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TSP: Betriebsrat gefährdet Fortbestand der S-Bahn
geschrieben von Jay 
Zitat
Ingolf

Mich würde vor allem interessieren, ob es belastbare Statistiken gibt, wie sich die Anzahl der Straftaten nach Einführung von Videoüberwachung verändert hat.

Hin und wieder wird ja argumentiert, dass mehr Straftaten aufgeklärt werden (ist das wirklich in der Gesamtmenge so?) - aber als Gegenargument wird angbebracht, dass dadurch aber keine Straftat verhindert wird. Beides wird mit Statistiken unterlegt - aber es bringt uns nicht wirklich weite in der Diskussion.

Es liegt doch auf der Hand, dass durch die Veröffentlichung von Bildern der Tatverdächtigen, diese eher gefasst werden. Die einzige Frage ist doch hier nur, wie oft es nützt.

Zitat
Ingolf
Ein völlig stumpfes Schwert ist Videoüberwachung bei den sogenannten Affekttaten, die spontan (unterstützt durch Rauschmittel, sich gegenseitiges Anstacheln in der Gruppe, Mutprobenrituale, rassistische Vorurteile etc.) ausgeführt werden und überwiegend auf Körperveletzung oder gar Mord anderer Personen abzielen. Den Tätern ist im Moment der Tast jede möglich Konsequenz egal.

Sicher gibt es Straftaten, die der Täter auch begehen würde, wenn eine Hunderschaft der Polizei gleich daneben stehen würde. Gleichzeitig ist doch aber schon davon auszugehen, dass bei vielen Delikten, es einen Abwegungsprozess bei den Tätern gibt. Ich könnte das jetzt genauer recherchieren, die Herren der Kriminologie wissen darauf sicher eine Antwort, aber, dass es diesen Abwägungsprozess gibt, ist doch logisch.

Hier ist doch wieder nicht die Frage OB der Kameraeinsatz Straftaten verhindert, sondern nur wie oft!

Zitat
Ingolf
Dieser Bereich nimmt bezüglich Menge und Intensität der Taten zu. Und dahingegen helfen weder Videokameras, Zugangssperren noch andere technische Hilfsmittel. Da hilft auch kein Verweis auf eine mögliche erhöhte Aufklärungsquote. Das befriedigt vielleicht Rachegefühle, die Opfer dieser Taten werden dann auch nicht wieder lebendig oder gar gesünder und abschreckend wirkt die Aufklärungsquote leider auch nicht.

Mir klappt ja gerade die Kinnlade herunter. Ich schätze mal, dass du es nicht so gemeint hast, aber ich nehme dich trotzdem mal zunächst beim Wort. Der Wunsch des Opfers und der Öffentlichkeit nach Strafverfolgung und insbesondere einem Gerichtsprozess gegen den Täte bezeichnest du als Rachegefühl? Ich glaub es hakt.

Sollten wir - deiner Argumentation folgend, dann nicht alle Ermittlungsbehörden (Kriminalpolizei, Mordkomission etc.) abschaffen? Oder wo liegt hier der Unterschied? Oder sagst du, lediglich bei Affekttaten, kann man sich die Strafverfolgung sparen, sofern man keine "Rachegefühle" befriedigt sehen will?

Dass die Aufklärungsquote nicht abschreckt halte ich für eine kühne Behauptung. Hast du dafür Belege?

Zitat
Ingolf
Es ist irgendwie mal wieder eine typisch "deutsche Ingenieurdiskussion", dass man meint, allein mit technischen Mitteln das Problem schnell lösen zu können...

Ich verstehe nicht, wie du darauf kommst, dass das Problem "allein mit technischen Mitteln" gelöst werden soll. Wer sagt denn sowas? Ich kenne nur Befürworter des Kameraeinsatzes, die diesen als Baustein in einer Kette von Maßnahmen sehen.



4 mal bearbeitet. Zuletzt am 13.10.2012 17:59 von peterl.
Zitat

Es ist irgendwie mal wieder eine typisch "deutsche Ingenieurdiskussion", dass man meint, allein mit technischen Mitteln das Problem schnell lösen zu können...

Warum so plump ? Weder soll, noch wird jemals dieses Problem gelöst. Aber es kann oder könnte abschrecken oder etwas minimieren. Man kann alle Waffen dieser Welt auf den Mond schiessen und dennoch habe ich durch Muskelkraft die Möglichkeit einen Menschen zu verletzen bzw. zu töten.
Zitat
Grenko
Zitat

Es ist irgendwie mal wieder eine typisch "deutsche Ingenieurdiskussion", dass man meint, allein mit technischen Mitteln das Problem schnell lösen zu können...

Warum so plump ? Weder soll, noch wird jemals dieses Problem gelöst. Aber es kann oder könnte abschrecken oder etwas minimieren. Man kann alle Waffen dieser Welt auf den Mond schiessen und dennoch habe ich durch Muskelkraft die Möglichkeit einen Menschen zu verletzen bzw. zu töten.

"Plump" deswegen, weil man in diesem Forum und einem Teil der öffentlichen Diskussion den Eindruck vermittelt wird, dass Videoüberwachung das wichtigste und Element der Kriminalitätsbekämpfung im beginnenden 21. Jahrhundert ist.
Ich sehe es aber als verdammt verkürzt, wenn sich die Diskussion um Bekämpfung von Kriminalität in öffentlichen Verkehrsmitteln allein darauf reduziert.

Ingolf
Zitat
peterl
Zitat
Ingolf
Hin und wieder wird ja argumentiert, dass mehr Straftaten aufgeklärt werden (ist das wirklich in der Gesamtmenge so?) - aber als Gegenargument wird angbebracht, dass dadurch aber keine Straftat verhindert wird. Beides wird mit Statistiken unterlegt - aber es bringt uns nicht wirklich weite in der Diskussion.
Es liegt doch auf der Hand, dass durch die Veröffentlichung von Bildern der Tatverdächtigen, diese eher gefasst werden. Die einzige Frage ist doch hier nur, wie oft es nützt.
(...)
Dass die Aufklärungsquote nicht abschreckt halte ich für eine kühne Behauptung. Hast du dafür Belege?
Auch wenn es in der Berichterstattung in den Medien immer wieder spektakulär dargestelle Fälle gibt, wo Bilder aus Videoüberwachung präsentiert werden, bedeutet das noch lange nicht, dass damit sich die Aufklärungsquote signifikant erhöht und die Verbrechensquote signifikant abgenommen hat.
Aufklärungsinstrumente nach Straftaten gibt es ja schließlich nicht erst seit Erfindung der Überwachungskamera, sondern wohl seit dem Moment, wo es Kriminalität selbst gibt - und das Bestreben, sie zu ahnden und zu verhindern.

Ich bitte (und das meine ich jetzt nicht polemisch, sondern ernsthaft) um entsprechende Statistiken. Es "liegt doch auf der Hand" ist noch keine statistisch und wissenschaftlich belastbare Aussage.
Ich bitte daher um Statistiken, die belegen, dass
(1) die Aufklärunsgquote durch Videoüberwachung signifikant zugenommen hat und
(2) die Anzahl der Straftaten im überwachten Raum und dessen Umfeld ebenfalls signifikant abgenommen hat.


Zitat
peterl
Zitat
Ingolf
Ein völlig stumpfes Schwert ist Videoüberwachung bei den sogenannten Affekttaten, die spontan (unterstützt durch Rauschmittel, sich gegenseitiges Anstacheln in der Gruppe, Mutprobenrituale, rassistische Vorurteile etc.) ausgeführt werden und überwiegend auf Körperveletzung oder gar Mord anderer Personen abzielen. Den Tätern ist im Moment der Tast jede möglich Konsequenz egal.
Sicher gibt es Straftaten, die der Täter auch begehen würde, wenn eine Hunderschaft der Polizei gleich daneben stehen würde. Gleichzeitig ist doch aber schon davon auszugehen, dass bei vielen Delikten, es einen Abwegungsprozess bei den Tätern gibt. Ich könnte das jetzt genauer recherchieren, die Herren der Kriminologie wissen darauf sicher eine Antwort, aber, dass es diesen Abwägungsprozess gibt, ist doch logisch.
(...)
Hier ist doch wieder nicht die Frage OB der Kameraeinsatz Straftaten verhindert, sondern nur wie oft!

Und genau darum geht es doch: Was ist der Stand der Kriminalitätsforschung zum Thema? Wie viel trägt Überwachung von öffentlichen Räumen wirklich zur Reduzierung von Straftaten bei?
Und die Straftaten, die in der letzten Zeit im Berliner ÖPNV stattgefunden haben und zum Teil zu tödlichen Folgen geführt haben, waren fast alles Affekttaten, welche die Videoüberwachung und Habhaftwerdeung (und zweifellos richtige und wichtige) Verurteilung der Täter nicht vehindern konnte.
Hier benötigen wir also offensichtlich andere Ansätze, als mehr Kameras auf den Bahnsteigen und in den Bahnen.

Daher habe ich - sicher auch etwas polemisch überspitzt - hier versucht, Fragen zu stellen.
Ich bin kein Kriminalitätsforscher, der diese Fragen auf Anhieb beantworten kann - aber ich bin ob der üblichen Aufbauschung der Diskussion in unseren Medien skeptisch genug, hier allzuschnell den Schalgzeilen oder irgendwelchen Bauchgefühlen zu glauben. Und um hier ernsthaft weiterzudiskutieren, benötigen wir eben wissenschaftlich unterlegte Fakten - und nicht Mutmaßungen im Sinne von "...es ist davon auszugehen" u.s.w. oder Schlagzeilen a la B.Z oder Bild.

Zitat
peterl
Mir klappt ja gerade die Kinnlade herunter. Ich schätze mal, dass du es nicht so gemeint hast, aber ich nehme dich trotzdem mal zunächst beim Wort. Der Wunsch des Opfers und der Öffentlichkeit nach Strafverfolgung und insbesondere einem Gerichtsprozess gegen den Täte bezeichnest du als Rachegefühl? Ich glaub es hakt.

Sollten wir - deiner Argumentation folgend, dann nicht alle Ermittlungsbehörden (Kriminalpolizei, Mordkomission etc.) abschaffen? Oder wo liegt hier der Unterschied? Oder sagst du, lediglich bei Affekttaten, kann man sich die Strafverfolgung sparen, sofern man keine "Rachegefühle" befriedigt sehen will?
Mir ist eine verhinderte Straftat wesentlich lieber, als eine die erfolgt ist und womöglich jemand dadurch stirbt.

Zitat
peterl
Ich verstehe nicht, wie du darauf kommst, dass das Problem "allein mit technischen Mitteln" gelöst werden soll. Wer sagt denn sowas? Ich kenne nur Befürworter des Kameraeinsatzes, die diesen als Baustein in einer Kette von Maßnahmen sehen.
Das kommt in den Diskussionen leider oft viel zu kurz.

Ingolf
Zitat
Ingolf
Ich bitte daher um Statistiken, die belegen, dass
(1) die Aufklärunsgquote durch Videoüberwachung signifikant zugenommen hat und
(2) die Anzahl der Straftaten im überwachten Raum und dessen Umfeld ebenfalls signifikant abgenommen hat.

Hallo Ingolf,

der Tagesspiegel hat neulich Zahlen veröffentlicht wie viele Tatverdächtige im letzten Jahr durch die Videoüberwachung der BVG ermittelt werden konnten. Demnach forderte die Polizei 2011 gute 2400 Aufnahmen an und ermittelte damit 107 Personen. Zum Vergleich sei die Gesamtanzahl an Delikten, die laut Polizeilicher Kriminalstatistik 2011 in den BVG-Unternehmensbereichen (U-Bahn, Straßenbahn, Bus) fallen, gegenübergestellt. Diese belaufen sich auf 4978 Delikte. Darunter fallen neben Gewaltdelikten jedoch auch Fahrraddiebstähle, Hausfriedensbrüche und Widerstände gegen Polizeibeamte.

Im Endeffekt trug die Videoüberwachung also gerade mal in 2% aller Straftaten zur Aufklärung bei. Selbst wenn man die Taten noch weiter differenzieren würde, wäre der Prozentsatz allen Anschein nach noch relativ gering.

Viele Grüße
Florian Schulz

--
Das Gegenteil von umfahren ist umfahren.
Zitat
Ingolf
[...]Ich bitte (und das meine ich jetzt nicht polemisch, sondern ernsthaft) um entsprechende Statistiken. Es "liegt doch auf der Hand" ist noch keine statistisch und wissenschaftlich belastbare Aussage.
Ich bitte daher um Statistiken, die belegen, dass
(1) die Aufklärunsgquote durch Videoüberwachung signifikant zugenommen hat und
(2) die Anzahl der Straftaten im überwachten Raum und dessen Umfeld ebenfalls signifikant abgenommen hat.

Meine Aussage war eine andere: Es liegt für mich auf der Hand, dass es die Aufklärungsquote erhöht. Ob diese Erhöhung nun signifikant ist, das weiß ich nicht. Dafür müssten wir die Erhöhung erst einmal quantifizieren können und uns dann darüber streiten, was für uns signifikant ist.

Zitat
Ingolf
Und genau darum geht es doch: Was ist der Stand der Kriminalitätsforschung zum Thema? Wie viel trägt Überwachung von öffentlichen Räumen wirklich zur Reduzierung von Straftaten bei?
Und die Straftaten, die in der letzten Zeit im Berliner ÖPNV stattgefunden haben und zum Teil zu tödlichen Folgen geführt haben, waren fast alles Affekttaten, welche die Videoüberwachung und Habhaftwerdeung (und zweifellos richtige und wichtige) Verurteilung der Täter nicht vehindern konnte.
Hier benötigen wir also offensichtlich andere Ansätze, als mehr Kameras auf den Bahnsteigen und in den Bahnen.

Kameras sind kein Allheilmittel, sondern ein Baustein. Manche Straftaten gäbe es auch dann, wenn eine Hundertschaft der Polizei daneben stünde. (Wobei man dann wohl öfters in der Versuchsstrafbarkeit wäre und nicht bei der Vollendung ;)) Bei anderen würde ein Privater Wachdienst reichen und bei wieder anderen schon die Präsenz einer Kamerattrappe.

Wie gesagt: Die Frage ist doch hier nicht ob Kameras nützen, sondern wie stark! Und dieses "wie stark" ist sehr schwer quantifizierbar. Da können wissenschaftliche Untersuchungen sicher helfen. Leider ist das aber auch keine Mathematik, bei der es stets klar ist, ob das Ergebnis stimmt...

Wenn man dann das "wie stark" geklärt hat, kann man es gegen den Schaden abwägen. Wobei dieser dafür auch erst einmal quantifiziert werden müsste.

Zitat
Florian Schulz
[...]
Im Endeffekt trug die Videoüberwachung also gerade mal in 2% aller Straftaten zur Aufklärung bei. Selbst wenn man die Taten noch weiter differenzieren würde, wäre der Prozentsatz allen Anschein nach noch relativ gering.

Der Ansatz ermittelte Tatverdächtige durch Kameraeinsatz gegen die Gesamtdeliktzahl zu setzen scheint mir aus folgenden Gründen (es gibt sicher noch mehr) keine Aussagekraft zu haben:

1) Delikt passierte in einer nicht durch Kameras abgedeckten Örtlichkeit
2) die Polizei forderte keine Aufnahmen an (Bagatelldelikte, Polizei überarbeitet)
3) die Anzeige kam zeitlich zu spät, so dass die Aufnahmen bereits gelöscht waren
4) die niedrige Auflösung der Kameras verhinderte eine Identifizierung

Deutlich interessanter finde ich es zu schauen, wie viele Aufnahmen abgerufen wurden und wie viele Tatverdächtige daraus ermittelt wurden. Hier nennst du die Zahl 2400 Aufnahmen, aus denen 107 Tatverdächtige ermittelt werden konnten.

Leider lassen sich aus diesen Zahlen keine Rückschlüsse ziehen, bei wie vielen Straftaten das Instrument Videoüberwachung zur Ermittlung eingesetzt wurde. Und diese Zahl wäre ja die, die uns interessiert. Man kann jetzt höchstens schätzen, wie viele Aufnahmen wohl pro Delikt abgerufen werden.

Diese Zahl könnte zu dem stark durch einzelne "Großermittlungen" verfälscht sein, bei denen sehr sehr viele Aufnahmen ausgewertet wurden. Wenn ich mich recht entsinne, wurde der Berliner Autozündler (102 zerstörte Autos) gefasst, weil man die Aufnahmen von Bussen und U-Bahnen im zeitlichen und räumlichen Zusammenhang zu den Brandstiftungen auswertete und verglich. Ich denke man kann sich vorstellen, wie viele Aufnahmen dafür angefordert wurden...

Ich mache mal trotzdem das schöne Spekulationsspiel, basierend auf den 2011er Daten:

Bei durchschnittlich 2,5 angesehenen Kameraaufnahmen wurden ca. durch jede neunte Auswertung ein Tatverdächtiger ermittelt.
Bei durchschnittlich 5 angesehenen Kameraaufnahmen wurden ca. durch jede 4,5 Auswertung...
Bei durchschnittlich 10 angesehenen Kameraaufnahmen wurden ca. bei 2,25 Auswertung...

Oder anders ausgedrückt: Es wurden 22,4 Kameraaufnahmen angesehen, bis ein Tatverdächtiger ermittelt wurde.

Die Taz nennt übrigens für 2008 folgende Zahlen (2009: 1.823): 1383 BVG-Videos gingen an die Polizei, die daraus 141 Tatverdächtige ermittelte. Je nach dem wie viele Kameras angeschaut wurden, ergeben sich folgende Werte:

Bei durchschnittlich 2,5 angesehenen Kameraaufnahmen wurden ca. durch jede vierte Auswertung ein Tatverdächtiger ermittelt.
Bei durchschnittlich 5 angesehenen Kameraaufnahmen wurden ca. durch jede zweite Auswertung...
Bei durchschnittlich 10 angesehenen Kameraaufnahmen wurden ca. bei jeder Auswertung...

Oder anders ausgedrückt: Es wurden 13,9 Kameraaufnahmen angesehen, bis ein Tatverdächtiger ermittelt wurde.

Mehr Zahlen habe ich jetzt nicht und bin jetzt auch zu faul welche zu suchen. Sofern ihr meine Rechnungen interessant findet, können wir das ja mal für ein paar mehr Jahre machen.



9 mal bearbeitet. Zuletzt am 14.10.2012 01:25 von peterl.
Zitat
Ingolf
Auch wenn es in der Berichterstattung in den Medien immer wieder spektakulär dargestelle Fälle gibt, wo Bilder aus Videoüberwachung präsentiert werden, bedeutet das noch lange nicht, dass damit sich die Aufklärungsquote signifikant erhöht und die Verbrechensquote signifikant abgenommen hat.
(...)
Ich bitte (und das meine ich jetzt nicht polemisch, sondern ernsthaft) um entsprechende Statistiken. Es "liegt doch auf der Hand" ist noch keine statistisch und wissenschaftlich belastbare Aussage.

Die gewünschten Statistiken kann ich leider nicht liefern (bin ja nicht beim LKA), aber ich hätte eine Frage:
Erfolgt die Videoüberwachung durch die BVG auf Grund des Verkehrsvertrags oder aus anderen Gründen?


Zitat

Und genau darum geht es doch: Was ist der Stand der Kriminalitätsforschung zum Thema? Wie viel trägt Überwachung von öffentlichen Räumen wirklich zur Reduzierung von Straftaten bei?
Und die Straftaten, die in der letzten Zeit im Berliner ÖPNV stattgefunden haben und zum Teil zu tödlichen Folgen geführt haben, waren fast alles Affekttaten, welche die Videoüberwachung und Habhaftwerdeung (und zweifellos richtige und wichtige) Verurteilung der Täter nicht vehindern konnte.

Ich hatte bislang ja weder Zeit noch irgendein Interesse daran, mich in die Psyche von gewalttätigen Straftätern zu versetzen, aber die These, dass ein Teil der Straftaten (und da reden wir jetzt ja nicht von Taschendieben) im ÖPNV "im Affekt" begangen werden, scheint mir eigentlich nicht relevant zu sein.
Ich weiß ja nicht wie es der Leserschaft hier geht, aber ich persönlich hatte nie das Problem, dass ich plötzlich (vielleicht auf die Frage nach der Uhrzeit?) "im Affekt" jemandem erst einmal zeigen müsste, wo der sprichwörtliche Hammer hängt. -> So?

Zitat

Hier benötigen wir also offensichtlich andere Ansätze, als mehr Kameras auf den Bahnsteigen und in den Bahnen.

Also so eine Art Eignungsprüfung (so MPU-mäßig vielleicht) zur Benutzung des ÖPNV? Erscheint mir nicht wirklich praktikabel.
Ansonsten könnte ich noch "Das Ende der Geduld" von Kirsten Heisig empfehlen.

Zitat

Daher habe ich - sicher auch etwas polemisch überspitzt - hier versucht, Fragen zu stellen.
Ich bin kein Kriminalitätsforscher, der diese Fragen auf Anhieb beantworten kann - aber ich bin ob der üblichen Aufbauschung der Diskussion in unseren Medien skeptisch genug, hier allzuschnell den Schalgzeilen oder irgendwelchen Bauchgefühlen zu glauben. Und um hier ernsthaft weiterzudiskutieren, benötigen wir eben wissenschaftlich unterlegte Fakten - und nicht Mutmaßungen im Sinne von "...es ist davon auszugehen" u.s.w. oder Schlagzeilen a la B.Z oder Bild.

Ach Ingolf, ich bin mir sicher, der Inhaber des EDEKA-Marktes hat auch nicht erst irgendwelche Statistiken in der Bibliothek studiert, bevor er sich für die Kamerüberwachung seines Geschäfts entschieden hat.
Die Fahrt in der U-Bahn (o.ä.) ist halt eine besondere Situation: Man befindet sich (meist) mit relativ vielen anderen Leuten auf relativ engem Raum und kann diesen nur alle paar Minuten mal kurz verlassen.
Das ist nicht wie ein Abendspaziergang, wo man jederzeit die Straßenseite wechseln oder sich in ein Ladengeschäft flüchten kann.

Wie gesagt, ich kann dir keine Statistiken liefern, sondern habe nur den Eindruck, dass in den Fällen, in denen die Polizei mit den Kamerabildern der BVG an die Öffentlichkeit herantritt, meist bald nützliche Hinweise eingehen oder sich die Beteiligten in Begleitung eines Rechtsanwalts selbst zur Polizei begeben.

Zudem erscheint es mir unlogisch, dass mich Karstadt bis in Aufzüge (und wahrscheinlich Umkleidekabinen) mit ihren Kameras verfolgen darf, aber in Bus und Bahn gibt das ein Riesengeschrei.
Zitat
Nicolas Jost
Zudem erscheint es mir unlogisch, dass mich Karstadt bis in Aufzüge (und wahrscheinlich Umkleidekabinen) mit ihren Kameras verfolgen darf, aber in Bus und Bahn gibt das ein Riesengeschrei.

Mir geht es weniger um ein grundsätzliches Verbot von Videoüberwachung in Öffentlichen Verkehrsmitteln (einschließlich der Bahnhöfe). Sondern es geht mir darum aufzuzeigen, dass für eine bestimmte - gehäuft gerade im ÖPNV auftretende - Form von Kriminalität die Videoüberwachung nach Stand der Dinge keinen relevanten präventiven Charakter entfaltet.

Um es mal etwas bildlicher darzustellen:
Da kann es noch so viele Kameras geben - wenn plötzlich jemand in einer bestimmten auf die U-Bahn wartenden Gruppe - oft schon etwas getrunken und sich gegenseitig aufgeheizt - meint, dass ein anderer Fahrgast einfach nur "zu blöd" dasteht, kann das für diesen Fahrgast ganz schnell tödliche Folgen haben. Leider zunehmende Realität - nicht nur in Berlin oder nur in Deutschland. Und erst recht ist es kein Randgruppen- oder Migrantenproblem. So mancher Schläger entstammt einem ganz normalen Mittelschichthaushalt und hat sich noch nie was zu Schulden kommen lassen.

Videoüberwachung mag zum Schutz materiellen Eigentums beitragen und ist dadurch vielleicht schon gerechtfertigt - aber es schützt eben nicht vor den genannten spontanen Angriffen gegen Leib und Leben (eben diese Affekt- oder Impulstaten, um es mit Fachbegriffen zu versuchen).

Und da nützt auch kein Verweis auf die Integrität und Rechtschaffenheit der eigenen Person (die absolut überwältigende Mehrheit der Bevölkerung wird nie zum Täter werden) oder auf die Intention eines Supermarktleiters (mit der Viedeüberwachung dort geht es schlichtweg nur um Diebstahlschutz oder vielleicht um Überwachung der Mitarbeiter). Denn das trägt nicht im Geringsten zur Eindämmung dieser bestimmten - lebensgefährlichen - Form von Kriminalität bei. Wir brauchen hier andere Mittel und Ideen, als mehr Kameras.

Ingolf
Zitat
Ingolf

Mir geht es weniger um ein grundsätzliches Verbot von Videoüberwachung in Öffentlichen Verkehrsmitteln (einschließlich der Bahnhöfe). Sondern es geht mir darum aufzuzeigen, dass für eine bestimmte - gehäuft gerade im ÖPNV auftretende - Form von Kriminalität die Videoüberwachung nach Stand der Dinge keinen relevanten präventiven Charakter entfaltet.

Um es mal etwas bildlicher darzustellen:
Da kann es noch so viele Kameras geben - wenn plötzlich jemand in einer bestimmten auf die U-Bahn wartenden Gruppe - oft schon etwas getrunken und sich gegenseitig aufgeheizt - meint, dass ein anderer Fahrgast einfach nur "zu blöd" dasteht, kann das für diesen Fahrgast ganz schnell tödliche Folgen haben. Leider zunehmende Realität - nicht nur in Berlin oder nur in Deutschland. Und erst recht ist es kein Randgruppen- oder Migrantenproblem. So mancher Schläger entstammt einem ganz normalen Mittelschichthaushalt und hat sich noch nie was zu Schulden kommen lassen.


Lieber Ingolf,

wir gehen da prinzipiell wirklich d'accord, obgleich ich (Gott sei Dank) nicht erkennen mag, dass es besonders oft tödliche Folgen hat, "provokativ desinteressiert" in die falsche Richtung zu schauen. Wenn dem so wäre, hätte sich doch längst der RegBM der Sache angenommen, da sich solche Dinge in den Übernachtungszahlen niederschlagen könnten.

Nun, lieber Ingolf, möchte ich dich aber doch noch nach deiner ehrlichen Einschätzung (so ganz subjektiv) fragen:
Wenn wir mal von dem Friedrichstraßen-Incident absehen, wo dieser Typ aus Bayern glücklicherweise eingeschritten ist, glaubst du denn dann wirklich, dass die "Troublemaker" gleichermaßen aus allen gesellschaftlichen Schichten stammen?
Es ist halt einfach nicht alltäglich, dass Oppa Hans Meyer an der Bahnsteigkante steht und einmal in die falsche Richtung guckt, worauf der Gymnasiast aus Zehlendorf endlich eine Chance sieht, sich vor seiner Gruppe (bestehend aus Jungs und Mädels) zu profilieren und dem Opa ein Gratisticket in die Intensivstation ausstellt.
Jeder, der dann und wann den Berliner Nahverkehr zu späterer Stunde benutzt, weiß, dass in aller Regel nicht die Kids aus gutem Hause das Problem sind, sondern eine ganz andere Gruppe. Und diese Gruppe führt uns dann sehr wohl wieder direkt zur Thematik der Migration, Bildungspolitik usw. usf.

n
Zitat
Ingolf
... Denn das trägt nicht im Geringsten zur Eindämmung dieser bestimmten - lebensgefährlichen - Form von Kriminalität bei. Wir brauchen hier andere Mittel und Ideen, als mehr Kameras.

Die Forderung nach einer Rund-Um-Die-Uhr-Besetzung aller U- und S-Bahnhöfe ist aber ebensowenig geeignet zur Verhinderung solcher Straftaten wie die nach totaler Videoüberwachung. Konkretes Beispiel von der Nacht Sonnabend/Sonntag U-Bhf. Friedrich-Wilhelm-Platz: [www.berlin.de]
Solch kriminelle Personen können nur mit körperlicher Gewalt gebändigt werden, was aus guten Gründen der Polizei vorbehalten ist. Ein Zugabfertiger auf dem Bahnsteig könnte dabei genauso wenig ausrichten wie eine Überwachungskamera.

so long

Mario
Zitat
Nicolas Jost
wir gehen da prinzipiell wirklich d'accord,
Das ist selten... ;-))

Zitat
Nicolas Jost
obgleich ich (Gott sei Dank) nicht erkennen mag, dass es besonders oft tödliche Folgen hat, "provokativ desinteressiert" in die falsche Richtung zu schauen. Wenn dem so wäre, hätte sich doch längst der RegBM der Sache angenommen, da sich solche Dinge in den Übernachtungszahlen niederschlagen könnten.
Optimist. ;-)
Es gibt viele außerordentlich imageschädigende Angelegenheiten in Berlin, die unseren Senat nicht im Geringsten interessieren...

Zitat
Nicolas Jost
Wenn wir mal von dem Friedrichstraßen-Incident absehen, wo dieser Typ aus Bayern glücklicherweise eingeschritten ist, glaubst du denn dann wirklich, dass die "Troublemaker" gleichermaßen aus allen gesellschaftlichen Schichten stammen?
(...)
Jeder, der dann und wann den Berliner Nahverkehr zu späterer Stunde benutzt, weiß, dass in aller Regel nicht die Kids aus gutem Hause das Problem sind, sondern eine ganz andere Gruppe. Und diese Gruppe führt uns dann sehr wohl wieder direkt zur Thematik der Migration, Bildungspolitik usw. usf.
So ist es, denn natürlich gibt es einen Zusammenhang zwischen sozialem Status im weitesten Sinne und Kriminalität.
Aber diese Form von Affektkriminalität betrifft eben auch typische Mittelschichtsjugendliche - die saufen durchaus auch gerne so manchen über denb Durst. Und das bevorzugt in den Wochenendnächten in der Innenstadt. Genaue Statistiken über die Verteilung je nach sozialer Gruppe und im Vergleich zu anderen Kriminalitätsformen haben ich jetzt aber auch nicht, so dass dies auch auf einer subjektiven Bewertung beruht.

Ingolf
Zitat
Nicolas Jost
Ach Ingolf, ich bin mir sicher, der Inhaber des EDEKA-Marktes hat auch nicht erst irgendwelche Statistiken in der Bibliothek studiert, bevor er sich für die Kamerüberwachung seines Geschäfts entschieden hat.

Womit wir wieder bei "liegt auf der Hand" wären...

Warum schließen alle immer von der Existenz von Technik auf die Existenz von Vorteilen dieser?

Wäre klauen schwieiriger geworden, wäre das sicher aufgefallen.

Sicherheit ist nunmal teuer, zumal in Bereichen, deren Kriminalitätsrate eher gefühlt als real bedrohlich ist - also immer schön entlassen und installieren!
Statistiken können es mit Suggestion ohnehin nicht aufnehmen und die ist noch dazu Welten billiger!
Wenn ein Mitarbeiter "rumsteht", wirft das Fragen auf - eine fast ausschließlich Datenmüll aufzeichnende Kameraarmada stört hingegen niemanden...

Berlins Straßen sind zu eng, um sie nur dem MIV zu opfern!
Hier ein Beispiel bei dem es über die Videoüberwachung gelang den Nachweiß für eine Straftat zu führen, was vorher wohl nicht möglich war:

[www.tagesspiegel.de]

Zitat
Tagesspiegel
[...]
Sobald die Polizei nahte, wurden die Heroinkügelchen heruntergeschluckt. „Meist reichten die Beweise nicht für einen Haftbefehl, und so standen die mutmaßlichen Händler wenig später wieder an derselben Stelle“, schildert der Sprecher.

Nun bedienten sich die Ermittler des Landeskriminalamtes einer anderen Methode: [...] „Der Handel mit den Heroin-Kügelchen konnte durch die Videoaufnahmen dokumentiert werden“, sagte der Polizeisprecher. Die verdächtigen Händler wurden auf diese Weise identifiziert. Da die Personalien der Männer aus früheren Kontrollen bekannt waren, konnten gegen sie Haftbefehle erwirkt werden.
[...]



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 04.12.2012 19:05 von peterl.
Für alle die es noch nicht aus der Zeitung entnommen haben: [www.faz.net]

Die Täter des nur durch Zufall gescheiterten Anschlags von Bonn, konnten wohl aufgrund einer durch McDonalds installieren Kamera indentifiziert werden. Im "öffentlichen Bereich" des Bonner Hbf gibt es wohl Kameras, deren Aufnahmen aber nicht gespeichert werden.

Für mich ein weiteres Beispiel dafür, dass Kameras zwar wohl so einen Anschlag nicht verhindern, aber die Aufklärung erleichtern und so natürlich potenziell weiteres Unheil verhindert werden kann.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 16.12.2012 15:02 von peterl.
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