Hallo
dubito ergo sum schrieb:
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> Ulrich Conrad schrieb:
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> > Ob das Netz die Ausmaße vergangener Zeiten wieder
> > erreichen muss, ist eine andere Frage. Zu Beginn
> > der 20er Jahre war es unglaublich dicht. Eine
> > solche Dichte brauchen wir heute nicht mehr.
>
> Ich denke, zu einer ähnlichen Attraktivität wird
> eine ähnliche Dichte gehören müssen.
> Zumal in Zeiten ernstzunehmender Konkurrenz des
> Automobils.
Gerade weil heute das Auto als Konkurrenz nunmal vorhanden ist, ob es einem passt oder nicht, müssen wir davon ausgehen, dass eben nicht jeder die Straßenbahn nutzen und auf das Auto verzichten wird, wie das vor 100 Jahren noch der Fall war. Gegen die Netzlänge von 630 km habe ich nichts einzuwenden, aber diese Kilometer müssten heute auf einem größeren besiedelten Gebiet verteilt werden, als damals, wodurch die Dichte pro Quadratkilometer geringer sein würde und könnte.
> Wann
> > es die größte Ausdehnung hatte, weiß ich nicht
> > genau.
>
> 643km 1930
Aha. Danke.
> > Wir sollten uns heute darauf konzentrieren
> > für die heutige Zeit und die Zukunft ein möglichst
> > sinnvolles Netz zu gestalten, ohne dabei
> > übertriebene Forderungen an die Wiederherstellung
> > stillgelegter Strecken zu stellen.
>
> Die meisten stillgelegten Strecken werden nach wie
> vor betrieben - nur nicht mit Straßenbahnen.
Wenn man sich mal einen Stadtplan ais der Zeit vor 1923 ansieht, staunt man, wo damals überall Straßenbahnen fuhren. Es gab damals eine riesige Menge meist nicht besonders langer Abschnitte, die heute nicht einmal vom Bus bedient werden. Selbst nach dem Krieg gab es noch solche Straßenbahnstrecken, etwa vom Spreewaldplatz über Ohlauer und Friedelstraße zum Hermannplatz. Brauchen wir dort wieder eine Straßenbahn? Ich denke: Nein.
> Alle Buslinien auf Straßenbahn umzustellen, bei
> denen sich das lohnt, würde große Teile des
> Straßenbahnnetzes wiederherstellen.
Stimmt.
> > Letzten Endes
> > muss auch bedacht werden, dass einige
> > Straßenbahnstrecken durchaus von der U-Bahn
> > ersetzt wurden und daher heute überflüssig wären.
>
> Auf großen Teilen des U-Bahnnetzes kann auf
> Parallelverkehr verzichtet werden, aber nicht auf
> allen 145km(bspw. City West so.o.).
Da gebe ich dir auch recht.
> Das ändert also noch nichts an der Größenordnung.
> Dazu kommt die massive Ausweitung der bebauten
> Fläche in und um Berlin seit 1930, verbunden mit
> einer starken Verlängerung der durchschnitlichen
> Wege.
> Zur Abwicklung dieser zusätzlichen
> Verkehrsleistungen sind seit 1930 so einige
> Straßenbahnstrecken entstanden oder nach wie vor
> notwendig.
Völlig richtig.
> Die Länge der nicht mehr notwendigen Strecken
> dürfte die Länge der seitdem notwendig gewordenen
> Strecken nicht übersteigen.
> Insofern betrachtete ich die frühere Dimension
> durchaus als Richtgröße.
Wenn du trotz der gegenüber des alten Netzes notwendigen zusätzlichen Neubaustrecken von der alten Netzlänge als Richtwert ausgehst, gibst du ja zu, dass nicht alle ehemaligen Strecken wieder nötig wären. Darauf können wir uns gerne einigen.
> > Es dürfte schwierig sein festzustellen, in wie
> > weit die Kosten für den Straßenunterhalt durch die
> > Busse der BVG bzw. durch andere Verkehrsteilnehmer
> > verursacht werden. Da aber sowohl der Straßenbau,
> > als auch der Bau von Straßenbahnengleisen eine
> > Aufgabe der öffentlichen Hand sind, halte ich es
> > für unwichtig wie die Kosten nun verrechnet
> > werden.
>
> Ich vermute, das wäre sehr aufschlußreich.
> (Z.B.bekommen immer mehr Bushaltestellen eine
> verstärkte Fahrbahn, weil die konventionelle
> völlig überfordert wird.)
Ich denke auch daran, dass die Bergstraße zwischen Filandastraße und Robert-Lück-Straße zunächst eine komplett erneuerte Fahrbahn erhielt, bevor der 170er dorthin umgelegt wurde. Waren das nicht auch Kosten zur Schaffung einer Buslinie? Allerdings hätte man sicher ohnehin die Straße irgendwann erneuern müssen (irgendwann muss alles mal erneuert werden), was nun wieder mehr Zeit hat, so dass sich die Kosten relativieren.
> Mich würden die tatsächlich entstehenden Kosten
> für den Betrieb von Bussen und Straßenbahnen
> interessieren.
> Unabhängig von der Frage, aus welchem Topf sie
> finaziert werden.
> Erst dann lässt sich Wirtschaftlichkeit wirklich
> beurteilen.
> Bisher ist die Straßenbahn benachteiligt, weil im
> Gegensatz zum Bus keine kompatible Infrastruktur
> überall zur Verfügung gestellt wird.
Richtig.
> > > Gegenwärtig führt die beachtliche Subventionierung
> > > des MIV eben auch zu einer Bevorzugung von Bussen
> > > durch die BVG.
> >
> > Na wie gut, dass die BVG nicht subventioniert
> > werden muss, sondern mit ihren Einnahmen völlig
> > auskommt! Wo kann ich mir eigentlich die
> > Subventionen für meinen PKW abholen? (Ich glaube,
> > das Thema lassen wir besser)
> >
> Jeden Tag auf der Strasse, die dir kostenlos zur
> Verfügung gestellt wird, in Städten, die
> Automobilen gerechter werden, als Menschen.
Da irrst du dich. Mir wird jedenfalls keine Straße kostenlos zur Verfügung gestellt, denn für mein Auto muss ich Steuern bezahlen. Die einzige Verkehrsinfrastruktur, die der Staat kostenlos zur Verfügung stellt, sind daher Fuß- und Radwege. Dass die Kfz-Steuern nicht kilometerabhängig sind, sondern nach Hubraum des Motors berechnet werden, ist zwar idiotisch, ändert aber nichts daran, dass man Steuern zahlen muss, wenn man ein Auto halten will. Ich gebe aber zu, dass eine kilometerabhängige Steuer, etwa über die Mineralölsteuer, sinnvoller wäre, damit auch derjenige, der sein Fahrzeug stehen lässt, dafür belohnt wird.
> > Meinst du damit die 18 und die 21 sollten im
> > Westen zu einer Ringlinie verknüpft werden, die
> > dann im Osten bis Hellersdorf bzw. Schöneweide
> > fahren würde? Das würde viel zu lang werden.
> > Außerdem wäre es übersichtlich, wenn eine Linie
> > sich selbst kreuzen müsste.
>
> Linien in Alpha-Form gibt es zwar tatsächlich,
> aber ich dachte eher an eine gemeinsame Endstelle
> in der City West.
Aha.
> > > Andererseits zwingt der Hbf. zu einer recht
> > > südlichen Linienführung, eine nördliche ist erst
> > > wieder Perleberger Brücke möglich, wenn auch nicht
> > > unbedingt sinnvoll für Ringlinien.
> > > Demzufolge könnte der Ring über Zoo im Osten auch
> > > enger ausfallen als die M10.
> > > Z.B. entlang der ehemaligen Stadttore bis zur U1.
> >
> > Da ist vieles möglich. Ich bezweifel allerdings
> > den Sinn einer zweiten Ringlinie. Die M10 über
> > Hbf. - Potsdamer Platz - Hermannplatz zu schließen
> > wäre noch relativ citynah und würde von der Länge
> > her vielleicht gerade so gehen. Eine längere Linie
> > halte ich für sehr problematisch. Sie könnte durch
> > verschiedene Tangentiallinien besser abgedeckt
> > werden.
>
> Mehr als einen Halbring fährt niemand, sonst würde
> er andersrum fahren.
Das stimmt zwar in den meisten Fällen, kann aber auch nicht verallgemeinert werden. Eine Ringlinie könnte sich z. B. ideal als Stadtrundfahrt für Touristen anbieten, etwa wie die Linien 1 und 2 in Wien, die nun in Durchmesserlinien umgewandelt werden, was daher wohl auch schon zu Kritik geführt hat.
> Insofern kann man einen Ring auch in mehrere, sich
> möglichst überlappende Tangenten zerlegen.
Das kann man natürlich auch.
> > > > Der IV wird dort aber auch künftig
> > > > seine vier Spuren brauchen.
> > >
> > > Genau das ist die Gretchenfrage!
> > > In Paris wurden mit Einführung der Straßenbahn die
> > > Zahl der Fahrbahnen reduziert. Der Untergang des
> > > Abendlandes blieb dennoch aus.
> > > Die Staus sind geringer geworden, die Leute fahren
> > > Straßenbahn statt Bus oder Auto.
> >
> > Es gibt auch in Berlin eine Reihe von Straßen, die
> > mit weniger Fahrspuren auskommen könnten. Das gilt
> > aber nicht für alle Straßen. Man muss doch sehen,
> > dass in der Yorckstraße (2 Spuren / Richtung)
> > sowohl der Verkehr aus der Bülowstraße (3 Spuren /
> > Richtung) und der Nachodstraße (1 Spur / Richtung)
> > zusammen geführt wird. Aus diesen insgesamt 4
> > Spuren eine machen zu wollen, geht einfach zu
> > weit. Die Bülowstraße kannst du gerne schmaler
> > machen, aber nicht die Yorckstraße!
Hier ist mir übrigens ein böser Fehler unterlaufen: Ich meinte natürlich nicht die Nachodstraße, sondern die Goebenstraße und die bietet sogar zwei Spuren po Richtung, so dass sich in der Yorckstraße sogar insgesamt fünf Spuren auf zwei reduzieren müssen.
> Noch stärker als durch die Anzahl der Fahrspuren
> wird die Leistungsfähigkeit einer Straße durch
> querenden Verkehr minimiert.
> Im betreffenden Bereich mangelt es aber an großen
> Kreuzungen - diese liegen weiter westlich bzw.
> östlich, wo die Yorckstr. deutlich breiter ist.
> Auffangräume für den Rückstau von Ampeln sind dort
> vorhanden bzw. ausbaufähig.
Noch entscheidender als die Menge des Querverkehrs dürfte wohl die Dauer der Rotphasen an den Ampeln sein, und Ampeln gibt es auch im Verlauf der Yorckstraße. Diese führen zwar üblicherweise nicht zu Staus, wenn aber im Bereich dieser Ampeln ein Fahrzeug einen Fahrstreifen blockiert entstehen eben doch ganz schnell welche. Bei nur einer Spur pro Richtung hätte man dort diesen Effekt ständig.
> Daher denke ich, dass sich eine weitgehend
> konfliktfreie Führung auf zwei Spuren bei
> Optimierung des Verkehrs in diesem Bereich
> realisieren ließe.
> Die Leistungsfähigkeit der Yorckstr. im
> Mittelabschnitt ist mangels großer Kreuzungen
> deutlich größer, als an ihren Enden.
Da bin ich anderer Meinung.
> > > Können und wollen wir uns die Unterhaltung
> > > doppelter Infrastruktur immer und überall
> > > leisten?
> >
> > Wenn nicht, wird es eben zu keinen neuen
> > Straßenbahnstrecken kommen. Straßen stilllegen zu
> > wollen halte ich für naiv.
>
> Ich spreche nicht von Stillegung, sondern Ersatz
> dann nicht mehr nötiger einzelner Fahrspuren.
Dagegen hätte ich auch gar nichts, nur kann man nicht überall dort, wo man gerne Platz für einen eigenen Bahnkörper hätte, einfach beschließen, dass Fahrspuren überflüssig werden würden. Das müsste man von Fall zu Fall prüfen. In sehr vielen Fällen ginge es sogar, insbesondere dort, wo ohnehin schon eine Busspur vorhanden ist, aber eben nicht in der Leipziger Straße oder der Yorckstraße.
Wäre es eigentlich allzu indiskret dich zu fragen, ob du selbst gelegentlich zu den Autofahrern gehörst?
Viele Grüße
Ulrich C.