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Lopi2000
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Arec
Ja, aber es funktioniert vergleichsweise schlecht, nur mit hohen Fahrplan-Zuschlägen für den ÖV, Konflikten zwischen Radfahrern und Fußgängern im Haltestellenbereich und Einschränkungen für den Individualverkehr.
...
Lösen kann man das ganze nur, indem man den Verkehr entmischt, indem man entweder den Individualverkehr oder den öffentlichen Verkehr in parallele Straßen oder auf eine andere Ebene legt.
Auch die Nähe von Fußgängern und Radfahrern ist nicht abhängig von dem öffentlichen Verkehrsmittel, das über die Straße verkehrt. Es gibt sowohl Beispiele für Kaphaltestellen bei der Straßenbahn bei denen diese Konflikte im Rahmen der Abwägung anderer Gefahren bewusst in Kauf als auch Beispiele für Radfahrstreifen und Schutzstreifen in Straßen mit Busverkehr. (Und umgekehrt auch beides.)
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B-V 3313
[…] Dieses Argument aus den 60ern sollte im Jahr 2016 eigentlich nicht mehr kommen...
Ich versuche, beide Beiträge gemeinsam zu beantworten:
Zunächst ist der Entmischungsansatz weiterhin grundsätzlich ein Ansatz moderner Verkehrsplanung, und kommt nicht aus den 60ern. Mit Unterschied zu Ansätzen aus den 60ern will man heute nicht den Kfz-Verkehr beschleunigen und den Fußgänger möglichst weit davon fern halten, sondern gemischte Verkehrszonen mit hoher Erschließungswirkung haben, welche auch entschleunigend auf den Verkehr wirken.
Da man es aber Kfz-Fahrern, Radfahrern und ÖPNV-Fahrern nicht zumuten kann, dass sie mit gehobener Schrittgeschwindigkeit von Lichtenberg bis Charlottenburg fahren, war dieser Ansatz seit jeher dadurch unterfüttert, dass ein schnelles Netz mit Verbindungsfunktion zu schaffen ist, welches abseits der Gebiete mit hohen Erschließungsbedarf und Aufenthaltswirkung liegt.
Zunächst stand dabei der Kfz-Verkehr im Fokus. Mittlerweile hat man diesen Ansatz weiterentwickelt, so dass für eine gelingende Verkehrsplanung ebenfalls schnelle Verbindungsnetze zunächst für den ÖPNV, mittlerweile aber auch insbesondere für Radfahrer anzubieten sind. Während man ja ruhig (etwas verkürzt) behaupten kann, dass vor 40 Jahren die Ansicht vertreten war, dass der Fußgängerverkehr als "Randerscheinung" des Autoverkehrs auf einen einen Meter breiten Gehweg neben einer sechsstreifigen Fahrbahn stattzufinden hat, redet man heute sogar über zusammenhängende Fußgängerwegenetze.
Auch die nach wie vor bestehenden Konflikte zwischen Radverkehr und Fußverkehr sowie ÖPNV und Kfz-Verkehr lassen sich nicht von der Hand weisen. Die Invalidenstraße scheint dabei ein Modellversuch zu sein, wo alle diese Konflikte mal in den verschiedenen Facetten wie in einer Art modernen Verkehrsmuseum beleuchtet werden.
Die Entmischung ist in der Invalidenstraße auch nicht geboten, um den verkehrsplanerischen Ansatz der Verkehrsträgertrennung durchzusetzten, sondern weil der Straßenraum dort einfach zu schmal ist, um sicheren und komfortabelen Verkehr für alle angesprochenen vier Verkehrträger darzustellen. Wenn man für eine anständige Straßenraumaufteilung nun mal ein Meter mehr Breite benötigt wird, als da ist, kann man nur bestehenden Verkehr in andere Straßenräume verlagern.
Alternativ kann man auch den Ansatz der "Innenstadtsanierung" der 70er Jahre bemühen, wo man einfach mal eine halbe bis ganze Häuserzeile abreißt.
Alternativ zur Erschließungfunktion bieten sich gemischte Verkehrsflächen auch bei schwachen Verkehr und großen Raumangebot an. In der Invalidenstraße ist aber weder eine Erschließungsfunktion gefragt, noch ist das Raumangebot üppig.
Entmischung bedeutet auch nicht, dass man einen Verkehrsträger völlig verbieten möchte, sondern dass man versucht, in etwa artgleichen Verkehr zusammenzufassen. Das bedeutet für mich erst mal, dass man sich überlegt, wie der Ost-West-Verkehr für den MIV und ÖV im Bereich Brunnenstraße - Nordbahnhof - Hauptbahnhof möglichst gut abgewickelt werden kann. Mit der jetzigen Lösung geht das leider nicht, die gleicht eher einem Provisorium. Das mag aber auch daran liegen, dass sich der Kfz-Verkehr in der Planung ggf. etwas zu stark durchgesetzt hat.