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Erwartungen an den neuen Verkehrsentwicklungsplan
geschrieben von Asimov 
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Glinder

Ob man eines Tages "froh" ist wenn es in einigen Ghettos keine U-Bahnanschlüsse gibt? Diese Zukunftsperspektive fand ich bedrückend realistisch.

Mopo

Dort lese ich auch zum ersten Mal als Vision für Hamburg über automatische Elektroautos. Großes Thema bei der Autoindustrie seit Monaten. Diese Autos sollen sowas wie eine Kabinenbahn werden nur ohne Schienen. Das Auto ist noch lange nicht tot.

Uli

Wie es so schön heißt: Man sei vorsichtig mit Prognosen - erst recht, wenn sie in die Zukunft gerichtet sind. Anders gesagt: Bisher lagen die meisten Voraussagen über die Zukunft speziell Deutschlands gründlich falsch. Egal, ob sie eher optimistisch oder pessimistisch waren.
Es gibt mir zu denken, dass die Menschen in dieser Hinsicht seit über 100 Jahren im Grunde kaum schlauer geworden sind. Ob man nun in das Jahr 2037 oder in das Jahr 2050 hineinplant, ist im Grunde egal: Es wird wahrscheinlich doch ganz anders kommen. Daran dürften auch die modernsten Computerprogramme nichts ändern.

Was die Kabinenbahnen angeht: Waren die Dinger nicht schon die Zukunftsvision der 50er Jahre? Hieß es nicht außerdem, dass bis 1990 die Straßenbahn praktisch aus Deutschland verschwunden sein wird? Und was ist aus den Siedlungen auf dem Mond geworden, die es im Jahr 2000 hätte geben müssen? Gut, in einer Hinsicht stimmt es mit dem Mond: Trotz aller modernen Technologie leben wir auf vielen Gebieten immer noch oder stärker noch als früher hinter dem Mond. Man frage beispielsweise Heranwachsende und die zugehörigen Lehrer einmal, was sie über den Wald wissen. Ich erlebe das in meinem Beruf regelmäßig - für mich ein Indiz unter vielen weiteren, dass es mit der Informationsgesellschaft so eine Sache ist ...

Noch ein Wort zu den automatischen (Elektro-)Autos: Man baue das automatische Auto größer, damit man mehr Beinfreiheit hat und auch mit einem Kinderwagen hineinkommt. Statt Batterien mit ihren Nachteilen eine verlässliche Stromversorgung durch eine dünne Leitung, die zwischen den Häusern in etwa auf der Höhe des ersten Stocks angebracht wird. Und damit das Auto etwas ruhiger läuft, setze man es auf Metall-Schienen. Zur Geräuschdämmung und zur optischen Verbesserung lege man Rasen zwischen den Schienen an. Nun raten wir 'mal, was dabei herauskommt .... ist aber zugegebenermaßen doch sehr utopisch, ich weiß :-)
Skepsis ist immer gut. Was die sozialen Aspekte angeht sind die leider nicht Utopie. Schon mal in Chicago oder Paris Metro gefahren? Das gruselt mehr als die Geisterbahn auf dem Dom.

Aber die Autoidee hat was von Karlsruhe weil man alle Straßen nutzen kann und nicht nur die wo Gleise liegen! Ohne die "hässliche" Fahrleitung kommt man auch aus (s.u.) und außerhalb der Kabinenbahnzone kann man auf das normale Straßennetz übergehen. Die Idee ist einfach gut und viel einfacher zu finanzieren weil man die Nutzer direkt bezahlen lässt und alle was davon haben. Damit setzt am auf ein bestehendes System auf. Außen fährt man selbst und in den Zentren wird aus dem Auto ein langer Zug wie eine Straßenbahn. Personalkosten nahe Null. Der Haken bei den alten Kabinenbahnen waren immer die Anfangsinvestitionen.

Seit die Bahnindustrie selbst ihre Fahrleitung als Visual Pollution bezeichnet wird die Durchsetzbarkeit in Städten nicht leichter und vor allem teurer.

Uli
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Glinder
Wie das mit dem Abzweig nach Veddel funktionieren soll hab ich nicht verstanden. Soll die Billstedter Linie ab Berliner Tor nach Veddel abzweigen?

Uli

So war es jetzt von mir gedacht, aber natürlich nicht ganz ernst gemeint, weil leider unrealistisch. Es ist aber schon so, dass so ein Gedankenspiel - wenn man es denn umsetzen würde - . vor allem eine gewisse soziale Entlastung für den Hauptbahnhof und der S3 / S31 schaffen würde. Wer dann Richtung Innenstadt wolle. könnte immer noch am Berliner Tor umsteigen - es wäre also keine totale Ausgrenzung. Allerdings würde dann die Verwahrlosung des Hamburger Ostens weitergehen und es gibt ja auch noch ein paar normale Menschen in der Gegend.

Was die Kaufleute in der Mö betrifft, war Billstedt in den 60er Jahren nicht als Ghetto geplant worden, sondern als zentrumsnaher Stadtteil für den unteren Hamburger Mittelstand. Insofern denke ich, irrt man da ein wenig.

Das Stadtteile wegen eines hohen Assozialitätsfaktors keinen Bahnanschluß bekommen sollten, halte ich für falsch, weil es so keine Umkehrmöglichkeit gibt ( siehe Altona und Schanze ) .
Richtig fand ich aber das die frühere Sinti & Roma - Siedlung Berzeliusstraße vom ÖPNV ausgegrenzt wurde ( und die heutige Ersatzsiedlung wohl auch nur unattraktiv erreichbar ist ) . Wer da jetzt hier wiederspricht , sollte nur antworten, wenn er in unmittelbarer Nähe zu so einer Siedlung wohnt, und das " voll total supi " findet.
@AJL: es ging mir nicht um die 60er Jahre sondern um 2003/5 als die Kaufleute unbedingt die U4 nicht in der Mönckebergstraße haben wollten. Da wäre auch noch die U4 von Wilhelmsburg nach Steilshoop gefahren...

Die Frage ist aber ob Altona und Schanze nun wirklich so tolle Umkehrungen sind wenn immer mehr Juppies dahinziehen und die früheren Einwohner verdrängen. Aber solange das Problem nicht auf anderen Ebenen gelöst wird beeinflusst es auch die Verkehrsplanung.

Allein dass hier drüber diskutiert wird eine U-Bahnlinie nicht in die Stadt fahren zu lassen die aus einem Problemviertel kommt zeigt wie groß das Problem ist. Wenn Fahrgäste Angst bekommen dann nützt der Schienenbonus nichts und dann wollen viele lieber ein Auto in dem sie die Türen verriegeln können und pfeifen auf die Umwelt. Damit sind wir dann wieder bei der "Kabinenbahn".

Zurück zum VEP: Der ÖPNV wird nie den Autoverkehr verdrängen weil der Autoverkehr gerade in Hamburg viele Verbindungen schafft die es sonst nicht geben würde und das auch noch oft schneller als der ÖPNV und weil das Auto auch ein höheres Gefühl von Sicherheit bietet.

Uli
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Glinder
Die Frage ist aber ob Altona und Schanze nun wirklich so tolle Umkehrungen sind wenn immer mehr Juppies dahinziehen und die früheren Einwohner verdrängen. Aber solange das Problem nicht auf anderen Ebenen gelöst wird beeinflusst es auch die Verkehrsplanung.


Es ist ja nicht so, dass da alteingesessene Familien von Neureichen Yuppies vertrieben wurden.
Beide Stadtteile drohten zu verslumen. Die Bewohner waren überwiegend Linksautonome, Punker und sehr viele Ausländer aus dem untersten Bereich.
Dagegen hat sich Altona heute sehr gut entwickelt und auch die Schanze ist immer noch bunt.
Man sollte keine Stadtteile in bester Lage so herunterwirtschaften, wie es in den 70er und 80ern gemacht wurde.
Zitat

Es ist ja nicht so, dass da alteingesessene Familien von Neureichen Yuppies vertrieben wurden.

Genau das passiert gerade. Etwas anderes ist auch kaum verwunderlich, wenn - wie in der Schanze - die Mieten bei Neuvermietungen innerhalb weniger Jahre verdoppelt werden. Die Bestandsmieten sind davon natürlich nicht abgekoppelt.

Ansonsten bin ich eher bestürzt über einige Ansichten. Tut mir leid.

Zitat

Allein dass hier drüber diskutiert wird eine U-Bahnlinie nicht in die Stadt fahren zu lassen die aus einem Problemviertel kommt zeigt wie groß das Problem ist. Wenn Fahrgäste Angst bekommen dann nützt der Schienenbonus nichts und dann wollen viele lieber ein Auto in dem sie die Türen verriegeln können und pfeifen auf die Umwelt. Damit sind wir dann wieder bei der "Kabinenbahn".

Diese Herangehensweise ist ja auch einfach nur irre. Was einige hier ganz toll finden, ist letztlich de facto ein Wegsperren der Einwohner ganzer Gegenden, die einem nicht in den Krams passen. Ohne Auto ist ÖV nunmal nötig und ein Auto haben in den fraglichen Ecken die wenigsten. Ergo werden sie ihrer Mobilität massiv eingeschränkt. Dass man damit das Problem mit den Menschen selbst nicht löst und diese Leute auch nicht plötzlich von Hamburg Richtung Mond entschwinden, bloß weil man sie nicht mehr in der U-Bahn oder gar der heiligen Innenstadt sieht, das scheint nicht so klar zu sein.
@Herbert: Fakt ist dass viele Fahrgäste wie meine Kollegin Angst haben und deshalb den ÖPNV außerhalb der HVZ meiden und sich wieder ins Auto setzen. Fakt ist auch dass viele kein Verständnis dafür haben dass in den Bahnen nicht mehr Wachpersonal mitfährt. Wenn diese Angst zum Faktor bei der Verkehrsmittelwahl wird dann kann man alle möglichen tollen Theorien darüber wo eine Bahn gebaut werden soll vergessen. Das ist für dieses Forum relevant auch weil einige hier immer rumtrompeten dass man den Autoverkehr maximal behindern soll. Das wird gerade in Hamburg nicht funktionieren und das werden wir bei den Busspuren noch erleben und haben es bei der Stadtbahn schon erlebt.

Ich vermute weiter dass solche Aussagen wie von CDU-Hesse Die Steilshooper wollen nicht nach Winterhude und die Winterhuder wollen nicht nach Steilshoop nicht aus der Luft gegriffen sind. Es muss Druck von einigen Wählern gegeben haben und der könnte gewesen sein dass man die Steilshooper nicht durch Winterhude fahren haben wollte. Hier wurden ganze Themenbäume vollgeschrieben über die Frage durch welche Straßen die Stadtbahn fahren soll. Über die Frage ob man die Fahrgäste von dem Stadtteil fernhalten will wurde dabei nicht geredet. Ist aber möglicherweise ein Aspekt der die Zustimmung zur Stadtbahn runtergezogen hat. Also wirken solche Überlegungen auch auf die Verkehrspolitik ein? Vielleicht ist das auch der eigentliche Grund warum die M7 und 172/173 nicht durchgebunden werden? Ich habe provokativ gefragt ob diese Überlegung eine Rolle gespielt hat 2003/4 beim Wegkicken der U4 von der Mönckebergstraße. Ich meine aber dass die Entscheidung für die U4 zum Jungfernstieg gut war weil sie letztlich eine Weiterführung nach Norden erzwingt (aber wohl nicht nach Steilshoop) und in sofern die Motive zweitrangig sind. Aber es fällt schon auf dass man gerade die beiden U-Bahnlinien nach Osdorfer Born und Steilshoop mehrfach zugunsten von Projekten zurückgestellt hat die verkehrlich nicht immer überzeugten (Flughafen, Hafen City). Zufall?

Es muss allerdings ein Alarmsignal sein wenn bestimmte Linien gemieden werden wegen eines bestimmten Publikums oder gar dass diese Linien nicht gebaut werden. Da hat die Sozialpolitik versagt und die Spaltung der Stadt in vollen Gang. Den Leuten in den sozial schwierigeren Vierteln ist ganz sicher nicht damit geholfen nur dadurch dass man eine Bahnlinie dorthin baut. Da sind wir bei OT-Fragen und auch dabei dass für den Bahnbau auch im Sozialbereich noch mehr gekürzt werden müsste wo sowieso schon fast alles weg ist.

Ist ja nachvollziehbar dass du "bestürzt" bist und grundsätzlich sollte diese Trennung nicht sein. Das sehen wahrscheinlich auch viele Fahrgäste so und haben trotzdem Angst. Mich würde interessieren welche Antwort du für Fahrgäste hast die sagen mit "solchen Leuten" wollen sie nicht in einem Wagen sitzen weil die ihnen Angst machen wenn keine U-Bahnwache mitfährt.

Uli



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 27.09.2011 18:11 von Glinder.
Ich weiß genauso, dass diese Ressentiments bestehen und dass sie sicherlich auch nicht völlig unbegründet sind. Es kann aber nicht sein, dass man als Lösung die heutige Struktur festzementiert. Diese Leute gehören nun einmal zur Gesellschaft, ob man will oder nicht. Bloßes Unwohlsein kann kein Grund sein, sie gewollt von ÖPNV-Infrastruktur auszuschließen.

Zitat

Aber es fällt schon auf dass man gerade die beiden U-Bahnlinien nach Osdorfer Born und Steilshoop mehrfach zugunsten von Projekten zurückgestellt hat die verkehrlich nicht immer überzeugten (Flughafen, Hafen City). Zufall?

Es könnte auch daran liegen, dass diese Projekte einfach viel größer sind als die paar Brocken, die der Schnellbahnbau ab 1985 noch geschafft hat. (Ausnahme Niendorf Nord.) Zwei Stationen nach Mümmelcity (sic!!), eine Station zum Flughafen, zwei Stationen zum Hafen. Selbst Steilshoop wäre doppelt soviel. In Hamburg gibt es aber bekanntlich keine Planung in Sachen Schnellbahnbau. Keine fertigen Projekte in der Schublade, keine Prioritätenliste, keine belastbaren Bedarfsanalysen, kein gar nichts. Eine Legislaturperiode geht aber nur über vier Jahre. Und es fällt auf, dass jedenfalls die 10 letzten Jahre kaum über einen viel weiteren Zeitraum geplant wurde. (In den 1990ern war der Schnellbahnbau de facto komplett eingestellt!) Steilshoop und erst recht Osdorf sind vielleicht einfach zu groß für diese kurzen Zeiträume.

Die "Wahrheit" wird man kaum herausfinden können.

Zitat

Vielleicht ist das auch der eigentliche Grund warum die M7 und 172/173 nicht durchgebunden werden?

Mag sein, der verkehrliche Wert wäre aber ohnehin nicht besonders hoch - solange die "neue" M7 nicht von Mundsburg bis Hauptbahnhof weiterfahren würde. 172/173 haben ja heute schon Nordäste, die von ihrer Auslastung deutlich besser zum Südabschnitt passen als der M7.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 27.09.2011 18:23 von Herbert.
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Glinder
Mir sagte gerade eine Kollegin aus Eimsbüttel dass sie glaubt in der U2 wären nach dem Umbau mehr Typen die da nicht "hingehörten". Sie hat gerade ihr HVV-Abo deswegen gekündigt weil sie Angst hat mit der U-Bahn zu fahren wenn solche Leute im Zug sitzen. Die U-Bahnschläger aus Berlin haben ihren Teil dazu beigetragen dass man im ÖPNV mehr Angst hat und das könnte die Benutzung von ÖPNV schnell wieder unattraktiv machen.

Die Beunruhigung besagte Kollegin in aller Eheren, aber das ist völliger Mumpitz. Ich benutze die U2 täglich und was ich feststelle ist, dass zwischen Berliner Tor und Jungfernstieg ein beinahe 100%iger Austausch der Fahrgäste stattfindet. Klar, egal ob aus Eimsbüttel oder Billstedt kommend - die Leute wollen in die Innenstadt oder am Hbf irgendwohin umsteigen.

In Eimsbüttel bekommt man von den "neuen" Fahrgästen seit Linientausch quasi nichts mit. Und selbst wenn. Billstedt ist nicht die Bronx, die meisten Fahrgäste auf dem Ostteil der U2 sind ganz harmlos. Klar riecht es da manchmal nach allen Kräutern des Orients und klar sieht man da manchmal Mittags schon die ersten trotz Alkoholverbot das mit Sicherheit nicht erste Weizen zischen, aber die stören einen ja nicht weiter.

Wo passieren denn die Zwischenfälle? Wurde nicht vor einem knappen Jahr jemand am Jungfernstieg niedergestochen? Nicht gerade für seinen verruchten Ruf bekannt. Und es kommt durchaus auch an der Osterstraße vor, dass Freitag abends betrunkene Halbstarke rumpöbeln und alles und jeden als Schwuchtel bezeichnen. Besonders beruhigend ist das auch nicht.
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Herbert
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Es ist ja nicht so, dass da alteingesessene Familien von Neureichen Yuppies vertrieben wurden.

Genau das passiert gerade. Etwas anderes ist auch kaum verwunderlich, wenn - wie in der Schanze - die Mieten bei Neuvermietungen innerhalb weniger Jahre verdoppelt werden. Die Bestandsmieten sind davon natürlich nicht abgekoppelt.

Das dürfte wohl bis Mitte der 70er Jahre gewesen sein, dass in der Schanze alteingesessene deutsche Familien gelebt haben. Die, die dann kamen, lasse ich dann sehr gern durch Yuppies ersetzen.
Ich hätte zwar die Schanze - auch geschäftlich und gastronomisch - gern ein bißchen durchmischter. Aber nicht zu dem Preis, dass die Rote Flora wieder in allen Häusern gegenwärtig ist.
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Glinder

Aber die Autoidee hat was von Karlsruhe weil man alle Straßen nutzen kann und nicht nur die wo Gleise liegen! Ohne die "hässliche" Fahrleitung kommt man auch aus (s.u.) und außerhalb der Kabinenbahnzone kann man auf das normale Straßennetz übergehen. Die Idee ist einfach gut und viel einfacher zu finanzieren weil man die Nutzer direkt bezahlen lässt und alle was davon haben. Damit setzt am auf ein bestehendes System auf. Außen fährt man selbst und in den Zentren wird aus dem Auto ein langer Zug wie eine Straßenbahn. Personalkosten nahe Null. Der Haken bei den alten Kabinenbahnen waren immer die Anfangsinvestitionen.

Seit die Bahnindustrie selbst ihre Fahrleitung als Visual Pollution bezeichnet wird die Durchsetzbarkeit in Städten nicht leichter und vor allem teurer.

Uli

Ob das automatische Auto jemals kommen wird, sei dahingestellt. In jedem Falle erforderlich wäre ein grundsätzliches Umdenken der Autofahrer/innen, was die Nutzung ihrer Fahrzeuge betrifft. Denn ein automatisches Auto würde dem Autofahrer einen der wesentlichen Anreize nehmen, weshalb er so ein Fahrzeug benutzt - nämlich das Gefühl, die Maschine selbst zu beherrschen. Nun kann es gut sein, dass künftige Generationen darüber anders denken werden (müssen). Derzeit lösen aber selbst geringfügige Eingriffe in den Status quo des Autofahrens Proteststürme aus, daher glaube ich eher nicht, dass sich in nächster Zeit allzu viel ändern wird.

Automatisierte Betriebe und elektrische Antriebe lassen sich nach meiner Auffassung am besten bei schienengebundenen Systemen umsetzen. Selbst wenn die technische Entwicklung noch so unaufhaltsam voranschreiten sollte: Das automatische Elektroauto wird immer eine kompliziertere bzw. umfangreichere Technik und Infrastruktur benötigen als ein Verkehrssystem auf Schienen. Man darf natürlich auch nicht übersehen, dass die Schienenverkehrssysteme ebenfalls eine permanente Weiterentwicklung erfahren. Es ist jedenfalls kein Zufall, dass sich die Autoindustrie nicht wirklich gerne auf die elektrischen Antriebe einlässt. Wäre es der große "Bringer", gäbe es die E-Autos schon längst massenhaft. Sowohl die Autoindustrie als auch die Stromversorger fahren so hohe Gewinne ein, dass es spielend möglich sein müsste, die Autoflotten dieser Erde binnen kürzester Zeit zu "elektrifizieren". Stattdessen geht das E-Auto immerzu einher mit unüberhörbaren Rufen nach staatlichen Subventionen bzw. sonstigen Hilfestellungen - und daran kann man schon ablesen, dass der Fisch gewaltig stinkt.

Es ist durchaus interessant, einmal die Ankündigungen der Autoindustrie der letzten Jahrzehnte im Hinblick auf neue Antriebe mit den späteren tatsächlichen Ergebnissen und Entwicklungen abzugleichen. Dann merkt man schnell, dass vieles reines Wunschdenken war - und wohl auch künftig sein wird. Wer Beiträge über das E-Auto auch einmal zwischen den Zeilen liest und den Vertretern der Autoindustrie genau zuhört, dürfte schnell feststellen, wie trügerisch das ganze Thema ist ...

Im Bereich der elektrischen Bahnen werden mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit unterflurige Stromzuführungen an Bedeutung gewinnen. Die neue Straßenbahn in Reims ist ein weiterer Schritt in diese Richtung. Auf Fahrleitungen dürfte man also eines (fernen?) Tages vielleicht wirklich größtenteils verzichten können.

Interessant ist übrigens auch das Konzept sogenannter Railcabs. Das ist ein schienengebundenes System, wo sich die Fahrzeuge automatisch zu Zügen vereinigen und bei den Abzweigungen wieder trennen. Im Zweifel wesentlich einfacher und preiswerter umzusetzen als automatische Autos.

Last not least: Wenn alle Menschen auf der Erde so leben wollen wie wir in Europa, wird es eng mit bezahlbaren Rohstoffen (selbst wenn man das Recycling noch so sehr verbessert). Schon allein deshalb liegt es nahe, stärker auf Systeme des ÖPNV als des MIV zu setzen.

Und nicht vergessen: Ab heutigem Datum ist die weltweite Nachfrage nach Ressourcen höher als das bis zum Ende des Jahres auf der Erde vorhandene Angebot (ökologischer Fußabdruck). Eine Massenmotorisierung im bekannten Sinne können wir uns im Grunde also eigentlich gar nicht mehr leisten - egal, ob mit Benzin- oder E-Autos.
Jetzt geht das ziemlich durcheinander. Ich schreib nur zu Bovist 66 sonst geht das zu weit vom Thema ab.

Für das E-Auto spricht das Karlsruhe Prinzip verschiedene Verkehrsarten zu verbinden. Außerhalb der Innenstadt gibt es dann wieder Fahrspaß auf der Autobahn vielleicht nicht mehr. Eine der Ideen ist die Akkus der Autos als Zwischenspeicher für solar gewonnen Strom zu nutzen. Da ist viel in Bewegung und bisher war das Besser noch immer der Feind von Gut.

Schienengebundene Systeme haben immer den Nachteil sehr hoher Baukosten und sie sind begrenzt. Wo die Schienen aufhören muss man umsteigen. Das ist auf starken Fahrgastströmen auch sinnvoll und wenn wie Niendorf Nord die Schiene bis an den Stadtrand fährt sind die letzten drei Stationen zwar kaum noch straßenbahnwürdig aber die minimalen Betriebskosten dass die U2 noch bis da raus fährt wiegen den Nachteil auf. Aber auf kleineren Strömen wird das schnell zu teuer. Geht gerade in Erlangen ab und die Kosten der Stadtbahn waren auch in Hamburg ihr Tod. Mit zwei Milliarden Euro wäre die Stadtbahn nach dem Hochbahnbau und der City-S-Bahn und den riesigen Summen die unter Runde und Beust in den Nahverkehr geflossen sind das viertgrößte ÖPNV-Projekt des Hamburger Staates!

@Herbert: Ich verweise mal wieder auf den Haushalt. Dein Vorwurf der Untätigkeit ist angesichts der tatsächlichen Ausgaben nicht haltbar.


Das Umdenken beim Auto läuft. Die jungen Leute wollen nicht mehr unbedingt ein Auto besitzen und die Autoverleiher haben vor einigen Tagen glücklich ihre Studie dazu vorgestellt. Das Problem beim E-Auto ist noch der Akku aber da gibt es Fortschritte. Der Unterschied ist auch dass der E-Antrieb jetzt gewünscht wird und neue Ideen im Zusammenhang mit der Energiewende endlich nützlich werden. Trotzdem ist ein Vorbehalt immer gut. Aber das gilt umgekehrt auch. Auch alle Trendaussagen die auf eine Straßenbahn oder Ausbau des ÖPNV hinauslaufen sind spekulativ und wenn einige Bahnfreunde sagen die einzige Lösung ist eine Bahn weil das Auto abgewirtschaftet hat dann übersehen sie dass man einen der wichtigsten Wirtschaftszweige Deutschlands bestimmt nicht einfach sterben lässt nur weil ein paar Ressourcen zu Ende gehen. Der steigende Benzinpreis gibt auch einen Innovationsschub und auf der IAA waren Kleinwagen angesagt. Darum bin ich mir ziemlich sicher dass das so kommt weil viele Trends gerade auf dieses Kabinenbahnauto zulaufen.

Die Zersiedelung will keiner aber sag das mal einer Familie mit zwei Kindern... Wo finde ich in Hamburg eine bezahlbare Wohnung wo man mir nicht sagt dass meine Kinder keinen Lärm machen dürfen? Glinde ist nur billig weil man ein Auto braucht. Grünes Leben wird einem nicht leicht gemacht in Hamburg.

Uli
Zitat

Ob das automatische Auto jemals kommen wird, sei dahingestellt.

Das automatische Auto ist schon da und fährt ohne Eingriff u.a. tagsüber durch den Berliner Innenstadtverkehr.

[autonomos.inf.fu-berlin.de]
Interessant welche Thesen hier so durch den Thread geistern ...

Da würde ich auch gerne noch ein paar hinzufügen ;-).

E-Auto:

Alter Wein in neuen Schläuchen. Das Problem des MIV ist im städtischen Bereich m.E. nicht primär die Antriebsart sondern der enorme Platzverbrauch. Wir haben halt zur HVZ nur knapp über 1 Person im Auto. Wenn da 70 Leute aus einem 18m langen Gelenkbus aufs Auto (wie auch immer angetrieben) umsteigen, haben wir eben 60 Autos à 5m = 300m statt 18m blockierte Straßenlänge. Der Vorteil des ÖPNV ist seine Bündelungswirkung und die daraus resultierende unschlagbare Energieeffizienz. Sinnvolle Förderung der E-Mobilität liegt daher im Bereich des ÖPNV. Die Autoindustrie wäscht ihre CO2-Bilanz mit E-Autos rein, da mit den gelobten E-Autos die Durchschnittsemission der Flotten ohne Aufwand reduziert werden kann, ohne dass sich faktisch irgendwas ändert. Nach EU-Vorgaben werden E-Autos mit 0 g/km CO2-Emission und darüber hinaus pro E-Auto mehrfach in die Flottenberechnung eingepreist. So wird Luft geschaffen für Premium-Autos mit Monsterverbrauch. Diese perfide Methode lässt sich die Industrie noch vom Steuerzahler subventionieren.

Soziale Problemstadtteile:

Zweifellos ist Hamburg eine Stadt mit großen sozialen Gegensätzen (reichste Stadt Deutschlands mit gleichzeitig ercklecklichem Anteil an Transferleistungsempfängern), dennoch lehne ich die These ab, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen "mulmigen Gefühlen" und sozial schlechter gestellten Mitfahrgästen besteht. Es ist doch nicht wahr, dass man im Hamburger Osten Gefahr läuft, bei einer alltäglichen U-Bahnfahrt - auch am Abend - ernsthaft gefährdet zu werden. Meine Güte ...

Jetzt soll das Problem gelöst werden, indem man die Stadtteile ÖPNV-technisch unattraktiv anbindet, damit die Bewohner zu Hause bleiben. Tolle Lösung. Die armen Bremer, die ab März 2012 (Verlängerung der Straßenbahnlinie 1) mit einfallenden Horden aus Osterholz-Tenever in der Innenstadt rechnen müssen! Nochmals, meine Güte ...

Hamburger Autofixierung:

Hier wieder die Feststellung: Auch im Verkehr besteht - sicherlich in engeren Grenzen - ein Zusammenhang zwischen Angebot und Nachfrage. Wenn jetzt in Hamburg mehr Personen den MIV nutzen als bspw. in München, ist dies eben auch eine Frage des entsprechenden Alternativangebots (ÖPNV, Radverkehrsinfrastruktur). Diese Aufteilung ist nicht gottgegeben und allein von den "speziellen Hamburger Verhältnissen" abhängig. Nachhaltige Änderungen der Verkehrsmittelwahl sind möglich, wenn man konsequente Politik in diese Richtung betreibt. Und genau diese Politik betreibt HH eben nicht.
Zitat
Herbert
Ich weiß genauso, dass diese Ressentiments bestehen und dass sie sicherlich auch nicht völlig unbegründet sind... Diese Leute gehören nun einmal zur Gesellschaft, ob man will oder nicht.

Als direkte Folge gehören auch Autos zur Gesellschaft.
Zitat
Fette Beute
Zitat
Herbert
Ich weiß genauso, dass diese Ressentiments bestehen und dass sie sicherlich auch nicht völlig unbegründet sind... Diese Leute gehören nun einmal zur Gesellschaft, ob man will oder nicht.

Als direkte Folge gehören auch Autos zur Gesellschaft.

Exakt und darum ist es wenig hilfreich dass im Forum immer wieder von einigen so getan wird als ob Autos nur da sind weil böse böse Menschen damit fahren und jeder Gutmensch natürlich nur den ÖPNV nutzt.



Es wird Zeit endlich mit zwei Lebenslügen Hamburger Bahnfans aufzuräumen. Keine andere deutsche Stadt außer das mit Fördergeldern verhätschelte Berlin vielleicht hat zwischen 1955 und 1967 soviel Geld in den Schienenverkehr gesteckt wie Hamburg! Erst 1967 gab es dafür Fördermittel. Die U1 und Teile der U2 hat Hamburg allein bezahlt.

Hamburg hat seit dem letzten Voscherau-Senat riesige Summen in den Schienenverkehr investiert! Allein bis 2000 rund 1,5 Milliarden Mark. Ein Blick in den Haushalt und man weiss dass all die Vorwürfe in Hamburg würde nicht genug Geld in ÖPNV investiert nichts anderes sind als Märchen. Hamburg hat sehr viel für den Nahverkehr getan. Dass das nicht reicht steht außer Frage aber von mangeldem Willen kann wirklich keine Rede sein!




@M2204: Die Bündelungswirkung des ÖPNV ist zwar unbestritten aber bei den Kosten hakt es. Schlecht besetzte Busse kosten Steuergeld und Schienenstrecken sind teuer und in Hamburg ist das Problem nach 66 Jahren Verkehrspolitik dass viele Wege nur mit dem Auto zu bewältigen sind und in manchen Linien die Fahrgäste Angst haben. Beim E-Auto geht es weniger um entweder oder sondern darum die heutige Verkehrsflächen besser zu nutzen und teilweise auch zurückzubauen. Mit E-Steuerung kann man die Dichte erhöhen und die Autos der Zukunft sind sowieso kleiner. Manche Buslinie wird sich irgendwann erledigen und manche Schienenplanung auch. Dafür werden an anderen Stellen neue ÖPNV-Verbindungen entstehen. Ist ja klar dass auch Busse dann in dem Straßensteuerungssystem mitschwimmen müssen. Busspuren sind trotzdem sinnvoll oder es gibt mehr Platz dafür. Wenn die Busse im Automatikbetrieb mitlaufen werden sie zuverlässiger weil der IV gleichmäßig fliesst.


Soziale Gefährdung: Wie schön dass du noch um 23 Uhr bedenkenlos mit der U2 nach Billstedt fahren willst. Das interessiert aber Leute wie meine Kollegin nicht. Die hat zweimal das V-Wort ins Gesicht gespuckt bekommen und hat darauf keinen Bock mehr. Das subjektive Gefühl von Bedrohung durch bestimmte Typen ist real und wenn da nichts passiert werden die Bahnen abends bald sichtbar leerer. Es ist interessant dass jeder mit dem ich darüber spreche da ein ganz klare Meinung hat: Abends nicht mehr mit der U-Bahn fahren. Wenn man selbst genug Mumm hat noch zu fahren okay aber gerade Frauen einfach ihre Angst vor Erniedrigung oder Anmache abzusprechen? Meine Güte!

Uli
Zitat

Hamburg hat seit dem letzten Voscherau-Senat riesige Summen in den Schienenverkehr investiert! Allein bis 2000 rund 1,5 Milliarden Mark.

Was zählt denn dazu? 1988-1991 wurde noch das Netz erweitert *, 1991-2000 hat Hamburg sich womöglich an der U1 nach Norderstedt beteiligt. Und sonst? Purer Bestandserhalt fällt mir nur noch ein, also Ersatzbeschaffungen von Fahrzeugen, Renovierung von Haltestellen o.ä., Modernisierung bzw. Rationalisierung z.B. der Abfertigung - das verbinde ich mit dem Hamburger Schienenverkehr in den 1990ern.

* Das war bekanntlich die heutige U2. Die Bauarbeiten liefen m.W. zu Voscheraus Amtsantritt im Juni 1988 bereits auf Hochtouren, nicht einmal diese Ausbauten wären also voll in die 1,5 Mia. gefallen.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 28.09.2011 15:32 von Herbert.
Zitat
Glinder

Eine der Ideen ist die Akkus der Autos als Zwischenspeicher für solar gewonnen Strom zu nutzen. Da ist viel in Bewegung und bisher war das Besser noch immer der Feind von Gut.

Schienengebundene Systeme haben immer den Nachteil sehr hoher Baukosten und sie sind begrenzt. Wo die Schienen aufhören muss man umsteigen. Das ist auf starken Fahrgastströmen auch sinnvoll und wenn wie Niendorf Nord die Schiene bis an den Stadtrand fährt sind die letzten drei Stationen zwar kaum noch straßenbahnwürdig aber die minimalen Betriebskosten dass die U2 noch bis da raus fährt wiegen den Nachteil auf. Aber auf kleineren Strömen wird das schnell zu teuer. Geht gerade in Erlangen ab und die Kosten der Stadtbahn waren auch in Hamburg ihr Tod. Mit zwei Milliarden Euro wäre die Stadtbahn nach dem Hochbahnbau und der City-S-Bahn und den riesigen Summen die unter Runde und Beust in den Nahverkehr geflossen sind das viertgrößte ÖPNV-Projekt des Hamburger Staates!

@Herbert: Ich verweise mal wieder auf den Haushalt. Dein Vorwurf der Untätigkeit ist angesichts der tatsächlichen Ausgaben nicht haltbar.


Das Umdenken beim Auto läuft. Die jungen Leute wollen nicht mehr unbedingt ein Auto besitzen und die Autoverleiher haben vor einigen Tagen glücklich ihre Studie dazu vorgestellt. Das Problem beim E-Auto ist noch der Akku aber da gibt es Fortschritte. Der Unterschied ist auch dass der E-Antrieb jetzt gewünscht wird und neue Ideen im Zusammenhang mit der Energiewende endlich nützlich werden. Trotzdem ist ein Vorbehalt immer gut. Aber das gilt umgekehrt auch. Auch alle Trendaussagen die auf eine Straßenbahn oder Ausbau des ÖPNV hinauslaufen sind spekulativ und wenn einige Bahnfreunde sagen die einzige Lösung ist eine Bahn weil das Auto abgewirtschaftet hat dann übersehen sie dass man einen der wichtigsten Wirtschaftszweige Deutschlands bestimmt nicht einfach sterben lässt nur weil ein paar Ressourcen zu Ende gehen. Der steigende Benzinpreis gibt auch einen Innovationsschub und auf der IAA waren Kleinwagen angesagt. Darum bin ich mir ziemlich sicher dass das so kommt weil viele Trends gerade auf dieses Kabinenbahnauto zulaufen.

Die Zersiedelung will keiner aber sag das mal einer Familie mit zwei Kindern... Wo finde ich in Hamburg eine bezahlbare Wohnung wo man mir nicht sagt dass meine Kinder keinen Lärm machen dürfen? Glinde ist nur billig weil man ein Auto braucht. Grünes Leben wird einem nicht leicht gemacht in Hamburg.

Uli

Generell stehe ich dem Elektroantrieb bei Autos eher reserviert gegenüber. Der Kapitalaufwand scheint mir hier sehr hoch zu sein, das Ergebnis nach wie vor unverhältnismäßig schwach. Input und Output stehen einfach (noch) in keinem vertretbaren Verhältnis, so dass diese andauernden Rufe nach Subventionen für E-Autos auch nicht verwundern können.

@Glinder: Genau die Kosten, die Du als Achillesferse beim schienengebundenen Verkehr benennst, sind es auch bzw. eher sogar noch mehr bei den E-Autos! Es ist einfach von den Kosten her schwer darstellbar, Elektrizität (ggf. obendrein noch weit entfernt) zu erzeugen, zwischenzuspeichern (jedenfalls bei den Erneuerbaren), sie über weitläufige Leitungen zu schicken, in ein Netz dezentraler Ladestellen übergehen zu lassen, um sie anschließend wiederum in zahlreiche Einzelbatterien umzufüllen, die dann teuer hergestellte Autos antreiben, die wiederum nur wenige Kilometer pro Tag bewegt werden.

Die Massenmotorisierung, wie wir sie heute kennen, steht und fällt nach meiner Auffassung mit der Tatsache, dass unsere Industriegesellschaft im Kern Öl-basiert ist. Benzin/Diesel sind als Gasoline gewissermaßen das Nebenprodukt der Erdölförderung - und ohne Öl funktioniert eben keine Industrie- und Technikgesellschaft, wie wir sie heute kennen. Die Synergien Öl-Förderung - Gasoline ermöglichen das Autofahren in seiner bekannten Form bzw. machen es auch für finanzschwächere Menschen bezahlbar.

Eine auf Elektrizität beruhende Industriegesellschaft dürfte jedoch ganz anderen Gesetzmäßigkeiten folgen. Niemand kann sie heute schon kennen, aber viele Menschen scheinen zu glauben, dass alles so weiterläuft wie bisher, nur mit anderen Motoren. Elektrizität ist aber kein unsichtbares Benzin, nicht als Rohstoff vorhanden und förderbar, kein Abfallprodukt sozusagen, sondern muss mit entsprechendem Aufwand erst hergestellt werden. Dafür braucht man viel Infrastruktur, die entsprechend Geld kostet. Das erklärt auch jedenfalls zum Teil, weshalb die großen Autohersteller so zurückhaltend sind, unternehmerische Risiken einzugehen, um dem E-Auto zum Durchbruch zu verhelfen. Dass dieses Verhalten in ziemlichem Widerspruch zu der ständig proklamierten großen Zukunft des Elektroautos steht, scheint nur wenigen Menschen aufzufallen.

Und noch etwas: Jedenfalls in Deutschland ist außerdem die Herstellung von Elektrizität stark von Subventionen unterschiedlichster Art abhängig. Also wiederum eine ganz andere Voraussetzung als beim Erdöl, dessen Förderung lange Zeit ohne nennenswerte direkte staatliche Hilfen möglich war. Welche Auswirkungen wird das auf die Wirtschafts- und Kapitalkreisläufe haben? Kann eine Autogesellschaft funktionieren, die im Kern auf unmittelbaren staatlichen Subventionen beruht? Oder wird sich der Staat diese Aufwendungen in Form einer PKW-Maut zurückholen? Ich weiß es nicht.

Leider blockiert die nach wie vor verbreitete Euphorie im Hinblick auf Elektroautos eine richtiggehende Reflexion über dieses Thema.

Jedenfalls müsste man im Zusammenhang von Elektroautos mehr Fragezeichen setzen, wie ich finde. Um etwa Dein Beispiel von den Zwischenspeichern aufzugreifen: Wenn man überhaupt auf Zwischenspeicher zurückgreifen will, wäre es wenig sinnvoll, dafür vergleichsweise kleine Autobatterien zu nehmen. Wesentlich besser wären größere stationäre Speicher in Häusern oder entlang von Bahnstrecken. Und das würde sich im Zweifel vermutlich auch durchsetzen, weil es einfach kostengünstiger wäre. Die Idee mit den Autobatterien als Speicher geht gedanklich vom Benzinzeitalter mit seinem dominierenden Autoverkehr aus, scheint also für das Elektro-Zeitalter weniger geeignet zu sein.

Die Fortschritte bei den Akkus werden nach meinem Eindruck mitunter ziemlich überschätzt. Jedenfalls sind die Leistungsdaten heutiger E-Autos nicht so viel besser als noch in den 90er Jahren. Und bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass die Vorteile moderner Akkus auf der einen Seite mit Nachteilen auf der anderen Seite einhergehen.

Kabinenautos wiederum müssten aufwändig durch Sensoren oder anderweitig auf elektronische Weise in der Spur gehalten werden. Die mechanische Schiene dürfte auch hier immer von den Kosten her im Vorteil sein. @Glinder, es wird Dir nicht entgangen sein, wie lange es gedauert hat, für den fahrerlosen U-Bahnbetrieb in Nürnberg eine Genehmigung zu bekommen. Man stelle sich vor, die automatische U-Bahn würde ihre Trasse noch mit Bussen, Radfahrern etc. teilen müssen. Das Sicherheitskonzept würde hier jeden Kostenrahmen sprengen - und bei automatischen Autos wäre es sogar noch viel komplizierter. Sicher denkbar, dass es im Jahre 2037 anders sein wird. Aber ebenso gut könnte man über das Wetter des Jahres 2037 diskutieren.

Welche Gewohnheiten die Menschen der Zukunft für ihre Fortbewegung genau entwickeln werden, weiß momentan noch niemand. Zumindest bei mir in Berlin ist der Trend zum Fahrrad unübersehbar, während sich für E-Autos der "Durchschnitts-Berliner" eher weniger zu interessieren scheint. Klar, man kann die Verhältnisse in Berlin nicht verallgemeinern.

Um nicht missverstanden zu werden: Das Auto wird sicher eine wichtige Funktion behalten, und das ist auch nicht per se schlecht. Nur scheinen mir hier andere Antriebssysteme wie z.B. der Erdgasmotor aussichtsreicher zu sein als der E-Antrieb, der vielleicht "nur" im Zusammenhang von Car-Sharing wirklich sinnvoll sein wird. Soweit mir bekannt, bringt Audi ein neues Erdgas-Fahrzeug auf den Markt (nein, ich arbeite nicht bei Audi ;-) ). Gerade wenn das Beste der Feind des Guten sein soll, hätte das E-Auto aber richtig verloren, denn von seiner Praxistauglichkeit her scheint es noch nicht einmal die Note befriedigend zu erreichen ...
@Herbert: im Haushalt steht detailliert drin was gebaut wurde. Hatte nur einige Zahlen mitgeschrieben. Ist das nicht bekannt?


@Bovist 66: viele interessante Bedenken. Lohnt fast schon ein eigenes Thema. Auf jedenfall kommen wir zu ähnlichen Schlussfolgerungen:

Das Fahrrad als Verkehrsträger wird an Bedeutung gewinnen und der ÖPNV täte sehr gut daran die Verzahnung mit dem Fahrrad zu optimieren.

Das Auto wird sich nicht durch ÖPNV ersetzen lassen und damit sind auch Ansätze die den ÖPNV allein auf Kosten des Autos ausdehnen wollen zum Scheitern verurteilt in Hamburg wo manche Hauptstraße schmäler ist als eine normale Nebenstraße in Charlottenburg. Es würde die Diskussion hier sehr voranbringen wenn man dabei bedenkt:

Zitat
Bovist66

Das Auto wird sicher eine wichtige Funktion behalten, und das ist auch nicht per se schlecht.


OT @Bovist66: ich hoffe sehr dass Eure Grünen etwas vernünftiger zu Werke gehen als die hiesigen Ableger. Die Lösung für die A100 klingt mir leider sehr nach Moorburg und dann könnte schnell mit dem Kauf neuer S-Bahnzüge das Thema ÖPNV schon erledigt sein bevor man nur Steglitz sagen kann. ;-)

Uli



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 28.09.2011 23:23 von Glinder.
Zitat

@Herbert: im Haushalt steht detailliert drin was gebaut wurde. Hatte nur einige Zahlen mitgeschrieben. Ist das nicht bekannt?

Doch, aber der Haushalt besteht aus zigtausend Einzelposten und selbst der Plan für die Posten der BSU bzw. deren Äquivalente fasst über 100 Seiten, deren Struktur ich nicht ganz durchblicke. Könntest du vielleicht zur bloßen Arbeitserleichterung die genauen Fundstellen in wenigstens einem Plan angeben? Gefunden habe ich bis jetzt allerlei Ausgaben für den ÖPNV, von denen ich dachte, sie würden von den Unternehmen selbst bezahlt - "Investitionszuschüsse" U-Bahn, Wartehäuschen, Verlustausgleich AKN-Güterverkehr usw.

@Bovist66:

Das automatische Auto der FU Berlin hat bereits eine Zulassung für den ganz normalen Straßenverkehr. Derzeit ist es nur mit Fahrer zugelassen, der im Zweifelsfall eingreifen können muss. Der Wagen ist aber gerade schon diverse Male quer durch die Berliner Innenstadt gefahren, ohne dass das nötig gewesen wäre.

Zitat

Kabinenautos wiederum müssten aufwändig durch Sensoren oder anderweitig auf elektronische Weise in der Spur gehalten werden.

Man setzt aktuell auf schlichte Bilderkennung. Das Auto erkennt die Straßenlage und die Spuren optisch, genauso wie ein Mensch. Es erkennt auch genauso eventuelle Restriktionen, zum Beispiel Tempolimits. Dafür sucht eine Software einfach laufend nach Objekten, die wie ein Geschwindigkeitslimit-Schild aussehen. Andere Informationen werden anders gewonnen, Abstände zum Beispiel per Radar bzw. Lasermessung, die aktuelle grobe Position kommt per GPS usw.
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