Im Rahmen einer Presseveranstaltung am 14.6. besuchte der DB-Chef das Werk Wittenberge und bedankte sich bei Mitarbeitern und Helfern hier und im ganzen Land für die wirkungsvolle Zusammenarbeit in schweren Stunden. Die folgenden Informationen wurden bei dieser Gelegenheit ausgegeben:
Die DB und das Hochwasser
(Berlin, 13. Juni 2013, 10:30 Uhr) Um die verkehrlichen Herausforderungen durch das Hochwasser zu bewältigen, verstärkt die DB die Fahrdienstleiter- und Disponentenschichten auf den Stellwerken und Betriebszentralen mit zusätzlichen Mitarbeitern. Für die Reisenden stehen an den Bahnhöfen zusätzliche Servicekräfte zur Verfügung. Im Fahrplanbereich werden ebenfalls zusätzliche Mitarbeiter eingesetzt, um die geänderten Zugläufe zu planen.
Da manche Regionen großflächig betroffen sind und zusätzlich mehrere Bundesländer, stehen mögliche Umleitungsstrecken nicht zur Verfügung oder alternative Strecken sind in ihren Kapazitäten aufgrund von Hochwasserschäden beschränkt.
Aktuelles Beispiel für großräumige Umleitungen ist die Schnellfahrstrecke zwischen Hannover und Berlin, die seit Montagfrüh (10.06.2013) bei der Elbbrücke bei Hämerten östlich von Stendal gesperrt ist. Die Umleitungen erfolgen über Magdeburg und über Erfurt nach Berlin.
Darüber hinaus ist die Kapazität von Umleitungsstrecken begrenzt, so dass Züge unter Umständen auf einem Teil der Strecke ausfallen. So verkehrten z.B. die ICE der Linie Berlin – Frankfurt(M) – Stuttgart statt ab und bis Berlin ersatzweise bis Hannover, um die Umleitungsstrecke nicht weiter zu belasten.
Selbst am Montag, 10.06.2013, hat die DB im Fernverkehr keinen Zug ausfallen lassen (außer auf den kommunizierten Teilabschnitten). An diesem Tag war die Betriebslage durch das Hochwasser besonders schwierig. Sowohl die Elbbrücke bei Stendal als auch zeitweise noch die Querung bei Lutherstadt Wittenberg und zwischen Magdeburg und Biederitz waren gesperrt. 33 Ersatzzüge kamen an diesem Tag zum Einsatz. Ab Hannover wurden außerdem drei zusätzliche Züge gefahren.
Um weitere Kapazitäten zu schaffen, werden Strecken, auf denen nachts planmäßig kein Zugverkehr stattfindet, auch nachts geöffnet, d.h. die Stellwerke werden zusätzlich besetzt. Aktuelles Beispiel: Die Strecke zwischen Jüterbog und Falkenberg, die speziell für den Güterverkehr genutzt wird.
Da die Züge über die Umleitungsstrecken länger unterwegs sind, benötigen wir insgesamt mehr Personal auf den Zügen, weshalb auch die Dienstpläne entsprechend angepasst werden müssen.
Auf den Bahnsteigen und an den DB Informationen stehen für die Kunden zusätzliche Servicekräfte zur Verfügung. So kümmern sich Mitarbeiter mit mobilen Infostellen umgehend um ankommende Fahrgäste und geben aktuelle Informationen über Weiterreisemöglichkeiten. Für die Reisendeninformation werden permanent Informationen aktualisiert, z.B. aktuell für den eingeschränkten Reiseverkehr von/nach Salzburg – Wien - Budapest. Fahrgäste, die nicht sofort weiterreisen können, werden intensiv betreut, zu weiteren Reisemöglichkeiten beraten und mit Getränken versorgt. Zudem arbeiten die Bahnhofsmissionen und das Servicepersonal eng zusammen. Zusätzlich werden alle verfügbaren Azubis zur Reisendeninformation und -betreuung eingesetzt.
Die möglichen Hochwasserbeeinträchtigungen beim Netz im Einzelnen:
Geröll kann von Hängen und Böschungen auf die Gleise geraten wie beispielsweise südlich von Rosenheim, wo zu Beginn des Hochwassers Strecken gesperrt wurden. Unsere Fachleute beobachten die Hänge. Wenn durch viel Wasser Durchfeuchtung und Murenabgänge drohen, werden aus Gründen der Sicherheit zeitweise Streckenabschnitte gesperrt.
Gleise können unterspült oder überflutet werden. Dadurch kann die Festigkeit des Oberbaus beeinträchtigt werden. Der Schotter sorgt grundsätzlich dafür, dass die Schwellen in ihrer Lage bleiben. Durch zu viel Wasser kann sich das verändern. Unsere Fachleute beurteilen permanent die Situation. Aber auch Lokführer können dies durch ein verändertes Fahrverhalten bemerken. Auf betroffenen Strecken wird entweder langsamer gefahren, oder sie werden aus Gründen der Sicherheit zeitweise gesperrt. Bei Überflutung ist der Zustand der Gleisanlagen nicht direkt erkennbar. Auch hier wird aus Gründen der Sicherheit gesperrt bzw. langsam gefahren und versucht, das Wasser möglichst schnell von den Anlagen zu entfernen.
Bei Brücken muss die Statik stimmen, damit die Züge sicher darüber fahren können. Die Wassermassen können zu stark auf Stützen und Lager der Brücken drücken, dass die Standfestigkeit gefährdet ist. Zusätzliches Schwemmholz kann die Belastung auf die Brücke verschärfen. Entweder wird aus Sicherheitsgründen langsam gefahren oder die Brücke wird - wie jetzt die über die Elbe nahe Stendal - bis zur Entspannung der Situation gesperrt.
Die Mitarbeiter der Instandhaltung sind rund um die Uhr mit allen verfügbaren Kräften im Einsatz, um den Zustand der Gleisanlagen zu beobachten und gegebenenfalls Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. Allein im Bereich des Südostens sind täglich 155 Mitarbeiter im Hochwassereinsatz.
Um auf die jeweilige Lage rasch zu reagieren und den Zugverkehr bestmöglich zu disponieren, finden mindestens dreimal täglich Abstimmungsrunden zwischen Betrieb, Fahrplan und Kundenmanagement statt. Darüber hinaus sind wir in enger Abstimmung mit den Bahnkollegen der angrenzenden Nachbarländer.
Bereits fest eingeplante Baumaßnahmen müssen kurzfristig abgesagt und verschoben werden. Dies erfordert einen hohen logistischen Aufwand.
Über alle Bereiche hinweg hat die Deutsche Bahn tausende Mitarbeiter im Hochwassereinsatz.
Zusätzlich unterstützt die Deutsche Bahn den Einsatz von Helfern, die in den Hochwassergebieten eingesetzt werden. Hochwasserhelfer von Polizei, Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und von anerkannten Hilfsorganisationen (Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter, Malteser, Arbeiter-Samariter-Bund) fahren mit der DB kostenfrei in die Einsatzgebiete und zurück. Als Legitimation ist die Vorlage eines entsprechenden Ausweises, eines Einsatzbefehls oder das Tragen von Einsatzkleidung/Uniform ausreichend. Diese Regelung gilt bis einschließlich 30.06.2013.
Kostenlose Servicenummer: Aufgrund von Hochwasser und witterungsbedingten Störungen und den damit verbundenen Auswirkungen auf den Bahnverkehr hat die Deutsche Bahn für alle Kunden eine kostenlose Servicenummer eingerichtet. Bis auf weiteres erhalten Kunden unter 08000 99 66 33 aktuelle Informationen rund um die Uhr. Kunden im Ausland erhalten Informationen unter +49 1805 334444 (Gebühren je nach Herkunftsland und Provider). Reisende können sich auch aktuell auf www.bahn.de/aktuell informieren. Nutzer mobiler Endgeräte erhalten aktuelle Reiseinformationen über m.bahn.de/ris. Weitere Informationen gibt es auch unter www.bahn.de/aktuell beziehungsweise unter der Service-Nummer der Bahn 0180699 66 33* (*20 ct./Anruf aus dem Festnetz, Tarif bei Mobilfunk max. 60 ct./Anruf). Über die Servicenummern wurden bisher über 100.000 Anrufe zum Hochwasser entgegengenommen.
Kulanzregelungen der DB: Die Deutsche Bahn kommt Kunden angesichts der Störungen im Schienenverkehr in den Hochwassergebieten entgegen. Für Reisende, die aufgrund hochwasserbedingter Zugausfälle beziehungsweise Verspätungen ihre Reise nicht antreten können beziehungsweise abbrechen müssen, gelten bis 23. Juni folgende Kulanzregelungen: Fahrkarten für Verbindungen in das oder aus dem Hochwassergebiet werden auf Wunsch entgeltfrei erstattet, wenn Reisende von der Fahrt zurücktreten möchten. Dies gilt für Fahrkarten einschließlich Reservierungen. Bescheinigungen irgendeiner Art sind nicht erforderlich. Für Zeitkarten gelten die tariflichen Umtausch- und Erstattungsbedingungen. Für Verbundfahrkarten gelten die Regelungen der jeweiligen Verkehrsverbünde.
Tickets mit Zugbindung können bei Zugausfällen durch das Personal der DB für die nächstmögliche Reiseverbindung gültig geschrieben werden. So bekommen die Reisenden die Möglichkeiten, den nächsten, ggf. auch höherwertigen Zug - auch über Umwege zu nutzen.
Betroffen sind auch die Werke bei der Deutschen Bahn. Neben den umfangreichen Aktivitäten des Werkes Wittenberge (Brandenburg) der DB Fahrzeuginstandhaltung GmbH zur Sicherung der Produktionshallen und des Gleisgeländes vor dem Wassereinbruch ist auch das Werk Dessau (Sachsen Anhalt) intensiv mit dem Hochwasserschutz befasst: Ca. 150 Mitarbeiter und rund 30 Azubis wurden dort in drei Schichten abgestellt, um auf dem externen Sandsackbefüllplatz die Dessauer Bevölkerung bei ihrem Kampf gegen das Hochwasser wirksam zu unterstützen. Desweiteren wurden über 20 Werksmitarbeiter, die freiwillig bei den Feuerwehren Dessaus und Umgebung Dienst verrichten, sofort freigestellt, ebenso diejenigen Mitarbeiter, die normalerweise in ihrer Freizeit beim THW sind und engagiert Katastrophenhilfe leisten.
Besonders gefährdet: Werk Wittenberge.
Im Verbund der Werke der DB Fahrzeuginstandhaltung GmbH liegt die Kernkompetenz des Werkes Wittenberge im Bereich der schweren Fahrzeuginstandhaltung von ein- und doppelstöckigen Reisezugwagen. Traditionsgemäß ist das Werk untrennbar mit der Instandhaltung von Doppelstockfahrzeugen verbunden, die deutschlandweit im Einsatz sind. Der Hauptkunde des Werkes ist die DB Regio AG.
Die Palette der aktuellen Aufträge umfasst die Ausführung von Revisionen, Bedarfsausbesserungen, Unfallinstandsetzungen, Sonderarbeiten sowie die Abwicklung komplexer Projekte zur Modernisierung und zum Redesign von Reisezugwagen. Diese Arbeiten werden individuell nach Kundenwunsch für die unterschiedlichsten Fahrzeugbauarten ausgeführt.
Wesentliche Inhalte der Projekte sind die Modernisierung der Inneneinrichtung, der Einbau neuer Klimaanlagen und die Installation moderner Systeme zur Fahrgastinformation (FIS), Videoüberwachung, automatische Fahrgastzählung und zur permanenten Ortung. Hauptziel der Projekte ist es, den Komfort für die Reisenden wesentlich zu erhöhen.
Im Geschäftsjahr 2013 stehen ca. 360 Fahrzeuge zur Revision und ca. 200 Fahrzeuge im Redesign an.
Im Segment der Komponenteninstandhaltung liegen die Schwerpunkte auf der Aufarbeitung von Radsätzen: (ca. 11.200 Stück in 2013), Instandhaltung von Drehgestellen, geschlossenen WC-Systemen und Ausführung von Polsterleistungen aller Art.
In den kommenden Jahren wird die Umsetzung von Nachklimatisierungs- und Redesign-Projekten etwa 60 Prozent des Leistungsvolumens des Werkes Wittenberge ausmachen.
Gegründet wurde das Werk im Jahr 1876, womit eine 137-jährige Kompetenz in der Instandhaltung von Schienenfahrzeugen besteht. Vorhanden sind insgesamt 1085 Mitarbeiter, davon 73 Auszubildende.
Produktbereiche: Modernisierung und Instandhaltung von ein- und doppelstöckigen Reisezugwagen, Komponentenfertigung von Drehgestellen, Radsätzen, Polsterteilen, Aufarbeitung von elektrischen Bauteilen, Bremsbauteilen, mechanischen Bauteilen, geschlossene Toilettensysteme, Aufarbeitung von diversen Komponenten.
Kunden: DB Mobility Logistics AG, Hamburger S-Bahn GmbH, S-Bahn Berlin GmbH, DB Autozug GmbH, Private EVU.
Durch die Lage des Werkes in der Nähe der Elbe sowie des Nebenflusses Stepenitz war es durch das u.U. auftretende Hochwasser besonders gefährdet. Zur Sicherung des Werkes und dem Eigentum der Kunden mussten erhebliche Anstrengungen unternommen werden, die sich dann zwar durch die tatsächliche Hochwasserlage als überflüssig herausstellten, die im anderen Fall aber das Überleben des Werkes gesichert hätten.
Am 4.6. wurde ein Krisenstab gebildet, der z.B. veranlasste, dass umwelt- und wassergefährdende Stoffe und Dokumente aus niedrig gelegenen Räumlichkeiten gesichert wurden. In den folgenden Tagen wurden in großem Maße alle gefährdeten Geräte, Materialien und Unterlagen soweit als möglich in ungefährdete Räumlichkeiten gebracht. Anlagen und Geräte, die nicht ausgelagert werden konnten, wurden durch geeignete Vorbeugungsmaßnahmen, z.B. unter Verwendung von Kunststofffolien, vor etwa eindringendem Wasser geschützt.
Das Hauptaugenmerk lag aber darauf, dass das Wasser den Werksbereich nicht oder nur in geringem Maße erreichen sollte. Daher wurden, in Abstimmung mit der Stadtverwaltung, verschiedene Schutzwälle angelegt, um insbesondere die Fluten des benachbarten Flusses Stepenitz zurück zu halten.
Neben der Sicherung des eigenen Werkes wurden auch Mitarbeiter zur Sicherung anderer Bereiche im Raum Wittenberge abgestellt, wie auch umgekehrt andere Institutionen, z.B. die Feuerwehr, im Werk tätig wurden. Alle diese Maßnahmen waren offensichtlich von Erfolg gekrönt, denn im Werk waren bisher keine Schäden durch Hochwasser zu verzeichnen.
Bahnchef Grube besichtigt einen Deich in der Nachbarschaft des Werkes Wittenberge, der die Stepenitz wirksam vom Werksgelände trennt.
Dieses Flüsschen, normalerweise drei Meter breit, ist zu einem See geworden und die Deiche mussten mit Sandsäcken stabilisiert werden.
Auch innerhalb des Werksgeländes wurde ein Sandsackwall angelegt, der aber bisher nicht benötigt wurde.
Teure, aber unbewegliche Maschinen wurden vorsorglich mit Folien abgedeckt und mit Sandsäcken umsäumt, wie hier in der Polsterei für die Sitzpolster der Reisezugwagen.
(Aufnahmen vom 14.6.2013)
Beste Grüße
Harald Tschirner