rocco83 schrieb:
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> LevHAM schrieb:
> --------------------------------------------------
>
> Ja, das ist sicherlich richtig! Und wenn ich
> ehrlich bin, sollte es auch ein bisschen provokant
> und unqualifiziert rüberkommen!!
Gelungen :-)
Immerhin kommt anschließend mal Butter bei die Fische, das hat doch was.
>
> Ich verstehe es einfach nicht, wie es reihenweise
> Stadtbahn-Freaks unter euch geben kann, weil doch
> einfach jeder von euch auch um die finanzielle
> Situation unserer Stadt wissen sollte!?
Und ob uns die bewußt ist! Offenbar mehr, als den Mahnern. Um es mal in aller Kürze zusammenzufassen: MIT der Stadtbahn kann die Hochbahn ihre Quote von 88% halten - OHNE geht das nicht, dann wird in den folgenden Jahren der Zuschuß konstant ansteigen. Dies war die Aussage der Hochbahn-Mitarbeiters auf dem SteuerzahlerForum.
Ist ja logisch: Diesel ist teurer als Strom, jeder Bus verbraucht mehr Diesel als umgerechnet die Stadtbahn, bei halber Kapazität, und Fahrer arbeiten nicht für heiße Luft. Dazu kommen geringere Fahrgeldeinnahmen, weil die Umsteiger fehlen - ein Bus wird statistisch von 5% als Alternative zum Auto genutzt, die Stadtbahn von 50%. Dieser Unterschied macht sich in den Fahrgeldeinnahmen deutlich bemerkbar.
Dazu kommen solche Kleinigkeiten wie geringere Straßenunterhaltskosten, wenn der Bus-Verkehr wegfällt, die Einbußen durch den blockierten Wirtschaftsverkehr und was da noch an Faktoren mehr ist.
Fazit: Die finanzielle Lage der Stadt VERLANGT einfach nach dieser Investition.
>
> Ich möchte echt gerne mal verstehen, was hinter
> eurem Fanatismus für die Stadtbahn steckt!?
Zahlen. Fakten. Erfahrungen. Ist zumindest die Grundlage für meinen "Fanatismus". Dazu kommt Sorge um die Zukunft, und zwei Kinder, denen ich ein lebenswertes Umfeld hinterlassen möchte.
> Warum macht man Internet-Seiten mit "Stadtbahn
> jetzt", "Stadtbahn aktuell" und "Stadtbahn live
> -Ticker" erstellt??
>
> Steckt dahinter die Neugierde nach was Neuem??
> Oder gehören die Befürworter nur zu den Leuten,
> die in ihrer Freizeit nichts besseres zu tun
> haben, als bei den Bauarbeitern jede
> Schaufelbewegung zu verfolgen!??
Nein. Dazu gehören Leute, die über die Zukunft nachdenken, die sich Gedanken über den Verkehr in der Stadt - und seine Auswirkungen machen. Die der Meinung sind, damit etwas positives für die Stadt und ihre Bürger zu tun.
Und die nicht verstehen, wie man das auf rationaler Ebene so alternativlose Projekt aus irrationalen Gründen ablehnen kann - na gut, das gilt für mich, ich will da nicht für alle sprechen.
Die Bauzeit würde ich dabei gerne überspringen, ich gehe jeden morgen vom Stephansplatz zum Gänsemarkt zwischen zwei Baustellen hindurch, und auf dieses Erlebnis kann ich auch gerne verzichten.
>
> Ich habe schon einmal vor einigen Wochen einen
> großen Contra-Post im Busforum geschrieben, der
> nur mit Pro-Argumenten, wie "das Nahverkehrsnetz
> muss sich weiterentwickeln" oder "eine
> Querverbindung von Steilshoop nach Eppendorf ist
> verkehrstechnisch ungeheuer wichtig".
>
> Alle diese Argumente sind ja sicherlich richtig,
> allerdings ist es in meinen Augen leider
> immerwieder nur Schöngerede eines Projektes, ohne
> das diese Stadt, bzw. das Nahverkehrsnetz dieser
> Stadt auch weiterhin super funktionieren würde.
Genau das ist der Irrglaube: Das Netz funktioniert nicht super. Im Gegenteil, es hat große Schwächen! So muß man für jede Strecke immer durch die Innenstadt - mit dem Effekt, daß die Bahnen deutlich voller sind, als sie sein müßten, und damit auch wieder an der Kapazitätsgrenze arbeiten.
Und die Busse sind am Ende - zumindest auf den Strecken 5, 20/25 und 6. Dort muß was anderes kommen, und da wir uns keine U-Bahn leisten können, nehmen wir halt die günstigere Alternative Stadtbahn. Wie Professor Stephan beim SteuerzahlerForum erklärte, gibt es schlicht keine Alternative dazu. Zwischen Bus und U-Bahn gibt es kein bezahlbares und alltagstaugliches Verkehrsmittel außer der Stadtbahn.
>
> Denn entscheidend ist, dass Geld ausgegeben wird,
> das mit einer einfachen Optimierung des Busnetzes
> eingespart werden kann.
Kann es nicht. Die 5 ist nicht mehr optimierbar. Auch die 20/25 ist nicht mehr optimierbar. Denn in den Takt noch zusätzliche Busse reinzuquetschen, bringt keine Vorteile mehr. Wurde in Hamburg ja ausprobiert, auf der alten 102 fuhren die Busse damals "alle 2-3 Minuten". Ergebnis? Naja, im Schnitt kam das vielleicht hin, aber in der Praxis stand man oft 10 Minuten an der Haltestelle, dann kamen 3 Busse am Stück, kurz darauf der vierte, und dann wieder 12 Minuten nichts. Völlig unplanbar, und damit keine Alternative mehr. Es hatte schon seinen Grund, warum die Hochbahn wieder auf den 5-Minuten-Takt zurückging - zumal auch die Personal- und Treibstoffkosten explodieren.
Im Bereich ab Schlump fährt die 5 ja schon durch die 4 verstärkt - durch die unterschiedlichen Linienwege danach kommt der Pulk-Effekt nicht so stark zum tragen. Ist aber immer noch vorhanden, schau dir mal an, wie Dammtor die Busse ankommen.
>
> Für vielleicht 3 Minuten Fahrzeit sparen von
> Steilshoop nach Kelle, dieser Aufwand?!
>
Unsinn, selbstverständlich nicht. Die Fahrzeitverbesserung ist ein angenehmer Nebeneffekt, der natürlich die Attraktivität des Angebots durchaus erhöht. Aber viel wichtiger ist die Verläßlichkeit. Wenn ich in den Bus steige, kann ich nie sicher sein, daß mich nicht irgendein Stau aufhält. In der Bahn weiß ich, daß ich fast durchweg auf eigenem Gleiskörper fahre, und mich um Staus nicht kümmern muß. An den restlichen Stellen sorgt die Ampelschaltung dafür, daß die Bahn möglichst wenig Stau abbekommt. Diese Verläßlichkeit ist ein wesentlicher Faktor für die Attraktivität.
Natürlich kann ich auch den Bus mit eigenen Spuren ausstatten, aber viel billiger als die Bahn ist das nicht - und löst auch nicht das Kapazitäts- und Kostenproblem.
> Eine Strecke, die mit Bussen perfekt abgedeckt ist
> und noch genügend Kapazität hat.
Die 20/25 hat noch Kapazität? Schonmal mitgefahren?
>
> Bramfeld hat eine Direktanbindung an
> Wandsbek-Gartenstadt mit der 8, an Barmbek mit der
> 277.
Ja. Und? Offensichtlich ist das für viele nicht attraktiv genug, denn es gibt noch genug, die lieber mit dem Auto fahren. Biete ihnen eine Bahn, und sie lassen das Auto stehen. Kein Wunschtraum, Erfahrungswert.
> Von Steilshoop aus ist man mit der 26 und 118
> innerhalb von 7 Minuten am Rübenkamp. Dort werden
> die meisten Leute aussteigen, wozu diese Anbindung
> nach Kelle, durch die City Nord, die am Wochenende
> und nach Geschäftszeit einer Geisterstadt
> gleicht!??
Die Bahn wird nicht gebaut, um Rübenkamp mit der Kellinghusenstraße zu verbinden. Einzelne Teilbereiche zu betrachten, ist Unsinn, erst die komplette Linie bringt den vollen Vorteil. Klar ist der Bereich zwischen Rübenkamp und Kellinghusenstraße außerhalb der HVZ eher dünn besetzt. Liegt auch daran, daß es momentan maximal unkomfortabel ist, diese Strecke zu fahren: Erst sich nach Rübenkamp mit dem Bus schaukeln lassen, dann dort auf den nächsten Bus warten, und irgendwann kommt man dann an. Da ist es deutlich attraktiver, Rübenkamp in die S-Bahn zu steigen und Barmbek die U3 zu nehmen. Wenn es aber auf einmal eine bequeme durchgehende Verbindung gibt, dann werden viele, die Richtung Westen wollen, auf das Umsteigen verzichten und mit der Stadtbahn gleich bis Kellinghusenstraße weiterfahren. Spart immerhin zweimal Treppensteigen - dafür nehmen viele sogar deutlich mehr Fahrzeit in Kauf. Schon jetzt fahren viele lieber mit der U1 einmal quer durch die Innenstadt, statt die schnellere, aber Umsteigeintensive Verbindung über Wandsbek-Gartenstadt und Barmbek zu nehmen.
>
> Die Stadtbahn ist leider auch an den Verkehr
> gebunden.
Dank der eigenen Trasse nur sehr wenig.
> Wenn es jetzt um eine unterirdische
> Anbindung gehen würde, die Bramfeld bzw.
> Steilshoop innerhalb von 6 Minuten Fahrzeit z.B.
> an Barmbek anbinden würde, würde hier glaube ich
> niemand an dem Sinn und Zweck dieser Anbindung
> zweifeln, aber an dieser Stadtbahn, die auch ihre
> 20-25 Minuten von Bramfeld nach Kelle brauche wird
> tut man das leider schon!?? Ja, ich weiß
> Querverbindung!?!! Ja, aber wichtige
> Querverbindungen haben wir überall in der Stadt
> (z.B. Poppenbüttel-Niendorf-Langenhorn,
> Altona-Eimsbüttel-Eppendorf) aber alle sind mit
> MetroBussen perfekt erschlossen.
Metrobusse sind nicht perfekt. Es sind Busse. Und denen fehlt einfach der Schienenbonus. Hört sich blöd an, stimmt aber.
Und die Querverbindung, die die Stadtbahn erschließt, ist von Bussen so gut erschlossen, daß diese es nicht mehr schaffen. Die 20/25 ist so voll, daß Fahrgäste in Einzelfällen nicht mehr mitkommen.
> Statt das Geld in eine Stadtbahn zu investieren,
> die kein Mensch braucht, außer die paar Spezis
> hier, die geil sind auf irgendwelche Veränderungen
> im Nahverkehrsnetz, sollte man lieber an der
> Optimierung des Busverkehrs arbeiten und
> erforderliche Anbindungen schaffen, wie z. B. die
> Erschließung der Alsterhalbrings (Harvestehude -
> Eibek - Wandsbek) oder andere Projekte, die
> wesentlich einfacher und kostengünstiger
> umzusetzen sind.
Nein, sie sind nicht kostengünstiger, außer im Milchmädchenverfahren, wenn ich alle Folge- und Nebenkosten einfach ausblende.
Nochmal: Die Bahn ist volkswirtschaftlich alternativlos, da sie auf Jahrzehnte hinaus Betriebskosten einsparen wird. Dagegen sind die Investitionen jetzt winzig. Man muß auch immer an die Zeiträume denken, für die hier gebaut wird. Die Stadtbahn, die wir jetzt bauen, wird auch in 60 Jahren noch da sein, und immer noch Kosten sparen, obwohl sie ihre Baukosten längst wieder eingespielt hat.
Um mal einen Vergleich zu machen: Wenn das Dach leckt, dann kann ich entweder Geld für Dachdecker ausgeben, und das Dach wieder dichtmachen lassen, oder aber ich lege ein paar Matten aufs Dach. Das kostet viel weniger, aber es verhindert nicht, daß die Feuchtigkeit ins Haus einzieht, und wenn dann erstmal der Hausschimmel da ist, steigen meine Kosten in astronomische Höhen. Hätte ich vermeiden können, wenn ich zu Anfang einen Bruchteil davon für den Dachdecker ausgegeben hätte.
> Aber komischerweise ist hier für eine
> Leistungsoffensive kein Geld da, wie es das
> Beispiel Linie 271 zeigt.
Wir haben nicht beliebig viel Geld, und lieber das Geld in ein langfristiges Projekt investieren, als mal eben schnell ein Pflaster auf die Wunde kleben.