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Untersuchungsbericht zu Karower Zug-Zusammenstoß veröffentlicht
geschrieben von BahnInfo-Redaktion 
Die Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle des Bundes (EUB) hat den Untersuchungsbericht zum Karower Auffahrunfall (16.04.2009) im Dezember fertiggestellt und veröffentlicht. Die EUB stellt darin fest, dass eine Verkettung mehrerer Ereignisse zum Unfall führten.

zur Erinnerung
Ein Güterzug befuhr den Bahnhof Karow aus Richtung Bernau in Richtung Blankenburg. Der nachfolgende Regionalexpress fuhr im Bahnhof Karow auf den ausfahrenden Güterzug auf. Der Lokführer des RE wurde schwer und 11 Fahrgäste leicht verletzt. Der Fahrdienstleiter Karow erlitt einen schweren Schock.

Ergebnis der Untersuchung

Der Lokführer des Güterzuges erkannte bei der Anfahrt auf den Bahnhof Karow anhand der Signalstellung, dass der Fahrweg fälschlicherweise nicht nach Blankenburg, sondern auf den Außenring eingestellt war (22:11 Uhr). Er meldete dies dem Fahrdienstleiter und verringerte die Geschwindigkeit auf ca. 9 km/h, statt regelkonform anzuhalten. Während der Fahrdienstleiter seine Unterlagen überprüfte und den Fehler einsah, hatte der Güterzug das Einfahrsignal des Bahnhofs Karow mit der Zugspitze passiert (22:12).

Der Fahrdienstleiter schaltete das Ausfahrtsignal auf "Halt" und stellte den Fahrweg neu ein (22:15). Der Güterzug hatte das Einfahrsignal inzwischen längst komplett passiert und war soweit gerollt, dass der folgende RE bis zum Einfahrsignal fahren durfte. Der Fahrdienstleiter gab dem Güterzug nun freie Fahrt, wodurch sich sowohl Aus- als auch Einfahrsignal auf "Fahrt" stellte (22:16). Der Güterzug beschleunigte daraufhin und verließ den Bahnhof Karow.

Der Lokführer des RE fuhr zwischen Bernau und Karow nur mit 80 statt 120 km/h, da er (zu Recht) einen vorherfahrenden Zug vermutete. Als er nun sowohl das Ein-, als auch das Ausfahrtsignal in "Fahrt"-Stellung sah, beschleunigte er seinen Zug wieder (22:16:20). Erst in Höhe des Ausfahrtsignals erkannte er bei 96 km/h den vor ihm fahrenden Güterzug und leitete eine Schnellbremsung ein (22:17:09). Mit ca. 80 km/h prallte der RE auf den bei 41 km/h noch beschleunigenden Güterzug (22:17:13). Zu diesem Zeitpunkt zeigte das Ausfahrtsignal noch immer "Fahrt" an.

Der Lokführer des Güterzuges bemerkte einen starken Ruck und löste ebenfalls eine Schnellbremsung aus. Der Lokführer eines im Bahnhof Karow stehenden NEB-Zuges beobachtete den Zusammenstoß und funkte einen Nothalteauftrag.

Fazit

Drei wichtige Faktoren spielten bei dem Unfall eine Rolle:
1. Der Lokführer des Güterzuges hätte nach dem Erkennen des falsch eingestellten Fahrweges anhalten müssen.
2. Der Fahrdienstleiter hätte den Fahrweg erst nach dem Halt des Güterzuges ändern dürfen.
3. Der Signalkontakt, der dafür sorgt, dass das Ausfahrtsignal wieder in "Halt"-Stellung kommt, befand sich nach einem Umbau erst gut 500 Meter hinter dem Signal. In alter Lage (90 Meter hinter dem Signal) hätte der Lokführer des RE bereits im Bereich des Einfahrsignals eine Umstellung auf "Halt" erkennen und seinen Zug vermutlich rechtzeitig anhalten können.

In Folge des Unfalls wurde der Signalkontakt verlegt und befindet sich nun 20 Meter hinter dem Ausfahrtsignal.

Der komplette Bericht ist auf der Internetseite der EUB einsehbar:
www.eisenbahn-unfalluntersuchung.de

Artikel geschrieben von Tom Gerlich
und zwar hier:

[www.eba.bund.de]

Beste Grüße
Harald Tschirner
Die fehlende Gleisbesetztmeldung in Karow hat es möglich gemacht, den Folgefahrschutz auszuhebeln... Darauf muss man erstmal kommen. Im Prinzip wurde die Verkettung der Umstände, die zum Unfall geführt haben, davon ausgelöst, dass der Tf des Güterzuges statt stehenzubleiben mit 9km/h weiterrollte. Obwohl natürlich dieser Tf eine Mitschuld hat, sind meine Sympathien bei ihm. Es erinnert mich ein bisschen an das Stopschild an Straßenkreuzungen: Obwohl alle wissen, dass man davor anhalten muss, bremst niemand bis zum Stillstand. Tragisch, dass es bei der Bahn zu so einer Katastrophe geführt hat.

MTB

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Bitte beachten Sie beim AS den HU zwischen Z und BSK!
Was mir nicht klar ist: inwiefern wäre denn der Unfall verhindert worden, wenn der Güterzug angehalten hätte?
Der Güterzug hätte doch trotzdem die Weichen 12 und 13 schon passieren haben können, bevor er zum stehen kommt, so dass das Einfahrsignal hätte technisch schon wieder auf Fahrt gestellt werden können.
Man weiß aber, wo der Zug wie schnell fuhr. Daraus kann man dann ablesen, dass der Zug problemlos anhalten gekonnt hätte, bevor er vollständig eingefahren ist. Nur in diesem Fall wäre eine Durchfahr-Fahrstraße zulässig gewesen (bin mir nicht ganz sicher).

MTB

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Bitte beachten Sie beim AS den HU zwischen Z und BSK!
Zitat
BahnInfo-Redaktion

Fazit

Drei wichtige Faktoren spielten bei dem Unfall eine Rolle:
1. Der Lokführer des Güterzuges hätte nach dem Erkennen des falsch eingestellten Fahrweges anhalten müssen.
2. Der Fahrdienstleiter hätte den Fahrweg erst nach dem Halt des Güterzuges ändern dürfen.
3. Der Signalkontakt, der dafür sorgt, dass das Ausfahrtsignal wieder in "Halt"-Stellung kommt, befand sich nach einem Umbau erst gut 500 Meter hinter dem Signal. In alter Lage (90 Meter hinter dem Signal) hätte der Lokführer des RE bereits im Bereich des Einfahrsignals eine Umstellung auf "Halt" erkennen und seinen Zug vermutlich rechtzeitig anhalten können.

Dem kann ich nicht uneingeschränkt zustimmen: sicher, hätte der Güterzug (Gz) am Einfahrsignal angehalten und dort das Wechseln der Fahrstraße abgewartet, wäre er unter dem Schutz des rückgelegenen Blocksignals geblieben, der RE hätte dort halten müssen und der ganze Vorgang wäre nirgendwo erwähnt worden.

Aber: m.E. ist das Fehlen einer Gleisfreimeldeanlage für die durchgehenden Hauptgleise Ursache dafür, dass das Einfahrsignal (Esig) 136 für eine Durchfahrt auf Fahrt gestellt werden konnte, obwohl Gleis 2 z.T. noch besetzt war.

Nehmen wir an, der Gz wäre am Esig 136 bereits auf Signal Hl10 (Vmax hinter diesem Signal - am nächsten Signal Halt erwarten) in den Bahnhof eingefahren und vor dem Ausfahrsignal (Asig) 132 zum Halten gekommen, weil z.B. ein Gegenzug aus einem der drei voraus liegenden eingleisigen Strecken (Karow - Abzweig Akw, Kar - Abzweig Ako, Kar - Blankenburg) gekommen wäre.

Anschließend hätte der Fahrdienstleiter (Fdl) Karow (Kar) für den Zug die falsche Fahrstraße zum westlichen Außenring ein- und das Signal auf Fahrt gestellt. Auch in diesem Fall hätte der Lokführer insistieren müssen, der Fdl hätte das Signal zurück nehmen, die Fahrstraße auflösen, sich eine Erlaubnis für die Fahrt nach Blankenburg holen, die neue Fahrstraße einstellen und schließlich das Signal für die neue Richtung auf Fahrt stellen müssen.

Auch bei dieser Handlung hätte versehentlich die Durchfahrt von Esig 136 über Asig 132 nach Blankenburg eingestellt werden können, RE und Gz wären gleichzeitig angefahren, der Gz langsamer der RE schneller und eine Kollision hätte es auch dann gegeben. Ohne Bedeutung wäre in diesem Fall gewesen, dass sich die Signalzugschlussstelle (das ist der Punkt wo durch den Zug das rückgelegene Signal auf Halt gestellt wird) sehr weit hinter dem Asig befand, denn der vmtl weiter gefahrene RE hätte den Wechsel des Esig zu Hl10 (Vmax - am nächsten Signal Halt erwarten) auch bei kürzerem Abstand wohl nicht mehr registriert.

Ich höre bereits den Einwand: wäre, hätte, möglicherweise, alles Uninteressant, es war anders! Der beschriebene Fall ist aber Alltag bei der Bahn bei vielen Anlagen, die örtlich bedient werden.

Hier stellen sich m.E. eher die Fragen:

- warum fehlte (und fehlt wohl immer noch) eine Gleisfreimeldeanlage? Seitdem das Wärterstellwerk am Nordkopf nicht mehr existiert, muss der Fdl in Kar für eine Strecke von etwa 1,2 km eine optische Fahrwegprüfung machen. Im Dunkeln und bei unsichtigem Wetter (Nebel, Schneefall) m.E. fast unmöglich.

Im vorliegenden Fall hat er ja die Fahrwegprüfung praktisch optisch und akustisch gemacht, denn der Gz rollte ja noch an ihm vorbei. Daher denke ich (also: Vermutung!), er war sich gar nicht bewusst, dass er versehentlich für den Gz nochmal eine Durchfahrt eingestellt hat!

- nördlich und südlich von Karow ist bereits elektronische Stellwerkstechnik modernster Art installiert und daher gibt es dort auch zwangsläufig Gleisfreimeldeanlagen. Wenn man nun aus welchen (wirtschaftlichen?) Erwägungen den Bereich des Karower Kreuzes noch nicht auf elektronische Stellwerkstechnik umgerüstet hat, warum wurde nicht wenigstens diese Einrichtung für die Streckengleise 1 und 2 in Karow eingebaut? Da dies wohl auch bisher nicht erfolgte, liegt hier m.E. weiterhin ein Gefahrenpotential, das auch durch zusätzliche Unterrichtungen zum Thema Fahrwegprüfung (wie im Bericht erwähnt) nicht gebannt werden kann!

Beste Grüße
Harald Tschirner
Zitat
BahnInfo-Redaktion
Der Lokführer eines im Bahnhof Karow stehenden NEB-Zuges beobachtete den Zusammenstoß und funkte einen Nothalteauftrag.

Was hat er sich dabei gedacht ? Ist das vielleicht eine Vorschrift ??? Ich frage - ohne nähere Kenntnisse über das Regelnwerk zu haben, was hätte für Schaden vermieden werden können oder noch anders gefragt hat es denn etwas genutzt ?
Ich denke er wird sich gedacht haben "oh, da rumst es gleich, ich funke einen Nothalteauftrag und hoffe das der hinten rauffahrende Zug noch genug abbremst das es nicht all zu sehr rummst" ;)
Zitat
alexbln
Zitat
BahnInfo-Redaktion
Der Lokführer eines im Bahnhof Karow stehenden NEB-Zuges beobachtete den Zusammenstoß und funkte einen Nothalteauftrag.

Was hat er sich dabei gedacht ? Ist das vielleicht eine Vorschrift ??? Ich frage - ohne nähere Kenntnisse über das Regelnwerk zu haben, was hätte für Schaden vermieden werden können oder noch anders gefragt hat es denn etwas genutzt ?

Ich zitiere mal die KoRil 408 "Züge fahren und Rangieren",

[www.deutschebahn.com]

Modul 408.0581 "Züge fahren, Verhalten bei Gefahr":

1 Grundsatz
Wenn eine Gefahr droht, müssen Sie in eigener Verantwortung umsichtig und entschlossen
alles tun, um die Gefahr abzuwenden oder zu mindern. In den Örtlichen
Richtlinien können zusätzliche Regeln gegeben sein.

2 Züge anhalten

(1) Bei Gefahr müssen Sie Züge anhalten, sofern nicht die Gefahr durch das Anhalten
vergrößert wird.
(2) Wird ein Zug wegen einer Gefahr angehalten oder kommt ein Zug aus nicht erkennbarem
Anlass zum Halten, so müssen Sie die Gefahr auch für Züge in
Nachbargleisen annehmen, wenn nicht einwandfrei festgestellt wird, dass die
Nachbargleise befahren werden können.
Als Triebfahrzeugführer müssen Sie
Signal Zp 5 geben, um das Zugpersonal und andere in der Nähe befindliche Mitarbeiter
aufmerksam zu machen und zur Hilfeleistung aufzufordern.

3 Nothaltauftrag geben
(1) Bei Gefahr müssen Sie sofort zusätzlich zu den Maßnahmen nach Abschnitt 2
Nothaltauftrag geben. Wenn Sie einen Nothaltauftrag fernmündlich geben, gelten
folgende Wortlaute:
a) auf der Streckenfernsprechverbindung,
„Betriebsgefahr, alle Züge sofort anhalten!
Ich wiederhole: Betriebsgefahr, alle Züge sofort anhalten!
Hier (Tätigkeit und Name des Meldenden)“,
b) auf anderen Fernsprechverbindungen,
„Betriebsgefahr, alle Züge zwischen (Zugmeldestelle) und (Zugmeldestelle) / im
Bahnhof (Name) sofort anhalten!
Ich wiederhole: Betriebsgefahr, alle Züge zwischen (Zugmeldestelle) und (Zugmeldestelle)
/ im Bahnhof (Name) sofort anhalten!
Hier (Tätigkeit und Stelle des Meldenden) / Hier Zug (Nummer)“.
oder
„Betriebsgefahr, Zug (Nummer) sofort anhalten!
Ich wiederhole: Betriebsgefahr, Zug (Nummer) sofort anhalten!
Hier (Tätigkeit und Stelle des Meldenden) / Hier Zug (Nummer)“.

(2) Wenn Sie einen Nothaltauftrag auf der Streckenfernsprechverbindung oder fernmündlich
über Zugfunk geben, müssen Sie ihn durch Notruf ankündigen.
(3) a) Ist Zugfunk nicht verfügbar, müssen Sie den Nothaltauftrag über eine andere
Fernsprechverbindung geben.
b) Als Zugbegleiter oder Triebfahrzeugbegleiter müssen Sie den Nothaltauftrag
vom nächsten Fernsprecher - bei zweigleisiger Strecke in Fahrtrichtung des
Zuges - geben. Ist ein Zugbegleiter oder Triebfahrzeugbegleiter nicht verfügbar,
müssen Sie als Triebfahrzeugführer den Nothaltauftrag selbst geben.

(4) Bei einem LZB-geführten Zug müssen Sie als Triebfahrzeugführer zusätzlich zum
Nothaltauftrag LZB-Nothalt geben und hiervon sofort den Fahrdienstleiter verständigen.
Haben Sie den LZB-Nothalt bei Halt des Zuges gegeben, müssen Sie
ihn nach der Meldung an den Fahrdienstleiter zurücknehmen. Bei einem LZBNothalt
während der Fahrt müssen Sie ihn nach Begegnung mit einem Zug im
Nachbargleis, spätestens aber nach einer Fahrt von etwa 3000 m - im Tunnel
möglichst am Tunnelende - zurücknehmen.
(5) Als Triebfahrzeugführer, der eine durch Notruf eingeleitete Meldung nicht eindeutig
aufnehmen oder verstehen kann, müssen Sie die Geschwindigkeit Ihres Zuges
sofort auf höchstens 40 km/h verringern und so lange auf Sicht weiter fahren,
bis sich aus der anschließenden Meldung ergibt, dass Sie nicht betroffen sind
oder bis Sie die Ursache des Notrufs mit dem Fahrdienstleiter geklärt haben.
(6) Als Triebfahrzeugführer müssen Sie einen Nothaltauftrag sofort ausführen, auch
wenn Sie ihn unvollständig aufgenommen haben."

Da auf den Ferngleisen keine weiteren Zugfahrten möglich waren, nehme ich an, er hat an die um 22:21 fällige S2 von Blankenburg gedacht, für die u.U. die Gefahr bestanden hätte, das irgendetwas vom Güterzug ins Profil ragen würde. Ob das der Fall war, weiß ich nicht, der NEB-Tf sah wohl zumindest die Möglichkeit.

Beste Grüße
Harald Tschirner
Das Fehlen der Gleisfreimeldeanlage im Stellwerkbereich Kar hat absolut nichts mit den Fehlhandlungen des Fahrdienstleiters und des Tf vom FTZ 53185 zu tun, welche die eigentliche Ursache des Unfalles war, so wie das der Bericht des EBA richtig darstellt.

Da gibt es absolut nichts zu diskutieren, denn die Gleisfreimeldeanlage hätte nicht den falschen Fahrweg verhindert und auch nicht das Fehlverhalten des Tf vom Güterzug.
Lediglich das Auffahren des RE hätte vielleicht verhindert werden können aber das war nicht die Ursache des Unfalls, sondern die Auswirkung.

Gruß Spandauer
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Zitat
Spandauer70
Lediglich das Auffahren des RE hätte vielleicht verhindert werden können aber das war nicht die Ursache des Unfalls, sondern die Auswirkung.

Nach dieser Argumentation können wir ja ab jetzt auch alle z.B. auf Sicherheitsgurte im Auto verzichten - die verhindern auch keine Unfälle, nur die Auswirkung (in Form von "durch die Frontscheibe fliegen").

Natürlich hätte eine Gleisfreimeldeanlage nicht das Fehlverhalten verhindert. Es hätte aber wohl den Unfall verhindert, und damit Verletzungen vermieden. Von daher fragt man sich schon zu Recht, wieso auf diese zusätzliche Sicherheit verzichtet wurde.
Menschen machen immer mal Fehler, deswegen versucht man ja, durch zusätzliche Sicherheitstechnik diese Fehler abzufangen.

~ Mariosch
Die Gleisbesetztanzeige hätte die Durchfahr-Fahrstraße verhindert.

Die Kommunikation zwischen Fdl und Güterzug-Tf verlief doch gut; es wäre nichts passiert, wenn der Fdl nur die Ausfahr-Fahrstraße eingestellt hätte. Er hat aber Durchfahrt (Einfahrt+Ausfahrt) geschaltet und damit Fahrt Frei zur Kollision gegeben. Damit ist meiner Ansicht nach der Fdl Hauptschuldiger.

MTB

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@MTB: Das ist aber sehr einfach betrachtet. Warum verlangt das Regelwerk den Halt des Zuges? Eben weil in die Sicherungstechnik eingegriffen und damit ein unsicherer Zustand hergestellt wird. Du kannst es sogar umdrehen. Hätte der Güterzug ordnungsgemäß angehalten, dann wären die Bedienhandlungen des Fdl völlig korrekt gewesen. Insofern ist es müßig einen Hauptschuldigen finden zu wollen. Beide haben ganz klar gegen die Regelwerke verstoßen und nur dadurch wurde der Unfall möglich.

Ich könnte mir sogar vorstellen, dass der Fahrdienstleiter durch den RE bereits wieder eine entsprechende Belegung vor dem ESig angezeigt bekam und daher aus Routine die Durchfahrt eingestellt hat, obwohl der Güterzug da schon unter seinem Fenster langschlich. Bleibt aber Spekulation, da sich der Fdl ja nicht weiter geäußert hat.

--- Signatur ---
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Zitat
Jay
@MTB: Das ist aber sehr einfach betrachtet. Warum verlangt das Regelwerk den Halt des Zuges? Eben weil in die Sicherungstechnik eingegriffen und damit ein unsicherer Zustand hergestellt wird.
Das steht außer Frage. Aber gerade weil es nicht alltäglich ist und gefährlich werden kann erwartet man doch höchste Konzentration vom Fdl! Die Durchfahr-Fahrstraße wäre aber in jedem Fall verkehrt gewesen.
Zitat

Du kannst es sogar umdrehen. Hätte der Güterzug ordnungsgemäß angehalten, dann wären die Bedienhandlungen des Fdl völlig korrekt gewesen.
Dazu zitiere ich aus dem Bericht:
Zitat
Seite 25
Die erneute Fahrwegeinstellung 136/2 und 132/Bkb ist ebenfalls technisch möglich und entspricht der regulären Einstellung einer Fahrt durch den Bf Berlin-
Karow in Richtung Blankenburg.
Zitat
Seite 26
Es ist davon auszugehen, dass der Fahrdienstleiter nicht realisierte, dass die Vorbedingungen für die Einfahrt des Zuges RE 38399 somit vorlagen und dieser
sich bereits im Zulauf vor dem Einfahrvorsignal v136 befand als er die Fahrt für den FTZ 53185 erneut einstellte. Es wird angenommen, dass die erneute Einstellung der Fahrt für den FTZ 53185 so erfolgte wie dies gemäß Fplo. vorgesehen war, eine Routinehandlung in Bezug auf den Fahrweg – Signalfahrttaste (SF) Esig. 136 und SF-Taste Asig.
132.
Zitat
Seite 29
Wäre der Güterzug unmittelbar nach Erkennen der Fehlleitung zum Halten gekommen, hätte sich dieser örtlich in einem Bereich befunden, so dass
1.
eine entsprechende Bedienhandlung des Fdl Karow technisch nicht möglich gewesen und
2.
ein automatischer Rückblock noch nicht erfolgt wäre.
Zitat
Wieder Jay
Insofern ist es müßig einen Hauptschuldigen finden zu wollen. Beide haben ganz klar gegen die Regelwerke verstoßen und nur dadurch wurde der Unfall möglich.
Ok, es ist sinnlos, einen Hauptschuldigen finden zu wollen. Dennoch liest sich der Bericht so, als ob der Fdl Mist gebaut hat und nun darauf hingewiesen wird, dass ein Kontakt o.ä. hinter dem Einfahrsignal den Fdl daran hindern gekonnt hätte, wäre der Güterzug nicht schon darüber hinweggerollt!
Zitat

Ich könnte mir sogar vorstellen, dass der Fahrdienstleiter durch den RE bereits wieder eine entsprechende Belegung vor dem ESig angezeigt bekam und daher aus Routine die Durchfahrt eingestellt hat, obwohl der Güterzug da schon unter seinem Fenster langschlich. Bleibt aber Spekulation, da sich der Fdl ja nicht weiter geäußert hat.
Das ist der Knackpunkt. Ich glaube nicht, dass eine Gleisbelegung (Das Stellwerk hatte anscheinend doch eine.) zwischen zwei Zügen unterscheiden kann und der Fdl auch nicht. Wenn ein Zug zur Hälfte im Bahnhof steht, belegt er ja beide Gleise, außerhalb sowie innerhalb des Bahnhofs. Nimmt der Fdl den "langen roten Strich" als einen Zug wahr, dann wäre es theoretisch sinnvoll, die Einfahrt erneut einzustellen, da glaube ich der Signalhaltfall von der letzten Achse ausgelöst wird und diese sich laut Gleisbild noch außerhalb des Bahnhofs befand (Dieser Satz stellt meine Überlegung dar). Wie oben zitiert ist es aber technisch unmöglich, in diesem Fall eine Durchfahr-Fahrstraße einzustellen, ergo ist meine Überlegung falsch. Der Fdl hätte mit einem Blick aus dem Fenster wissen müssen, dass der "lange rote Strich" eigentlich zwei Züge sind. Wenn der Fdl jetzt auch noch weiß, dass eine Fahrstraße durch ein besetztes Gleis technisch möglich ist, dann hätte er in Kombination gewusst, was für einen Schaden er anrichten kann.

Und das verschiebt meiner Meinung das Gewicht der Schuld ganz gewaltig auf die Seite des Fdl.
Der Arme.

MTB

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Nee, eben nicht. Der Gz-Tf hat die falsch eingestellte Fahrstraße am Vorsignal des ESig erkannt, hätte also vor dem ESig zum Stehen kommen müssen. In dem Fall wäre die Durchfahr-Fahrstraße die Richtige gewesen.
Wäre er mit der Lok hinter dem ESig zum Stehen gekommen, so hätte er dort zwar den Haltfall (mit der ersten Achse) ausgelöst, nicht aber den Rückblock (letzte Achse). Zudem wäre dann keine Durchfahr-Fahrstraße einstellbar gewesen.

Gleisbesetztanzeige gibt es nur für den Abschnitt bis zum ESig und nach dem ASig. Dazwischen ist "tot". Heißt also, dass die Ausleuchtung verschwunden ist, nachdem der Gz in den Bahnhof Karow eingerollt war und den Rückblock ausgelöst hatte. In der Zeit war der Fdl damit beschäftigt die falsche Fahrstraße aufzulösen und die Richtige einzustellen. Inzwischen hat sich aber der RE angenähert und somit den Streckenabschnitt vor dem ESig wieder ausgeleuchtet. Wie grob/fein diese Ausleuchtung ist hängt vom Stellwerk ab. Da ich das Stellwerk Karow nicht von innen kenne, kann ich dazu keine Aussage treffen.

@Harald: Die Argumentation ist einfach - das Nachrüsten der Gleisfreimeldeanlage kostet ne Menge Geld und Aufwand, aber die Restnutzung des Stellwerks ist begrenzt, da ja der Ersatz "unmittelbar" bevorsteht. Veränderungen an der Sicherungstechnik sind generell genehmigungspflichtig und bei Altanlagen gibts in der Regel sowas wie ein Veränderungsverbot beim Bestandsschutz. Letztendlich gilt diese Stellwerksform als "sicher", da ja der Fdl selbst die Räumungsprüfung vornehmen muss. Im Zweifel eben per Befehl 2 (Vorbeifahrt am Halt zeigenden Hauptsignal) und Befehl 9.1("Stellen sie fest, ob das Gleis befahrbar ist; melden Sie das Ergebnis an ..."). Klar ist das Irrsinn, aber so ist das eben in der Marktwirtschaft. Die Anzahl solcher Stellwerke ist noch immer so hoch, dass es Milliarden kosten würde. Und nebenbei gibts ja mit dem Zugleitbetrieb eine vereinfachte Betriebsform für Nebenbahnen, die sich eben auch wieder auf den Fdl verlässt. Im Gegenzug haben uns die ganzen tollen ESTW ja inzwischen auch schon einige Winterfreude bereitet, weil der Fdl nicht mehr vor Ort sitzt und damit auch nicht mal eben eine Räumungsprüfung vornehmen kann.

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Hab jetzt mal gezielt nach Hinweisen im Untersuchungbericht für deine Argumentation gesucht. Es wird nirgendwo gesagt, dass der Güterzug-Tf rechtzeitig vor dem Esig zum Halten kommen gekonnt hätte, es wird aber auch nichts gegenteiliges gesagt.
Zum Thema Gleisbildstellwerk:
Zitat
Seite 27
Feststellung:
[...] In Abhängigkeit des Standortes des FTZ 53185 prüft der Fdl zunächst den Fahrweg durch Auswertung der Gleisfreimeldeanlage
an der Stelltafel und/oder durch Hinsehen und stellt abschließend
das entsprechende Signal auf Fahrt.
Was heißt hier "und/oder"? Nach "oder" hat der Fdl richtig gehandelt, nach "und" nicht. Ihm hätte auffallen müssen, dass sich ausm-Fenster-schauen und Anzeige wiederspricht, ist ihm aber anscheinend nicht.

MTB

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Mal eine ganz allgemeine Frage:
Wie genau funktioniert denn die Gleisbesetztmeldung? Meines Wissens doch über Gleichstromkreise, die von Achsen der Züge "kurzgeschlossen" werden (elekrisch korrekt: der Stromkreis wird durch die Achsen geschlossen), und auf die Art wird ein Zug wahrgenommen, dachte ich jedenfalls immer. Nun lese ich in dem ein oder anderen Beitrag, daß nur die Achsen der Lok die Gleisbesetztmeldung beeinflussen? D. H., Güter- und Personenwagen tun dies nicht? Oder habe ich das falsch verstanden? Denn dann hätte ja der Güterzug, so er nicht mit kompletter Länge am Esig vorbeigewesen wäre (bzw. dem vor dem Esig überwachten Bereich), sowohl vor als auch hinter dem Esig eine Gleisbesetztmeldung auslösen müssen, wodurch wiederum der Regiozug gar nicht in den Abschnitt hätte reinfahren können / dürfen. Wenn natürlich die "doppelte" Gleisbesetztmeldung, durch den Güterzug verursacht, durch den Fahrdienstleiter falsch interpretiert oder ignoriert wurde (wird ja der Regio sein), sehe ich in ihm den Hauptverantwortlichen, denn die Technik hätte ja dann funktioniert. Nur scheint mir, funktioniert das irgendwie anders...
Vor allem hätte er ja dann auf der Anzeige einen sehr langen Zug angezeigt bekommen müssen.

Dennis
Gleisbesetztmeldungen werden inzwischen durch Achszähler vorgenommen. Man zählt die Achsen die reinfahren und die Achsen die rausfahren und im Idealfall sind beide zahlen gleich groß ;) Wenn nein geht die Suche nach den verlorenen Wagen los :D Die Gleichstromkreise sind aber auch durchaus noch häufig verbaut.
@drstar: Nein, das hast du schon ganz richtig erkannt. Die erste Achse (also Lok) schließt den Gleisstromkreis und die letzte Achse des Zuges hebt ihn auf, wenn sie den isolierten Abschnitt verlassen hat.

Im Bestandsbereich werden auch Gleisstromkreise wieder "neu" eingebaut. Bei Neubau wird, wie von Chep beschrieben, inzwischen gern auf Achszähler gesetzt. Beides hat Vor- und Nachteile.

Nun zum Güterzug: Er konnte hinter dem ESig ja eben keine Gleisbesetztmeldung auslösen, weil sie schlichtweg nicht vorhanden ist. Genau das haben Harald und Andere weiter oben ja bemängelt. Hätte der Bf. Karow über eine Gleisfreimeldeanlage verfügt, dann wäre das Bahnhofsgleis besetzt gemeldet gewesen und der Folgefahrschutz hätte das Stellen eine Durchfahrstraße verhindert. Da aber der Fdl eine Sichtprüfung vornehmen muss, war auch die erneute Fahrtstellung des ESig möglich. Genau hier hat ja meine Spekulation angesetzt, dass der Fdl die erneute Ausleuchtung vor dem ESig unterbewusst für den Güterzug gehalten und daher im Automatismus die Durchfahrstraße eingestellt hat. Bewusst sollte er natürlich wahrgenommen haben, dass der Gz da irgendwo in seinem Bahnhof rumgurkt. Eben unter anderem deswegen sagen die Regelwerke ja, dass der Zug bei solchen Eingriffen in die Stellwerkstechnik stehen muss.

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Zitat
drstar
Meines Wissens doch über Gleichstromkreise, die von Achsen der Züge "kurzgeschlossen" werden (elekrisch korrekt: der Stromkreis wird durch die Achsen geschlossen)

Richtig sind es Gleisstromkreise und die werden mit einem Wechselstrom unterschiedlicher Frequenz betrieben.

Weiteres zu Gleisfreimeldeanlagen findet man u.a. hier:

[de.wikipedia.org]

[www.uni-stuttgart.de]

[w1.siemens.ch]

Beste Grüße
Harald Tschirner
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