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Bestellte Verkehrsleistungen durch den Senat: seit wann?, wieso?, sinnvoll?
geschrieben von Grenko 
Zitat
Markus H.
Irgendwie ist das doch Krank! Die BVG untersteht mehr oder weniger direkt dem Senat, dieser bestellt Leistungen bei der BVG, welche sie wegen Finanzkürzungen des "Eigentümers" nicht oder kaum erbringen kann.

Thread: [www.bahninfo-forum.de]

Schön, dass es mal einer angesprochen hat.
Mich wurmt die Frage schon lange. Seit wann gibt es das Prozedere, dass der Senat bei einer Anstalt öffentlichen Rechts Leistungen bestellt?
Ich begreife den Sinn nicht. Die BVG "gehört" doch der Stadt.
Normalerweise sollte es doch so laufen, dass die BVG eigenverantwortlich und "sparsam" ihr Verkehrsangebot gestaltet. Also eben auch spontan Einsetzer losschickt wenn sie gebraucht werden.
Ständig liest man "diese Leistungen hat der Senat nicht bestellt". Und genau das dürfte ein Grund sein weshalb das Angebot unzureichend und völlig unflexibel ist.
Die BVG dürfte ja nciht mal bei einem unvorhergesehenem Ansturm auf das Strandbad Wannsee zwei Einsetzer losschicken weil es "nicht vom Senat bestellt ist".
Was soll der Quatsch? Bestellt der Senat bei der BSR auch die Anzahl der zu leerenden Tonnen und zu fegenden Wege??

Also, kann mich mal jemand aufklären seit wann es diesen Quark gibt, weshalb und was ihr für eine Meinung dazu habt bzw. ob diese Prozedur überhaupt sinnvoll ist.

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Üblicherweise greift der Träger eines Eigenbetriebes (oder Inhaber eines privatrechtlich organisierten Verkehrsbetriebs) in den Umfang der zu erstellenden Verkehrsleistung ein. Beispielsweise tut man das über den Nahverkehrsplan, der als verbindlich festlegt ist. Alternativ kann ich mir auch vorstellen, dass man einen entsprechenden Fahrplan für die Konzessionierung der Linie voraussetzt, es wurde hier ja schon diskutiert, dass der genehmigte Fahrplan eigentlich verbindlich ist.

Dass die BVG eine Anstalt öffentlichen Rechts ist und einen umfangreichen Verkehrsvertrag mit dem Senat abgeschlossen hat, ist wohl der Betriebsgröße bzw. des Netzumfangs geschuldet. Ich weiß allerdings nicht, ob es europarechtliche Vorgaben sind, die zu erstellende Verkehrsleistung genau festzuschreiben, oder ob man früher einfach der Meinung war, dass man über die satzunggemäßen Organe und Gremien genug Einfluss auf den Verkehrsbetrieb hat.
Also der Sinn ist doch sonnenklar - derselbe wie beim Regio-Hickhack zwischen Berlin und Brandenburg: Man verteilt Geld in unterschiedliche Töpfe und benennt verschiedene Verantwortliche. Diese erklären dem dummen Fahrgast regelmäßig und wortreich, warum eine eigentlich dringend benötigte Leistung nicht ausgerechnet aus seinem Topf finanziert werden darf. Im Ergebnis wird die Leistung nicht bestellt ergo nicht gefahren und niemand ist dafür verantwortlich. So hat man immer genügend Geld im Topf für die wirklich wichtigen Dinge, wie Verwaltungspersonal, Personalcontroller, BWL-Betriebsplaner und #weilwirdichlieben-Werbefachleute...
@Grenko: Leider funktioniert die Selbstverwaltung nicht mehr, wenn Spar-/ Gewinnvorgaben vorliegen. Daher braucht es eine andere Ebene, die das Angebot definiert. Die BVG ist per Verkehrsvertrag angewiesen flexibel zu agieren. Sie tut es aber nur äußerst selten und schiebt die Schuld dann auf die fehlende Bestellung, ein fehlendes Kombiticket oder andere Gründe ab. Dabei müsste sie Zusatzleistungen sogar bei Fremdunternehmen bestellen, wenn sie selbst nicht in der Lage ist zu fahren.

Der Konstruktionsfehler liegt eher darin, dass die Senatsverwaltung für Finanzen bei der BVG das Sagen hat und die Sparverpflichtungen samt "Schulden" mit den Vertragspflichten kollidieren. Da SenFin nur Ersteres interessiert, werden die Vertragsverletzungen hingenommen. Selbst Verstöße gegen das Personenbeförderungsgesetz (Fahrplanaushangpflicht, Betriebspflicht) sind bereits mehrfach vorgekommen.

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Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
Zitat
Grenko
[...] Die BVG dürfte ja nciht mal bei einem unvorhergesehenem Ansturm auf das Strandbad Wannsee zwei Einsetzer losschicken weil es "nicht vom Senat bestellt ist". [...]

Dummerweise ist es aber bestellt; den Passus kann man im Verkehrsvertrag nachlesen, den wir während des Durchsickerns eben diesen auch hier mehrfach durchgekaut haben. Die BVG spricht hier wissentlich die Unwahrheit aus, weil sie aktuell keine Konsequenzen zu befürchten hat.
Andererseits wird die Linie 312 in den Ferien auch dann fahren wenn kein Badewetter sein sollte. Wobei der Anfahrtsweg zum Hof (ich vermute mal Spandau) lt. Googlemaps nur 22min beträgt um flexibel reagieren zu können.

Der 53E ist früher meiner Meinung nach bedarfsgerecht gefahren.
Kaum schreibe ich es, sehe ich das die Linie 312 schon heute erstmals fuhr.
Kompliment BVG!
Zitat
Grenko

Die BVG dürfte ja nciht mal bei einem unvorhergesehenem Ansturm auf das Strandbad Wannsee zwei Einsetzer losschicken weil es "nicht vom Senat bestellt ist".

Du meinst ihr würde sofort die Betriebslizens entzogen werden?
Nochmal zum mitmeißeln: Was der Senat bestellt ist der Jahresfahrplan. Das operative Tagesgeschäft bestellt beim Senat keiner, das darf das Unternehmen noch selbst entscheiden.

*******
Das Gegenteil von ausbauen ist ausbauen.
Zitat
micha774
Andererseits wird die Linie 312 in den Ferien auch dann fahren wenn kein Badewetter sein sollte. Wobei der Anfahrtsweg zum Hof (ich vermute mal Spandau) lt. Googlemaps nur 22min beträgt um flexibel reagieren zu können.

Der 53E ist früher meiner Meinung nach bedarfsgerecht gefahren.

Nein, wie früher üblich fährt Cicerostraße. Haben ja wieder GN.

Die Berliner Linienchronik (+Stationierungen S-Bahn/BVG) 1858-2024
Na umso besser, da sind es nur 15min An-/ Abfahrtsweg. ;-)
Wenn Dienstleistungen ausgeschrieben oder direkt vergeben werden, muss natürlich der Umfang für die gesamte Vertragsdauer feststehen.
Als Besteller Nichterfüllung nicht zu ahnden, kann natürlich politische oder finanzielle Gründe haben - da schließe ich mich meinen Vorrednern ausdrücklich an!

Berlins Straßen sind zu eng, um sie nur dem MIV zu opfern!
Zitat
485er-Liebhaber
Zitat
micha774
Andererseits wird die Linie 312 in den Ferien auch dann fahren wenn kein Badewetter sein sollte. Wobei der Anfahrtsweg zum Hof (ich vermute mal Spandau) lt. Googlemaps nur 22min beträgt um flexibel reagieren zu können.

Der 53E ist früher meiner Meinung nach bedarfsgerecht gefahren.

Nein, wie früher üblich fährt Cicerostraße. Haben ja wieder GN.

So wie jetzt von den GN immer mindestens ein oder zwei DL aufm 118E mitschwimmen, da die Citaros sehr Werkstatttreu sind.
Danke Jay für Deine Ausführungen.

@DonChaos und Logital:
Ich habe den Einsetzer zum Strandbad Wannsee mal als Beispiel gewählt ohne zu wissen wie flexibel die BVG hier sein darf. Wie micha774 richtig bemerkte fuhr der 53E damals tatsächlich nur nach (Wetter-)Bedarf.

Ich weiß nicht ob andere Verkehrsverbünde ähnlich agieren bzw. die Verkehrsbetrieb dann in der Großstadt ähnlich zwanghaft schlecht agieren.
Aber im Gegensatz zu damals (oder bis zum Mauerfall?) halte ich das heutige System für völlig suboptimal.

**GraphXBerlin - "Zielverzeichnis Berlin - Eine Sammlung".
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3 mal bearbeitet. Zuletzt am 05.07.2015 22:16 von Grenko.
Zitat
Grenko
Danke Jay für Deine Ausführungen.

@DonChaos und Logital:
Ich habe den Einsetzer zum Strandbad Wannsee mal als Beispiel gewählt ohne zu wissen wie flexibel die BVG hier sein darf. Wie micha774 richtig bemerkte fuhr der 53E damals tatsächlich nur nach (Wetter-)Bedarf.

Ich weiß nicht ob andere Verkehrsverbünde ähnlich agieren bzw. die Verkehrsbetrieb dann in der Großstadt ähnlich zwanghaft schlecht agieren.
Aber im Gegensatz zu damals (oder bis zum Mauerfall?) halte ich das heutige System für völlig suboptimal.

Naja, in Bezug auf Saisonverkehr könnte man den 312er vielleicht noch mit den Ski-Sonderzügen von Dresden nach Altenberg vergleichen, die im Winterhalbjahr bei entsprechender Witterung verkehren. Ob sie verkehren, verkünden VVO und SBS jeweils am Donnerstag per Lokalzeitung und Internetseite.

Wenn Du das mit dem "zwanghaft schlecht agieren" allgemein meinst: ich denke nicht, dass irgendeine andere Großstadt so erbärmlich auf Großereignisse reagiert wie Berlin. Man denke nur an das jährliche Trauerspiel beim Karneval der Kulturen oder dem Berlin-Marathon, wenn teilweise sogar Kurzzüge im 10-min-Takt auf den Veranstaltungslinien verkehren (im Kalender steht schließlich, es ist Sonntag, da kann die BVG nichts machen). Das ist nicht "nur" eine Komforteinbuße, sondern unverantwortlich. Wahrscheinlich muss es wirklich erst Tote bei irgendeiner Massenpanik in einem U-Bahnhof geben, bevor sich irgendwer bemüßigt fühlt zu reagieren.

An sich hat VvJ-Ente glaube ich nicht Unrecht, dass es bei den ganzen komplizierten Strukturen sicher auch darum geht, Verantwortung im Kreis schieben zu können.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 05.07.2015 23:15 von def.
Zitat
def
Zitat
Grenko
Danke Jay für Deine Ausführungen.

@DonChaos und Logital:
Ich habe den Einsetzer zum Strandbad Wannsee mal als Beispiel gewählt ohne zu wissen wie flexibel die BVG hier sein darf. Wie micha774 richtig bemerkte fuhr der 53E damals tatsächlich nur nach (Wetter-)Bedarf.

Ich weiß nicht ob andere Verkehrsverbünde ähnlich agieren bzw. die Verkehrsbetrieb dann in der Großstadt ähnlich zwanghaft schlecht agieren.
Aber im Gegensatz zu damals (oder bis zum Mauerfall?) halte ich das heutige System für völlig suboptimal.

Naja, in Bezug auf Saisonverkehr könnte man den 312er vielleicht noch mit den Ski-Sonderzügen von Dresden nach Altenberg vergleichen, die im Winterhalbjahr bei entsprechender Witterung verkehren. Ob sie verkehren, verkünden VVO und SBS jeweils am Donnerstag per Lokalzeitung und Internetseite.

Wenn Du das mit dem "zwanghaft schlecht agieren" allgemein meinst: ich denke nicht, dass irgendeine andere Großstadt so erbärmlich auf Großereignisse reagiert wie die Pseudometropole Berlin. Man denke nur an das jährliche Trauerspiel beim Karneval der Kulturen oder dem Berlin-Marathon, wenn teilweise sogar Kurzzüge im 10-min-Takt auf den Veranstaltungslinien verkehren (im Kalender steht schließlich, es ist Sonntag, da kann die BVG nichts machen).

An sich hat VvJ-Ente glaube ich nicht Unrecht, dass es bei den ganzen komplizierten Strukturen sicher auch darum geht, Verantwortung im Kreis schieben zu können. Wahrscheinlich muss es wirklich erst Tote bei irgendeiner Massenpanik in einem U-Bahnhof geben, bevor sich irgendwer bemüßigt fühlt zu reagieren.

Nur leider wird die Reaktion nicht die von Dir erhoffte sein. Da werden einfach die Bahnhöfe dichtgemacht und dann darf man per Bus anreisen, die Züge fahren dann jedenfalls einfach durch. Es wäre so einfach, den Takt zu verdichten, aber noch einfacher ist es dann, die U-Bahn zur Express-Linie aufzuwerten - spart dann immerhin einen Umlauf.

Dennis
Zitat
Grenko

@DonChaos und Logital:
Ich habe den Einsetzer zum Strandbad Wannsee mal als Beispiel gewählt ohne zu wissen wie flexibel die BVG hier sein darf. Wie micha774 richtig bemerkte fuhr der 53E damals tatsächlich nur nach (Wetter-)Bedarf.

Damals gab es auch noch den Betriebshof Zehlendorf in der Winfriedstr. und Personal und Fahrzeuge in ausreichender Menge ;-)

Zitat
def
Man denke nur an das jährliche Trauerspiel beim Karneval der Kulturen oder dem Berlin-Marathon, wenn teilweise sogar Kurzzüge im 10-min-Takt auf den Veranstaltungslinien verkehren (im Kalender steht schließlich, es ist Sonntag, da kann die BVG nichts machen).

Ich habe nun desöfteren abends gegen 22:30 auf meinem Heimweg mit der U7 (von Rudow kommend) 6-Wagenzüge zur Verfügung was ich befremdlich finde.
Dagegen hatte ich zum Tag der offenen Tür Sonntag vor 8 Tagen auf der U7 gegen 11:00 Uhr noch Kurzzüge, die völlig unterdimensioniert waren. Da fragt man sich manchmal echt, was die Planer geritten hat so zu agieren?
Zitat
def
Man denke nur an das jährliche Trauerspiel beim Karneval der Kulturen oder dem Berlin-Marathon, wenn teilweise sogar Kurzzüge im 10-min-Takt auf den Veranstaltungslinien verkehren (im Kalender steht schließlich, es ist Sonntag, da kann die BVG nichts machen). Das ist nicht "nur" eine Komforteinbuße, sondern unverantwortlich. Wahrscheinlich muss es wirklich erst Tote bei irgendeiner Massenpanik in einem U-Bahnhof geben, bevor sich irgendwer bemüßigt fühlt zu reagieren.
Ja, das ist ein besserer Vergleich. Genau bei so einem Ereignis hätte die BVG ohne mit der Wimper zu zucken in den 80ern einen 3min-Takt gehabt.

Zitat
micha774
Damals gab es auch noch den Betriebshof Zehlendorf in der Winfriedstr. und Personal und Fahrzeuge in ausreichender Menge ;-)
Jetzt muß ich mir wieder wehmütig eine Träne wegwischen...ja daaaamals... ;-)

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Komisch, die negativen Seiten werden immer schnell vergessen. Als der rot-grüne Senat im Laufe des Jahres 1989 den "10 Minuten-Takt" zum 1.10.1989 beschloss, hatte die BVG auch mit massivem Personalmangel zu kämpfen. Die Wagenparkreserve nahm auch ab, im Januar 1989 gab es erstmals seit knappen 25 Jahren wieder weniger als 1000 Doppeldecker bei der BVG. Die Lage entspannte sich erst durch die Fusion von BVB und BVG wieder.

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Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 06.07.2015 22:33 von B-V 3313.
Nun, 1989 war ein 10min.-Takt bzgl. der Einwohnerzahl noch nicht so extrem negativ spürbar. Ebenso fielen die reduzierten Doppeldecker noch nicht so ins Gewicht wie heute. Dazu war die Reserve bis zum Mauerfall einfach wesentlich größer. Der Fehler machte sich erst mit der Maueröffnung bemerkbar als man dann später zusätzlich die Solibusse hatte.
Wenn man aber die heutige Einwohnerzahl bzw. Fahrgastzahlen mit dem Wagenpark, Personal und Takten gegenüberstellt, sollte es wohl schlechter als zur Hochzeit der Maueröffnung sein.

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Nun ja: Das Besteller-Ersteller-Modell für den ÖPNV entstand ja eigentlich im Rahmen der Bahnreform 1993 und wurde zum 1. Januar 1996 bundesweit wirksam. Hintergedanke war, nach einer - dem damaligen Zeitgeist gemäßen - Privatisierung (Ausschreibung) der Verkehrsunternehmen weiterhin Kontrolle über deren Leistungsangebot zu haben. Daher wurden die Aufgabenträger (beim ÖPNV also Städte und Kreise) verpflichtet, mit den Betrieben Verkehrsverträge zu schließen, in denen Leistungsangebot sowie dessen Finanzierung verbindlich geregelt ist. Den Rahmen der Verkehrsverträge (es sollten ja mehrere Unternehmen in einer Stadt fahren...) bildet der Nahverkehrsplan des örtlich zuständigen Aufgabenträgers.

Das nur kurz zur Erklärung... :-)

Viele Grüße
Arnd
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