Ulrich Conrad schrieb:
>
> Oh, dann entschuldige ich mich. Ich hielt das für
> einen mißglückten Trennstrich. Es hätte sicher
> geholfen, wenn Du das Wörtchen "bis"
> ausgeschrieben oder Ziffern verwendet hättest.
> :-)
Ja, das hätte man missversthen können, nun ist es ja geklärt.
(Westtangente)
>
> In der gesamten innenstadt? Warum sollten in
> anderen Straßen mehr Autos fahren, nur wegen einer
> neuen Straße, wenn sie die neue Straße gar nicht
> benutzen?
Gesamte Innenstadt ist etwas zu groß ausgedrückt.
was jedoch passieren würde, ist ein starker Zuwachs an Auotoerkehr, der in Nord-Süd-Richtung die Innenstadt durchquert. Sowohl von anderen Straßen und vom ÖPNV als auch neu induzierter Verkehr.
Sicher würde durch eine neue Straße auch
> ein zusätzlicher Verkehr angezogen werden, aber
> glechzeitig würde die Potsdamer Straße entlastet
> werden. Wenn das zu weiterem autoverkehr führt,
> dann auch weil der ÖPNV unattraktiver ist.
Warum
> soll jemand der die Wahl hat ein langsameres
> Verkehrsmittel nutzen? Der einzige Grund wäre
> Bequemlichkeit. Da kann der ÖPNV aber am wenigsten
> punkten. Selbst wenn man mit dem Auto im Satu
> steht, hat man zumindest einen Sitzplatz.
Du sagst es ja indirekt selber - die Schwell, wann ein Atofahrer auf den ÖPNV umsteigt liegt ziemlich hoch.
Und verbesserst Du die Bedingungen für den Autoverkehr, dann wird diese noch höher gelegt. Und die Westtangente stellt eine wesntliche Verbesserung des Autoverkehrs in diesem Korridor dar, da sie eine Lücke zwischen Stadtautobahn und Tiergartentunnel schließen würde.
Solange
> es der ÖPNV nicht fertig bringt im Regelfall
> Sitzplätze anzubieten, kommt er eben für viele
> nicht in Frage. Er muss attraktiver werden, damit
> man aus Bequemlichkeit mit den öffentlichen fährt,
> dort Zeitung lesen und sich den Stress des
> autofahrens ersparen kann und will.
Wenn Du aber im gleichen Atemzug die Bedingungen für den Autoverkehr verbesserst, werden kaum Leute in den ÖPNV umsteigen - da kann man den ÖPNV noch so sehr perfektionieren. Das zeigt nun einmal die Erfahrung, die sich eigentlich überall wiederholt. Der ÖPNV wird nie in der Lage sein, die Bequemlichkeit des Privaten PKW zu erreichen. Er muss mit anderen Vorteilen überzeugen - eie z.B. Zuverlässigkeit, Zufahrt zu Bereichen, die für den MIV tabu sind etc.
Der Parallelausbau von ÖPNV und MIV hat sich als eine der größten Geldvernichtungsmachinen in der städtischen Verkehrsplanung erwiesen. Die Folge war immer nur mehr Verkehr: viel mehr Autoverkehr und bestenfalls etwas mehr ÖPNV. Aber in den Verkehrsanteilen blieb immer der Autoverkehr Sieger und die Städte müssen immer mehr Verkehr ertragen.
> > 2. Die Zunahme des Verkehrs würde einen
> Ausbau des
> > neuen Tiergartentunnels erfoderlich machen.
> Der
> > ist genau so dimensioniert, dass er das
> > Verkehrsaufkommen mit dem jetzigen
> Straßensystem
> > (also keinen gesamtstädtsichen
> > Nord-Süd-Durchgangsverkehr) abwickeln kann -
> und
> > nicht mehr.
>
> Der Tiergartentunnel wird Dank seiner
> kreuzungsfreien Führung eine Menge Verkehr
> verkraften, mehr als jede vierspurige Stadtstraße
> mit Kreuzungen.
Es gibt eine Kapazitätsgrenze, und die ist ziemlich genau auf die jetzigen Straßen im Umfeld (und die hier zu erwartenden Verkehrsströme) ausgerichtet. Eine zusätzliche Verkehrszuführung würde wirklichen Stau zur Folge haben. Vor allem an den Knoten, die zum/aus dem Tunnel führen. Willst Du also großräumigen Nord-Süd-Verkehr durch den Tunnel (was die Westtangente schaffen würde), dann musst Du auch den Tunnel ausbauen.
>
> Die Potsdamer Straße ist keine wirkliche
> Geschäftsstraße. Die Tatsache, dass da zahlreiche
> kleine Läden sind, kann eine solche Bezeichnung
> nicht begründen, da es in den Straßen der City
> überall zahlreiche kleine Geschäfte gibt. Für
> Autofahrer kommt diese Straße ohnehin nur als
> Durchgangsstraße in Frage, da man kaum parken
> kann, was nötig wäre, um die Geschäfte zu nutzen.
Nun haben wir aber trotzdem dort ganz viele parkende Autos - viele davon Privat-PKW. Auch wenn sie nun nicht mit Kudamm oder Friedrichstraße zu vergleichen ist - auch die Potsdamer Straße hat eine sehr hohe Nutzungsdichte, die sehr viel lokalen Verkehr produziert. Und nur weil es vielleicht keine Zehlendorfer oder Reinickendorfer sind, die dahin fahren, sondern eher Schöneberger und Leute aus Tiergarten, bedeutet das noch lanhge nicht, dass sie nicht auch das Auto nutzen. Das Auto wird von vielen für Kurzstrecken nun einmal nicht weniger genutzt, als für Langstrecken. Und viele wollen nun einmal in die "olle Potse".
>
>
> Das ist Unsinn. Der PKW-Verkehr wird von den
> Falschparkern auf der Busspur keineswegs
> behindert, weil er die Busspur gar nicht nutzen
> darf. Der Autofahrer kann es egal sein, ob eine
> Spur, die er nicht nutzen darf, frei ist oder
> nicht.
Ist es praktisch aber nicht. Denn der die Busspur nutzende Verkehr (Busse, LKW - die dürfen das hier - muss sich immer wieder in die Autofahrspur einordnen. Unddas behindert auch den Autofluss. Als ich letzte Woche nur das kurze Stück zwischen Bülowstraße und KLeistpark mit dem 148er gefahren bin, musste der Bus viermal (!) sich von der Busspur in die Autospuer wegen Falschparkern einordnen.
Hinztu kommt, dass viele Autofahrer die Busspur schlichtweg ignorieren und diese freizügig nutzen.
Tagtäglich beginnt der Stau in Richtung
> Norden zwischen Kleistpark und Goebenstraße und
> reicht bis zur Lützowstraße. Dahinter wird es ja
> wieder breiter. Es ist mir ein Rätsel, wie Du die
> Überlastung der Potsdamer Straße leugnen kannst,
> wenn sich tagtäglich ein kilometerlanger Stau
> entwickelt. Wann ist denn bei dir eine Straße
> überlastet?
1. Was bezeichnest Du als Stau? Stau wäre es eigentlich, wenn man überhaupt nicht mehr vorankäme und alles dicht wäre (als so richtog z.B. 20 Minuten Stillstand). Ich vermute mal, dass es sich hier um zähfließenden Verkehr handelt (so kenne ich das von meinen Beobachtungen) - so dass man eben mal merhere Ampelphasen warten muss. Vom richtigen Stau ist das noch weit weg. Eine neue Straße würde das noch lange nicht rechtfertigen.
2. Wie lange dauert dieser Zustand üblicherweise? Den ganzen Tag oder jeweils nur eine kurze Verkehrsspitze? Ich kenne das nur in der Berufsverkehrsspitze. Und wegen diesem Kurzen Zeitraum zähffließendem Verkehrs lohnt sich auch noch lange keine neue Straße.
>
> Das ist richtig. Mit Problemen meinte ich auch
> mehr die zu erwartenden Proteste von seiten der
> Autolobby, denen ich mich übrigens keinesfalls
> anschließen würde. Dennoch bin ich sicher, dass
> eine Ausweichstraße diesen Protesten gegen eine
> Straßenbahn sehr den Wind aus den Segeln nehmen
> würde.
Westtangente und Straßenbahn in der Potsdamer Straße hätten verkehrspolitisch keinen Effekt, außer einer Beschleunigung des Verkehrs.
Die negativen Folgen wären:
1. Keine Verlagerung von MIV auf den ÖPNV (siehe die Sache mit dem Parallelausbau)
2. Hohe Unterhaltskosten für die neue Straße
3. Verlärmung eines gesamten Quartiers durch die neue Straße
4. Ein nicht so gutes Betriebsergebnis für die neue Tram, wie es möglich wäre (siehe Punkt 1).
5. Insgesamt mehr Verkehr: mehr Lärm, mehr Abgase, mehr Ressourcenverbrauch,...
>
> Ich habe nie bestritten, dass die schöneberger
> Insel sehr dicht besiedelt ist, aber das ist der
> Bereich um die Potsdamer Straße auch. Die
> Potsdamer Straße ist aber auch zusammen mit der
> Hauptstraße sehr viel länger, was dort deutlich
> mehr Betroffene vermuten lässt.
Die Westtangente wird die Potse nicht ansatzweise so entlasten, dass dies zu einer so wesentlichen Verbesserung der Lebensqualität dort führen würde, dass es gerechtfertigt wäre, ein anderes Quartier dann zu verlärmen und zu zerschneiden.
Was die Eingriffe
> in die Bausubstanz betrifft, wird wohl die breite
> Bahntrasse genügend Platz bieten. Allenfalls ein
> paar Gewerbeflächen müssten geopfert werden. Eine
> vierspurige Straße erfordert ja nicht den Platz
> einer sechsspurigen Autobahn.
Dann fertige mir bitte mal einen baulichen Entwurf an, der dies schafft. Ich meine, es geht nicht (hatte mal in dieser Ecke gearbeitet und mir das öfter mal genau angesehen). Und außerdem würde das noch lange nicht die Probleme von Lärm und Abgasen lösen, die Du dann in dieses Quartier hineinträgst.
>
> Aber Verbesserungen für den Bürger würde das auf
> jeden Fall bringen, wenn beide Systeme schneller
> und besser werden würden.
Nein.
Denn die negativen Folgen des Autoverkehrs überwiegen dann irgendwann einmal. Mit fatalen Folgen für die Stadt. Das hat man schon dutzendfach durchexerziert und ist irgendwann in eienr Sackgasse gelandet. egal, ob Los Angeles oder Paris oder Berlin. Es ist eine Illusion zu glauben. das man eine wesentliche Beschleunigung des Autoverkehrs in der Stadt schaffen kann. Was an Beschleunigungsmaßnahmen umgesetzt wird, wird sehr schnell durch induzierten Mehrverkehr wieder aufgefressen.
Aus meiner Sicht haben wir jetzt schon in Berlin zuviel Autoverkehr. Zu viel Lärm, zu viel Flächenverbrauch, zu viel Abgase, zu viel kaputte Stadträume, zu viele Kosten.
Hätten wir etwas weniger Autoverkehr zumindest in den zentralen Bezirken, dann würde sehr viel Lebensqualität gewonnen - und dazu auch noch Geld für das Stadtsäckel gespart.
Und eine Reduzierug des MIV geht leider nicht ohne schmerzhafte Restriktionen für den einen oder anderen Autofahrer. Ich sehe es nicht als einen besonderen Wert an, eine Politik zu verfolgen, die es einem ermöglicht in der Großstadt jederzeit, möglichst ungehindert und möglichst schnell mit seinem Auto an jedes beliebige Ziel zu kommen. Dafür ist mir der Preis schlichtweg zu hoch.
>
> Leider besteht der Sinn dieser Restriktionen meist
> nur in der Auffüllung leerer Kassen und führt
> damit zu einer Verteuerung der Lebensumstände für
> viele. Eine Verbesserung der Lebensqualiät durch
> Verteuerung des Autoverkehrs bei gleichbleibend
> schlechtem ÖPNV kann ich beim besten Willen nicht
> erkennen. Wenn der ÖPNV besser wird, werden auch
> mehr Autofahrer dorthin wechseln, dann hast Du
> deinen besseren Modal-Split.
Nein, leider zeigt die Erfahrung anderes. Bleiben die Bedingungen für den Autoverkehr annähernd konstant (gut), dann kann man den ÖPNV noch so sehr verbessern - der Umsteigeeffekt ist sehr gering. Zwar gibt es auch Fahrgastzuwächse, aber die beruhen überwiegend durch Mehrfahrten von bisherigen ÖV-Kunden und von umgestiegenen Fußgängern/Radfahrern.
Nur beiedes zusammen ist erfolgreich: Besserer ÖPNV+Restriktionen für den MIV. Alles andere ist leider nur Kosmetik, wenn es darum gehen soll, den Autoverkehr wirklich reduzieren zu wollen. Wichtig ist dann auch noch, die dann frei werdenden Flächen auch anderen Nutzungen zur Verügung zu stellen: Grünanlagen, mehr Fußwege etc. Dann steigt auch üblicherweise stark die Akzeptanz solcher Maßnahmen.
> Lieber Ingolf, auch mir liegt sehr am Ausbau des
> ÖPNV. Ohne Zugeständnisse an den Straßenverkehr
> wird man da aber gegen eine Wand des Protestes
> anlaufen müssen. Auch der Autoverkehr hat einen
> Sinn.
Aber nicht so viel, wie wir davon heute in dieser Stadt haben.
Und baust Du zusätzliche Straßen, wird es mehr werden. Auch wenn vielleicht die eine oder andere Straße dadurch etwas entlastet würde - insgesamt überwiegen bei weitem die negativen Folgen der neuen Straßen.
Viele Grüße
Ingolf