Kehren wir doch mal zu der Ausgangsfrage einer Landesnahverkehrsgesellschaft zurück.
Was unterscheidet den Gewinner einer Auschreibung wie metronom eigentlich noch von einer Zeitarbeitsfirma?
Konstantes Kapital gibt es nicht, da die Fahrzeuge vom Land gemietet werden, die Benutzung der Strecken dem jeweiligen Eigentümer vergütet wird und metronom auch keine Werkstätten hat, sondern Wartungsaufträge vergibt.
Metronom verfügt lediglich über variables Kapital: Um Kosten wie Löhne, Mieten, Trassen etc. vorzustrecken, bis Fahrgeldeinnahmen und die Zuschüsse der LNVG beisammen sind.
Da das konstante Kapital zur Verfügung gestellt und dessen Verwendung vorgeschrieben wird, findet der Wettbewerb ausschließlich im Bereich des variablen Kapitals statt.
Trassenkosten, Mieten etc. sind Fixkosten, bestenfalls bei den Wartungsaufträgen kann der eine Wettbewerber vielleicht noch etwas besser verhandeln, als der andere.
Bleiben zwei Punkte, wo sich die Wettbewerber noch unterscheiden können: Fahrgeldeinnahmen und Löhne.
Die Fahrgeldeinnahmen sind an das Tarifgefüge der DB bzw. von Verkehrsverbünden gebunden.
Erhöhte Einnahmen lassen sich also ausschließlich durch mehr Fahrgäste gewinnen.
Die Zahl der Fahrgäste stieg tatsächlich - aber wohl eher durch die schnelleren, geräumigeren, komfortableren und moderneren Züge der LNVG, als durch metronom als Betreiber.
Die Spielräume der Wettbewerber sind derart gering, dass sie kaum ihre Fahrgeldeinnahmen selbst positiv beeinflussen können.
Bleiben die Löhne als einziges wirkliches Wettbewerbskriterium.
Die Konkurrenz findet also ausschließlich auf dem Rücken der Beschäftigten statt - attraktivere Bahnhöfe, effizientere Züge, Strecken, Tarife o.ä. liegen ausserhalb der Einflussmöglichkeiten der Betreiber.
Der Vorteil einer Landesverkehrsgesellschaft liegt also darin, dass das Land seine Verantwortung gegenüber den Fahrgästen besser wahrnehmen kann, aufgrund der viel detaillierteren Vorgaben und der viel leichteren Möglichkeiten, einen schlechten Betreiber durch einen anderen zu ersetzen.
Aber da das Land statt des Betreibers über die Betriebsmittel verfügt, stellt sich die Frage, warum es dann den Betrieb outsourct?
Das Land nimmt als Eigentümer der Betriebsmittel seine Verantwortung gegenüber den Beschäftigten nicht wahr, sondern setzt sie sogar noch einem System aus, das letztlich nur auf Lohndumping ausgerichtet ist.
Die Zeitarbeitsfirma mit Betriebsgenehmigung im Eisenbahnbereich, die die geringsten Lohnkosten durchsetzen kann, gewinnt die Ausschreibung.
Und wenn diese endet und kein anderer gleichwertiger Auftrag in Sicht ist, wird das Personal entlassen.
Wie praktisch!
Züge oder Werkstätten wird man nicht so leicht los - nun hängen sie dem Unternehmer auch nicht mehr wie ein Klotz am Bein!
Jegliches Risiko des Unternehmers hat das Land übernommen, Profit wird dennoch garantiert und beide minimieren ihre Kosten durch verschärfte Ausbeutung der Beschäftigten.
Das Land hat keinen Grund, nicht selbst als Betreiber zu agieren.
Lohndumping mag sich zwar betriebswirtschaftlich lohnen, ist aber volkswirtschaftlich bestenfalls ein Nullsummenspiel für das Land.
Ist das die Zumutung von hire-and-fire zu minimalen Löhnen für die Beschäftigten wert?
Insofern halte ich eine Landesnahverkehrsgesellschaft für einen zu kurzen Schritt in die richtige Richtung.
Berlins Straßen sind zu eng, um sie nur dem MIV zu opfern!
1 mal bearbeitet. Zuletzt am 23.07.2009 03:52 von dubito ergo sum.