Auch ich bin mir da immer nicht ganz sicher, ob nun Stadtbahn oder U-Bahn für Nürnberg besser gewesen wäre. Natürlich, jetzt haben wir den Netzsalat aus zwei mehr schlecht als recht aufeinander abgestimmten Systemen, aber ich finde eben nicht, dass man Diskussionen darüber, was nun besser wäre (oder vielmehr: gewesen wäre) deshalb im Keim ersticken muss. Ähnlich wie Daniel finde ich es eben schon wichtig, dass man sich darüber Gedanken macht, auch wenn es erstmal so ist, wie es ist.
Was für mich der entscheidende Punkt bei jeglicher Planung der ÖPNV-Netze in mittleren Großstädten wie Nürnberg, Stuttgart oder dergleichen ist: Wo man sich für die Stadtbahn entschieden hat, kann man auch heute noch die Netze sinnvoll erweitern, und das vergleichsweise kostengünstig. Insofern war eine solche Entscheidung eine, die für die Zukunft mehr Gestaltungsmöglichkeiten offenließ, insbesondere im Hinblick auf knappe Kassen in den vergangenen Jahr(zehnt)en. Das Problem, das Nürnberg hat, sehe ich weniger in der U-Bahn an sich: die ist nämlich, und das ist unbestreitbar finde ich, für sich genommen ein tolles Verkehrsmittel, das auch auf wichtigen Relationen ziemlich störungsfrei große Verkehre abwickelt. Das Problem: Über mittlerweile vier Jahrzehnte hat man sich, was die Investitionen angeht, auf ein Verkehrsmittel beschränkt. Dieses Verkehrsmittel allerdings erreicht dummerweise nur einige wenige Bereiche der Stadt. Der Rest, der entweder per Straßenbahn oder Bus angeschlossen ist, schaut erstmal in die Röhre. Das ganze kulminiert dann darin, dass man letztes Jahr die 9er im Norden durch eine U-Bahn ersetzt und damit wichtige Infrastruktur des eh schon gebeutelten Tramnetzes zerstört. Abgesehen davon, dass Verbindung der beiden Netze eh schon unzureichend ist - sie bis auf wenige Ausnahmen mehr oder weniger getrennte Netze darstellen. Sichtbar an den - durch die verschiedenen Ebenen - äußerst zeitfressenden Umsteigevorgängen. Umsteigen bei einer Stadtbahn ist eben, da die Linien oft auf einer Ebene verkehren, längst nicht so nervig, wie das bei uns der Fall ist. Sieht man sich nun an, dass bei uns selbst die kühnsten Hoffnungen von keinem großen Ausbau der U-Bahn mehr ausgehen, haben wir einfach auf Dauer eine Zweiklassengesellschaft: Die, die direkt an der U-Bahn wohnen, und die, die eben nur an der vernachlässigten Tram wohnen (oder noch schlimmer, nur an Bushaltestellen). Selbst der Straßenbahnausbau, falls er denn kommen wird, wird immer daran kranken, dass in den bereits bestehenden Teilen des Netzes viel zu wenig investiert wurde in unabhängige Bahnkörper und rigorose Beschleunigung (von attraktivem Haltestellendesign ganz zu schweigen). Dass das auch auf engen Straßen super funktionieren kann habe ich erst vorgestern in Stuttgart auf der neuen Linie 15 nach Stammheim erlebt. Von sowas kann man in Nürnberg nur träumen.
Aus finanzieller Sicht, vor allem im Hinblick darauf, dass in der absehbaren Zukunft zunehmend weniger Geld für den Ausbau des ÖPNV zur Verfügung stehen wird, kann man also durchaus die Frage stellen, ob unsere Stadtväter in den 60ern und 70ern die richtige Entscheidung mit der Festlegung auf ein Voll-U-Bahnnetz getroffen haben. So sitzen wir jetzt nämlich da, und haben dank zweier inkompatibler Systeme das Problem, dass wir auf Spargelfelder (entschuldigt die Polemik) eine Voll-U-Bahn, auch noch unterirdisch, bauen müssen, einfach deshalb, weil alles andere mangels Straßenbahninfrastruktur in dieser Gegend leider unmöglich ist. Für deutlich weniger Geld ließe sich nach Kleinreuth und Gebersdorf sicher eine Stadtbahn bauen, die eventuell sogar direkt in die Stadt führe, anstatt ans Opernhaus. Nach 40 Jahren Stadtbahn in Nürnberg würde das Netz aller Voraussicht nach deutlich weiter reichen, als das heute mit U- und Straßenbahn der Fall ist. Außer dem Flughafen, Röthenbach und Langwasser sind keine neuen Stadtteile an das Schienennetz angeschlossen, aber 40 Jahre sind ins Land gezogen, und unendlich viel Geld ist verbaut worden. Zeit, und vor allem Geld, das in der Zukunft fehlt für eine weitere Verbesserung des schienengebundenen ÖPNV in und um Nürnberg. Das ist denke ich der Knackpunkt bei dieser Frage - gar nicht mal so sehr die Frage, ob die U-Bahn jetzt schneller und weniger störungsanfällig ist oder nicht (was sie, das muss man ja zweifelsfrei sagen, definitiv ist).