NVB schrieb:
> @ Ingolf
>
> Das ist original die Vorstellung der Potsdamer
> Stadtverwaltung seit dreißig Jahren, die auf
> wundersame Weise sogar die Wende überdauert hat,
> weil auch die zuständigen Planer die Wende
> überlebt haben.
Na ja, stadträumliche Strukturen sind manchmal eben sehr stabil - und manchmal auch städtische Beamte. Ersteres ist aus verkehrsplanerischer Sicht eher erfreulich (sonst könnten wir keine einzige Schienenstrecke bauen) - zweites kann manchmal einen zur Verzweiflung führen. ;-)
> Doch zurück zur Trasse, die war an planerischer
> Abenteuerlichkeit nicht zu überbieten, abgesehen
> davon, dass die ex-DDR-Jungs von der
> Stadtverwaltung anscheinend noch nicht gemerkt
> haben, dass der Beförderungsbedarf zwischen Teltow
> und Potsdam zu Gunsten Berlins auf ein Zehntel
> geschrumpft ist:
Die Teltower Straßenbahn hat Mitte der 1990er Jahre in einer standardisierten Bewertung einen hohen Wert (ca. 3 oder 4) erreicht - und da hat man längst mit einem Aufkommen gerechnet hat, was mit dem heutigen vergleichbar ist. Auch heute gibt es noch eine nennenswerte Verkehrsbeziehung zwischen Potsdam und Teltow/ Kleinmachnow/ Stahnsdorf. Nur mit dem Unterschied, dass er regelmäßiger über den Tag verteilt ist und nicht mehr "alles" nach Teltow frühmorgens zum Arbeiten fährt. Die drei Gemeinden haben zusammen ca. 50.000 - 60.000 Einwohner (oder sogar schon mehr?) - wo, wenn nicht dort lohnt sich eine Straßenbahn? Vor allem, wenn man dann auch noch eine wunderbare räumliche Schwereachse hat.
> a)
> Die Trasse über die Großbeerenstraße mit
> Untertunnelung der Wetzlarer Bahn ist um ein
> Vielfaches teurer als der relativ kurze
> Lückenschluss zwischen Fontanestraße und
> ViP-Betriebshof.
Das ist klar.
Aber die Strecke über den Betriebshof bedient dann nichts relevantes mehr zusätzlich und erfordert einen Zubringerbus aus dem Gebiet jenseits der Bahnstrecke. Eine endgültige Bewertung kann ich für die Querung der Wetzlarer Bahn jetzt überschlägig nicht abgeben, ich suche jedoch immer ersteinmal nach der Variante, die das höchste Potential bietet. Und das sehe ich weniger bei einer Führung neben einem Betriebshof, sondern eben eher durch Wohngebiete.
Städtebaulich wäre es ohnehin wohl angebrachter, die Wetzlarer Bahn tieferzulegen statt der Straße.
>
> b)
> Der "Bussubstitutionseffekt" ist weitgehend
> Unsinn, weil die Großbeerenstraße als wichtige
> Einfallstraße nach Potsdam auch mit einer
> Straßenbahn immer Busverkehr haben muss.
Wer ezählt so etwas? ;-)
Das Endziel ist ja ohnehin die Straßenbahn nach Teltow, so dass die wichtigen Teltower Buslinien 601/602/X1 sowieso entfallen, der 690er würde schon entfallen, wenn die Straßenbahn allein bis zum Keplerplatz gebaut ist.
Als Zwischenstufe bis zur Straßenbahn nach Teltow könnte man die Busse aus Teltow werktags als Schnellbus (analog X1) über die Schnellstraße nach Potsdam führen und in Schwachlastzeiten am Johannes-Kepler-Platz abbinden.
Als Endstufe sind die Linien natürlich ganz weg und "verstraßenbahnt"
Beides würde gegenüber dem heutigen Zustand Busleistungen einsparen und wäre im Falle der Schnellstraßenführung schon für den Teltower Bus sogar ein Attraktivitätszuwachs, da die heute notwendige "Bummelbusfunktion" des 601ers in der Großbeerenstraße entfällt.
Aber auch eine Führung über den Betriebshof würde ein derartiges Stufenkonzept für Teltow ermöglichen. Wichtig ist jedoch eben die Führung über die Großbeerestraße, um dort die Busse zu substituieren. Denn mit dem vollständigen Ersatz der Linien 601 und 690 (zusammen alle 10 Minuten) kann ich die freiwerdenden Leistungen voll auf die Straßenbahn umlegen.
Die "Querverbindung" Fontanestraße - Betriebshof würde jedoch für alle Zeiten einen Busverkehr im heutigen Takt in der Großbeerenstraße erforderlich machen, selbst dann, wenn es irgendwann eine Straßenbahn nach Teltow geben sollte. Und spätestens dann wäre diese Variante betrieblich teurer, weil:
1. weiterhin Busse in der Großbeerenstraße (alle 10 Minuten)
2. längere Fahrwege für die Straßenbahn (via Fontanestraße statt auf direktem Wege)
Gleiches
> gilt im übrigen auch für die Neuendorfer Straße,
> so dass diese Straßenbahnführung nichts einsparen
> und sogar zusätzlichen Parallelverkehr erzeugen
> würde.
Auf einem kurzen Abschnitt wäre dies der Fall. Allerdings kann man die Linien 118 und 694 unverändert lassen, da sie an der Kreuzung Neuendorfer Straße/ Großbeerenstraße Anschluss an die neue Straßenbahn in Richtung Innenstadt hätten. Bei einem Umknicken der Straßenbahn bereits westlich der Bahnlinie müsste aus diesem Gebiet zusätzlich ein Anschlussbus fahren bzw. die Linien 118/ 694 müssten eine "Beule" fahren - was beides ein Mehraufwand wäre und Potentiale verschenken würde.
> c)
> Die geltend gemachten "Optimierungspotentiale im
> Straßenbahnnetz" gelten für die direkte Trasse am
> ViP-Betriebshof sogar noch stärker: Man kann nicht
> nur über Babelsberg zum Stern fahren, sondern von
> Babelsberg auch zum Schlaatz und nach Rehbrücke
> auf dem kürzesten Wege. Abgesehen davon, dass es
> sehr vorteilhaft ist, den ViP-Betriebshof von
> beiden Seiten am Streckennetz angeschlossen zu
> haben, entlastet diese Trasse die am stärksten
> frequentierte Potsdamer Buslinie zwischen
> Magnus-Zeller-Platz und S-Bahn-Babelsberg.
1. Diese von Dir genannten "Optimierungspotentiale" beinhalten alles Zusatzleistungen gegenüber dem heutigen Netz, ohne das ich relevantes Substitutionspotential bei Bussen bzw. anderen Straßenbahnlinien sehe. Ohnehin ist fraglich, ob es in Potsdam ein straßenbahnwürdiges Tangentialaufkommen gibt (wie hier angedeutet). Tangentiale Verkehrsströme können bei der Stadtgröße von Potsdam eigentlich nur zusätzliche Mitnahmeeffekte von radialen Straßenbahnlinien sein - aber kaum eigene Linien. Zudem ist eine Führung über Fontanestraße und Betriebshof nicht wirklich eine direkte Verbindung zwischen dem Ortszentrum Babelsberg und Schlaatz bzw. der Waldstadt. Eine ernsthafte Konkurrenz zum Bus 693 dürfte das sicher nicht sein.
2. Ich sehe es lieber, wenn ein Straßenbahnnetz nach den Erfordernissen der Verkehrsströme gebaut werden - und weniger nach den Anforderungen eines betrieblich optimierten Betriebs. Wenn die zweite Anbindung zum Betriebshof wirklich so zwingend erforderlich ist, kann man sie immer noch als Abzweig der von mir vorgeschlagenen Variante bauen.
3. Betrieblich wirst Du beim "Entlasten" der Buslinie 693 nicht viel erreichen können. Ein geringerer Takt, als die heutigen 20 Minuten wird man kaum anbieten, wenn man noch ein halbwegs akzeptables Angebot haben möchte. Und ganz einstellen kann man diese Linie auch nicht, da sie den Schlaatz in den Bereichen erschließt, die recht weit weg von der Straßenbahn liegen (bis zu ca. 800 m).
Fazit: Eine Führung über die Großbeerenstraße finde ich aus Gründen der Potentialerschließung und betrieblicher Vorteile als wesentlich vorteilhafter gegenüber der "Querspange" ab der Fontanestraße.
Die weitere Führung über die Neuendorfer Straße statt über den Betriebshof könnte wegen der teuren Querung der Wetzlarer Bahn trotz besserer Erschließung wirtschaftlich problematisch werden. Es wäre zu prüfen, was die Stadt Potsdam mit der Querung langfristig vorhat und ob die Straßenbahn dann ein "Mitnahmeeffekt" wäre.
Für den wichtigen Bussubstitutionseffekt ist der Linien 601 und 690 ist es glücklicherweise kaum relevant, ob über den Betriebshof oder über die Neuendorfer Straße gefahren wird - aber es muss über die Großbeerenstraße gefahren werden. Zudem ist das die kürzeste Strecke, was Straßenbahnfahrzeit spart.
Viele Grüße
Ingolf