Aufnahme des Nachtverkehrs auf der S8 01.04.2018 13:39 |
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Wie der VBB bereits vor mehreren Tagen mitteilte, wird ab dem 01.04. auch auf der S-Bahnlinie 8 der durchgehende Nachtverkehr eingeführt und damit die größte Lücke im Nachtnetz geschlossen. Dem üblichen Berliner Standard folgend wird der Spätabendverkehr auf einen 20-Minuten-Takt verdichtet und in Wochenendnächten ein 30-Minuten-Takt angeboten. Mit dem heutigen Festakt folgte die feierliche Würdigung dieser Angebotsausweitung. Damit erhalten auch Schönfließ, Bergfelde und im Falle von Mühlenbeck-Mönchmühle gleich zwei an den gleichnamigen Bahnhöfen gelegenen Orte endlich vollwertigen Anschluss an das Nachtnetz der Metropolregion und können damit dem benachbarten Berlin auf Augenhöhe begegnen. Der 17-jährige Julius aus Mönchmühle nannte es in seiner Festrede „beeindruckend“, dass er künftig zum Feiern nach Berlin fahren könne ohne gegen ein Uhr mit der letzten S-Bahn wieder da sein zu müssen. Auch der Nachbarort hätte gern einen solchen Erfahrungsbericht beigetragen, leider ließ sich der künftige Nutzer aus Mühlenbeck gerade nicht auffinden. Wie der eigens angereiste Ehrengast Edmund Stoiber betonte, sei es für alle ein Tag der Freude, dass Mülheim und Mönchengladbach quasi näher an die brandenburgischen Regionen herangewachsen seien. Auch einige kleine Wermutstropfen blieben den Beteiligten natürlich nicht erspart: So habe der anwesende Staatssekretär beim Versuch die große Bedeutung dieser Maßnahmen auf einer Karte zu verdeutlichen zunächst bei Blankenfelde, später bei Altlandsberg gesucht und habe sich schließlich auf den groben Umkreis von Stahnsdorf festgelegt. Zudem herrschten unter den Gästen Zweifel an der Betriebsqualität vor. Der Bericht einer jungen Frau aus Waidmannslust, die sich vor einiger Zeit auf den Weg machte um mit der S26 nach Lichterfelde zu fahren und bis zu ihrer gestrigen MMS-Postkarte, sie sitze jetzt im Zug, als vermisst galt, machte betroffen. Der feierlichen Stimmung jedoch konnte all dies keinen Abbruch tun, und so wurde der Tag nach viel Speis und Trank und dem Auftritt des Sinfonieorchesters unter Daniel Barenboim stilvoll mit einem Höhenfeuerwerk beendet.
Die Stellungnahmen aus der Brandenburger Politik fielen recht gemischt aus. Die Linke wünschte sich mehr Verkehr auf den Strecken mit Entstehungszeit in der DDR und verwies auf die belebte Umgebung des westlichen Außenrings. Der SPD-Bundesvorstand nutzte den Anlass um die zurückhaltende und viel zu zögerliche Verkehrspolitik der schwarz-gelben Brandenburger Landesregierung zu kritisieren. Die Grünen vertagten ihre Stellungnahme bis geklärt sei, welche ihrer 17 Mitglieder in Brandenburg in dieser Frage stimmberechtigt seien, wiesen aber vorsorglich darauf hin, dass eine fahrende S-Bahn die nächtliche Lichtbelastung in dieser abgelegenen Region vervielfachen würde. Die CDU warf dieser daraufhin „völlig unangemessen provinzielles Denken“ vor. Die FDP stellte die Bedeutung des Flughafens Tegel für die Region heraus. AfD-Vize Gauland bemerkte die durch die Angebotsausweitung folgerichtig verstärkte Notwendigkeit einer Rassentrennung in den S-Bahn-Abteilen, ähnlich zur heute bereits bestehenden Einteilung in erste, zweite und Holzklasse. Er betonte aber im gleichen Gespräch sich nicht mehr zu erinnern was er mehrere Minuten danach gesagt habe und im Fall, dass er sich nicht an nichts erinnere, entsprechend nichts gesagt zu haben.
Nach mehreren Leserbriefen mit Zweifeln an der Priorisierung der Bedürfnisse versuchte unsere Redaktion beim vermutlich zuständigen brandenburgischen Infrastrukturministerium Einblick in die Nutzerzahlen und Bewertungsgrundlage zu erhalten. Die bisherige Reaktion in Form einer automatischen Mailantwort ließ mitteilen, dass man leider über die Feiertage nicht im Hause sei und allen Bürgerinnen und Bürgern ein frohes Fest sowie einen guten Rutsch ins Jahr 2017 wünsche. Im Bundesverkehrsministerium waren keine Details zu erfahren, man zeigte sich aber sichtlich erleichtert über jedwede Maßnahme, die ohne den Bau von Infrastruktur auskomme.
Beflügelt durch diese Aussage wiesen mehrere Interessenvertreter auf die Möglichkeit von S-Bahn-Erweiterungen „dort wo ohnehin schon die Schienen liegen“ hin:
Der Verband der Hundebesitzer regte an, eine Diskussion über den schon lange überfälligen Haltepunkt zwischen Grunewald und Nikolassee aufzunehmen und legte Statistiken vor, die diesem Abschnitt einen besonders großen mittleren Haltestellenabstand attestieren. Der ADAC und der Bund der Steuerzahler forderten, bevor Geld in den Bahnhofsneubau investiert werde, müssten diese Zahlen einer genauesten Prüfung unterzogen werden.
Die Bürgerinitiative Lichtenrade befürchtet prophylaktisch eine Zunahme des S-Bahn-Verkehrs auf der S2 und ließ mitteilen, dass man sich auf wirkungsvolle Verhinderungsmaßnahmen vorbereite, „ausdrücklich auch bewaffneter Natur“.
Parkeisenbahn-Mitglied und Bahnfan Friedemann (12 Jahre) brachte eine Verknüpfung der S-Bahn mit der Parkeisenbahn in Form eines vollwertigen Kombibahnsteigs Wuhlheide (analog zu Wuhletal) ins Gespräch; außerdem auch eine Einbindung in den VBB-Tarif und eine deutliche Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit.
Gustav Plotzenhotz, Ortsvorsteher von Waßmannsdorf, hingegen zeigte zum Interviewtermin mit traurigem Blick auf frisch aussehende Schienen versehen mit gelb verkleideten Seitenelementen, die laut anonymen Bahninsidern durchaus Stromschienen eines handelsüblichen S-Bahn-Systems darstellen könnten. Er betonte, dass es immer wieder Bewohner gebe, die in rätselhaften Begegnungen der dritten Art S-Bahn-Züge zu sehen glaubten, die aber nie anhielten. Die durchgeführte EU-weite Ausschreibung eines Mediums zur Klärung dieser Eingebungen brachte nur unbefriedigende Ergebnisse. Bei der Frage nach dem Grund für diese Zugsichtungen seien nur vage Aussagen über „modrig-feuchte Verliese an undenkbaren Orten“ zu bekommen gewesen. Der Versuch zu erfahren, wann die imaginären Züge denn zumindest mal anhielten, habe schließlich fiebrig-remittierende Anfälle und manisches Lachen gefolgt von unmenschlichen Schreikrämpfen nach sich gezogen. Der Kontakt zum Medium erfolge seitdem nur noch über dessen Berufsunfähigkeitsversicherung.
Re: Aufnahme des Nachtverkehrs auf der S8 01.04.2018 13:57 |
Re: Aufnahme des Nachtverkehrs auf der S8 01.04.2018 14:33 |
Re: Aufnahme des Nachtverkehrs auf der S8 01.04.2018 15:37 |
Re: Aufnahme des Nachtverkehrs auf der S8 01.04.2018 16:55 |
Re: Aufnahme des Nachtverkehrs auf der S8 01.04.2018 18:15 |
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micha774
Vorallem die Qualität und Häufigkeit dieser Scherze!
Re: Aufnahme des Nachtverkehrs auf der S8 01.04.2018 22:19 |
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Philipp Borchert
Also einen qualitativ hochwertigeren Text als den hier oben habe ich lange nicht gelesen!
Re: Aufnahme des Nachtverkehrs auf der S8 01.04.2018 22:27 |
Re: Aufnahme des Nachtverkehrs auf der S8 01.04.2018 23:20 |
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Philipp Borchert
Es ist weniger die Authentizität als der Ideenreichtum und die sprachliche Umsetzung.
Anonymer Benutzer
Re: Aufnahme des Nachtverkehrs auf der S8 02.04.2018 00:02 |
Re: Aufnahme des Nachtverkehrs auf der S8 02.04.2018 03:16 |
Anonymer Benutzer
Re: Aufnahme des Nachtverkehrs auf der S8 02.04.2018 03:30 |
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Philipp Borchert
Leute in die Züge zu locken ist es ja nicht allzu abwegig, die Linie in den Nachtverkehr mit aufzunehmen.
Re: Aufnahme des Nachtverkehrs auf der S8 02.04.2018 09:20 |
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Philipp Borchert
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micha774
Vorallem die Qualität und Häufigkeit dieser Scherze!
Also einen qualitativ hochwertigeren Text als den hier oben habe ich lange nicht gelesen!
Re: Aufnahme des Nachtverkehrs auf der S8 02.04.2018 09:48 |
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Railroader
Wer will denn bitte nachts nach Schönfließ und Mühlenbeck-Mönchmühle?
Re: Aufnahme des Nachtverkehrs auf der S8 02.04.2018 12:05 |
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Railroader
Wer will denn bitte nachts nach Schönfließ und Mühlenbeck-Mönchmühle? ;-)