Zitat
Marktkauf
Die S-Bahn Nürnberg ist seit Anfang keine Meisterleistung gewesen. ... Die unterschiedlichen Bahnsteighöhen sind auch keine tolle Leistung. ...
Auch wenn es hier ein wenig
off topic ist, muss ich doch mal eine Lanze für die Bahnsteighöhen der Nürnberger S-Bahn brechen:
Die unterschiedlichen Bahnsteighöhen sind
- keine Sache aus der Anfangszeit der S-Bahn, sondern eine bewusste und in meinen Augen sehr sinnvolle Entscheidung nach der Jahrtausendwende (Mehr dazu unten),
- und vor allem sind sie ein Zwischenzustand und kein Endzustand. Im Endzustand wird es (wieder) eine einheitliche Bahnsteighöhe geben, nämlich von dann 76 cm.
In der Anfangszeit war die Nürnberger S-Bahn auf den ersten drei Strecken nach Lauf, Altdorf und Roth ein praktisch vom übrigen Eisenbahnverkehr (insbesondere dem Güterverkehr) abgetrenntes System, fast wie die Systeme in Berlin und Hamburg, nur ohne Stromschiene. Sie war damit sogar in diesem Merkmal "mehr" S-Bahn als die anderen 70er/80er-Jahre BRD-S-Bahnen in München, Frankfurt, Stuttgart, Rhein-Sieg und Rhein-Ruhr, die allesamt, insbesondere in der Anfangszeit, große Mischverkehrsanteile hatten und teilweise noch heute haben. So waren auch die weiteren Strecken der nächsten Nürnberger Baustufen ursprünglich als separate Strecken gedacht. Daher hat die Nürnberger S-Bahn die Bahnsteighöhe 96 cm bekommen.
Ab Ende der 1990er Jahren wurde aber zusehends klar, dass ein so aufwändiger S-Bahnausbau mit eigenen Strecken bzw. ganz eigenen abgtrennten "nur-S-Bahn"-Gleisen für die weiteren Vorhaben in Richtung Ansbach, Neumarkt und Erlangen nicht mehr oder nur noch in Teilabschnitten (zum Beispiel Nürnberg - Eltersdorf) finanzierbar sein würde und diese neuen Strecken daher auch langfristig im Mischbetrieb mit anderen Zügen, insbesondere auch Güterzügen, betrieben werden mussten. Auf solchen Strecken sind 96-cm-Bahnsteige nach EBO jedoch nicht möglich. Das Maximum sind hier in der Region 76 cm; in manchen anderen Regionen Deutschlands wegen regelmäßiger Lademaß-Überschreitungen sogar noch weniger.
Daher wurde die in meinen Augen rückblickend sehr weise Entscheidung getroffen, die S-Bahn Nürnberg von einheitlich 96 cm hohen Bahnsteigen auf einheitlich 76 cm hohe Bahnsteige umzustellen, also auf jene Höhe, die auch die erst in/ab den 90er-Jahren in Westdeutschland geschaffenenen neuen S-Bahn-Systeme besitzen, die von vornherein nur noch als Mischsysteme konzipiert wurden (Hannover, Rhein-Neckar).
Und ein solcher Umstellungsprozess der Bahnsteighöhe nimmt halt eine gewisse Zeit, durchaus Jahrzehnte, in Anspruch. Und er muss in sinnvollen Betriebsstufen erfolgen. Im Moment erleben wir die Zwischenstufe, bei der die Laufer Strecke (als älteste Strecke) bereits umgebaut ist und die Altdorfer und Rother Strecke erst noch umgebaut werden müssen, was Ende des aktuellen Jahrzehnts ja auch geplant ist. Durch die Verbindung Roth-Altdorf und den dortigen Einsatz der dazu passenden x-Wagen hat man das meines Erachtens sogar sehr elegant gelöst. Lediglich an wenigen Gemeinschaftsstationen hat man dadurch derzeit nicht passende Höhen. Also nur vorübergehend und zudem an viel weniger Stationen als in den anderen 70/80er-Jahre-Netzen, die hartnäckig an ihren 96 cm festhalten, auf diese Weise aber vermutlich auf Dauer nicht barrierefrei werden.
6 mal bearbeitet. Zuletzt am 21.12.2015 23:28 von benji2.