Deutsche_Oper schrieb:
>
> Nein, denn die EU ist ja immer noch zunächst
> einmal eine wirtschaftliche Gemeinschaft. Und da
> erfüllten Italien und Österreich (auch mit
> politisch fragwürdigen Regierungen) Standards, von
> denen Polen bis heute weit, weit entfernt ist.
Nach dieser Logik hättest Du anfang der achtziger Jahre niemals Spanien und Portugal oder auch Griechenland aufnehmen dürfen. Oder ein paar Jahre vorher auch Irland. Diese Länder waren wirtschaftlich bei weitem schlechter aufgestellt, als die meisten der unlängst neu hinzugekommenen EU-Neumitglieder. Und politisch z.T. noch sehr "begrenzt" (z.B. Irland).
Und 1990 hätte niemals die Weidervereinigung stattfinden dürfen, bei dem wirtschaftlichen Gefälle zwischen BRD und DDR...
> Statt die EU verfrüht nach Osten zu erweitern,
> hätte man sie zuerst mehr unter den bisherigen
> Mitgliedern nach innen festigen müssen.
Eine Art "reiches Kernwesteuropa"? Der "Rest" interessiert nicht?
Selbst wenn man sich so eine vergleichsweise kleine West-Wohlstandsinsel wünschen würde, dann wäre es allein schon aus egoistischen Gründen sinnvoll, dafür zu sorgen, dass die Nachbarn eine Chance auf Entwicklung bekommen.
Oder wünschst Du Dir wieder eine Grenze durch Europa, wie bis 1990 - nur diesmal zwischen arm und reich?
Aber auch
> das ist in der Tat eine Diskussion, die uns sehr
> weit vom eigentlichen Gegenstand dieses Forums
> entfernt.
Wie wahr.
>
> Eine Art politischer Betriebsunfall also? Nun dann
> ist "schweigende Mehrheit" aber ein Haufen von
> apathischen "Schlafmützen", was auch nicht von
> politischer Reife des LAndes spricht (etwas
> ähnliches erleben wir ja zur Zeit auch in dem
> Neu-Mitglied Ungarn). Eine derartig populistische
> Partei könnte in Deutschland immer auch ein
> gewisses Protestpotential abgreifen, aber (noch?)
> wäre es ihr wohl unmöglich, an die Macht zu
> gelangen.
Aus meiner Sicht etwas arrogant zu meinen, wir hier wären politisch reifer.
Ich teile bezüglich einer politischen Reife in diesem LAnde Deinen Optimismus nicht. Schau Dir doch einmal die stetig zunehmenden Wahlergebnisse div. Parteien an - und die seit Jahren sinkende Wahlbeteiligung. Und womit so manche seit Jahrzehnten etwablierte Partei manchmal auf Wählerstimmenfang geht...
>
> Die könnten wir genau wie die polnischen
> Netto-EU-Haushalt-Entnehmer...
Darauf beruht nun einmal der Gedanke der Solidarität - auch über Ländergrenzen hinaus: wer schwächer ist (vor allem unverschuldet - für die 40 Jahre Sozialismus wirst Du kaum die polnische Bevölkerung in Haft nehmen können) sollte Anspruch auf eine Entwicklungschance und somit auf Hilfe haben. So wie nach 1990 auch Ostdeutschland (auch wenn hier sehr vieles falsch gelaufen ist).
... in Berlin zum
> Straßenbahnausbau - wie Du ja nur zu gut weißt -
> auch sehr gut gebrauchen.
Wenn Berlin zu doof ist, entsprechende Finanzmittel in Anspruch zu nehmen, hat das nur wenig mit der EU-Finanzpolitik zu tun. Der mangelnde Ausbau der Straßenbahn in den letzten 15 Jahren beruhte nicht auf Geldmangel, sondern auf politischem Unwillen gegenüber dem Gedanken, dem Auto auch nur einen Quadratmeter Straßenfläche wegzunhemen und einem modernen ÖPNV zukommen zu lassen.
Es bleibt unverständlich und
> gibt ein denkbar schlechtes Bild ab. Zumal in
> Polen doch - wie Du schreibst - gerade selbst eine
> Regionalisierung im Schienenverkehr im Gange ist.
Natürlich ist es unverständlich. Aber es ist absurd in diesem Zusammenhang gleich ein ganzes Land und seine Bevölkerung in Haftung zu nehmen.
Ach ja, warst Du denn mal in den letzten Jahren in Polen - und zwar nicht nur direkt hinter der Grenze zum Einkaufen?
Viele Grüße
Ingolf