@ GOKA:
Auch kleine Fragen sind dort willkommen. Und gerade, da es sich auf höherer Basis befindet, sind die Antworten technisch detailierter und korrekter. Hier wird dann doch mehr geraten oder ungenaue Informationen weitergegeben, die den Fragenden oft weiter in die Irre führen ...
485:
Technik:
Der Zug hat eine Ringleitung. Im Vergleich zu den bis dahin älteren Baureihen bildet ein Viertelzug je eine Starkstromeinheit. Gut zu beobachten war dies bei den Transverter-Zügen der alten Baureihen: In Trennstellen erlosch kurz das Licht, die Notlicht-Funzeln gingen an. Das Viertel war kurz Spannungslos.
Trennstelle = Stromschienenlücken die größer als der Abstand des Stromabnehmers des ersten Wagens des Virtelszuges bis zum letzten Stromabnehmer des Viertels.
Ein Viertelzug hat je Seite 2 Stromabnehmer: je am letzten Drehgestell, also 4 insgesamt.
Wenn nur ein Stromabnehmer Kontakt zur Stromschiene hat, steht das Viertel noch unter Spannung.
Trennstellen findet man zur Trennung der Unterwerke, sowie bei der Überfahrt über lange Weichenverbindungen.
Vor Trennstellen findet man die Signale El 1 (ein zerlegtes weißes U in einem auf der Spitze stehendes Quadrat). Es fordert den S-Bahn TF auf, den Fahrschalter loszulassen (= Fahrstrom unterbrechen). Erst hinter der Trennstelle (ein weißes U im blauen Quadrat auf der Spitze stehend) erlaubt den Fahrstrom wieder einzuschalten.
Der 485 hat eine Ringleitung: hier sind alle Viertel des Zuges starkstrommässig verbunden: wenn nur der letzte Wagen mit seinem Stromabnehmer an der Stromschiene hängt, steht der gesamte Zug unter Spannung. Das war bei den bisherigen Baureihen nicht so. So wirken die Trennstellen bei diesem Zug nicht. Die Spannungslücke wird überbrückt.
Die Stromschienen führen 800V Gleichstrom. Das Stromnetz ist in Bezirke eingeteilt, zugehörig der Unterwerke. Nun sollte kein Strom des einen Unterwerkes in das andere fliessen. Daher baute man Trennstellen. Die S-Bahnzüge rollten so spannungslos von einem Bezirk in den anderen.
Der 485 macht das aber nicht. Rollt dieser Vollzug von einem Speisebezirk in den anderen, bringt er beide Unterwerke zusammen, eine Auslösung in den Unterwerken ist die Folge.
Mit den Probezügen der Baureihe 485 erkannte man das problem, uns stellte zunächst zusätzliche Signale auf (wurden extra im Signalbuch aufgenommen: EL 8 und 9 ("A" und "E"). Hier wurde der TF dieser Baureihe beauftragt, manuell den Hauptschalter des Zuges (Man könnte auch sagen: Ein/Ausschalter) bei Durchfahrt durch eine Speisebezirk-Trennstelle Auszuschalten (El8 blaues Schild mit weißem "A") und danach wieder einzuschalten (El9 "E").
Dann begann man die Unterwerke technisch anzupassen, so dass sie diese kurze "Schläge" kompensieren. Die beiden Signale wurden wieder aus dem Signalbuch entfernt.
Die Unterwerke, die noch nicht umgebaut wurden, können den Zug nicht ohne Maßnahmen vertragen.
Möglich ist auch, nur mit den Stromabnehmern des jeweils ersten Viertelzuges zu fahren (die anderen einklappen), jedoch würde dies die besondere Obacht des Fahrers bedürfen, was man im Regelbetrieb nicht dem Fahrpersonal zumuten möchte.
Ein solches, noch nicht angepasstes Unterwerk befindet sich u.a. in Schönholz, daher kommt der Zug nicht auf den Linien zum Einsatz, die dort verkehren.
Es gibt weitere Engstellen, auch noch andere Besonderheiten im Stromnetz der Bahn, die manchmal auch die neuen Züge betreffen (gleichzeitiges Anfahrverbot auf schwachen Netzabschnitten).
Die Stromversorgung der S-Bahn muss noch modernisiert werden, erst dann könnte man auch die Anfahrbeschleunigung der Züge erhöhen (derzeit gedrosselt).
Zum 481er noch kurz:
Dieser ist auch starkstrommässig durchgeschaltet, allerding achtet hier der Zug (sinnbildlich gesprochen) dass kein Strom aus einem Viertel in das andere Viertel gelangt, wenn der Strom aus verschiedenen Unterwerken stammt. Daher ruckelt der Zug bei diesen Trennstellen auch ein wenig, wenn dort beschleunigt / gebremst wird.
Zurück zum Tunnel und der BR 485:
Ein Zug der Baureihe 485 ist schon 1990 durch den Tunnel gefahren, als die Unterwerke noch nicht angepasst wurden. Hier behalf man sich der angesprochenen technischen Tricks, die man aber nicht im Plandienst dauerhaft durchführen kann. Mit den Sanierungen der Tunnelstrecke wurde nun auch das Unterwerk angepasst. Das Unterwerk Friedrichstrasse wird nochmals in einigen Jahren überarbeitet, damit der Tunnel nicht ständig an der Leistungsgrenze fahren muss (sinnbildlich: in der HVZ glühen da die Drähte).
Daher kommt derzeit nur auf den Zuggruppen W, WI und PII sowie VI für die Bespannung mit der BR 485 in Frage.
Ich hoffe es mit einfachen Worten erklärt zu haben, ein Fachmann würde die Hände über den Kopf zusammenschlagen. Jedoch soll es ja einfach erklärt werden, einige technische Details habe ich bewusst weggelassen, da sie sonst nur mehr verwirren würden. Wenn du das schon so verstanden hast, ist es ok.
Wenn man mehr Hintergrundwissen haben will, gäbe es noch einiges hinzuzufügen. Evtl. schöne Fragen an einen S-Bahner bei einem Tag der offenen Tür ....
[
www.s-bahnstromgeschichten.de]