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Mal eine selten dämliche Frage
geschrieben von joha 
Zitat

Konventionelle Wechselstromtriebfahrzeuge erleiden unter Umständen bleibende Leistungseinbußen durch Vormagnetisierung des Transformatorkerns.

Fast. Meineserachtens geht es um die Vormagnetisierung der Transformatoren in den Unterwerken durch eine ins Wechselstromnetz rückgespeiste Gleichspannung.

Zitat

Reine Wechselstromsysteme gibt es kaum noch. Sie sind unwirtschaftlich, weil sie einen leitwertgleichen Rückleiter benötigen.

Also da wir gerade bei der Bahn sind: Das ist natürlich mangels des dritten Leiters ein Wechselstromnetz und damit auch kein ganz kleines. Daneben hast du deinen Computer vermutlich gerade an einem, denn jedes Hausnetz ist auch wieder ein Wechselstromnetz, auch wenn in deinem Sicherungskasten noch Drehstrom von außen kommt.

Zitat

Beim Gleichstrom fließt hingegen richtiger Elektronenstrom (übrigends nur mit wenigen Zentimetern pro Sekunde -es ist nicht zu fassen!) durch die Leitungen
Du verdrehst da gerade den Strom und die Driftgeschwindigkeit der Elektronen. Wäre die gleich dem Strom, müsstest du am Ende einer längeren Leitung ernsthaft darauf warten, dass das Licht angeht. Entsprechend fließt natürlich in einem Wechselstromnetz ein Strom. Nur kann es halt passieren, dass ein Elektron nie am anderen Ende ankommt - muss aber nicht.

Gruß

Jonas
der weiße bim schrieb:

> Sehr lang werden die Gemeinschaftsstrecken nicht
> gewesen sein. Durch fahrplantechnische und
> signaltechnische Maßnahmen kann man die zu dichte
> Folge unterschiedlicher Zugtypen verhindern.
> Schließlich gibt es eine Reihe von technischen
> Gegenmaßnahmen, um unerwünschte Folgen des
> Gemeinschaftbetriebes zu verhindern oder zu
> verringern. Sie sind jedoch allesamt sehr
> aufwändig und damit teuer.



Ich verweise mal auf das Werk "Vorsicht Hochspannung - 75 Jahre Berliner S-Bahn". In diesem Buch wird auf den Seiten 34 bis 37 die Möglichkeit von Gemeinschaftsbetrieben von Gleich- und Wechselstrom berichtet. In Hamburg ging ein gemeinsamer Betrieb über eine längere Zeit und längere Strecke, da man ein eigenes Bahnstromkraftwerk für den Wechselstrombetrieb hatte und die Gleise für den Wechselstrombetrieb unnötigerweise gegen das Erdreich isoliert wurden. Somit konnte man einfach die Stromschienen für den Gleichstrombetrieb montieren und problemlos auf einem Gleis mit zwei Stromsystemen fahren.

Gruß Nemo
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Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!
AC vs. DC
19.01.2008 11:14
Edison gegen Westinghouse

nichts anderes wird hier wiedergegeben.

Wechselstrom Vor- und Nachteile

Nachteile der Gleichstromfernübertragung


Um es nochmal nachträglich zu erklären: Hier geht es nur um die Art des Stromes und der Art der Zuleitung zum Fahrzeug. Die Funktion von Fahrzeugen steht nicht zur Diskusion. Das ist ein Fachgebiet für sich.

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[[["Aber! Das ist ja eine Kinderkarte!" "Da sieht man mal, was für Verspätung eure Züge haben"]]]



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 19.01.2008 18:13 von Mäuserich.
NVB
Allgemeines
19.01.2008 13:19
Ich denke, dass das Forum ein schwieriger Ort ist, um physikalische Abhandlungen vernünftig zu diskutieren. Trotzdem versuche ich noch ein paar Erläuterungen:

1. Der Hauptvorteil des Wechselstroms war seine Transformierbarkeit: Hohe Spannungen für eine möglichst verlustarme Energieübertragung und niedrigere Spannungen für die Verbraucher. "War" deshalb, weil die moderne Halbleitertechnik auch Gleichstrom "transformieren" kann und Gleichstrom weniger Nebenwirkungen in Form von störenden Oberwellen hat und Gleichstrom effektiver zu übertragen und zu verarbeiten ist.

2. Die Rückleitung des Bahnstromes über die Schienen hat das Problem, dass Eisen bzw. Stahl kein besonders guter Leiter ist. Da Strom die Eigenschaft hat, sich am geringsten Widerstand zu "orientieren", muss man das Gleisbett als Parallel-Leiter zu den Schienen betrachten, das heißt, ob es einem nun passt oder nicht, ist der Leiter der Schiene immer auch ein Stück weit die "Erde". Und solange ein Mensch unisoliert auf der Erde steht, ist er Bestandteil derselben. Ein Berühren von stromführenden Leitungen mit einem Potenzial zur Erde ist stets lebensgefährlich. Über den Grad der Gefahr entscheidet auch nicht die Stromart, sondern einzig die Spannung der berührten Leitung in Abhängigkeit vom ohmschen Widerstand des menschlichen Körpers. Insoweit hat man mit schlecht leitenden Gummisohlen bei trockenem Wetter größere Überlebenschancen als mit besser leitenden Ledersohlen auf nassem Untergrund.

3. Die Polarität des Gleichstromes spielt erst einmal grundsätzlich keine Rolle, wenn die Verbraucher entsprechend angepasst wurden. Wenn allerdings durch zwei unterschiedlich polarisierte Stromsysteme die Pole Plus und Minus verbunden werden, gibt es unweigerlich einen Kurzschluss, der so heißt weil der Strom auf kurzem Wege unter Umgehung eines relativierenden Verbrauchers und damit maximal möglicher Stromstärke zum Erzeuger zurückfließt. Merkmal: Sicherung fliegt raus und Familie Anzengruber sitzt im Dunkeln ...

4. Dass es überhaupt unterschiedliche Polaritäten in Bahnnetzen gegeben hat, lag an den alten und sehr schweren Quecksilberdampf-Gleichrichtern. Der "erzeugt" den "Plus" des Stromes an seinem Gehäuse. Anstatt dieses Gehäuse nun aufwändig gegen Erde zu isolieren, hat man einfach die Erde und damit die Schienen zum "Plus" werden lassen und der "Minus" ging in die Fahrleitung. Nachteilig war das System prinzipiell nicht. Allerdings darf man wie schon unter Punkt 2. beschrieben, durch die "Parallelgesellschaft" unter der Erde die Elektrolyse metallischer Gegenstände in derselben nicht außer Acht lassen und da hat die Fraktion mit dem "Plus" am Fahrdraht und dem "Minus" am Gleis leichte Vorteile. Und da nach den Quecksilber-Urahnen die anderen Gleichrichter fast symmetrisch aufgebaut waren, war auch die Plus-Minus-Zuordnung ohne Nachteile frei wählbar.

5. Die Kombination verschiedener Stromsysteme auf einem Gleis wäre an sich problemlos. Doch auch hier machen die schon unter Punkt 2. bereits erwähnten "Parallelgesellschaften" unter der Erde in der Praxis Schwierigkeiten, hinzu kommt, dass ein Zug durch seine elektrische "Verbundenheit" die Spannung über die Trennstellen der Systeme schleppt. Nicht zu verachten sind auch die Störquellen aus Wechselstrom: In Hamburg konnte die Elektrifizierung der Güterumgehungsbahn jahrelang nicht in Betrieb genommen werden, weil die Signale der nur abschnittsweise und ohne elektrische Verbindung parallel laufenden U-Bahn massiv gestört wurden.

Ehe wieder Gemecker kommt - "aber so viel fundierter als die vorhergehenden war dein Beitrag dann auch nicht" - möchte ich noch anfügen, dass die exakte Beschreibung aller relevanten Abhängigkeiten zu diesem Thema nicht nur meinen Zeitrahmen, sondern auch den Rahmen dieses Forums sprengen würde. Ich denke jedoch, dass mit ein wenig gutem Willen meine Gedanken im Großen und Ganzen nachzuvollziehen sind.
Zitat

Ich denke, dass das Forum ein schwieriger Ort ist

Den Eindruck habe ich auch - nur so viel: Der letzt Beitrag war dann nicht mehr unexakt sondern in den Punkten 1.-4. schlicht falsch. Aber weil wir es in einem Forum auch nicht schaffen werden die physikalischen Grundlagen zu ändern werde ich mich da einfach mal einer detaillierten Auseinandersetzung enthalten.

Gruß

Jonas
NVB
???
19.01.2008 13:47
"Der letzte Beitrag war dann nicht mehr unexakt, sondern in den Punkten 1.-4. schlicht falsch."

Ich finde, das Forum hat ein Recht auf richtige Antworten! Und wenn meine falsch sein sollen, dann warte ich gerne auf die Korrekturen. Bitte aber unter Verwendung von Kommata, ist sonst sehr mühsam zu lesen, danke!
joha schrieb:
-------------------------------------------------------
[...]
> Überdies: Je höher die spannung, desto geringer
> der Strom (bei gleichem Widerstand). In HH fließen
> wesentlich geringere DC-Ströme, als bei der
> Berliner S-Bahn.

Das ist absoluter Schwachsinn, denn
R=U/I

Bleibt R gleich und ändert man U, so ändert sich I proportional zu U und nicht antiproportional. Aber:

Je höher die Spannung, desto geringer der Strom (bei gleicher Leistung). In HH fließen wesentlich geringere DC-Ströme, als bei der Berliner S-Bahn.

Grund:
P=U*I
Bleibt P gleich und ändert man U, so ändert sich I antiproportional zu U!
Mäuserich schrieb:
-------------------------------------------------------
> Edison gegen Westinghouse
>
> Vorteile von Wechselstrom
>
> Wechselstrom Vor- und Nachteile

Zur Fernübertragung von Strom setze mal etwas dagegen:
Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung bzw. W wie Wissen - auch wenn das nicht direkt mit Bahnstrom zusammen hängt:
"Und zum anderen haben wir jetzt verfügbar die sogenannte Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungstechnik, die eben die Übertragung mit sehr geringen Verlusten und deshalb auch mit sehr geringen Kosten ermöglicht. Wir verlieren nur ungefähr 3% auf 1000 Kilometer." Die Transformierbarkeit von Wechselstrom ist Grundschulwissen. Für die komplexe Technik der Stromfernübertragung oder die Beurteilung der elektrischen Zugförderung ist das zu wenig Wissen.

Der Stromkrieg Edison gegen Westinghouse ist so alt wie die Entwicklung von Gleich- und Wechselstrom. Das ZDF hatte hiezu eine spannende und informative Dokumentation (Mission X: Der Stromkrieg) produziert; auf Info-Kanälen wie Phönix wird das Feature ab und zu wiederholt. Wirklich sehenswert.

Der Stromkrieg ist Geschichte von vor über 100 Jahren und spiegelt natürlich nicht die Weiterentwicklung und den Stand der Technik heute wider. Mich erstaunt um so mehr, wie Erkenntnisse aus der Mottenkiste der Elektrotechnik immer wieder (seit 1990, zuerst von sogenannten Experten der Reichsbahn) vorgetragen werden, um damit einen "topaktuellen Bahnstromkrieg" um die Vor- und Nachteile der Bahnstromsysteme Gleich- bzw. Wechselstrom zu führen. Es ist eine etwas komische, eigentümliche und im Kern überflüssige Auseinandersetzung, die man nur in Berlin seitdem vor allem um S-Bahn und Regionalverkehr führt.

Dabei werden heute gar keinen reinen Wechsel- bzw. Gleichstrommaschinen (mit viel mechanischen Bauteilen) mehr als Antriebe wie am Anfang der elektrischen Zugförderung verbaut, sondern Drehstrommaschinen zusammen mit Leistungselektronik verwendet. Bahnstromversorgung und Motoren sind heute kein durchgehend einheitliches System mehr. Da wird in den modernen (selbst Einsystem-) Fahrzeugen so viel umgeformt und transformiert - der Strom, genau so wie er aus der Leitung kommt, treibt moderne Züge heute nicht mehr 1:1 an. Die Frage nach dem Stromsystem stellt sich also heute nicht mehr so wie bei der Entstehung der verschiedenen Bahnstromsysteme vor rund 100 Jahren. Man verwendet aber die vorhandene stationären Anlagen (Fahrleitungen, Stromschienen, Versorgungsleitungen und –werke) weiter, ohne Geld in einen teuren und gar nicht erforderlichen Umbau der Bahnstromversorgung zu stecken.

Bevor also wieder eine neue Debatte um Vor- und Nachteile der Stromarten entsteht, sollte man sich über die Folgekosten jeglicher Umstellungen der Infrastruktur, vor allem aber den fehlenden wirtschaftlichen Sinn klar sein. Auch für die Leistungsfähigkeit der Fahrzeuge (neu alles Drehstromantriebe) sehe ich keine Unterschiede, die eine Diskussion AC / DC ernsthaft rechtfertigen. Der Übergang zwischen den Strecken verschiedener Stromversorgungen wird mittels mehrsystemfähiger Fahrzeuge billiger und damit wirtschaftlicher erreicht. Kommt so ein Übergang aus Gründen der Streckenleistungsfähigkeit / ausgelasteter Kapazität sowieso nicht in Frage, werden die vorhandenen Systeme ausgebaut.

Für die Diskussion um die Polung bei der Kleinprofil-U-Bahn hatte der weiße Bim die wirtschaftlichen und organisatrischen Probleme auf den Punkt gebracht, auch wenn hier ein Tausch der Polung sicher Vorteile hätte. Ansonsten möchte ich niemanden beim Physik-Exkurs um die "selten dämliche Frage" (eigentlich eine gute Frage) weiter stören ;-)

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Fahr lieber mit der Bundesbahn
? Literaturtipp ?
19.01.2008 15:59
Hier scheinen ja doch einige Leute mit Fachwissen unterwegs zu sein. Mein gesundes Halbwissen reicht mir in der obigen Fragestellung schon lange nicht mehr.
Das S-Bahnstrombuch wurde schon angesprochen, gibt es noch andere erhältliche und lesenswerte Literatur zu diesem Thema ?

Bäderbahn



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 19.01.2008 16:00 von Bäderbahn.
Nemo schrieb:
-------------------------------------------------------

> Es gibt nämlich auch noch
> sogenannte Erdungskurzschließer, die verhindern,
> dass sich ein Potenzial zwischen Gleis und Erde
> aufbaut. Diese Dinger werden ab einer gewissen
> Spannung geschlossen und tropfen dann weg. Wenn
> diese Dinger gerade geschlossen sind, während man
> die Stromschiene berührt schließt man den
> Stromkreis und ist tot. Also zu meinem
> Schulfreund: Glück gehabt!

Zum Thema Erdungsschließer:

Diese Firma in Berlin-Steglitz stellt sie her und über diesen Link kann man mehr erfahren. Witt Industrieelektronik

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[[["Aber! Das ist ja eine Kinderkarte!" "Da sieht man mal, was für Verspätung eure Züge haben"]]]
NVB schrieb:
-------------------------------------------------------
> Und wenn meine falsch sein sollen, dann warte ich gerne auf die Korrekturen.

Vielleicht hast du das richtig gemeint, aber nicht so ausgedrückt.

Ich versuche es mal:

Zitat

1. ... "War" deshalb, weil die moderne Halbleitertechnik auch Gleichstrom "transformieren" kann und Gleichstrom weniger Nebenwirkungen in Form von störenden Oberwellen hat und Gleichstrom effektiver zu übertragen und zu verarbeiten ist.
Die Oberwellenproblematik ist gerade bei Gleichstrombahnen nicht zu unterschätzen und ihre Begrenzung erfordert einen hohen Aufwand (12-pulsige Gleichrichter u.s.w.). Deine letzte Aussage widerspricht deiner Bemerkung von den Vorteilen der Wechselspannung.

Zitat

2. Die Rückleitung des Bahnstromes über die Schienen hat das Problem, dass Eisen bzw. Stahl kein besonders guter Leiter ist. ... Und solange ein Mensch unisoliert auf der Erde steht, ist er Bestandteil derselben. Ein Berühren von stromführenden Leitungen mit einem Potenzial zur Erde ist stets lebensgefährlich. Über den Grad der Gefahr entscheidet auch nicht die Stromart, sondern einzig die Spannung der berührten Leitung in Abhängigkeit vom ohmschen Widerstand des menschlichen Körpers. ...
Für die im Nahverkehr vorherrschenden Entfernungen ist der Leitwert der Fahrschienen auch für hohe Ströme völlig ausreichend, zumal ihre Widerstände in der Regel durch parallele Rückleitungskabel (auch als Sammelleitungen für Schutzzwecke) noch vermindert werden. Der Trend geht ohnehin zu kleineren, aber zahlreicheren Unterwerken, damit ein Ausfall leicht zu kompensieren ist.

Zitat

3. ... Wenn allerdings durch zwei unterschiedlich polarisierte Stromsysteme die Pole Plus und Minus verbunden werden, gibt es unweigerlich einen Kurzschluss ...
Nur wenn beide Pole gleichzeitig verbunden werden. Einpolig lassen sich beliebig viele Systeme miteinander verbinden, wie es uns das Erdreich täglich beweist.

Zitat

4. Dass es überhaupt unterschiedliche Polaritäten in Bahnnetzen gegeben hat, lag an den alten und sehr schweren Quecksilberdampf-Gleichrichtern. Der "erzeugt" den "Plus" des Stromes an seinem Gehäuse. Anstatt dieses Gehäuse nun aufwändig gegen Erde zu isolieren, hat man einfach die Erde und damit die Schienen zum "Plus" werden lassen und der "Minus" ging in die Fahrleitung. Nachteilig war das System prinzipiell nicht. Allerdings darf man wie schon unter Punkt 2. beschrieben, durch die "Parallelgesellschaft" unter der Erde die Elektrolyse metallischer Gegenstände in derselben nicht außer Acht lassen und da hat die Fraktion mit dem "Plus" am Fahrdraht und dem "Minus" am Gleis leichte Vorteile. Und da nach den Quecksilber-Urahnen die anderen Gleichrichter fast symmetrisch aufgebaut waren, war auch die Plus-Minus-Zuordnung ohne Nachteile frei wählbar.
Nur die letzte Aussage ist korrekt. Bei Halbleitergleichrichtern spielt die Polarität keine Rolle mehr. Bei den elektromechanischen Umformern auf Basis von Dampfturbinen-Generatorsätzen oder Motorgeneratoren aus der Anfangszeit der elektrischen Gleichstrombahn war sie ebenfalls frei wählbar. Die Polaritäten wurden lange vor der Entwicklung praxistauglicher Quecksilberdampf-Großgleichrichter festgelegt und später nicht mehr verändert.
Bei den Glasgleichrichtern der ersten Generation war die Polarität eher nebensächlich. Bei den Hg-Dampfgleichrichern im Stahlmantel war das Gehäuse kathodenseitig festgelegt, weshalb diese Geräte in den Werken des U-Bahn-Kleinprofils in Käfige gesperrt werden mussten, um unbeabsichtigte Berührungen zu vermeiden.
Bezüglich der Streustromkorrosion sind Gleichstromnetze mit geerdetem (oder erdnahen) Pluspol klar im Vorteil, weil sich der zum Materialabtrag führende Stromübertritt ins Erdreich auf eine große Fläche verteilt und nicht konzentriert in der Nähe der Rückleitungsanschlusspunkte an das Gleisnetz, also nahe der Unterwerke auftritt.

So sind zumindest meine Berufserfahrungen. Da in der Technik aber meist mehrere Meinungen nebeneinander bestehen, gibt es zu verschiedenen Fragen auch gänzlich andere Ansichten, die in der Praxis durchaus funktionieren können. Manchmal muss man die Nachteile mehrerer Varianten gegenseitig abwägen, um das kleinere Übel zu ermitteln ;-))

so long

Mario



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 20.01.2008 18:50 von der weiße bim.
Brückenmeister schrieb:
-------------------------------------------------------
>
> Er könnte nicht nur, er tut es auch. Bei der U-Bahn wurden jahrelang
> die Joch-Träger im Tunnel leitend verbunden.
> Über das "3-Erden-System" kann Mario bestimmt Auskunft geben.
>
Kann er wohl doch nicht. Die Maßnahmen waren ja sogar für Experten nicht so einfach zu durchschauen.

viele Grüße
vom Brückenmeister
drstar schrieb:
-------------------------------------------------------
> joha schrieb:
> --------------------------------------------------
> -----
> [...]
> > Überdies: Je höher die spannung, desto geringer
> > der Strom (bei gleichem Widerstand). In HH
> fließen
> > wesentlich geringere DC-Ströme, als bei der
> > Berliner S-Bahn.
>
> Das ist absoluter Schwachsinn, denn
> R=U/I
>
> Bleibt R gleich und ändert man U, so ändert sich I
> proportional zu U und nicht antiproportional.
> Aber:
>
> Je höher die Spannung, desto geringer der Strom
> (bei gleicher Leistung). In HH fließen wesentlich
> geringere DC-Ströme, als bei der Berliner
> S-Bahn.
>
> Grund:
> P=U*I
> Bleibt P gleich und ändert man U, so ändert sich I
> antiproportional zu U!



Er hat Recht(täteretä!)! Das kommt davon, wenn man mal kurz nicht bei der Sache ist. Leistung, nicht Widerstand ist das richtige Wort.

Im Übrigen: Beiträge von Usern als "Schwachsinn" zu bezeichnen, setzt diese herab. Man kann sich mit etwas guten Willen auch anders ausdrücken.

Tja, der elektrische Strom: Jeder geht mit ihm jeden Tag um, jeder glaubt zu wissen, was da genau passiert und niemand weiß genaues nicht.

Wer hat nun Recht? NVB (scheint so zu sein) oder der weiße Bim? Werde mich wohl doch mal wieder in meine alten Lehrbücher vertiefen.

By the way, Miss Sofie:

Zu meiner Lehrzeit (also vor etwa 30 Jahren) waren folgenede Einteilungen festgelegt:

bis 1000 Volt = Niederspannung
ab 1000 - 10000 = Mittelspannung
darüber Hochspannung, aber ab 380000 Volt Höchstspannung.

Nun lese ich in verschiedenen Quellen verschiedene Angaben: Hochspannung erst ab 100.000 Volt uä, weiß jemand, wie man denn nun wirklich die Spannungen unserer geliebten Bahnen nannt?

Zu dem BEitrag von Bim, der schrieb: "Für die im Nahverkehr vorherrschenden Entfernungen ist der Leitwert der Fahrschienen auch für hohe Ströme völlig ausreichend...)

Auf allen Aufnahmen von der Friedhofsbahn, sieht man neben der Fahrschiene auf den Schwellen aufliegend eine "vierte" Schiene liegen. Sie war aus Weicheisen und diente der Rückleitung, offensichtlich hatte man bei den wenigen Kilometern schon Probleme.

@Mäuserich: Danke für die Links.

"Carpe diem!"



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 20.01.2008 16:54 von joha.
Brückenmeister schrieb:
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> Kann er wohl doch nicht.

Kann er schon, die Erörterung des 3-Erden-Systems würde aber den Rahmen des von Joha aufgeworfenen Problems (es ging um die Polarität der Fahrspannung) weit übersteigen.

so long

Mario
joha schrieb:
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> Im Übrigen: Beiträge von Usern als "Schwachsinn" zu bezeichnen, setzt diese herab. Man kann sich mit etwas guten Willen auch anders ausdrücken.

Ganz meine Meinung. Jeder Mensch macht Fehler. Für viele technische Fragen gibt es mehrere Lösungen. Auch ich habe die Weisheit nicht gepachtet, vielleicht aber etwas Erfahrung. Daher achte ich die Meinung anderer, auch wenn sie mit meiner differiert.

> Tja, der elektrische Strom: Jeder geht mit ihm
> jeden Tag um, jeder glaubt zu wissen, was da genau
> passiert und niemand weiß genaues nicht.

Man kann ihn nicht sehen, für Menschen fühlbar sind nur seine Wirkungen. Daher ist Vorsicht angebracht, aber keine Angst, sondern Respekt.

> Zu meiner Lehrzeit (also vor etwa 30 Jahren) waren
> folgenede Einteilungen festgelegt:
>
> bis 1000 Volt = Niederspannung
> ab 1000 - 10000 = Mittelspannung
> darüber Hochspannung, aber ab 380000 Volt Höchstspannung.

Die Vorschriften haben sich ein wenig verändert. Auch derartige Definitionen unterliegen Veränderungen.
Inzwischen unterscheidet man nach DIN VDE, überführt in EN, nur noch Niederspannung (unter 1000 Volt) und Hochspannung (1000 V und darüber).

> Auf allen Aufnahmen von der Friedhofsbahn, sieht man neben der Fahrschiene auf den Schwellen
> aufliegend eine "vierte" Schiene liegen. Sie war aus Weicheisen und diente der Rückleitung,
> offensichtlich hatte man bei den wenigen Kilometern schon Probleme.

Ja. Das speisende Unterwerk ist in Nikolassee, die Friedhofsbahn ist eingleisig. Offensichtlich war für die sichere Abschaltung von Kurzschlüssen am Streckenende in Stahnsdorf ein niedrigerer Schleifenwiderstand erforderlich. Bei einer normalen zweigleisigen Strecke (wie sonst überall in Berlin Standard) wäre die Verstärkung nicht nötig gewesen.

so long

Mario
der weiße bim schrieb:
-------------------------------------------------------
> > Man kann ihn nicht sehen, für Menschen fühlbar
> sind nur seine Wirkungen. Daher ist Vorsicht
> angebracht, aber keine Angst, sondern Respekt.
>

Einen hab ich noch:

Hatte mal in Hum Aufsichtsdienst schieben müssen. Melden sich die "Stromschiener" an, sie wollten ein bißchen basteln. Ist ok!

10 Minuten später traue ich meinen Augen nicht: Abdeckung runter - und mit einem Radkreuz an der blanken Stromschiene dreht gerade einer eine Halterung los. Ich
sage: "Ey, das nächste Mal sachta Bescheid, bevor Ihr den Strom abschaltet!"

Grinst der eine und sagt:"Jaa, machen wa nächstes Mal!"

Später bei Kaffee und Fluppe die Auflösung: Natürlich war nix abgeschaltet. Es reicht völlig: Trockenes wetter, Arbeitshandschuhe, und Stand auf trockener Holzschwelle.

Aber man müsse vorsichtig sein, ihn selbst hätte es mal hinter Thielplatz auf die Böschung geworfen, waren die Handschuhe wohl n bißchen Schweißnass...

Eisenharte Jungs, wa? Oda einfach nur lebensverneinend?
joha schrieb:
-------------------------------------------------------
> Später bei Kaffee und Fluppe die Auflösung:
> Natürlich war nix abgeschaltet. Es reicht völlig:
> Trockenes wetter, Arbeitshandschuhe, und Stand auf
> trockener Holzschwelle.

Bei den S-Bahn-Fahrleitungsmeistereien war es früher allgemein üblich, kleinere Stromschienenarbeiten wie Auswechseln defekter Isolatoren oder Justierarbeiten zwischen zwei Zügen unter Spannung auszuführen. Dabei bediente man sich selbstverständlich isolierender Handschuhe, verwendete isoliertes Werkzeug und hockte/kniete dabei auf einem mit Pozellanisolatoren versehenen Holzbrett. Die Halter der Stromschienenisolatoren sind zur Erleichterung stets isoliert von der Fahrschiene auf der Holz- oder Betonschwelle befestigt.
Bei der Straßenbahn werden sehr viele Arbeiten vom Turmwagen aus (isolierte Arbeitsbühne) ohne Abschaltung der Oberleitung erledigt.

Bestimmte, genau festgelegte Arbeiten unter Spannung (AuS) sind also durchaus möglich und nach EN/VDE zulässig, wenn die dafür geltenden Bestimmungen eingehalten werden. Ich selbst bin im Besitz einer AuS-Berechtigungskarte. Diese muss periodisch erneuert werden (Unterweisung mit Prüfung beim TÜV), gesundheitliche Eignung ist selbstverständlich Voraussetzung.

so long

Mario
@joha

Hast auch recht, hatte einen nicht so tollen Tag erwischt, um es mal so zu formulieren. Für gewöhnlich vergreife ich mich weder in der Wortwahl noch im Ton, also noch mal Entschuldigung. ;-)
NVB
@ joha
21.01.2008 11:45
Das "Recht haben" ist nicht so wichtig, es ist viel mehr eine Frage, auf welchem Niveau man zu diskutieren bereit ist. Nun ist es immer schwierig, komplizierte technische Zusammenhänge in wenigen Sätzen zusammen zu fassen, da kann es schon zu Fehlinterpretationen kommen. Andererseits denke ich, dass "der weiße bim" und ich nicht so unterschiedlicher Meinung sind.

Kleiner Tipp: Wenn man unter "Quecksilberdampfgleichrichter" googelt (Vorsicht Suchtfaktor!) landet man in der faszinierenden Welt des vorigen Jahrhunderts und irgendwann auch an der Stelle mit dem Grund für den Pluspol (Plussammelschiene) an den Gleisen.

Siehe auch: [www.s-bahnstromgeschichten.de]
drstar schrieb:
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> @joha
>
> Hast auch recht, hatte einen nicht so tollen Tag
> erwischt, um es mal so zu formulieren. Für
> gewöhnlich vergreife ich mich weder in der
> Wortwahl noch im Ton, also noch mal
> Entschuldigung. ;-)



Das finde ich toll und groß von Dir! Danke!:-)
Hatte in der letzten Zeit auch ein extrem schlechtes Feeling, was ich zwar nicht an Usern, aber an der S-Bahn ausgelassen habe, war auch unnötig, und musste zurückrudern.

Also in diesem Sinne nochmals @ alle, die die Größe zu gegenseitiger Achtung und -wenn es denn mal sein muss- zur Entschuldigung
aufbringen: :-)

@Bim: Die Jungs waren aber von der U-Bahn :-) und -wie gesagt- weder Unterlage noch Isolierhandschuhe bei...eben knallharte Jungs! :-)

Im Übrigen gibt es solche stromfesten aus Porzellan hergestellte Kerle auch bei "Haushaltsstrom"-Elektrikern, die -wenn sie gerade den Spannungsprüfer nicht in Reichweite haben - auch mal durch kurzes "Antippen" feststellen,"was hier jetzt Phase ist"! (Kein Witz!)
@NVB: Danke für Hinweis und Link.
@alle: Ein Thread, der endlich mal wieder Spaß macht, und bei mir zu echter Wissenserweiterung führte. Was für ein Thema! Wohl doch nicht sooo dämlich gwesen die Frage ?? ;-)



3 mal bearbeitet. Zuletzt am 21.01.2008 13:43 von joha.
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