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Knick in der Optik? - U8 südl. Jannowitzbrücke
geschrieben von st_belger 
Eine seltsame Frage zur Stadtbaugeschichte, indirekt die U8 betreffend.
Ich habe eine Sammlung von Luftbildern von Berlin - "Über Berlin", Panorama-Verlag, ca. 2003. In dem Luftbild von 1943 ist etwas, was ich bisher auf keiner Karte so gesehen habe: Südlich der Jannowitzbrücke ist zwischen Brückenstraße und Neanderstraße (heute Heinrich-Heine-Str.) ein Versatz, die beiden Straßen gehen nicht direkt ineinander über. Die Neanderstraße endet im Norden in der Mitte zwischen Brückenstraße und Am Köllnischen Park! Wenn dem wirklich so wäre, hätte man ja beim Bau der Linie D/U8 in dem Bereich mindestens einen ganzen Block unterfahren müssen, wovon ich noch nie etwas gehört habe.
In dem Luftbild von 1953, also 10 Jahre später, ist alles "in Ordnung", aber anhand der Bebauung kann man kaum was feststellen, weil kaum noch was da war.

Weiß jemand dazu was?

Stark beunruhigt,
S.B.
st_belger schrieb:
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> In dem Luftbild von 1943 ist etwas, was ich bisher auf
> keiner Karte so gesehen habe: Südlich der
> Jannowitzbrücke ist zwischen Brückenstraße und
> Neanderstraße (heute Heinrich-Heine-Str.) ein
> Versatz, die beiden Straßen gehen nicht direkt
> ineinander über.

Dass Luftbilder nicht fehlerfrei sind, ist eigentlich nichts neues. Selbst in aktuellen Onlineansichten finden sich immer wieder ein kleiner Versatz. Beim Stand der Fototechnik der 40er Jahre, zumal in Kriegszeiten, kann sowas schnell passieren.

Obwohl die heutige U8, die damalige GN-Bahn der Nordsüdbahn A.G. recht viele Hausunterfahrungen aufweist, war im Streckenabschnitt Jannowitzbrücke - Moritzplatz keine nötig.

so long

Mario
Hab jetzt noch mal bis zum Kopfschmerz geguckt - Du hast Recht, da ist ein Versatz drin. Allerdings so gekonnt gemacht, dass es einer unfreiwilligen Fälschung gleichkommt. Die Michaelkirchstraße ist auch versetzt. Offenbar liegt ein Schnitt genau entlang der Köpenicker Straße. Und das Märkische Museum erscheint zweimal! - Vielleicht hat ja jemand dieses Bild, guckt mal!
Was mich vor allem irritierte, war der Unterschied zwischen 1943 und 1953. Auch wenn in der Zeit mehr passiert ist als sonst irgendwann in der Geschichte Berlins - ganze Häuserblocks wurden nicht verrückt (das passierte erst in den 60er Jahren).

Aber noch was Interessantes: Auf dem Lufbild von 1943 ist vor dem Reichstag deutlich die Baugrube eines U-Bahntunnels in N-S-Richtung zu sehen, der sich, aus der Siegesallee (Speers geplante Nord-Süd-Achse) kommend, in Richtung NW Moltkestr./Moltkebrücke krümmt. Er endet in einem riesigen rechteckigen Wasserbecken, da wo heute der Platz zwischen Kanzleramt und Paul-Löbe-Haus ist - offenbar der Anfang der damals geplanten Spreeverlegung.

Stefan
st_belger schrieb:
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> Aber noch was Interessantes: Auf dem Lufbild von
> 1943 ist vor dem Reichstag deutlich die Baugrube
> eines U-Bahntunnels in N-S-Richtung zu sehen, der
> sich, aus der Siegesallee (Speers geplante
> Nord-Süd-Achse) kommend, in Richtung NW
> Moltkestr./Moltkebrücke krümmt. Er endet in einem
> riesigen rechteckigen Wasserbecken, da wo heute
> der Platz zwischen Kanzleramt und Paul-Löbe-Haus
> ist - offenbar der Anfang der damals geplanten
> Spreeverlegung.

Habe diese Luftbilder auch schon länger, aber das ist mir noch garnicht aufgefallen ... zumal dieser Tunnel auch noch mit einer Erklärung nummeriert wurde.

Man kann auch gut erkennen, wie sich die Baustelle in Richtung Süden, entlang der damaligen Siegesallee, bis zum Kemperplatz zieht.

Gruß
Peter


der weiße bim schrieb:
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> Dass Luftbilder nicht fehlerfrei sind, ist
> eigentlich nichts neues. Selbst in aktuellen
> Onlineansichten finden sich immer wieder ein
> kleiner Versatz. Beim Stand der Fototechnik der
> 40er Jahre, zumal in Kriegszeiten, kann sowas
> schnell passieren.

Es wird ja vermutlich auch nichts sein, was schon in den 40er-Jahren entstanden ist. Ich denke, die Bilder wurden erst zur Erstellung dieser gesamtstädtischen Pläne von den Originalluftbildern aus dem Luftbildarchiv eingescannt und "zusammengebastelt". Die Originalluftbilder sind meist so knapp 20x20 cm groß und zeigen einen Ausschnitt von etwa 1,5x1,5 km. Das heißt man braucht schon eine ganze Menge an Bildern, um die zusammenzustellen.

Dann kommt dazu, daß bei den Bildflügen zwar immer versucht wird, eine Ideallinie zu fliegen, aber leichte Schwankungen gibt es natürlich immer. Somit sind also auch die Bilder, die bei einem Flug entstanden sind, immer ein bisschen versetzt. Und dann mit dem nächsten Flug eine 100%ige Parallele zum vorigen hin zu bekommen, ist natürlich völlig unmöglich. Also gibt es da dann noch mehr Versatz.

Außerdem kommt noch dazu, daß die Gebäude bei Senkrechtaufnahmen wegen der perspektivischen Verzerrung immer von der Bildmitte wegzukippen zu scheinen. Wenn man also zwei Bildränder miteinander verschmilzt, kippen dort die Gebäude unter Umständen aufeinander zu.

Hier merkt man auch Qualitätsunterschiede zwischen amtlichen Luftbildern und Google Earth. Google akzeptiert deutlich stärkere Verzerrungen innerhalb der Bilder, weil man dadurch weniger Bilder aufnehmen bzw. kaufen muss.

In Google Earth sieht man das Zusammenstückeln von Bilder z.B. auch anhand von scheinbar halben Zügen bei den oberirdischen U- und S-Bahn-Strecken in Berlin.

Ergänzung: Scheinbar hat man das gegenüber den ersten Bildversionen ein wenig verbessert und wo Züge zusammen gestückelt wurden, lieber den ganzen Zug heraus retuschiert. Aber auf der Ringbahn ist zwischen Beusselstraße und Westhafen z.B. noch ein 4-1/2-Wagen-Zug zu sehen.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 22.10.2007 13:57 von Lopi2000.
Übrigends, wer will:
Erstklassige Luftbilder der Berliner Innenstadt von bspw 1943/1953/1984 gibt es Mo-Fr 10-16 Uhr (Fr nur bis 14 Uhr! Vorsicht!Beamte!:-)) im Gebäude der Stadtentwicklungssenatorin (Am Köllnischen Park) für 10 EUR/Stück zu kaufen

Exellente Qualität DIN A0.
Ein Vergleich der Aufnahmen miteinander ist frappierend/verblüffend/schockierend(nichtzutreffendes ausstreichen)!



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 22.10.2007 15:37 von joha.
Ey Manno, schon wieder doppelt!! Aber nicht geklickt, sondern mein DFÜ ist ausgestiegen und hat beim wiederzuschalten den Beitrag gleich nochmal rausgehauen! Sorry!



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 22.10.2007 15:36 von joha.
joha schrieb:
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> Übrigends, wer will:
> Erstklassige Luftbilder der Berliner Innenstadt
> von bspw 1943/1953/1984 gibt es Mo-Fr 10-16 Uhr im
> Gebäude der Stadtentwicklungssenatorin (Am
> Köllnischen Park) für 10 EUR/Stück zu kaufen

Klasse Tip, Danke
Horst Bu. - histor
st_belger schrieb:

> Aber noch was Interessantes: Auf dem Lufbild von
> 1943 ist vor dem Reichstag deutlich die Baugrube
> eines U-Bahntunnels in N-S-Richtung zu sehen, der
> sich, aus der Siegesallee (Speers geplante
> Nord-Süd-Achse) kommend, in Richtung NW
> Moltkestr./Moltkebrücke krümmt. Er endet in einem
> riesigen rechteckigen Wasserbecken, da wo heute
> der Platz zwischen Kanzleramt und Paul-Löbe-Haus
> ist - offenbar der Anfang der damals geplanten
> Spreeverlegung.

Korrekt. Der U-Bahntunnel ist auf 200 m Länge existent plus zweier Straßentunnel, gedacht für die Linie G Marienfelde-Lübars. An der nordwestlichen Ecke des Reichstags müsstest Du dann auch eine Baugrube für die Linie E (oder zumindest Baustellenreste) erkennen.

Gruß
Alex

Da ist irgendwas. Vielleicht 50 m Aufgrabung nördlich vom Reichstag, und östlich neben der Tunnelmümdung im Wasserbecken eine Art Blinddarm, der ein Anschluss der Vorleistung für die E sein könnte. Vielleicht sind das aber auch Straßentunnel.

Gruß aus der Wüste
Stefan
Das gleiche findest du auch, wenn du die Königstraße mal vom Alexanderplatz aus verfolgst, an der Spandauer Straße endet sie in einer T-Kreuzung wo sie doch durchgehen müsste. Leider ist die Qualität in dem Bereich auch ziemlich unscharf, so dass man nicht den Schnitt erkennen kann.

Ulkigerweise sieht das Gesamtbild allerdings so aus, als ob es nie anders gewesen wär.

Unioner
Alex Seefeldt schrieb:
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> Korrekt. Der U-Bahntunnel ist auf 200 m Länge
> existent plus zweier Straßentunnel, gedacht für
> die Linie G Marienfelde-Lübars. An der
> nordwestlichen Ecke des Reichstags müsstest Du
> dann auch eine Baugrube für die Linie E (oder
> zumindest Baustellenreste) erkennen.
>
> Gruß
> Alex
Dieser Tunnel wurde im Herbst 1998 verfüllt. Dazu wurde ein Teil der Decke entfernt und der Tunnel mit Dämmer und Bauschutt verfüllt. Wenn ich mich recht entsinne war immer von einer Linie 2 die Rede.
Es gibt da noch zwei Tunnel, einer für die Straße und einer für eine U-Bahn. Sie queren die "Straße des 17.Juni" etwa da wo der T34 steht.



Lopi2000 schrieb:
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> der weiße bim schrieb:
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> > Dass Luftbilder nicht fehlerfrei sind, ist
> > eigentlich nichts neues. Selbst in aktuellen
> > Onlineansichten finden sich immer wieder ein
> > kleiner Versatz. Beim Stand der Fototechnik
> der
> > 40er Jahre, zumal in Kriegszeiten, kann
> sowas
> > schnell passieren.
>
> Es wird ja vermutlich auch nichts sein, was schon
> in den 40er-Jahren entstanden ist. Ich denke, die
> Bilder wurden erst zur Erstellung dieser
> gesamtstädtischen Pläne von den
> Originalluftbildern aus dem Luftbildarchiv
> eingescannt und "zusammengebastelt". Die
> Originalluftbilder sind meist so knapp 20x20 cm
> groß und zeigen einen Ausschnitt von etwa 1,5x1,5
> km. Das heißt man braucht schon eine ganze Menge
> an Bildern, um die zusammenzustellen.
>
Die Karte von 1943 enthält sogar ziemlich grobe Fehler. Am östlichen Rand in einem Streifen von Prenzlauer Berg bis Neukölln sind ganz grobe Verfälschungen enthalten. Bestimmte Häuserblöcke sind da mehrfach eingeklebt, vor allem im Bötzowviertel oder im Bereich Maybachufer. Irgendwo geht da sogar ein Haus in ein vervielfältigtes Stück Landwehrkanal über.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 24.10.2007 14:52 von Martin Kley.
Hallo,

zu den Tunnelfragmenten bzw. "Blinden Tunneln" gibt es auch zwei Seiten,
die sie ein bisschen beschreiben, einmal bei Marcus Schomacker und
einmal beim Verein Berliner Unterwelten.

Gruß, Thomas

--
Thomas Krickstadt, Berlin, Germany, usenet@krickstadt.de
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