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Strafe für Schwarzfahren soll auf 60€ erhöht werden
geschrieben von Rüdiger 
So,

ich gehe mal davon aus, dass sich hier im Forum hauptsächlich juristische Laien befinden.
Ich selbst arbeite als Angestellter beim Amtsgericht, daher kann ich euch mitteilen, dass ein Verkehrsbetrieb niemandem ein Hausverbot erteilen kann, wenn diese Person eine konkrete Reiseabsicht verfolgt. Das Verkehrsunternehmen hat bei Erwerb eines Fahrscheins eine Beförderungspflicht, der es nachkommen muss und kann daher dem Kunden nicht untersagen, die Fahrdienste durch Betreten der Haltestelle zu nutzen. Hausverbote durch ein Verkehrsunternehmen gelten nur für den Aufenthalt selbst in der entsprechenden Haltestelle, beispielsweise wenn die Person dort herumlungert, sich die Zeit totschlägt, usw. und keine Reiseabsicht verfolgt. Der Vorgang "Ticket kaufen - unverzüglich zur Bahn gehen und im angemessenen Rahmen ggf. auf die Bahn warten - einsteigen - mit der Bahn abfahren - am Ziel aussteigen und Haltestelle verlassen" kann nicht durch ein Hausverbot verhindert werden.
Quelle: [www.strafrecht-online.org] (Seite 3)
Habe es konkret in einer Strafverhandlung mitbekommen, dass eine Person (ohne festen Wohnsitz) wiederholt gegen ein Hausverbot des HVV in der Haltetelle Wandsbek-Markt verstoßen hat, weil diese eben keine Reiseabsicht hatte (sondern sich dort mit Mitgesellen betrunken hat). Hier war ein Hausverbot des HVV zum Aufenthalt rechtens.

Zum Schwarzfahren bei Gericht: Meines Empfinden nach könnte man bei jedem der 8 Hamburger Amtsgerichte mindestens einen Richter samt Sachbearbeiter nur für HVV-Fälle abkommandieren. Es sind wirklich sehr viele Fälle von Erschleichen von Leistungen. Wenn man dann noch hinzudenkt, dass ein Gerichtsverfahren erst nach der dritten Schwarzfahrt eingeleitet wird, kann es einem schon schlecht werden, wie viele noch meinen, dass Schwarzfahren ein Kavaliersdelikt sei. Und viele Schwarzfahrer zeigen sich dann umso überraschter, dass sie plötzlich einen Strafbefehl (kostet allein an Gerichtsgebühren schon 60€, hinzu kommen noch Zustellkosten und die eigentliche Geldstrafe) im Briefkasten haben haben oder gleich eine Terminsladung nach Anklageschrift. Einspruch gegen Strafbefehl und direkte Anklage kosten mindestens 120€ an Gerichtsgebühren (+Zustellungskosten + Geldstrafe; damit ihr mal nen Richtwert habt). Die Fälle, wo der Strafbefehl in der Verhandlung zurückgenommen wurde oder die Anklage fallen gelassen wurde durch Freispruch oder durch Einstellung des Verfahrens (meist gegen ein Bußgeld in geringerer Höhe) kann ich an beiden Händen abzählen.

Was mir hier noch aufgefallen ist: Das "erhöhte Beförderungsentgelt" von 40€ (hier ja wunschweise auf 60€ erhöht) ist ein ganz anderes Thema als die Geldstrafe durch das Gericht. Das erhöhte Beförderungsentgelt geht bei der Zahlung direkt an das Verkehrsunternehmen, ein etwaiges Strafverfahren hat damit nichts zu tun. Der HVV bekommt von der Geldstrafe keinen Cent, dieses Geld geht an die Staatskasse. Und auch wenn der HVV ein Strafverfahren beantragt wird damit nicht die Forderung von 40€ getilgt, diese kann der HVV weiterhin zivilrechtlich einklagen, wenn der Schwarzfahrer diese nicht zahlt. Dem HVV ist der Ausgang des Strafverfahrens finanziell total egal, der HVV hat genauso wie die Staatsanwaltschaft ein öffentliches Interesse, dass das Schwarzfahren verringert wird.

mfg fox
Zitat

Guckst du hier: Wikipedia

Ja, was da steht ist richtig und nichts anderes habe ich vorher auch geschrieben: Der Strafbefehl muss durch einen Richter erlassen werden. :)

Zitat

Hausverbot. Bei nicht-vorhandensein eines gültigen Fahrausweises muss ein solcher nachgelöst werden, um die Fahrt fortsetzen zu können.

Ist ja heute schon so...

Zitat

Beim 2. Vergessen des Tickets innerhalb von 365 Tagen kann der Verkehrsbetrieb neben der 2. Schwarzfahrt auch noch Anzeige wegen Hausfriedensbruch stellen. Das heißt, beim 2. Vergessen des Tickets innerhalb von 365 wird es für den Fahrgast schlimmer als beim 1. Mal.

Für Hausfriedensbruch ist Vorsatz nötig. Bei deinem Konditional-Hausverbot (nur, wenn du kein Ticket hast!) müsste man also wieder nachweisen, dass jemand ganz bewusst auf das Ticket verzichtet hat. Ansonsten wäre es kein Hausfriedensbruch, weil mit Ticket kein Hausverbot besteht und nur bei bewusstem Fahren ohne Ticket also vorsätzlich das Hausverbot verletzt wird.
Zitat

Zum Schwarzfahren bei Gericht: Meines Empfinden nach könnte man bei jedem der 8 Hamburger Amtsgerichte mindestens einen Richter samt Sachbearbeiter nur für HVV-Fälle abkommandieren. Es sind wirklich sehr viele Fälle von Erschleichen von Leistungen

Joa. Nur aus der Statistik:

- 20-30 Leute sitzen im Schnitt auch jetzt gerade wieder im Knast wegen Schwarzfahrens - nur in Hamburg :)
- die Verkehrsunternehmen stellen jährlich etwa 10.000-12.000 Strafanzeigen wegen Erschleichens von Leistungen (mit allen Folgen)

Die Kosten dafür trägt die Stadt Hamburg, sie bewegen sich grob überschlagen im Millionenbereich jährlich.
Also manche Forderungen finde ich schon krass. Ich finde 60 Euro beim ersten Mal schon zu viel, aber gleich mit Haus- und Beförderungsverboten zu drohen? Manchmal passiert das einfach, ohne dass man gleich zu einer Gruppe professioneller Schwarzfahrer gehört. Ich bin in Düsseldorf auch mal schwarzgefahren, weil ich hier in HH dank meines Semestertickets nie ein Ticket kaufen muss. Also bin in Düsseldorf auch einfach in die Bahn eingestiegen und mir ist erst nach zwei, drei Stationen, als ich schon wieder ausgestiegen bin, eingefallen, dass ich kein Ticket hatte. Irgendwo anders hatte ich mal vergessen, zu entwerten, weil ich das aus HH auch nicht gewohnt bin. Klar, das ist ein Vergehen, aber ich will dafür keine Anzeige, kein Hausverbot und auch keine 60, 100 oder noch mehr Euro bezahlen müssen. Es ist ja nur einmal ohne Vorsatz passiert. Eine Staffelung mit niedrigem Erstsatz und dann stark ansteigender Erhöhung fänd ich viel angebrachter.
Zitat
Mathias
Zitat
Jan Gnoth
Neue Karte besorgen. Bei vorgezeigtem gültigen Fahrausweis wird nicht weiter geprüft, ob gegen den Fahrgast ein Hausverbot vorliegt. Lediglich bei Wiederholung innerhalb von 365 Tagen erfolgt eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch.

Wie wär's mit einem netten kleinen Pranger auf dem Rathausmarkt für alle erwischten Schwarzfahrer?
Oder anders gesagt: Deine Vorschläge offenbaren ein Mittelalterliches Strafverständnis, und stehen in überhaupt keinem Verhältnis zum Delikt.

Tja, es ist leider nur allzu menschlich, dass jeder, der "ganz doll das Gute" will, fast zwangsläufig zum Despoten wird. ;-)) Es lebe die Demokratie!


Zitat
FoxMcLoud
kann es einem schon schlecht werden, wie viele noch meinen, dass Schwarzfahren ein Kavaliersdelikt sei. Und viele Schwarzfahrer zeigen sich dann umso überraschter, ...

Dann wäre vielleicht gezielte und deutlichere (Anti-)Werbung das Mittel der Wahl, um den Gewohnheitstätern diesen Glauben auszutreiben. Die Gewohnheitstäter sind wohl ein spezielles Völkchen, denen man die Strafgestaltung regelmäßig deutlich vor Augen führen muss, damit sie nicht "überrascht" sein müssen. Also weiterhin 40 oder 60 € erhöhtes B-Entgelt, aber deutlichere Beschilderungen an Eingängen und in Zügen.

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metrobits.org
Zitat
FoxMcLoud
Zum Schwarzfahren bei Gericht: Meines Empfinden nach könnte man bei jedem der 8 Hamburger Amtsgerichte mindestens einen Richter samt Sachbearbeiter nur für HVV-Fälle abkommandieren. Es sind wirklich sehr viele Fälle von Erschleichen von Leistungen. Wenn man dann noch hinzudenkt, dass ein Gerichtsverfahren erst nach der dritten Schwarzfahrt eingeleitet wird, kann es einem schon schlecht werden, wie viele noch meinen, dass Schwarzfahren ein Kavaliersdelikt sei. ...

Meiner Meinung nach zeigt es eher, dass es als "Delikt" völlig überbewertet und übermäßig verfolgt wird. Wenn es die selbe Kontrolldichte und Strafeskalation für Falschparker oder Zu-Schnell-Fahrer gäbe, wo ein deutlich höheres Gefahrenpotenzial besteht (bzw. überhaupt eins), würde die Proteste dagegen vermutlich zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen führen und die Umsetzung dazu, dass man Stadien in Straflager umnutzen müsste, um allein die nach einigen Monaten zusätzlich benötigten Haftplätze zur Verfügung zu haben.
Hallo fox,

ganz herzlichen Dank für die Richtigstellung und das bringen auf den Boden der Tatsachen!


Grüße
Boris
Zitat
Lopi2000
Meiner Meinung nach zeigt es eher, dass es als "Delikt" völlig überbewertet und übermäßig verfolgt wird. Wenn es die selbe Kontrolldichte und Strafeskalation für Falschparker oder Zu-Schnell-Fahrer gäbe, wo ein deutlich höheres Gefahrenpotenzial besteht (bzw. überhaupt eins), würde die Proteste dagegen vermutlich zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen führen und die Umsetzung dazu, dass man Stadien in Straflager umnutzen müsste, um allein die nach einigen Monaten zusätzlich benötigten Haftplätze zur Verfügung zu haben.

Das liegt jedoch an der Gesetzgebung und nicht an den Verkehrsbetrieben. Du führst die Beispiele "Falschparker" und "Raser" an. Beide Delikte sind Ordnungswidrigkeiten, und eine Ordnungswidrigkeit darf nur mit einem Bußgeld geahndet werden. Raserei ist erst ein Vergehen, wenn es für andere gefährlich wird ("gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr" im Amtsdeutsch). Bei Ordnungswidrigkeitenverfahren wird die Staatsanwaltschaft zwar pro forma informiert, wenn jemand Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid einlegt, an der Verhandlung muss aber kein Staatsanwalt teilnehmen (und tut es üblicherweise auch nicht).
"Erschleichen von Leistungen", also unser Schwarzfahrer, hingegen ist schon ein Vergehen. Als Vergehen gilt alles, wo man eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr verhängen kann. Hier muss die Staatsanwaltschaft aktiv werden, ermitteln und das Verfahren an das Gericht abgeben, da der Beschuldigte ja theoretisch im schlimmsten Fall eine Haftstrafe antreten muss. Viele Leute vergessen jedoch, dass Staatsanwälte verpflichtet sind, sowohl strafschärfend als auch strafmildernd zu ermitteln.
Das ist halt die Antwort dafür, dass es so viele Strafverfahren für Schwarzfahrer gibt und etwa genausoviele gerichtliche Bußgeldverfahren gegen Falschparker und Raser, obwohl letzteres deutlich häufiger vorkommt. Schwarzfahren wird strafrechtlich schwerer bewertet als Rasen oder Falschparken.
Beim Überbewertet gebe ich dir zumindest beim Schwarzfahren recht, da es ja noch andere Formen der Leistungserschleichungen gibt. Übermäßig verfolgt kann ich nicht zustimmen, da der Staatsanwaltschaft halt die gesetzlichen Hände gebunden sind.

mfg fox
Zitat
FoxMcLoud
Das liegt jedoch an der Gesetzgebung ...
Beim Überbewertet gebe ich dir zumindest beim Schwarzfahren recht, da es ja noch andere Formen der Leistungserschleichungen gibt. Übermäßig verfolgt kann ich nicht zustimmen, da der Staatsanwaltschaft halt die gesetzlichen Hände gebunden sind.

Ich meinte meinen Beitrag auch eher gesamtgesellschaft-politisch als nur auf die Tätigkeit der Justizbehörden bezogen. Da ist schon klar, dass diese die gesetzlichen Rahmenbedingungen höchstens auslegen, nicht jedoch ignorieren können. Nach der Logik von ADAC, Boulevardpresse und vielen Autofahrern und sogar etlichen Verkehrspolitikern aus dem Noch-Regierungslager ist es "Abzocke", wenn irgendwo geblitzt wird, wo keine Gefahrensituationen durch Geschwindigkeitsübertretungen entstehen. Legt man die selbe Logik beim Schwarzfahren zugrunde, ist dieses immer Abzocke, denn es entstehen ja gar keine Gefahrensituationen. In diesem Sinne plädiere ich zwar für ein inflationsbedingt leicht erhöhtes "Erhöhtes Beförderungsentgelt" aber gleichzeitig für die vollständige Aufgabe des Straftatbestands. Lieber sollte man die Gefängnisse mit Tätern füllen, die die dritte deutliche Geschwindigkeitsübertretung in einem Jahr oder vergleichbares begehen.
Bitte vergesst bei der Diskussion um das Schwarzfahren nicht, dass es auch versehentliches Schwarzfahren gibt. Typische Gründe dafür sind unübersichtliche Tarifsysteme und - gerade für Hamburger - Verkehrsverbünde in anderen Städten, bei denen Fahrkarten entwertet werden müssen.

Eine Diskussion um verwirrende Nahverkehrstarife findet sich hier. Die Diskussion dort driftet zwar streckenweise in Berliner Besonderheiten ab, aber dort schreibt auch ein Bahnfreund, dass er schon mal versehentlich schwarzgefahren ist.

Wenn Schwarzfahren exorbitant teuer wird, so werden sicherlich viele Gelegenheitsnutzer dem ÖPNV den Rücken zukehren.

Versehentliches Schwarzfahren liegt vermutlich vor, wenn jemand eine falsche Fahrkarte hat oder eine Fahrkarte nicht entwertet hat.

Versehentliches Schwarzfahren liegt sicherlich nicht mehr vor, wenn jemand innerhalb eines überschaubaren Zeitraums (vielleicht ein Jahr) mehrmals ohne gültige Fahrkarte angetroffen wird.

Mit diesen Annahmen könnte ich mir vorstellen, dass das erste Mal Schwarzfahren sogar nur 30 Euro kostet, wenn jemand nur eine falsche Fahrkarte gekauft hat oder eine gekauft und nicht entwertet hat. Sonst 60 Euro. Und nach 60 Euro kann gerne 120 Euro und dann 180 Euro kommen, bezogen auf ein Jahr.
Zitat
Neu Wulmstorf
Bitte vergesst bei der Diskussion um das Schwarzfahren nicht, dass es auch versehentliches Schwarzfahren gibt. Typische Gründe dafür sind unübersichtliche Tarifsysteme und - gerade für Hamburger - Verkehrsverbünde in anderen Städten, bei denen Fahrkarten entwertet werden müssen.[...]

Moin,
um es mal ganz drastisch zu formulieren: DummheitUnwissenheit schützt vor Strafe nicht.

Wenn ich mir einen Fahrschein kaufe, tue ich das nicht wahllos, sondern muss mich ja informieren, welcher der richtige für mich ist. Bin ich in einer neuen Gegend, in der ich überhaupt nicht durchblicke, befinde ich mich zumeist noch am Hauptbahnhof oder anderen großen Punkten, wo ich nachfragen kann. Ansonsten findet man an Haltestellen meist auch Telefonnummern. Wo es so etwas nicht gibt, etwa auf dem Lande, wo der Bus nur einmal am Tag kommt und die Haltestelle nur aus einem "H" besteht, dass sich im Busch versteckt, kauft man beim Busfahrer und der verkauft einem bestimmt keinen Fahrschein, der in seinem Bus ungültig ist.

Von daher sehe ich an der Strafe keine Flexibilität. Es ist ja eine Strafe und kein Wunschkonzert mit Ermessensfreiheit beim Kontrolleur. Es kann nicht jeder behaupten, er führe ausversehen schwarz, sondern es gibt eine klare Regel: Wer ohne gültigen Fahrausweis unterwegs ist, zahlt 60 Euro. Das ist natürlich schmerzhafter als 40 Euro, aber das soll es auch sein, ist ja eine Strafe.

Entgegenkommend finde ich es, wenn beim ersten Mal nicht gleich Anzeige erstattet wird. Ich bin zwar an sich der Meinung, das wäre als Abschreckung nötig, dann aber doch dagegen, eben aus Rücksicht auf tatsächlich versehentliche Schwarzfahrer.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 29.04.2013 15:06 von Sieben Seen.
Zitat

Wenn ich mir einen Fahrschein kaufe, tue ich das nicht wahllos, sondern muss mich ja informieren, welcher der richtige für mich ist.

An den HVV-Schnellbahnstationen hängen die genauen Tarifbestimmungen nicht aus. Personal gibt es nicht. Und die Rufsäulen sind bereits im fahrkartenpflichtigen Bereich.

Zitat

Entgegenkommend finde ich es, wenn beim ersten Mal nicht gleich Anzeige erstattet wird.

In Berlin wurden 2010 bei Kontrollen insgesamt über 400.000 Mal Leute ohne Fahrschein erwischt. Grob überschlagen würde das für Hamburg immer noch >> 100.000 Verfahren bedeuten. Pro Jahr. Willst du unsere Justiz völlig lahmlegen? Das ist kein Entgegenkommen, das ist notwendig.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 28.04.2013 02:13 von Herbert.
Zitat
Sieben Seen
Wenn ich mir einen Fahrschein kaufe, tue ich das nicht wahllos, sondern muss mich ja informieren, welcher der richtige für mich ist.
Wer außer uns investiert dafür mehr Zeit als
für die Fahrt selbst?
Zitat
Sieben Seen
...wo der Bus nur einmal am Tag kommt und die Haltestelle nur aus einem "H" besteht, dass sich im Busch versteckt, kauft man beim Busfahrer und der verkauft einem bestimmt keinen Fahrschein, der in seinem Bus ungültig ist.
Aber vielleicht auf dem weiteren Laufweg? Wäre
mir mal passiert, wenn ich nicht aufgepaßt hätte.
Nachtrag: Die Karte wäre auch im Bus
ungültig gewesen.
Zitat
Sieben Seen
Entgegenkommend finde ich es, wenn beim ersten Mal nicht gleich Anzeige erstattet wird. Ich bin zwar an sich der Meinung, das wäre als Abschreckung nötig...
Warum willst du die Leute von der Nutzung des Nahverkehrs abschrecken?

Sinnvoll wäre, zwischen Vorsatz und unterschiedlichen
Graden der Fahrlässigkeit zu differenzieren und auch
glaubwürdige Angaben zur Verfügbarkeit der
Automaten zu erheben (Regio, nicht S-Bahn).



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 29.04.2013 06:22 von Fette Beute.
Zitat
Sieben Seen
Zitat
Neu Wulmstorf
Bitte vergesst bei der Diskussion um das Schwarzfahren nicht, dass es auch versehentliches Schwarzfahren gibt. Typische Gründe dafür sind unübersichtliche Tarifsysteme und - gerade für Hamburger - Verkehrsverbünde in anderen Städten, bei denen Fahrkarten entwertet werden müssen.[...]

Moin,
um es mal ganz drastisch zu formulieren: Dummheit schützt vor Strafe nicht.

Wenn ich mir einen Fahrschein kaufe, tue ich das nicht wahllos, sondern muss mich ja informieren, welcher der richtige für mich ist. ...

Als Beispiel möchte ich mal diesen Fall erwähnen, bei dem eine Rentnerin eine Fahrkarte besaß, die ab 9 Uhr gültig ist und damit nach 9 Uhr in einen Zug gestiegen ist und dennoch 40 Euro Strafe zahlen musste, weil die planmäßige Abfahrtszeit des Zuges vor 9 Uhr lag. Trotz Beschwerde blieb es dabei, denn in den HVV-Tarifbestimmungen steht unter B Tarifbestimmungen 1 Allgemeines 1.2 Begriffsbestimmungen "Für die tageszeitlichen Gültigkeiten sind die Fahrplanangaben maßgebend."

Und jetzt lies Dir bitte Deine Aussage noch einmal durch: Dummheit schützt vor Strafe nicht. Sie hätte sich ja informieren müssen.

Ich sehe das anders: Gerade für Gelegenheitsnutzer (und auch wir Forumsmitglieder sind in andern Städten Gelegenheitsnutzer) aber auch - siehe Beispiel - für regelmäßige Nutzer sind die Tarife sehr kompliziert und voller Fallen, dass drakonische Entgelte oder gar Strafen die Gelegenheitsnutzer abschrecken würden, den ÖPNV zu nutzen. Das kann nicht im Sinne der Verkehrsunternehmen und erst Recht nicht im Sinne der Politik sein.



3 mal bearbeitet. Zuletzt am 28.04.2013 11:55 von Neu Wulmstorf.
Nicht gleich aggressiv werden bitte, wenn ich mal meine Meinung äußere.

Nacheinander:
Zitat
Herbert
An den HVV-Schnellbahnstationen hängen die genauen Tarifbestimmungen nicht aus. Personal gibt es nicht. Und die Rufsäulen sind bereits im fahrkartenpflichtigen Bereich.
Es gibt aber Automaten, denen ich sagen kann, von wo nach wo ich will. Da brauche ich keine genauen Tarifbestimmungen. Sollte beim Automaten ein Fehler vorliegen, lässt sich das zurückverfolgen. Ich müsste nachsehen, aber ich meine, man findet auch vor dem ticketpflichtigen Bereich Rufnummern, an die man sich wenden kann. (ohne Gewähr!) Wer auf Nummer sicher gehen will, nimmt sich halt eine Bahnsteigkarte, um "vor Ort" die Gegebenheiten zu erkunden. Was man mit so einer Karte alles machen kann, darüber gab es sogar mal eine Doku vom NDR.

Zu der Justiz-Problematik: es gibt auch Unternehmen, die haben Aushänge, in denen darauf hingewiesen wird, dass jede Schwarzfahrt angezeigt wird. (Slogans wie "40€ + Straftäter"). Und ICH will schon gar nichts lahmlegen. Ich habe hier nur eine Meinung, ich bin in der Praxis dafür nicht verantwortlich.

Zitat
Fette Beute
Warum willst du die Leute von der Nutzung des Nahverkehrs abschrecken?
Warum reißt du Zitate aus ihrem Zusammenhang? Ich will vorm Schwarfahren abschrecken. Um eben nicht von der ordnungsgemäßen Nutzung abzuschrecken, finde ich es dann eben doch richtig, beim ersten Vergehen keine Anzeige zu stellen.

Zur Differenzierung Vorsatz/ Grade der Fahrlässigkeit: Gerne, wenn du mir sagst, wie das Umgesetzt werden soll. Wenn der Kontrolleur sieht, dass ich keinen gültigen Fahrschein habe, gibt es ein erhöhtes Beförderungsentgeld. Es kann nicht für jeden eine eigene Verhandlung geben während der Kontrolle. Und Gerichtsverfahren wollen wir ja auch nicht gleich für jeden Schwarzfahrer.

Zitat
Neu Wulmstorf
Als Beispiel möchte ich mal diesen Fall erwähnen, bei dem eine Rentnerin eine Fahrkarte besaß, die ab 9 Uhr gültig ist und damit nach 9 Uhr in einen Zug gestiegen ist und dennoch 40 Euro Strafe zahlen musste, weil die planmäßige Abfahrtszeit des Zuges vor 9 Uhr lag. Trotz Beschwerde blieb es dabei, denn in den HVV-Tarifbestimmungen steht unter B Tarifbestimmungen 1 Allgemeines 1.2 Begriffsbestimmungen "Für die tageszeitlichen Gültigkeiten sind die Fahrplanangaben maßgebend."

Und jetzt lies Dir bitte Deine Aussage noch einmal durch: Dummheit schützt vor Strafe nicht. Sie hätte sich ja informieren müssen.

Der Hinweis auf eine drastische Formulierung sollte zwar auf eine Übersüitzung hindeuten, aber na gut. Mit diesem Fall hast du von all dem Gemecker hier gegen mich das einzig interessante rausgekramt. Hier denke ich, wenn 8.57 auf der Anzeige steht, dann gilt eine 9Uhr-Fahrkarte nicht. Das wäre aber wieder ein Fall für Differenzierung (siehe Fette Beute). Die Dame wird ja sicherlich keinen Fahrplan zur Hand gehabt haben. Da kommen dann fragen auf, etwa ob die Anzeige mit 8.57 gut sichtbar war, ob die Dame in ihrer Sehkraft beeinträchtigt war, ob auch akustisch auf die Zeit hingewiesen wurde, usw. Dieses konkrete Beispiel wäre wohl eher ein Kulanzfall.

Dramatischer wird so etwas, wenn die Anzeige nur schildert "in 2 Minuten". Da kann der Fahrgast ja wohl nicht wissen, ob es die 9.02-U-Bahn ist, oder ob die 8.57-U-Bahn fünf Minuten Verspätung hat.

Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass es sich hier um einen Einzelfall handelt. Ich kenne weder jemanden, der so etwas bereits selbst erlebt hat, noch jemanden, der davon gehört hat und deswegen Angst hat, mit den öffentlichen zu fahre. Schon gar nicht stellt sich mir die Frage, ob das im Sinne der Politik ist. Ich finde, dass ist Sache des Verbunds. Kundenfreundlich wäre eine Lösung, die sich für die Abfahrt an tatsächlichen und für die Ankunft an fahrplanmäßigen Zeiten orientiert.
Zitat
Sieben Seen
Zitat
Neu Wulmstorf
Bitte vergesst bei der Diskussion um das Schwarzfahren nicht, dass es auch versehentliches Schwarzfahren gibt. Typische Gründe dafür sind unübersichtliche Tarifsysteme und - gerade für Hamburger - Verkehrsverbünde in anderen Städten, bei denen Fahrkarten entwertet werden müssen.[...]

um es mal ganz drastisch zu formulieren: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.

... und anscheinend auch nicht davor, Versehen mit Unwissenheit zu verwechseln.

Die meisten Fahrgäste haben im Leben (zum Glück) Wichtigeres zu tun als sich in die letzten Tiefen eines Tarifdschungels einzuarbeiten. Es wäre schlecht für die Volkswirtschaft, wenn das anders wäre.

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metrobits.org



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 29.04.2013 22:02 von Mike.
Zitat
Mike
Die meisten Fahrgäste haben im Leben (zum Glück) Wichtigeres zu tun als sich in die letzten Tiefen eines Tarifdschungels einzuarbeiten.

Was dann aber auch eine Teilschuld der Verkehrsbetriebe ist, wenn sie ein unübersichtliches Tarifsystem aufstellen.

Dennoch:
Es ist die Pflicht eines jeden Fahrgastes, sich vor Fahrtantritt ein gültiges Ticket zu besorgen. Hat der Fahrgast dies im Zug nicht gibt es das erhöhe Beförderungsentgelt, hat er es vor Fahrtantritt nicht oder ist sich unsicher ob sein Ticket gültig ist muss er die Fahrt halt nicht antreten und Zweifel ausräumen.

mfg fox
Die Zweifel vorher ausräumen kann aber auch mal schwierig sein. Folgendes eigentlich gar nicht so seltenes Szenario: kleine Haltestelle, kein Personal, allenfalls mit einem Automaten, Tarifsystem unverständlich für bspw. Senior, Ausländer o.ä.... wo soll der denn noch Zweifel ausräumen, wenn nicht beim Zugbegleiter?
Wenn man auf die zugeht, sind die ja normalerweise nett und kulant, aber sobald die Haltestelle innerhalb des HVV liegt, dürfen die auch keine Fahrkarten an Bord austeilen... (was ja auch nicht ganz stimmt, bei der nordbahn geht's ja auch) an einem guten Tag lassen die einen dann ggf. so mitfahren (was auch wirtschaftlich günstiger ist, als sämtliche Haltepunkte mit Personal auszustatten), aber das gilt nur für Züge mit Personal. Was macht man an einer S-Bahn-Haltestelle wie bspw. Friedrichsruh oder Rissen?
Ich kenne zwar weder Friedrichsruh noch Rissen als S-Bahn-Haltestelle, aber ich denke nicht, dass du da allein auf dem Bahnsteig (oder vor dem fahrkartenpflichtigen Bereich) bist, da kannst du auch als Tourist oder Senior dich sicherlich anderen gegenüber verständlich machen, welche dir beim Ticketkauf helfen könnten.

mfg fox
Ah, sollen andere Fahrgäste jetzt kostenlos Tarifberatung übernehmen?
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