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Zukunft der S-Bahn - "Landesnahverkehrsgesellschaft Berlin"?
geschrieben von Lehrter Bahnhof 
Hallo!

Von Enteignen halte ich allerdings auch nichts.
Wo würde man es denn hin "enteignen"? Rechte Hand zur linken Hand oder umgekehrt.
Hier helfen eigentlich nur noch Aussperrmaßnahmen der Geschäftsleitung/ -führung mit einer Kommissarischen Führung bestellt durch (von mir aus) den Senat. Hier ist ein Schaden am Bürger oder Fahrgast entstanden, der das gleiche Unternehmen mit dieser Leistung im Fernverkehr ruiniert hätte.
Dabei geht es um 1,3 Millionen Fahrgäste, die man warten lassen hat, eingezwängt hat, stehen lassen hat ...
Hier müssen Köpfe rollen, um eine Umdenken zu ermöglichen. Neuer Wind, unter mentorischer Anleitung von Eisenbahnern. Da muß auch mal das geistige Potential eines Unternehmens in die Waagschale geworfen werden.

MfG
strolch
strolch schrieb:
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> Von Enteignen halte ich allerdings auch nichts.
...
> Hier helfen eigentlich nur noch Aussperrmaßnahmen
> der Geschäftsleitung/ -führung mit einer
> Kommissarischen Führung bestellt durch (von mir
> aus) den Senat.

Na, aber dafür müsste man schon eher erstmal enteignen oder der Bahn halt die S-Bahn abkaufen oder so. Aber die Geschäftsführung eines Unternehmens an dem man nicht beteiligt ist, abzusetzen wird schon sehr problematisch.

Ich habe zwar schon einen Fall erlebt, in dem eine Stadt die Zusammenarbeit mit einem Planungsbüro nur unter der Voraussetzung, dass ein bestimmter Mitarbeiter nicht mehr an den Projekten beteiligt ist, fortsetzen wollte, aber für gewöhnlich ist die Macht des Kunden nicht so groß, dass er einen Einfluss auf die Mitarbeiterauswahl hat.

> Hier ist ein Schaden am Bürger
> oder Fahrgast entstanden, der das gleiche
> Unternehmen mit dieser Leistung im Fernverkehr
> ruiniert hätte.

Das ist ja gerade ein Argument mit dem eine Enteignung begründet würde. Leichter würde es natürlich, wenn schon ein Finanzinvestor an der DB ML AG beteiligt wäre und man dadurch ein überzogenes Gewinninteresse, das nicht der öffentlichen Hand zu Gute käme nachweisen könnte.
Lopi2000 schrieb:
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> Na, aber dafür müsste man schon eher erstmal
> enteignen oder der Bahn halt die S-Bahn abkaufen
> oder so.

Und woher soll das Geld kommen, um der Bahn die S-Bahn Berlin abzukaufen? Das Konjunkturprogramm II sieht eine solche Ausgabe nicht vor.
Hm, ich glaube, da sind meine Vorschläge schon praktikabler...

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Nicht-dynamische Signatur
Weiß Punkt 81er schrieb:
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> Und woher soll das Geld kommen, um der Bahn die
> S-Bahn Berlin abzukaufen? Das Konjunkturprogramm
> II sieht eine solche Ausgabe nicht vor.

Am besten natürlich aus dem eigenen Haushalt. Da es sich um investive Maßnahmen handelt und man das Geld hinterher aus der Vermietung der Fahrzeuge wieder einnimmt bzw. an Zuschüssen einspart, spricht nichts dagegen, dies kreditfinanziert aus dem Landeshaushalt zu machen.

Im übrigen ist die Lösung, Bahnfahrzeuge mit Landesmitteln zu finanzieren auch günstiger, da das Land (selbst Berlin) deutlich bessere Bonitätsbewertungen und somit günstigere Zinssätze bekommt als es bei privatrechtlich organisierten Unternehmen der Fall ist. (Noch bildet die DB AG als staatseigenes Unternehmen eine Ausnahme, aber im Vorgriff auf die Privatisierung gab es wohl auch hier schon eine Abwertung.)
Kehren wir doch mal zu der Ausgangsfrage einer Landesnahverkehrsgesellschaft zurück.

Was unterscheidet den Gewinner einer Auschreibung wie metronom eigentlich noch von einer Zeitarbeitsfirma?
Konstantes Kapital gibt es nicht, da die Fahrzeuge vom Land gemietet werden, die Benutzung der Strecken dem jeweiligen Eigentümer vergütet wird und metronom auch keine Werkstätten hat, sondern Wartungsaufträge vergibt.
Metronom verfügt lediglich über variables Kapital: Um Kosten wie Löhne, Mieten, Trassen etc. vorzustrecken, bis Fahrgeldeinnahmen und die Zuschüsse der LNVG beisammen sind.

Da das konstante Kapital zur Verfügung gestellt und dessen Verwendung vorgeschrieben wird, findet der Wettbewerb ausschließlich im Bereich des variablen Kapitals statt.
Trassenkosten, Mieten etc. sind Fixkosten, bestenfalls bei den Wartungsaufträgen kann der eine Wettbewerber vielleicht noch etwas besser verhandeln, als der andere.
Bleiben zwei Punkte, wo sich die Wettbewerber noch unterscheiden können: Fahrgeldeinnahmen und Löhne.
Die Fahrgeldeinnahmen sind an das Tarifgefüge der DB bzw. von Verkehrsverbünden gebunden.
Erhöhte Einnahmen lassen sich also ausschließlich durch mehr Fahrgäste gewinnen.
Die Zahl der Fahrgäste stieg tatsächlich - aber wohl eher durch die schnelleren, geräumigeren, komfortableren und moderneren Züge der LNVG, als durch metronom als Betreiber.
Die Spielräume der Wettbewerber sind derart gering, dass sie kaum ihre Fahrgeldeinnahmen selbst positiv beeinflussen können.

Bleiben die Löhne als einziges wirkliches Wettbewerbskriterium.
Die Konkurrenz findet also ausschließlich auf dem Rücken der Beschäftigten statt - attraktivere Bahnhöfe, effizientere Züge, Strecken, Tarife o.ä. liegen ausserhalb der Einflussmöglichkeiten der Betreiber.

Der Vorteil einer Landesverkehrsgesellschaft liegt also darin, dass das Land seine Verantwortung gegenüber den Fahrgästen besser wahrnehmen kann, aufgrund der viel detaillierteren Vorgaben und der viel leichteren Möglichkeiten, einen schlechten Betreiber durch einen anderen zu ersetzen.

Aber da das Land statt des Betreibers über die Betriebsmittel verfügt, stellt sich die Frage, warum es dann den Betrieb outsourct?

Das Land nimmt als Eigentümer der Betriebsmittel seine Verantwortung gegenüber den Beschäftigten nicht wahr, sondern setzt sie sogar noch einem System aus, das letztlich nur auf Lohndumping ausgerichtet ist.
Die Zeitarbeitsfirma mit Betriebsgenehmigung im Eisenbahnbereich, die die geringsten Lohnkosten durchsetzen kann, gewinnt die Ausschreibung.
Und wenn diese endet und kein anderer gleichwertiger Auftrag in Sicht ist, wird das Personal entlassen.
Wie praktisch!
Züge oder Werkstätten wird man nicht so leicht los - nun hängen sie dem Unternehmer auch nicht mehr wie ein Klotz am Bein!
Jegliches Risiko des Unternehmers hat das Land übernommen, Profit wird dennoch garantiert und beide minimieren ihre Kosten durch verschärfte Ausbeutung der Beschäftigten.

Das Land hat keinen Grund, nicht selbst als Betreiber zu agieren.
Lohndumping mag sich zwar betriebswirtschaftlich lohnen, ist aber volkswirtschaftlich bestenfalls ein Nullsummenspiel für das Land.
Ist das die Zumutung von hire-and-fire zu minimalen Löhnen für die Beschäftigten wert?

Insofern halte ich eine Landesnahverkehrsgesellschaft für einen zu kurzen Schritt in die richtige Richtung.

Berlins Straßen sind zu eng, um sie nur dem MIV zu opfern!



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 23.07.2009 03:52 von dubito ergo sum.
dubito ergo sum schrieb:
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> [...] Insofern halte ich eine
> Landesnahverkehrsgesellschaft für einen zu kurzen
> Schritt in die richtige Richtung.


Und was wäre dann deiner Meinung nach ein ausreichend großer Schritt in die richtige Richtung? Auch noch die Beschäftigten in die Landesverkehrsgesellschaft zu übernehmen? Und die Trassen? Und die Stationen? Moment, sowas haben wir hier doch schon...nennt sich BVG.
DonChaos schrieb:
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> Und was wäre dann deiner Meinung nach ein
> ausreichend großer Schritt in die richtige
> Richtung? Auch noch die Beschäftigten in die
> Landesverkehrsgesellschaft zu übernehmen? Und die
> Trassen? Und die Stationen? Moment, sowas haben
> wir hier doch schon...nennt sich BVG.

Es geht mir um die Beschäftigten.
Ich möchte keinen TF, der sich Sorgen machen muss, wie er finanziell über die Runden kommt oder ob und wo er demnächst arbeitet.
Trassen und Stationen vom restlichen Eisenbahnnetz zu trennen, dürfte nicht so einfach sein, das wäre eine weitere Frage.

Letztlich hat die Variante BVG(oder eine weitere sehr ähnlich aufgebaute AöR) gegenüber einer Landesnahverkehrsgesellschaft den Vorteil, das die aus dem Eigentum erwachsende Verantwortung auch gegenüber den Beschäftigten wahrgenommen wird.

Berlins Straßen sind zu eng, um sie nur dem MIV zu opfern!
dubito ergo sum schrieb:
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> Es geht mir um die Beschäftigten.

Soweit, so gut.

> Letztlich hat die Variante BVG(oder eine weitere
> sehr ähnlich aufgebaute AöR) gegenüber einer
> Landesnahverkehrsgesellschaft den Vorteil, das die
> aus dem Eigentum erwachsende Verantwortung auch
> gegenüber den Beschäftigten wahrgenommen wird.

Da kommt mir doch hoch, wie die BVG die Löhne ihrer Leute gesenkt hat, und mit Berlin-Transport einen Billigheimer gegründet hat...


MfG,
L.W.
L.Willms schrieb:
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> Da kommt mir doch hoch, wie die BVG die Löhne
> ihrer Leute gesenkt hat, und mit Berlin-Transport
> einen Billigheimer gegründet hat...

Klar, es werden noch andere Register des Lohndumping gezogen.
Deswegen sollte Berlin auf eine weitere Möglichkeit organisierten Lohndumpings: eine Landesnahverkehrsgesellschaft, verzichten.
Eine Stärkung der Rechte der Beschäftigten ist überfällig - auch um Streiks und Betriebsausfälle zukünftig verhindern zu können.

Berlins Straßen sind zu eng, um sie nur dem MIV zu opfern!
dubito ergo sum schrieb:
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> Klar, es werden noch andere Register des Lohndumping gezogen.
> Deswegen sollte Berlin auf eine weitere Möglichkeit organisierten Lohndumpings:
> eine Landesnahverkehrsgesellschaft, verzichten.

Die Hinnahme einer realen Lohnsenkung beim Abschluss des "Tarifvertrag zur Regelung der Arbeitsbedingungen bei den Nahverkehrsbetrieben im Land Berlin" (TV-N) war die einzige praktikable Möglichkeit für die tarifführende Gewerkschaft, glaubwürdige Garantien für "den Fortbestand der BVG als vollintegriertes und vollständig im öffentlichen Eigentum stehendes Nahverkehrsunternehmen bis zum 31.08.2020" zu erhalten. Gleichzeitig wird bis zu diesem Termin die Direktvergabe von "100% des jeweiligen Leistungsvolumens" sowie der Verzicht "auf die Aus-, Neu- sowie Umgründung für Unternehmensbereiche des operativen Kerngeschäfts" verbindlich festgelegt. Daneben unterzeichnete Dr. Thilo Sarrazin (als Senator für Finanzen) am 1. September 2005 den Satz: "Das vereinbarte TV-N-Niveau gilt zukünftig als Vergabestandard für Nahverkehrsleistungen in Berlin."

Damit ist dem Lohndumping im Nahverkehr im Land Berlin formal ein Riegel vorgeschoben. Ein Bruch dieser Vereinbarungen durch den Berliner Senat hätte das Zurückfallen aller Mitarbeiter von BVG und der Tochtergesellschaften in den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes zur Folge.

> Eine Stärkung der Rechte der Beschäftigten ist überfällig - auch um Streiks und Betriebsausfälle
> zukünftig verhindern zu können.

Der Erhalt der BVG als AöR war ein ganz wichtiger Beitrag dazu.

Auf das Schicksal der S-Bahn hat das keinen wesentlichen Einfluss, da der Bahnkonzern seinen Gold-Esel nicht von der kurzen Leine lassen wird. Die Verkehrsverträge wurden seinerzeit nicht im Wortlaut veröffentlicht - praktikable Kündigungsklauseln dürften sie aber kaum enthalten. Damit geht bei der DBAG im Grunde alles so weiter wie bisher.

so long

Mario
der weiße bim schrieb:

Durch
> Die Hinnahme einer realen Lohnsenkung

also Lohndumping

> ist dem Lohndumping im Nahverkehr im Land
> Berlin formal ein Riegel vorgeschoben.

Eigenartige Logik.

Klingt mehr nach Zwiedenk à la "1984" von George Orwell...


L.W.
Kannst Du Deine Verschwörungstheorien nicht an irgendeinem Stammtisch ablassen?

Gruß KB
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Lehrter Bahnhof 1871-1959(!)

Gegen Tempo 30 auf Hauptstrassen
Mir fehlt gerade der Überblick, ob wir die Idee schonmal hatten, aber es gibt noch folgende Möglichkeit:
Der zukünftige Wagenpark wird nicht gekauft, sondern vom Hersteller geleast.
Wer auch immer die S-Bahn betreibt, nutzt den vorhandenen Wagenpark, ohne das er oder das Land ihn kaufen müssen.
Hersteller und Land haben Planungssicherheit, der Betreiber bleibt nicht auf den einmaligen Fahrzeugen sitzen oder kann sich damit als Monopolist aufspielen.
Die Details der Wartung werden dem Betreiber vorgeschrieben oder gleich vom Hersteller übernommen.
Talgo beispielsweise übernahm das RAW an der Warschauer Str. und wartet dort seitdem die an die DB gelieferten Schlafwagen selbst, ähnliches wäre für die Werke der S-Bahn denkbar.

Die DB wäre ihre Monopolstellung los, Berlin muss nichts investieren und eine miserabel konstruierte BR schlägt beim Hersteller sofort finanziell zu Buche.

Berlins Straßen sind zu eng, um sie nur dem MIV zu opfern!
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