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BRT-Systeme für Berlin nach dem Vorbild von Metz und Straßburg
geschrieben von EBostrab 
Zitat
Florian Schulz
Das hieße also, dass das BRT-System planungstheoretisch die umgekehrte Herangehensweise erlaubt. Nämlich erst das Finden von geeigneten Trassen, die ein Systemupgrade weg vom Bus benötigen, aber bei denen die Straßenbahn-Lösung räumlich gesehen noch weit entfernt ist. Natürlich unter der Annahme einer Erweiterung des Straßenbahngrundnetzes, nicht der Ausbildung neuer Teilnetze. Und danach erst stellt sich die Frage nach dem dadurch zu erreichenden Mehrwert. Der Begriff des Mehrwertes ließe sich - um bei der IT-Metapher zu bleiben - bis zum Service Pack 2, der Umstellung der nun vorhandenen Trasse auf Straßenbahn ausdehnen.

Ich denke: sowohl als auch. Zum einen bietet sich ein BRT-System quasi als Wegbereiter in einem Szenario an, das zur Maxime hat, mittelfristig eine Straßenbahn auf derselben Relation etablieren zu wollen, räumlich jedoch - wie in Teilen Berlins - zwecks einer raschen Umsetzung von dem Bestandsnetz zu weit entfernt ist. Zum anderen aber offeriert das BRT gleichfalls die Chance, gegenwärtig bereits gut angenommene, allerdings hinsichtlich ihres Nachfragepotenzials keineswegs ausgelastete Buslinien qualitativ aufzuwerten, ohne dabei zwingend die programmatische Absicht nach einer Straßenbahn im Fokus zu haben. Der Wissenschaftler David Sorg referiert in seiner von Prix LITRA ausgezeichneten Masterarbeit über das Thema unter der Überschrift "Bus Rapid Transitsysteme - An der Grenze zwischen Bus und Bahn". Abhebend auf Berechnungen mit einem Kostenmodell von Bruun (2005) kommt er zu dem Schluss, "dass die finanziellen Vorteile von BRT vornehmlich bei Nachfragestärken zwischen ca. 250 und 2000 benötigten Plätzen pro Stunde und Richtung zum Tragen kommen. Unterhalb dieses Bereichs kann die Nachfrage mit konventionellen Bussystemen meist ökonomischer bewältigt werden."

Folglich böte sich ein BRT-System auch auf Linien dergestalt an, die sich im Bereich der voranstehend definierten Fahrgaströme befinden, das Aufkommen eine Straßenbahn indes nicht rechtfertigt. Der Nutzen hierbei ist offensichtlich. Wie bereits erwähnt, ist das BRT durchaus in der Lage, unter dem Begriff "Schienenbonus" bekannte Effekte auszulösen und die Nachfrage dadurch deutlich zu steigern. Die erforderliche Umgestaltung des Straßenraums (Reduktion von Fahrspuren etc.) unterstützt den Mobilitätswandel und bietet gleichzeitig die Möglichkeit zur Revitalisierung von Quartieren mit Maßnahmen, die ansonsten vornehmlich Straßenbahnneubautrassen vorbehalten gewesen wären.

Zitat
Florian Schulz
Großräumig auf Berlin angewendet dürfte sich dank der ringförmigen und radialen Straßenstruktur die eine oder andere Trasse finden lassen. In erster Linie fielen mir die große Ausfallstraßen ein, die einen ähnlichen Charakter haben wie zum Beispiel Lichtenrader Damm, Heerstraße oder Potsdamer Chaussee (ohne sie jetzt einzeln bewerten zu wollen).

Da gehe ich absolut mit. Sie sind für die in Rede stehenden Unterfangen prädestiniert.

Zitat
Florian Schulz
Dennoch bleibt mir die Frage nach Planungszeit und -aufwand unbeantwortet. Und zwar im Hinblick auf die politische Machbarkeit. Die für die Implementierung notwendigen Gelder können erst bereitgestellt werden, wenn der politische Wille dazu da ist. Und der müsste zweimal vorhanden sein, nämlich zum einen für die völlig neue Einführung des BRT-Systems und später noch einmal für die Umstellung auf Straßenbahn.

Ich erachte es als wichtig, den Terminus BRT nicht zu überfrachten. Freilich handelt es sich infrastrukturell um ein neues System, das aber fahrzeugseitig durchaus kompatibel mit dem bestehenden Fuhrpark sein kann. Überdies ist ein politischer Wille generell die Voraussetzung für jedwede Projekte, die sichtbare Veränderungen nach sich ziehen. Von daher empfiehlt es sich, nicht bloß die Politik, sondern gleichfalls die Bürger durch Dialoge und Foren aktiv mit in die Planung einzubinden, damit am Ende die meisten an einem Strang ziehen.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 20.11.2015 20:27 von EBostrab.
Zitat
EBostrab
Zitat
Florian Schulz
Großräumig auf Berlin angewendet dürfte sich dank der ringförmigen und radialen Straßenstruktur die eine oder andere Trasse finden lassen. In erster Linie fielen mir die große Ausfallstraßen ein, die einen ähnlichen Charakter haben wie zum Beispiel Lichtenrader Damm, Heerstraße oder Potsdamer Chaussee (ohne sie jetzt einzeln bewerten zu wollen).

Da gehe ich absolut mit. Sie sind für die in Rede stehenden Unterfangen prädestiniert.

Die Heerstraße ist es mit Sicherheit nicht. Dort verkehren in der HVZ in der Stunde 12 Expressbusse, aber nur 6 Metrobusse. Soll die BRT-Trasse vierspurig oder die X-Busse eingestellt werden? Die Einstellung der X-Busse wäre mit einer 60km/h schnellen und spurtstarken Straßenbahn vielleicht noch verschmerzbar, mit einem normalen Bus sicherlich nicht. Wie soll der Abschnitt Pichelsdorf-Am Rupenhorn gestaltet werden? Sollen die Mittel-bzw. Seitenstreifen ernsthaft versiegelt werden? Wie sollen die 25m-Busse nach Kladow kurven? Wie will man die Kantstraße vor Zweite-Reihe-Parkern sicher machen? Vor Schienen ist der Respekt größer als vor läppischen Bushaltestellen.

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Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
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Logital
"Gleich richtig" findet eben ohnehin nicht statt. Zum einen aus Kostengründen zum anderen aus Gründen des gesellschaftlichen Widerstandes. Deshalb doch lieber ein Ausbau der verschiedenen Qualitäten und Arten als gar kein Ausbau.

Das ist aber doch genau der Knackpunkt, den eine BRT-Trasse nicht löst - den Widerstand gegen die Straßenbahn gibt es, weil sie Platz braucht, den man der Heiligen Kuh MIV wegnehmen müsste. Seien es Fahrspuren, seien es Parkplätze. Und eine BRT-Trasse hätte denselben Platzbedarf (nicht um ein paar cm feilschen) ergo auch denselben Widerstand zu erwarten.

Edit: Das einzige, was ein BRT-Sytem verhindern würde, ist ein 30-Minuten-Takt auf der M8, weil man die Fahrer für neue Straßenbahnstrecken ja dort abziehen muss...^^



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 20.11.2015 21:50 von VvJ-Ente.
Zitat
Florian Schulz
Lässt sich die Bevölkerung dadurch schneller von der Notwendigkeit eines Umbaus überzeugen? Ich befürchte, dass man hierzulande eher der pragmatischen Position beiwohnen würde und zum Entschluss jommt, dass das BRT doch gut funktioniert, wozu braucht's jetzt noch die Straßenbahn? Dann jedoch würde der Sinn, warum man den Aufwand mit dem "Straßenbahnvorlaufbetrieb" überhaupt getätigt hat, verpuffen und man müsste von einer Nebelkerze zur Verhinderung der Straßenbahn sprechen.

Aus deinen Sätzen interpretiere ich heraus, dass du glaubst ein BRT könnte eine Straßenbahn verhindern. Doch dazu müsste beispielsweise auf den oben von dir genannten Korridoren (Lichtenrader Damm, Heerstraße oder Potsdamer Chaussee) überhaupt erstmal eine Straßenbahn geplant sein. Ist es aber nicht. Wir werden dort ohnehin die nächsten 50 Jahre keine Straßenbahn sehen. Insofern findet gar kein Ausspielen der heutigen Straßenbahnplanungen des Senats gegen möglichen neuen BRT Routen statt. Und ein BRT finde ich eben besser als keine Straßenbahn. Ich unterstelle das jetzt nicht konkret dir, aber bei manchen Diskussionsteilnehmer (nicht in diesem Thread) habe ich das Gefühl sie wollen lieber das alles so bleibt wie es ist, als dass das System Bus aufgewertet wird; einfach aus der Angst heraus es könnte neben der Straßenbahn ein zweites System überzeugen.

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Das Gegenteil von ausbauen ist ausbauen.
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Logital

Und ein BRT finde ich eben besser als keine Straßenbahn. Ich unterstelle das jetzt nicht konkret dir, aber bei manchen Diskussionsteilnehmer (nicht in diesem Thread) habe ich das Gefühl sie wollen lieber das alles so bleibt wie es ist, als dass das System Bus aufgewertet wird; einfach aus der Angst heraus es könnte neben der Straßenbahn ein zweites System überzeugen.

Erst mal vielen Dank für die griffige Parole, Logital.

Ein BRT ist besser als keine Straßenbahn!

Daraus sollte man glatt eine Kampagne machen. Aber auch ansonsten kann ich Dir nur Recht geben. Ich finde dieses teilweise - in diesem Thread dankenswerterweise nicht präsent - polemische Polarisieren hinsichtlich von Bussen auch ziemlich nervig und wäre dankbar, wenn man überhaupt einen Impuls in Richtung ÖPNV-Ausbau setzte. Hierbei sehe ich zunächst jede Art von Investition als eine Bereicherung an und würde mir ohnehin mehr Pioniergeist und Experimentierfreudigkeit in Deutschland wünschen. Der Bedarf wäre jedenfalls da.
Zitat
Logital
Aus deinen Sätzen interpretiere ich heraus, dass du glaubst ein BRT könnte eine Straßenbahn verhindern. Doch dazu müsste beispielsweise auf den oben von dir genannten Korridoren (Lichtenrader Damm, Heerstraße oder Potsdamer Chaussee) überhaupt erstmal eine Straßenbahn geplant sein. Ist es aber nicht. Wir werden dort ohnehin die nächsten 50 Jahre keine Straßenbahn sehen. Insofern findet gar kein Ausspielen der heutigen Straßenbahnplanungen des Senats gegen möglichen neuen BRT Routen statt.

Diese Interpretation war nicht Ziel meiner Ausführung, sondern sollte eine Überspitzung darstellen um den Legitimitätskonflikt des BRT als Straßenbahnvorlaufsystem zu verdeutlichen. Mir ist bewusst, dass sich beide Systeme bezogen auf die Zeitdimension ergänzen sollen.


Zitat
Logital
Und ein BRT finde ich eben besser als keine Straßenbahn. Ich unterstelle das jetzt nicht konkret dir, aber bei manchen Diskussionsteilnehmer (nicht in diesem Thread) habe ich das Gefühl sie wollen lieber das alles so bleibt wie es ist, als dass das System Bus aufgewertet wird; einfach aus der Angst heraus es könnte neben der Straßenbahn ein zweites System überzeugen.

Es stimmt, dass in der Diskussion um neue Verkehrsmittel gern die Besitzstandswahrung als alleingültiges Gegenargument versucht wird anzuheben. Ob dahinter eine Art Systemneid steckt, glaube ich aber nicht. Eher ist es die allgemeine Furcht vor dem Neuen, dem Unbekannten, dem Nichtabschätzbaren. Daher ist es insbesondere bei Infrastrukturvorhaben wichtig, alle Nutzergruppen und Betroffenen frühzeitig in den Planungsprozess einzubeziehen. Nur so wird garantiert, dass alle Bedenken erhört werden und sich niemand übergangen fühlt. Gleichzeitig muss auch sichergestellt werden, dass alle Beteiligten mit dem nötigen Hintergrundwissen ausgestattet werden, damit jeder seine eigene sachorientierte Meinung dazu bilden kann. Die Instrumente dafür gibt es, siehe die derzeitige Debatte um die historische Mitte wo Berlin zum ersten Mal versucht, eine stadtweite Bürgerbeteiligung durchzuführen.

Es wäre interessant zu erfahren, wie jene Menschen, die dem System Straßenbahn bisher abgeneigt waren, auf den Vorschlag einer BRT-Trasse reagieren würden. Dann dürfte sich zeigen, ob die Straßenbahnaversion nur emotional begründet ist oder ob bei vielen nicht doch etwaige Sachargumente dagegen sprechen. Außerdem könnte so vielleicht die Frage der Legitimation des Straßenbahnvorlaufbetriebes beantwortet werden. Vielleicht kristallisiert sich tatsächlich heraus, dass das BRT in dieser Stadt als das geeignete System zu sein scheint, um eben die Potsdamer Chaussee, den Lichtenrader Damm oder die Heerstraße qualitativ aufzuwerten ohne zusätzlich eine Straßenbahnoption vorzusehen.

Viele Grüße
Florian Schulz

--
Das Gegenteil von umfahren ist umfahren.
Zitat
B-V 3313
Zitat
EBostrab
Zitat
Florian Schulz
In erster Linie fielen mir die große Ausfallstraßen ein, die einen ähnlichen Charakter haben wie zum Beispiel Lichtenrader Damm, Heerstraße oder Potsdamer Chaussee (ohne sie jetzt einzeln bewerten zu wollen).

Da gehe ich absolut mit. Sie sind für die in Rede stehenden Unterfangen prädestiniert.

Die Heerstraße ist es mit Sicherheit nicht. [...]

Ich habe den relevanten Teil hervorgehoben. Es ging mir um den Straßencharakter als kürzeste Verbindung Richtung Stadtzentrum mit einer für eine unabhängige Bahntrasse ausreichend dimensionierten Straßenbreite. Davon abgesehen, geht es bei der BRT-Trasse genau nicht darum Linien innerhalb eines Verkehrsmittels oder ganze Verkehrssysteme gegeneinander auszuspielen, sondern es ist eine Lösung zur Verbesserung der Infrastruktur. Und wenn wir schon bei der Heerstraße sind: Nutzen könnten alle Busse die Trasse, auch ein Expressbus.

Viele Grüße
Florian Schulz

--
Das Gegenteil von umfahren ist umfahren.
Zitat
Florian Schulz

Eher ist es die allgemeine Furcht vor dem Neuen, dem Unbekannten, dem Nichtabschätzbaren. Daher ist es insbesondere bei Infrastrukturvorhaben wichtig, alle Nutzergruppen und Betroffenen frühzeitig in den Planungsprozess einzubeziehen. Nur so wird garantiert, dass alle Bedenken erhört werden und sich niemand übergangen fühlt. Gleichzeitig muss auch sichergestellt werden, dass alle Beteiligten mit dem nötigen Hintergrundwissen ausgestattet werden, damit jeder seine eigene sachorientierte Meinung dazu bilden kann. Die Instrumente dafür gibt es, siehe die derzeitige Debatte um die historische Mitte wo Berlin zum ersten Mal versucht, eine stadtweite Bürgerbeteiligung durchzuführen.

Es wäre interessant zu erfahren, wie jene Menschen, die dem System Straßenbahn bisher abgeneigt waren, auf den Vorschlag einer BRT-Trasse reagieren würden. Dann dürfte sich zeigen, ob die Straßenbahnaversion nur emotional begründet ist oder ob bei vielen nicht doch etwaige Sachargumente dagegen sprechen. Außerdem könnte so vielleicht die Frage der Legitimation des Straßenbahnvorlaufbetriebes beantwortet werden. Vielleicht kristallisiert sich tatsächlich heraus, dass das BRT in dieser Stadt als das geeignete System zu sein scheint, um eben die Potsdamer Chaussee, den Lichtenrader Damm oder die Heerstraße qualitativ aufzuwerten ohne zusätzlich eine Straßenbahnoption vorzusehen.

Viele Grüße
Florian Schulz

Zitat
Florian Schulz

Davon abgesehen, geht es bei der BRT-Trasse genau nicht darum Linien innerhalb eines Verkehrsmittels oder ganze Verkehrssysteme gegeneinander auszuspielen, sondern es ist eine Lösung zur Verbesserung der Infrastruktur. Und wenn wir schon bei der Heerstraße sind: Nutzen könnten alle Busse die Trasse, auch ein Expressbus.

Eine äußerst sachliche Betrachtung, die stets der Leitgedanke sein sollte. Bedauerlicherweise habe ich unterdessen den Eindruck, dass vor allem in Deutschland auf breiter Front gerne Stimmung gegen straßenabhängige Verkehrssysteme aller Couleur gemacht wird, sowohl im politischen als auch bürgerlichen Lager. Die Motivation scheint in diesem Zusammenhang recht unterschiedlich. Zum einen sind es aufseiten der Bevölkerung in einem subjektiv gesehen zunehmenden Maße die Nimbys, die sich nach dem Sankt-Florians-Prinzip gegen alles stellen, was ihr direktes Umfeld betrifft und ihre Privilegien einschränken könnte. Nicht selten finden sie wiederum Gehör bei Vertretern der parlamentarischen Opposition, die oftmals ohnehin ob ihrer parteipolitischen Stellung aus Prinzip den Projekten der Regierung gegenüber diametral eingestellt sind. Zum anderen sind es aber auch Kritiker in beiden Ebenen, die objektive und rationale Einwände vorbringen.

Um sie voneinander inhaltlich zu trennen, bedarf es eines breit angelegten Dialoges zwischen allen Akteuren und Betroffenen. Dabei aber muss von Anfang an klar sein, dass gerade bei einem verkehrlichen Projekt die Belange der gesamten (kommunalen) Bevölkerung höher wiegen als die Partikularinteressen der Anrainer. Hamburgs Busbeschleunigung, die einst als tiefgreifende Reform ausgelobt wurde, hat auf drastische negative Weise illustriert, was ansonsten die Folge ist. Anstelle einer Reform blieb nicht einmal ein Reförmchen, weil die Autofahrer-Lobby obsiegte. Die Reduktion des MIV und die Umverteilung von Straßenraum zugunsten anderer als der motorisierten Verkehrsteilnehmer sollte jedoch in Anbetracht von Klima-Zielen und einem allgemein anders definierten Stadtmodell von heute die oberste Prämisse sein. Und dieser muss ein größeres Gewicht verliehen werden als den Anwohnern, die um ihre Parkplätze fürchten, jedoch selbst durch ihre ich-bezogene Mobilität andere um das ihnen zustehende Areal berauben.

Die nachstehend verlinkten Videos über die Ligne G in Strasbourg visualisieren recht genau, welcher Gewinn an Urbanität mit einem entsprechenden Umbau einhergehen kann:

[youtu.be]

[youtu.be]
Lichtenrader Damm und Potsdamer Chausee verfügen über zwei Fahrbahnen, eine bauliche Trennung ist also bereits vorhanden. Die Trennung muss lediglich nicht mehr nach Richtungen, sondern Verkehrsmitteln erfolgen. MIV- und Bustrasse in paralleler Führung erfordern einen Ausbau des Ampelsystems, bei dem sich die Vorrangschaltung gleich integrieren lässt und so "Leerphasen" ohne Busverkehr vermieden werden und stattdessen den Ampelphasen der anderen Verkehrsteilnehmer zugute kommen können. Die Haltestellen(-lagen) können nach Wegfall der anderen Verkehrsteilnehmer optimiert werden - am Mittelstreifen müssen sind ohnehin neu errichtet werden.
Am schwierigsten wäre demzufolge weder der bauliche, finanzielle oder zeitliche Aufwand, sondern die politische Durchsetzung.
Einfacher dürfte eine Neuaufteilung des Verkehrsraumes kaum zu haben sein - die Frage jedoch ist, ob es sich politisch einfacher durchsetzen lässt.

Analog kann man bei Straßen ohne Mittelstreifen die Busspuren mit Bordsteinen abtrennen. Ob die Busspuren weiterhin getrennt außen liegen, paarweise seitlich oder mittig wäre dann eine Frage der konkreten Umsetzung.

In der Heerstraße bietet sich eine Seitenlage an - die seitlichen Fahrbahnen blieben erreichbar und die Hauptfahrbahn wird nicht gespalten.

Berlins Straßen sind zu eng, um sie nur dem MIV zu opfern!
Ich habe immer noch nicht verstanden, warum die Bremser in der Verwaltung, die Straßenbahnstrecken verhindern, weil man ja dem MIV Fahrspuren und/oder Parkplätze "wegnimmt", plötzlich die Füße stillhalten sollen, weil man die Fahrspuren und Parkülätze für ein BRT-System "opfert"...
Noch ein paar Anmerkungen zum Thema - weiter unten mit Beispielen unterlegt:

Auch ein BRT-System ist keine eierlegende Wollmilchsau im Sinne: Kostet kaum mehr als ein Bus, leistet aber bezüglich Attraktivität und Kapazität dass, was eine Straßenbahn schafft.
Oder anders formuliert: Wer billiger baut, bekommt auch eine deutlich weniger leistungsfähige und weniger attraktive Lösung. Und zahlt bei größerer Nachfrage dann kräftig im laufenden Betrieb drauf.

Es mag durchaus einen Bereich zwischen straßenbündigem Bus und Straßenbahn geben, der bei hiesigen Rahmenbedingungen auch mit Bussen auf Eigentrasse wirtschaftlich sinnvoll bedient werden kann. Aber als Ersatz für potenzielle Straßenbahnkorridore ist und bleiben auch BRT-Systeme ungeeignet. Es wird viel Geld investiert in eine Lösung, die ganz schnell am Kapazitätslimit liegt und dann springhaft zusätzliche Kosten verursacht. Und etliche der Korridore in Berlin, die hier in der Diskussion genannt wurden - wie zum Beispiel die Kantstraße - Heerstraße (M49/X34), Potsdamer Straße - Hauptstraße (M48/M85) oder der Lichtenrader Damm (M76/X76), liegen genau in diesem Bereich. Wir hätten trotz millionenteurer Investitionen von Anfang an eine Lösung, die am Limit laufe würde und sehr hohe Betriebskosten erzwingen würde. Und ich sehe auch nicht, warum ein BRT-System leichter umgesetzt werden kann, als eine Straßenbahn. Es sei denn, man möchte ein unvollständiges und weiterhin ineffizientes System haben - dazu mehr im ersten Beispiel darunter:

Doch nun zu den Beispielen:
Zitat
EBostrab
Hamburgs Busbeschleunigung, die einst als tiefgreifende Reform ausgelobt wurde, hat auf drastische negative Weise illustriert, was ansonsten die Folge ist. Anstelle einer Reform blieb nicht einmal ein Reförmchen, weil die Autofahrer-Lobby obsiegte.

Die Hamburger Busbeschleunigung war niemals als "tiefgreifende Reform ausgelobt" worden.
Es war von Anfang an ein Sammelsurium an punktuellen Maßnahmen an einigen - zweifellos wichtigen - Metrobuskorridoren. Die Fahrzeiteffekte wären je Linie kaum mehr als im unteren einstelligen Minutenbereich gewesen und der gerade in Hamburg dringend notwendige Kapazitätszuwachs wäre nur marginal gewesen. Das Projekt "Busbeschleunigung" war von Anfang an als - wenn auch sehr teure - Beruhigungspille für die ÖPNV-Befürworter nach Abschuss der Straßenbahnpläne 2011 gedacht. Es hätte um die 250 Millionen gekostet - bei eben fast gar keinem Nutzen. Das sieht man auch bei den bisher umgesetzten Maßnahmen: Weiterhin Pulkbildung und überfüllte Busse.

Aus Sicht der Politik - die Angst vor jeder Initiative hat, die sofort aufschreit, sobald auch nur ein Quadratmeter Fläche für den Autoverkehr weggenommen wird - hat diese Bubeschleunigung a la Hamburg einen entscheidenden Vorteil: Man kann sofort das Element, gegen welches sich die Proteste richten, fallen lassen. Dann fährt der Bus an dieser Stelle eben wie bisher im Stau im Mischverkehr mit. Damit bleiben genau die größten Staufallen für den Bus unangetastet - Attraktivitätssteigerung und Effizienzgewinne sind auch dahin.
Bei einer Straßenbahn wäre man jedoch gezwungen, die Straße in gesamter Länge umzubauen, um die Gleise zu verlegen...

Zitat
EBostrab
Die nachstehend verlinkten Videos über die Ligne G in Strasbourg visualisieren recht genau, welcher Gewinn an Urbanität mit einem entsprechenden Umbau einhergehen kann:
[youtu.be]
[youtu.be]
Das ist alles relativ...
Ich sehe hier vor allem der Ersatz einer Asphaltstraße durch eine Betonstraße für Busse. Ein paar Bäume vielleicht mehr, aber sonst nicht viel weniger versiegelte Fläche.
Und die Busse im zweiten Film sind ein wenig bunter als sonst. Aber die Probleme mit der eingeschränkten Kapazität und damit wenig Stellflächen für Rollstühle, Gepäck, Kinderwagen etc. und der Anordnung der Sitzplätze auf den Podesten bleiben voll erhalten.

Ach ja, die Nachfrage auf der Linie G in Strabourg liegt den Prognosen nach bei ca. 18.000. Doch bereits wenige Wochen nach Betriebsbeginn mssten zusätzliche Kurse eingelegt werden, da die Busse in der morgendlichen HVZ voll sind. Ein sofortiger Anstieg der Betriebskosten um mehrere hunderttausend Euro im Jahr...
Im Vergleich zum Straßenbahnnetz mit seinen - je nach Quellenlage um die ca. 320.000-350.000 sind die 18.000 eine nicht wirklich große Zahl.
Das mag sogar bestätigen, dass der von der Linie G in Strasbourg bediente Korridor nicht unbedingt mit einer Straßenbahn belegt werden müsste - aber ebenso bestätigt es, dass das Bussystem auf Eigentrasse bezüglich angemessener und wirtschaftlicher Nachfragebedienung deutlich unter den Möglichkeiten einer Straßenbahn liegt.

Dazu noch ein Beispiel aus Frankreich, welches durchaus Parallelen zu Strasbourg aufweist - auch als Halbmesserlinie entstanden in einer Stadt mit Straßenbahn: Die Linie 4 in Nantes.
Einige Bilder finden sich im folgenden Link. Wirklich überzeugend ist die städtebauliche Integration nicht. Positiv anzumerken ist, dass es in weiten Abschnitten gelungen ist, Flächen für den MIV zu Gunsten ÖPNV, Fuß- und Radverkehr umzunutzen.
Die Fahrgastzahlen liegen auf dieser Linie bei ca. 22.000-25.000. Die Busse fahren in den Hauptzeiten (HVZ) alle 2-3 Minuten und es kann permanent Pulkbildung beobachtet werden. Die Linie gilt somit als am Limit verkehrend. Es gibt Überlegungen zur Beschaffung von Doppelgelenkbussen oder auch zum Umbau auf Straßenbahn nach 2020.
Zum Vergleich der Kapazitäten. Der Straßenbahnast nach Neustrie im Nordwesten der Stadt hat um die 40.000 Fahrgäste/Werktag und wird alle 5 Minuten in der HVZ bedient und weist noch genug Kapazität für zusätzliche Fahrgäste auf. Nahezu doppelte Fahrgastzahlen bei halben Betriebkosten...
Hier ein Bilderalbum zur Linie 4 in Nantes:
[www.flickr.com]
Mehr aus Nantes hier:
[www.flickr.com]

Ingolf
Ich stimme Ingolf und VvJ-Ente in dieser Hinsicht völlig zu - und bin auch skeptisch gegenüber einem weiteren System. Ziel sollte bei stark belasteten Buskorridoren m.E. weiterhin die mittelfristige Umstellung auf Straßenbahnen sein.

Bei sehr unzuverlässigen Linien (mir fallen da z.B. M41 und M48 ein) sollte aber m.E. einmal analysiert werden, wie deren Zuverlässigkeit durch punktuelle, kostengünstige Maßnahmen gesteigert werden kann. Das könnten z.B. kleinere Haltestellenumbauten sein, die das Halten mehrerer Busse ermöglichen, ein paar Meter Busspur vor Knotenpunkten oder z.T. vielleicht einfach die Durchsetzung der StVO.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 26.11.2015 12:17 von def.
Ganz einfach:

Man baue Kaphaltestellen jeweils hinter die Kreuzung (Ausnahmen bestätigen die Regel). Der Bus kann gerade ranfahren, muss sich beim ablegen nicht einordnen und man hat mehr Platz für die wartenden Fahrgäste. Dazu ist dieser Raum frei von behindernden Straßenbäumen, Schaltkästen und Laternen. Da der Bus keinen Raum zum einschwenken braucht, fallen noch nicht einmal Parkplätze weg oder man kann sogar noch ein-zwei mehr schaffen. eine kalssische Win-Win-Situation. Aber solange man sich noch nicht einmal an solche simplen Sachen traut, brauchen wir von BRT-System und co nicht einmal träumen...

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Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
Zitat
def
Bei sehr unzuverlässigen Linien (mir fallen da z.B. M41 und M48 ein) sollte aber m.E. einmal analysiert werden, wie deren Zuverlässigkeit durch punktuelle, kostengünstige Maßnahmen gesteigert werden kann. Das könnten z.B. kleinere Haltestellenumbauten sein, die das Halten mehrerer Busse ermöglichen, ein paar Meter Busspur vor Knotenpunkten oder z.T. vielleicht einfach die Durchsetzung der StVO.

Auch für den MIV und den Radverkehr könnten sich durch eine bessere Durchsetzung der StVO Vorteile ergeben. Durch die Missachtung von Halteverboten, das Parken auf Rad- und Busspuren und das Einfahren in zugestaute Kreuzungen verursachen derzeit viele Autofahrer (nach meiner Beobachtung: deutlich zunehmend) vermeidbare Verkehrsprobleme und Gefahrensituationen. Sinnvoll fände ich einen Ansatz wie die "red routes" in London: bei wichtigen Straßen wird starker Wert auf deren Leistungsfähigkeit gelegt und alles, was dieser Leistungsfähigkeit abträglich ist, möglichst vermieden und dies auch stark überwacht. In zahlreichen Fällen kommen diese Maßnahmen auch dem Busverkehr zu gute.
Haltestellen hinter der Kreuzung bedeuten aber immer auch längere Fahrzeiten wegen der Ampel. Das ist doch sinnlos, an jeder zweiten Kreuzung zweimal rumzustehen - einmal vor der Kreuzung einmal dahinter. Lieber vor der Kreuzung halten und bei Grün losfahren.

Wieso nicht einfach auf Busspuren und an Haltestellen Numernschilder erkennende Kameras aufhängen? Und alle privaten Pkw, die da lang fahren oder länger als zwei Minuten rumstehen bekommen automatisch einen Strafzettel zugeschickt.

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Nicht-dynamische Signatur



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 26.11.2015 14:55 von Lehrter Bahnhof.
Zitat
Lehrter Bahnhof
Haltestellen hinter der Kreuzung bedeuten aber immer auch längere Fahrzeiten wegen der Ampel.

Öhm, nö? Nicht umsonst beeinflussen die Busse ja heute schon die Ampelphasen...

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Für mehr gelbe Farbe im Netzplan: die Farben der U4 und U7 tauschen!
Zitat
Lehrter Bahnhof
Haltestellen hinter der Kreuzung bedeuten aber immer auch längere Fahrzeiten wegen der Ampel. Das ist doch sinnlos, an jeder zweiten Kreuzung zweimal rumzustehen - einmal vor der Kreuzung einmal dahinter. Lieber vor der Kreuzung halten und bei Grün losfahren.

Ob das unterm Strich wirklich schneller ist? Wenn direkt nach dem Fahrgastwechsel die Ampel auf rot springt, hält man zwar nur einmal, aber dafür länger. Gewonnen ist auch nichts.

Sinnvoller wäre es, durch eine Vorrangschaltung sicherzustellen, dass der Bus noch über die Kreuzung rüberfährt und es idealerweise direkt hinter ihm rot wird, damit die aussteigenden Fahrgäste gleich die Straße überqueren können und zugleich vor überholendem Autoverkehr geschützt sind. Die Linien, von denen wir hier sprechen, folgen sowieso überwiegend dem Verlauf von Hauptstraßen.

Letzlich muss das aber für jeden Standort einzeln entschieden war, je nach lokalen Gegebenheiten. Wenn z.B. in Fahrtrichtung vor der Kreuzung eine Schule liegt, wäre die Haltestelle direkt vorm Schultor sinnvoller angelegt. Auch bei querenden Linien mit dominierenden Umsteigerelationen kann eine Lage vor der Kreuzung für die meisten Fahrgäste einen Vorteil bedeuten.
Zitat
Lehrter Bahnhof
Wieso nicht einfach auf Busspuren und an Haltestellen Numernschilder erkennende Kameras aufhängen? Und alle privaten Pkw, die da lang fahren oder länger als zwei Minuten rumstehen bekommen automatisch einen Strafzettel zugeschickt.

In erster Linie, weil die Abwägung zwischen Verkehrsfluss und Datenschutz in Deutschland zu einem anderen Ergebnis kommt als dies z.B. in Großbritannien der Fall ist. So ärgerlich ich dies in diesem Fall für die Praxis auch finde, begrüße ich den hohen Wert des Datenschutzes hier grundsätzlich.

Man könnte dies aber auch über eine eigene Verkehrsüberwachungsbehörde, in der Verkehrsabteilungen der Polizei und die Parkraumüberwachung der Bezirksämter zusammengeführt werden, lösen. Ggf. kann man auch der BVG als AÖR mehr Kompetenzen zuteilen, so dass auch Bus- und Tramfahrer bei Behinderungen selbständig und zügig abschleppen lassen können.
Hm, das Argument mit dem Datenschutz verstehe ich nicht ganz. Bei den neuen Blitzern wird doch auch automatisch ein Strafzettel verschickt? Die Art des Regelverstoßes dürfte doch egal sein?

Weiterhin fänd ich eine dedizierte Verkehrspolizei sinnvoll.

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Nicht-dynamische Signatur



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 26.11.2015 16:01 von Lehrter Bahnhof.
Ein Blitzer macht nur Beweisfotos von Verkehrssündern, deine Kameras nehmen alle Fahrzeuge auf, die dort fahren. Egal ob sie dürfen oder nicht.

Du bemerkst den Unterschied?

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