. Man muß dafür eine Lizenz erwerben, die von den komunalen Behörden vergeben wird. Und die Stadt Nürnberg hat kein Interesse daran eine Konkurrenz zur VAG zuzulassen. Einzige Chance ist die inzwischen von der EU verordneten Ausschreibungen von Linien. D.h. die Stadt Nürnberg bestimmt eine Linie, die zu vergeben ist und läßt sich Angebote geben. Dabei könntest Du mitbieten. Ob Du diese dann allerdings auch bekommst ist fraglich - es gibt sicherlich noch andere die mitbieten und es werden dann auch gewisse Ansprüche an die Busse gestellt werden. Die Stadt Nürnberg wird aber sicher nie eine Deiner Buslinien in die Innenstadt ausschreiben. Alternativ kannst Du natürlich auch darauf hoffen, daß irgendwann das U-Bahnnetz ausgeschrieben wird und Dich daraufhin bewerben. Dazu brauchst Du aber ganz schön Kohle für die ganzen Triebzüge ...

Tschö
UHM
Für die Teilstrecke der U1 in Langwasser wäre sowas praktisch ab 12.04.2017, da endet die 50jährige Betriebserlaubnis der VAG, wobei da bestimmt schon der Nachfolgevertrag fertig in der Schublade liegt.

Gruß D. Vielberth
[www.gleistreff.de]
Alles ist wie immer, nur schlimmer... (Bernd das Brot)
Schade, aber danke für die Antworten.

Sonst hätte ich jetzt mal ein paar Busunternehmen angeschrieben..
Ob sich der Plan überhaupt gelohnt hätte? Der Nahverkehr ist ein Zuschussgeschäft, hätte sich eine Billig-Konkurrenz ohne Zuschüsse rechnen können?
Es gibt auch profitable Linien mit relativ vollen Bussen. Z.B. die 113 ist so eine. Im Gesamtdefizit gehen diese natürlich unter, und es ist immer eine Frage was man den Fahrgästen bietet. Der 1-h-Takt der 113 ist ja nicht der Renner - würde man aber einen besseren Takt einführen würde das wohl dann auch schnell in den Zuschußbereich kippen.

Tschö
UHM
Ja, wir sprechen von gesunden Menschenverstand, aber wir sprechen auch über den Landkreis Fürth … ;-)
Naja das man den 113er durchaus auch wieder als "Bahn" betreiben könnte steht außer Frage, ich mein eine RegioShuttle-Garnitur würde ja reichen, so wie von der IG Bibertbahn mal angedacht.
Ich fürchte, die Bibertbahn ist genauso geschichte wie die unsägliche U3 Planung mit dreierlei Linienästen (die U3 ist sowieso dank Bügerentscheid gescheitert, also bliebe nur noch Reaktivierung der Bibertbahn, sollten solche Orte wie Leichendorf, Großhabersdorf oder Dietenhofen jemals wieder einen Zug sehen wollen... Zirndorf isses ja eher egal, die haben ja noch ihr Bähnchen allerdings halt auf anderer Tangente.

Viele Grüße
Christian0911
(Mein YouTube-Kanal)
Zitat
UHM
Es gibt auch profitable Linien mit relativ vollen Bussen. Z.B. die 113 ist so eine.

wie kommst Du zu der Annahme? Wenn die Linie profitabel wäre, hätte sich ja eigentlich vor der letzten Ausschreibung dieser Relation durch den Landkreis jemand finden müssen, der die Linien eigenwirtschaftlich betreibt. War aber nicht so...
Da gab es diverse Aussagen von Landkreis Fürth und OVF, speziell auch im Zusammenhang mit der Bibertbahn-Thematik. Da der Landkreis die aber im Paket mit anderen Linien bestellt zahlt er letztendlich doch drauf. Insofern wollte dann sicherlich auch keiner das Paket eigenwirtschaftlich betreiben.

Tschö
UHM
Hallo,

es ist zwar ein netter Gedanke, eigenen Linienverkehr durchzuführen. Allerdings hat der Staat einige Spielregeln aufgestellt.

Meistens trifft hier das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) zu. Du willst gegen Entgelt das Bussystem nutzbar machen. Dein Vorschlag soll geschäftsmäßig umgesetzt werden Demnach ist dieses Gesetz auch auf deinen Fall anzuwenden (vgl. § 1 PBefG).

Eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können ist Linienverkehr im Sinne des § 42 PBefG. Gleichzeitig willst du dazu Kraftomnibusse im Sinne des § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 PBefG nutzen.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PBefG ist die Durchführung des Verkehrs genehmigungspflichtig.

Zuerst musst du als Unternehmen Voraussetzungen erfüllen: Dein Betrieb muss leistungsfähig und sicher sein, du als „Chef“ musst zuverlässig sein und die nötige fachliche Eignung zur Führung eines Verkehrsunternehmens haben und du musst deinen Firmensitz im Inland haben. Zum Nachweis der fachliche Eignung musst du eine angemessene Tätigkeit in einem Straßenpersonenverkehrsunternehmen gehabt haben oder eine Fachkundeprüfung bestanden haben. (vgl. § 13 Abs. 1 PBefG)

Nun musst du die Genehmigung beantragen. Das ist in § 12 PBefG geregelt. Unter anderem auch „eine Darstellung der Maßnahmen zur Erreichung der möglichst weitreichenden barrierefreien Nutzung des beantragten Verkehrs entsprechend den Aussagen im Nahverkehrsplan“ (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe c PBefG)

Auf der Relation gibt es bereits Verkehr der VAG. Diese ist genau so wie die Stadt Nürnberg nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PBefG zu hören.

Höchstwahrscheinlich wird sie folgende Gründe in dem Anhörungsverfahren geltend machen, warum dir die Genehmigung zu versagen ist:
- Die VAG hat höchstwahrscheinlich ein ausschließliches Recht im Sinne des Art. 2 Buchstabe. f der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007. Demnach liegt ein Versagungsgrund vor (vgl. § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PBefG).

- Es könnten öffentliche Verkehrsinteressen beeinträchtigt werden. Die VAG betreibt bereits ein gutes ÖPNV-Netz in Nürnberg, das die Nachfrage befriedigt. Es könnten außerdem keine besonderen Verbesserungen der Verkehrsbedienung erkennbar sein. Daher könnte ein Versagungsgrund nach § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PBefG vorliegen.

- Deine Verbindungen stehen nicht mit dem Nahverkehrsplan der Stadt Nürnberg im Einklang. Auch das ist ein Versagungsgrund (vgl. § 13 Abs. 2a PBefG).

- Die VAG hat außerdem „Großvaterrechte“ nach § 13 Abs. 3 PBefG, währe also im Zweifel zu bevorzugen.

Würdest du wider erwarten doch eine Genehmigung erhalten (evtl. aufgrund des § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG, da die zuständige Behörde 3 Monate gepennt hat ;-) ), gibt es für dich doch einiges zu beachten:

- Die Genehmigung gilt für höchstens 10 Jahre (vgl. § 16 Abs. 1 Satz 2 PBefG)

- Nach § 21 Abs. 1 PBefG hast du eine Betriebspflicht. Das bedeutet, dass du den Verkehr während der Genehmigungsdauer aufrecht erhalten musst. Merkst du allerdings, dass der Verkehr nicht wirtschaftlich ist, dann kannst du bei der Genehmigungsbehörde beantragen, von der Betriebspflicht entbunden zu werden. Das ist in § 21. Abs. 4 PBefG geregelt. Des weiteren kann die Genehmigungsbehörde auch Änderungen oder Verlängerung der Verkehre aufgrund öffentlicher Interessen dir vorschreiben (vgl. § 21 Abs. 3 PBefG).

- Nach § 25 Abs. 1 PBefG kann dir die Genehmigungsbehörde die Genehmigung widerrufen, wenn du die Betriebspflicht nicht einhalten tust oder die Bedingungen des § 13 Abs. 1 PBefG verletzt.

- Nach § 22 PBefG hast du außerdem eine Beförderungspflicht. Das bedeutet, dass du alle Menschen mitnehmen musst in Rahmen der Kapazität. Die Fahrgäste müssen natürliche die Beförderungsbedingungen anerkennen. Bei höherer Gewalt entfällt der Punkt natürlich.

- Wichtig ist, dass Fahrpreis, Beförderungsbedingungen und Beförderungsentgelt einer Erlaubnis bedürfen, diese zu ändern. (vgl. § 45 Abs. 2 PBefG i. V. m. §§ 39 & 40 PBefG).

- Die Beförderungsbedingungen müssen mit der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen (BefBedV; erlassen aufgrund § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 PBefG) in Einklang stehen. Also 1.000 EUR erhöhtes Beförderungsentgelt für Schwarzfahrer geht z. B. nicht (vgl. § 9 Abs. 2 BefBedV)


Auf die ganzen Ausnahmen, Details und Bußgeldvorschriften gehe ich jetzt aber nicht mehr ein. Ich kann nur sagen, dass Verstöße gegen das PBefG teuer werden können (bis zu 20.000 EUR)! Ich glaube das Obengenannte, gibt auch schon einen ganz guten Überblick.

Zuständige Genehmigungsbehörde für Nürnberg ist übrigens die Regierung von Mittelfranken.

LG
Konsti

PS: Nur der Form halber: Ich bin kein Rechtsanwalt. Obriges stellt also keine Rechtsberatung dar, sondern die Angaben der Rechtsnorm nur zur Belegung meiner Argumentation.
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