Die Deutsche Bahn AG wird im Rahmen des Projektes „ProNetz“ und weiterer Investitionen ihre Infrastruktur für rund 750 Millionen Euro insgesamt in Hamburg und Schleswig-Holstein ertüchtigen. Das erklärte heute die Konzernbevollmächtigte der Region Ute Plambeck.
„Um die Leistungsfähigkeit von Hauptsrecken und Knoten zu erhalten und weiter zu erhöhen, werden wir in den nächsten Jahren gezielt Baumaßnahmen auf zentralen Strecken und an wichtigen Bahnknoten durchführen“, sagte die Bahnsprecherin wörtlich.
Seit Monaten habe sich das Unternehmen auf das Bevorstehende vorbereitet, erklärten die Beteiligten des Konzerns. Vor allem stehe der Informationsgehalt für die Kunden im Vordergrund, wie Achim Stauß vom DB-Personenverkehr erläuterte. „Es ist eine Binsenweisheit, dass durch Bau- oder ähnliche Maßnahmen verloren gegangene Kunden man nicht mehr zurückgewinnt“, so Stauß. Umfangreiche logistische Instrumente sollen hier seiner Meinung nach Paroli bieten und präventiv wirken. Alle Systeme der Fahrplanung seien bereits entsprechend angepasst worden, so dass der Kunde die Möglichkeit erhalte, sich auf die veränderten Zeiten und Anschlüsse einzustellen. Einen großen Vorteil bieten laut ihm die Erfahrungen durch andere Trassensperrungen wie des Frankfurter S-Bahntunnels oder die Tatsache, Stammkunden per Mail oder Post kontaktieren zu können.
Dass es tatsächlich zu erheblichen Einschränkungen oder veränderten Linienverläufen kommen wird, ist absehbar. Fast zeitgleich will die Bahn auf diversen Korridoren beginnen, den Zustand einzelner Abschnitte zu verbessern und den Status Quo zu halten. So werden alleine in Hamburg noch in diesem Jahr die Arbeiten zur Ertüchtigung zwischen Hamburg – Berlin und Hannover – Hamburg beginnen. Sechs weitere so genannter „strategischer Projekte“ sind bis 2011 avisiert. Dazu zählen die Elektrifizierung Hamburg – Lübeck, die Verstärkung der Hochbrücke Rendsburg / Hochdonn, das Estw (elektronisches Stellwerk) Lindaunis, die Flughafen-S-Bahn nach Fuhlsbüttel, die Inbetriebnahme der S-Bahn nach Stade und der Neubau der als „Pfeilerbahn“ bekannten Strecke zuzüglich dreier weiterer Brücken.
Vor allem aber birgt die Schnellfahrstrecke zwischen der Hanse- sowie Hauptstadt reichlich Zündstoff für Kritiker. War genau jener Ast des Ausbaus erst Ende 2004 abgeschlossen worden, müssen nunmehr die Schwellen getauscht und der Oberbau fixiert werden. „Moorlinsen“ – besondere Absackungen des Bodens - hatten schon in der Vergangenheit sowohl Langsamfahrstellen als auch Regelverspätungen zur Folge. Ein Umstand, den man seitens des Fernverkehrs nie dementierte, jedoch zugab, dass die 90-Minuten-Verbindung sich andernfalls schlecht verkaufe, wenn man die daraus resultierenden Zeitverluste mit berücksichtige.
Die Moorlinsen scheinen aufs Erste beseitigt, wie zuletzt der Konzernbevollmächtigte Berlin-Brandenburg, Ingulf Leuschel, bestätigte. Jetzt bereiten dem Unternehmen Altlasten, die man während des Ausbaus zur Schnellfahrstrecke nicht entfernte Kopfzerbrechen. Die Liegedauer einiger Betonschwellen halte ihr Versprechen nicht, sagt Ute Plambeck und meint damit eigentlich in Fachkreisen als „Bröselschwellen“ bezeichnete Gleisfixierungen.
Zwar werden im Zuge des Projektes alle betroffenen Stücke saniert, ob dadurch jedoch eine spürbare Besserung eintreten wird, bleibt weiter offen. Das scheint auch DB-Netz-Vertreter Schmacke so zu sehen, musste er einräumen, dass eine endgültige Sicherheit nicht gewährt werden könne. Dennoch sagt er, dass man „nachhaltig planen kann. Dass einem aber nach fünf Jahren wieder etwas auf die Füße fällt, kann passieren – so ist das, wenn man in die Erde geht und baut“.
Dauerhafte Einschränkungen möchte man jedoch seiner Ansicht nach vermeiden, so dass er zwar nicht beurteilen könne, inwieweit beispielsweise die Niederlassung Brandenburg von Schäden betroffen sei, es aber mit Sicherheit Gespräche zwischen beiden gebe, Schmacke ausführend.
Sicher hingegen ist, dass die DB ihre Infrastruktur weitestgehend in Ordnung bringen will, um vor allem den wachsenden Anforderungen der nächsten Jahre gerecht zu werden. Laut Auskunft des Unternehmens boomte die Schiene alleine 2006 wie nie zuvor. Deutsche Bahn und Experten erwarten einen weiteren überproportionalen Anstieg der Leistungen bis 2015, so dass reagiert werden müsse. Bis 2015 werde der Personenverkehr um 17% und im Bereich des Gütertransports um sogar 41% jeweilig erbrachter Kilometer pro Fahrgast oder Tonne steigen. Dies erfordere bei gleich bleibend knapper Mittelvergabe seitens des Bundes eine „Priorisierung“, wie es Ute Plambeck nannte. Herausragende Projekte müssen vorrangig behandelt und eventuelle Investitionen genau geprüft werden, so die Konzernbevollmächtigte. Gleiches gelte im Übrigen auch für den Bahnhof Altona, der als Knoten angesehen und aufgrund bevorstehedner Maßnahmen unter die Lupe genommen werde. „Man muss sich entscheiden, ob man in den Status Quo – einen Kopfbahnhof - investieren möchte“, sagte Plambeck und bekräftigte abermals das Interesse der Deutschen Bahn, den Bahnhof langfristig aufzugeben. Für den Betriebsablauf sei es wirtschaftlicher und schneller, einen Halt an anderer Stelle neu aufzubauen, als das Bestehende zu sanieren. Dieser könne nach ihrer Meinung zum Beispiel im Bereich Diebsteich liegen. Ein Zeitfenster konnte sie allerdings nicht nennen, weil es konkrete Entscheidungen, vor allem auch seitens der Politik, noch nicht gebe.
Ebenso scheint es im Falle der Elektrifizierung zwischen Hamburg und Lübeck. Zwar stehen hier heute bereits 750 Masten, so dass mit einer Realisierung innerhalb des gesetzten Zeitplanes zu rechnen ist, vorerst gekippt ist jedoch eine im Zusammenhang geplante S4 in Richtung Rahlstedt.
„Eine Finanzierung zeichnet sich nicht ab“, sagte Ute Plambeck, obwohl eine Trassenfreihaltung für ein drittes Gleis ergeht, dass später einmal einen Betrieb in eines der am dichtesten besiedelten Gebiete der Hansestadt ermöglichen soll. Auch die Frage, ob nun Gleich- oder Zweisystemstrom-S-Bahn, sei nicht geklärt und werde erst zu gegebenem Anlass aufgenommen.
Als vorrangige Ziele auf bundesweiter Ebene benannten die Vertreter der Bahn in zeitlicher Reihenfolge die Neubaustrecke (nachfolgend NBS) Rhein/Main – Rhein Neckar, die Ausbaustrecke (nachfolgend ABS) ABS/NBS Karlsruhe – Basel, ABS Emmerich – Oberhausen, ABS Oldenburg – Wilhelmsahven, NBS Erfurt – Leipzig/Halle, ABS/NBS Nürnberg-Erfurt, NBS Wendingen – Ulm, NBS Hamburg/Bremen – Hannover und NBS Hanau – Fulda/Würzburg – Erfurt, wobei fast allen Maßnahmen noch eine ausstehende Finanzierungsvereinbarung vorausgehe.
Regional scheint vieles greifbar näher. Zwischen dem 8. Mai und 22. Juli findet die 28 km lange Gleiserneuerung zwischen Celle und Lüneburg sowie der Austausch von 30 Weichen statt, während von April bis Oktober an versetzten Terminen die Weichen am Hamburger Hauptbahnhof getauscht werden und der Bahnsteigtunnel in Reinbek erneuert sowie der Brückeneinbau in Grabow erfolgen wird.
Aufgrund dieser Arbeiten werden die ICEs zwischen Hamburg und Berlin jeweils 3 Minuten früher abfahren und 3 Minuten später ankommen. Für den Regionalverkehr rechnet man seitens der Bahn auf der Linie RE 4 zwischen Berlin und Schwerin mit Verspätungen, alsgleich der „Prignitz-Express“ RE 6 zwischen Hennigsdorf und Berlin ausfallen wird.
Für den Verkehr zwischen Hannover – Hamburg werden die meisten Züge entsprechend umgeleitet und durch Busse ersetzt werden, so die Deutsche Bahn. Dies beispielsweise auf der Trasse Rotenburg-Verden-Nienburg. ICEs auf der Relation München sollen lediglich einmal pro Stunde und Richtung fahren, während die Hochgeschwindigkeitszüge zwischen Kiel und Hamburg gänzlich entfallen sowie auf der Strecke Zürich-Frankfurt-Hamburg über Rotenburg/Verden umgeleitet werden, so dass Fahrgäste die Hansestadt 20 Minuten später erreichen.
In Schleswig-Holstein wird in den kommenden Monaten wie folgt gebaut.
• Vom 17.03, bis 02.04.: Gleiserneuerung mit Schienenersatzverkehr (SEV) zwischen Kiel und Osterrhönfeld
• Vom 14.04. bis 16.04.: Weichenumbau mit durchgehendem SEV zwischen Ratzeburg und Mölln
• Vom 14.04. bis 14.05.: Gleisumbau mit durchgehendem SEV zwischen Süderbrarup und Sörup
• Vom 13.04. bis 30.04.: Gleiserneuerung mit durchgehendem eingleisigem Betrieb zwischen Glückstadt und Itzehoe (einander wechselnde Richtung)
Wegen der zahlreich notwendigen Umleitungen überlegt die Deutsche Bahn derzeit in alle Richtungen. Auch Umfahrungsmöglichkeiten auf Strecken von Drittanbietern könne sich das Unternehmen vorstellen, halte es aber für eher unwahrscheinlich.
Bild: Die Bahn baut - neue Fahrpläne sind die Folge. © Deutsche Bahn AG[/b]
Artikel geschrieben von
Christian Linow
2 mal bearbeitet. Zuletzt am 10.03.2007 13:59 von BahnInfo-Redaktion.