Lopi2000 schrieb:
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> Ich finde es ebenso befremdlich, daß hier (nicht
> nur von Dir) das Recht auf Eigentum so sehr an die
> große Glocke gehängt wird. Das zeigt irgendwie,
> wie sehr unsere Gesellschaft inzwischen von
> kapitalistischem Gedankengut geprägt wird.
Fakt
> ist, daß das Grundgesetz die Gewährleistung von
> Eigentum wie die Freiheit der Kunst und vieles
> mehr im Grundrechtekatalog nebeneinander stellt.
> Wenn "die Gesellschaft" also z.B. auf die Idee
> käme, als Reaktion auf die grauen uniformen
> Funktionsbauten, wie sie zahlreich, nicht zu letzt
> von der Bahn errichtet werden, mit einem
> "Gebäudeverschönerungsgesetz" zu reagieren, kann
> dies durchaus verfassungskonform sein. Schließlich
> heißt es im Grundgesetz auch: "Eigentum
> verpflichtet. Sein Gebrauch soll dem Wohle der
> Allgemeinheit dienen."
Deine Auffassung ist echt skurril. Ich sehe im Wohl der Allgemeinheit saubere Züge und Scheiben, durch die man durchsehen kann. Ebensowenig sehe ich das Wohl der Allgemeinheit gewahrt, wenn ich die Stationsnamen lesen kann und die Fahrzeuge außer ihrer Lackierung keine anderen Farben tragen (Werbeflächen mal ausgenommen).
Und falls du es immer noch nicht begriffen hast, und ich bezweifle, daß dich jemand wird überzeugen können: Das was du als grauen uniformen Funktionsbau ansiehst, darf trotz allem nicht einfach ohne die Einwilligung des Eigentümers (ob nun privat oder öffentlich) in welcher Form auch immer verändert werden. Das von dir so geschmähte Recht auf Eigentum ist nun mal eine der Grundlagen unserer Gesellschaft.
Wenn du für Gebäudeverschönerungen bist, dann gründe dafür ein Kommitee oder eine Partei oder was auch immer und schaffe das von dir gewünschte Gebäudeverschönerungsgesetz. Aber du scheinst es vorzuziehen, dich außerhalb von Recht und Gesetz stellen zu wollen, indem du den Schutz fremden Eigentums verneinst und das Geschmiere als Kunst deklarierst.
> Da bin ich mal mit Euch allen hier einer Meinung:
> das mit der Flusssäure geht doch zu weit.
> Allerdings wird die Szene durch die stärkere
> Anti-Graffiti-Strategie auch zu derartigen
> Schritten gedrängt.
Ach Jottchen, die armen Schmierfinken. Ihre "Werke" werden nicht geachtet und mehr oder weniger schnell entfernt und deswegen sind sie jetzt gezwungen mit Flußsäure zu operieren. Mir kommen die Tränen!
Letztlich ist es eine
> konsequente Weiterentwicklung vom "klassischen"
> Graffiti über das Scratching zur Flusssäure, die
> ich hiermit keineswegs gut heißen will.
>
> > Nicht umsonst obliegt es den
> > Behörden, große Veränderunen zu genemigen,
> oder
> > z.B auf Gründen des Denkmalschutzes die
> Genemigung
> > für Umbauten/änderungen nicht zu erteilen.
>
> So etwas wäre im Sinne des o.g.
> "Gebäudeverschönerungsgesetzes" vielleicht
> denkbar: Behörden beschließen in einem
> gestalterischen Wettbewerb die Umgestaltung von
> rein funktionalen Fassaden, die Mindeststandards
> nicht entsprechen. Ein schöner Ansatz eigentlich,
> gerade für Lärmschutzwände etc.
>
> Für das "klassische" Graffiti dagegen eher
> ungeeignet, es ist ja ein Bestandteil der
> Graffitikultur, daß diese sich zumindest in den
> Grenzbereichen der Legalität bewegt und dort ihre
> Zeichen setzt.
>
>
> > Wem es
> > wirklich um Kunst geht, der wird vor einem
> > derartigen Mini-Planfeststellungsverfahren
> nicht
> > zurückschrecken. Irgendein Kompromis ist
> meistens
> > zu finden.
>
> Ich würde hier eher umgekehrt argumentieren: wem
> es wirklich um Kunst geht, der kann ein solches
> Verfahren nicht verlangen. Die beste Kunst gelingt
> eben nicht im Konsens, sondern nimmt eine
> eindeutige Profilierung vor. Gerade aus dem
> Aufzeigen von Brüchen und dem Überschreiten von
> konventionellen Grenzen bezieht doch ein
> erheblicher Teil der Kunst erst ihren Reiz. Auch
> in der Szene hat ein Sprayer, der sich auf
> Auftragsarbeiten einlässt, oftmals verloren.
>
Das ist aber nicht mein Problem! Mit seiner "Kunst" verstößt der profilierungssüchtige "Künstler" eben auch gegen Gesetze und entpuppt sich damit mit der illegalen Durchsetzung als hemmungsloser Egoist. Eine Eigenschaft, die sonst niemanden verziehen wird. Und schon gar nicht ist der Gesetzesbrecher akzeptiert. Aber schon klar, genau wie die Panzerknacker in der Unterwelt ihre Ehre und ihr Ansehen als Gauner und Verbrecher verlieren, wenn sie statt den Geldspeicher von Dagobert Duck auszuräumen mal ehrliche Arbeit tun, so ist der Sprayer kein angesehener "Künstler" mehr.
> .......
> In letzter Konsequenz würde das aber auch heißen,
> daß wer bezahlt, grundsätzlich über die Gestaltung
> entscheiden darf. Warum sollten Menschen, die
> nicht in der Lage oder gewillt sind, das Recht zur
> Gestaltung von (z.B. öffentlichen) Flächen zu
> bezahlen, in ihrer künstlerischen Freiheit
> beeinträchtigt werden?
WEIL SIE FREMDES EIGENTUM BENUTZEN! Wenn es ihnen um Kunst geht, dann sollen sie eine Leinwand benutzen oder ihre eigenen Wohnzimmerwände!
Zusätzlich ist der Unterschied auch folgender. Ich für meinen Teil möchte nicht gezwungen werden, diese Schmierereien ansehen zu müssen, die mir nahezu körperliches Unbehagen bereiten. Ich werde schließlich auch nicht gezwungen, bestimmte Fernsehsendungen, Theaterstücke oder was auch immer anzusehen, wenn ich das nicht möchte.
Wenn die Sprayer dafür bezahlen, dann muß ich es akzeptieren, daß es da ist, so wie ich auch eine Werbewand hinnehmen muß.
.....
> Wie sieht es denn aus Eurer Sicht hier mit
> "temporären Materialien" aus. Es ist sowohl im
> künstlerischen Bereich als auch im Marketing
> zunehmend der Trend zu sehen, nur kurzfristig
> haltbare Materialien einzusetzen, um den Vorwurf
> der Sachbeschädigung zu entkräften. Zur Zeit an
> vielen Stellen der Stadt zu sehen: ein Schriftzug
> des mamallapuram-Festivals, der mit "vergänglicher
> Farbe" auf die Straßen gesprüht ist. Ähnliche
> Aktionen hatten auch z.B. die Handyanbieter vybe
> und eplus bereits.
>
> Wäre z.B. ein mit derartigen Mitteln gestalteter
> Wholetrain für Euch ein Problem, obwohl dadurch
> der Straftatbestand der Sachbeschädigung
> entkräftet wäre?
Warum sollte ich so einen beschmierten Zug dann gutfinden, auch wenn die Farbe wieder vergeht.... Ich finde so einen Anblick WIDERLICH !!!
>
> Übrigens kann ich allen, die sich nicht nur auf
> mich als scheinbar einzigen Pro-Graffiti-Redner
> hier verlassen möchten, den wunderbaren Bildband
> "hamburgcitygraffiti" an Herz legen. Der kostet
> zwar knapp 30 Euro, aber ist sein Geld wert, nicht
> nur für die tollen Fotos, sondern auch für
> zahlreiche, auch kritische Hintergrundberichte und
> Interviews.
>
> Und noch ein abschließendes Wort zu meiner
> persönlichen Motivation hier diese Position zu
> vertreten: ich bin weder in der "Szene" aktiv,
> noch habe ich jemals irgendwelchen persönlichen
> Kontakt in diese Richtung gehabt. Mir fällt hier
> nur immer wieder die sehr kritischer Haltung zu
> einer Kunstform auf, die ich persönlich sehr
> schätze und für eine Bereicherung für die
> Metropolen dieser Welt halte.
Dann ist dir nicht zu helfen, sorry! Ich fühle mich durch diese "Kunstform" in eklatanter Form in meiner Lebensqualität eingeschränkt.Ich habe aufgrund unserer Diskussion gestern mit einer Freundin in Wien gechattet und sie gefragt, ob es in Wien dieses Phänomen auch gibt. Demnach dürfte es dir in Wien nicht gefallen und du solltest diese Weltmetropole meiden. Dort gibt es sehr wenig Schmierereien in den öffentlichen Verkehrsmitteln und werden, wenn vorhanden, unverzüglich entfernt.
Letztendlich ist es doch wohl so, daß die aller-allerwenigsten Schmierereien wirkliche Kunst sind. Die Tags oder wie diese seltsamen Zeichen alle heißen mögen sind genauso wie die zerkratzten Scheiben ein Ausdruck einer frustierten Generation, die mit einem enormen Mangel an Unrechtsbewußtsein durch die Welt läuft. Und leider muß ich auch dir ein zumindest eingeschränktes Gefühl für das, was nun mal absolut indiskutabel ist, absprechen. Wer fremdes Eigentum beschmiert, besprüht, bemalt oder zerkratzt oder sonst wie beschädigt oder verändert (was in meinen Augen gleichzusetzen ist), verstößt gegen bestehende Gesetze.