Hallo Chemejra,
zunächst einmal: als Älterer schlage ich vor, dass wir uns duzen sollten! Das gilt auch, wenn ich einmal wegen der Sache "scharf schießen" musste.
Ein Plan, der rein unter dem Gesichtspunkt der Kosteneinparung einen künftigen S-Bahn-Betrieb auf das theoretische Minimum zurückschneidet, ist das Papier nicht wert, auf das er geschrieben, äh, ausgedruckt wurde!!! Mehdorn sprach, als er am Bahnhof 'Bad Oldesloe' den ersten Oberleitungsmast einpflanzte, davon, dass bis 2015 sechzig Containerzüge mehr laufen werden als 2006 (Vielleicht haben wir ja durch die Weltwirtschaftskrise [WWK] zwei Jahre Galgenfrist). Die Niederländer haben von den Rheinmündungshäfen, namentlich von Rotterdam, die Betuwe-Route gebaut, eine reine Containerzug-Strecke. Die Züge auf dieser Strecke bis zur deutschen Grenze in Richtung Ruhrgebiet fahren "egal weg" alle 90km/h. Dann hat eine Strecke die größte Durchlassfähigkeit - wohlgemerkt wegen der Gleichheit der Geschwindigkeit! Bei optimaler Signalaustattung der Strecke kann so alle sechs Minuten ein Zug pro Richtung fahren. Das sind dann bei sechzig Zügen 360 Minuten, Wenn wir diese Zahl gleich wieder durch 60 dividieren, dann kommen wir auf eine Summe der entsprechenden Fahrplantrassen von sechs Stunden! Wenn wir Mischbetrieb mit schnelleren Zügen (bis zum ICE, EC, IC, RE oder R) haben, dann ist der Trassenbedarf auch für diese Züge noch deutlich größer!
Interessant ist die Anmerkung eines Mitarbeiters von DB-Netz aus Reinfeld auf einer Streckenbeirats-Sitzung in Bad Oldesloe: Die Elektrifizierung für sich betrachtet bringt gegenüber dem Dieselbetrieb nur eine Erhöhung der Streckendurchlassfähigkeit von 5%! Die DB hat allerdings das ganze Signalsystem zwischen Hamburg und Lübeck gleichzeitig "durchforstet", vor allem auch verdichtet. Ich kann als Nicht-Fachmann nur grob einschätzen, was das bringt: Noch einmal 10%? Dann könnte die Strecke allenfalls insgesamt 15% mehr Züge durchlassen.
Ergänzend sei noch erwähnt, dass bei einer hochbelasteten Strecke der Gleiswechselbetrieb überhaupt nichts bringt! Er ist nur bei mittelstark beslasteten Strecken und sonst für Notfälle (auch Bauarbeiten) sinnvoll. Auf einer solchen Strecke kann man z. B. einen ICE einen schweren Erz-Güterzug fliegend überholen lassen. Es ist ja nicht im Sinne des Erfinders, wenn man 6.000t auf ein Überholgleis herunterbremst, um diese Masse nach Vorbeifahrt des ICE wieder auf 80km/h zu beschleunigen. Das ist ja reine Energieverschwendung und auch der Betriebskostenrechnung der DB nicht zuträglich! Aber wie gesagt, für die Strecke Hamburg - Lübeck ist diese Betriebsart im Endeffekt nicht brauchbar!
Halten wir fest, dass die Strecke bis 2015, oder jetzt 2017 wegen der WWK, total überlastet sein wird, so dass es "absolut und total" ausgeschlossen ist, auf ihr einen geregelten S-Bahn-Betrieb durchführen können. Und dann schlug der Verfasser des S-Bahn-Guachtens (von 2002?) noch vor, die bis 'Ahrensburg-Nord' (Abg-Nord) geplante besondere S-Bahn-Gleisanlage von 3km außerhalb von 'Rahlstedt' bis 'Abg-Nord' nur eingleisig auszuführen - mit einer Ausweiche in Abg-Mitte (heutiger Bahnhof 'Ahrensburg'). Damit hätte man die täglich aus dem Fernverkehr eingeschleppten Verspätungen noch weiter erheblich vergrößert. Man darf ja nicht vergessen, dass in den deutschen Millionenstädten Berlin, Hamburg und München zwar die U-Bahnen reinen Linienbetrieb haben, die S-Bahnen aber alle zu einem Netzsystem verknotet sind!!!
Und noch etwas, so wie ich es von Großhansdorf aus übersehen kann, ist die Zugfolge auf der S-Bahn nach Stade nicht ausreichend. Einmal mehr ist die Nachfrage der Anwohner größer als angenommen, so dass ein Takt während der Spitze nach Stade von zwei Zügen pro Stunde nicht ausreicht - und das zeitlich asymmetrisch versetzt (20 zu 40 Minuten). Und noch etwas: Außerhalb der Spitze alle Stunde - tut mir Leid - das ist kein S-Bahn-Betrieb. Das ist gegenüber den Bürgern einer größeren Kleinstadt (unter 50.000 Einwohner) eine Abschreckung, die Bahn zu benutzen! Dann werden die Bargteheider möglicherweise weiterhin mit dem Auto nach 'Abg-Ost' zur U-Bahn fahren, die außerhalb der Spitze alle 20 Minuten fährt. Dort sind ausreichend P&R-Plätze vorhanden. Das ist auch schon Tarif-Großkreis Hamburg. Von dort kostet die Neun-Uhr-Tageskarte 5,30¤, von Bargteheide über drei Euro mehr! Scheinbar ist ein Neun-Wagen-S-Bahn-Zug, der alle halbe Stunde fährt, kostengünstiger als ein Sechs-Wagen-Zug, der alle 20 Minuten fährt. Jener ist aber deutlich weniger verkehrswerbend! Es lohnt sich daher, einmal zu kalkulieren, ob nicht die höheren Personalkosten (drei anstatt zwei Fahrer pro Stunde) durch ein Mehr an Fahrgästen aufgewogen werden!
Du solltest einmal Herrn Hüttel fragen, ob er Dich einmal in meine "Amateur-Studie zum Bau einer S-Bahn-Strecke vom S-Bhf. Hasselbrook nach Bad Oldesloe - S4" hineinsehen lässt. Reiner Latsch fragte mich übrigens: "Wieso 'Amateur-'?" Ich: "Ich bin Amateur und es kann sein, dass ich mich einmal darauf berufen muss. Mir kann einmal Insider-Wissen fehlen!" In einem Punkt hat sich das dann auch bewahrheitet: Mir wurde damals souffliert, dass der Kurz-Zug im Zwei-Systembetrieb zwölf Tonnen schwerer sei als der Gleichstrom-474; die Zahl gilt für den Voll-Zug.
Meine Studie ist sicherlich nicht im Einzelnen als unumstößliche Wahrheit zu betrachten, sondern vielmehr als eine Aneinanderreihung von Denkanstößen! Ich wollte auch Probleme aufzeigen, die bei einer Planung zu berücksichtigen sind. Immerhin bat mich die schleswig-holsteinische Landesregierung als ich ihr wie dem LVS-Chef je zwei Exemplare zusandte, je zwei weitere der hamburgischen Landesregierung (Baubehörde) und dem HVV zu übermitteln. Es sollte als Grundlage für eine Tagung im Kieler Regierungsgebäude dienen, die dann etwas später auch stattfand. Der LVS-Chef bat mich, ihm noch vier weitere Exemplare zuzuschicken. Er bräuchte sie für seine Gutachter.
Außer der Berichtigung hinsichtlich des Mehrgewichtes der 474.3 sehe ich heute auch noch einen weiteren Punkt anders: Ich würde von Bad Oldesloe losfahrend so tun, als wollte ich auf die stillgelegte und abgebaute Strecke nach Trittau - Schwarzenbek fahren. Das heißt ich würde zu Beginn des S-Bahn-Streckengleises nach rechts (nach Nordwesten) ausholen und mich so dem Ort Rümpel (z. Zt. über 1.000 Einwohner) bis auf wenige hundert Meter nähern, um dort eine S-Bahn-Station einzurichten. Bei der Weiterfahrt würde ich kurz vor der spitzwinkligen Brücke über die Hauptgleise der Fernbahn von der Trittauer Strecke nach rechts abbiegen, um mich wieder von rechts an die Fernbahngleise anzuschmiegen. In der so durch S-Bahn und Fernbahn gebildeten "Linse" würde ich eine Groß-P&R-Anlage einrichten (natürlich mit Mitteln von Bund und Land). Auf der ortsabgewandten Seite des nächsten Bahnhofes 'Tremsbüttel' könnte man das Gleiche machen. Wenn dann noch weitere Parkplätze an den künftigen Bahnhöfen 'Delingsdorf' und 'Abg-Nord' dazu kämen, könnte man nach und nach bis zu weitere 10.000 Pkw-Stellplätze schaffen. Das klingt größenwahnsinnig, kann aber spätestens mit der Fehmarnbelt-Brücke bitter notwendig werden! Die A1 ist heute schon außerhalb der Spitzenzeiten fast voll und damit sehr stauanfällig! Später können dann viele Fernpendler sehr glücklich sein, wenn sie solche P&R-Plätze finden und die Riesenstaus auf der A1 dann mit der S-Bahn umgehen können! Das gilt besonders für Fernpendler, die in Ost-Holstein oder gar Mecklenburg weit entfernt von einem Bahnhof wohnen!
Der Fahrplan ist wie folgt einzurichten: ganztägig bis Bad Odesloe 20-min-Takt (außer vier Nachstunden) in der Spitze Verdichtung zumindest bis Tremsbüttel 10-min-Takt). Man sollte auch einmal durchrechnen, ob eine Ausdehnung des Großkreises bis auf Bargteheide, besser noch wegen der Groß-P&R-Anlage bis Tremsbüttel, sich rechnet. Eventuell müsste zur Einführung des S-Bahn-Verkehrs ein besonderer Betriebskosten-Zuschuss von der öffentlichen Hand geleistet werden - etwa zehn Jahre lang, bis die Neubesiedlung der Umgebung der neuen S-Bahn-Stationen greift!
Auf der Strecke Abg-Nord - Hasselbrook sollte im Endeffekt ein 5-min-Takt während der Spitzenzeit möglich sein, sonst alle zehn Minuten. Zum Vergleich, wenn in Volksdorf die Züge aus Ohlstedt und Großhansdorf zusammenlaufen, ergibt sich in der Spitze bis Norderstedt-Mitte ein 5-min-Takt!
Es war einmal eine hamburgische Enklave namens 'Groß-Hansdorf - Schmalenbeck'. Ab 1914 wurde begonnen, zu dieser wie zu den drei anderen U-Bahn-Strecken (die "Walddörferbahn") zu bauen. Die Enklave hatte vielleicht gerade einmal 500 Einwohner. 'Farmsen - Berne' und Volksdorf waren nur etwas größer und Ohlstedt - Wohldorf noch etwas kleiner. Das waren um Grunde genommen nur ein paar Weiler! Und heute? Heute fahren Acht-Wagen-U-Bahn-Züge im o. g. Takt dorthin!
Ich würde mich freuen, wenn wir beide weiterhin Kontakt zueinander hielten. Sachliche Kritik zu vorigem Text ausdrücklich erbeten.
Mir freundschaftlichem Gruß
Willy Laaser