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Umbenennung (U-Bahnhof) Mohrenstraße
geschrieben von Lopi2000 
Anonymer Benutzer
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24.02.2009 07:36
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1 mal bearbeitet. Zuletzt am 08.01.2011 16:27 von 54E.
Nemo schrieb:
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> Haben Ausländer nicht immer einen
> Migrationshintergrund?

Faktisch schon, da kann man ja auch Berlinern, die sich entscheiden, nicht in vierter Generation in Zehlendorf zu leben und lieber ins ferne Steglitz ziehen, einen Migrationshintergrund "anhängen", schließlich beschreibt Migration im Allgemeinen erstmal nur eine Wanderung, womit vor allem ein Wohnsitzwechsel gemeint ist.

Nach "amtlicher" Definition aber zumindest nicht. Denn, erst wer (oder wessen Eltern) nach 1949 nach Deutschland gezogen ist/sind, hat demnach einen Migrationshintergrund. Somit gibt es durchaus Ausländer, die vor 1949 nach Deutschland kamen, hier immer noch leben, aber eben nach dieser Definition keinen Migrationshintergrund haben.

Es gibt in der Regel eine Generation mit Migrationserfahrung und eine (folgende) mit Migrationshintergrund, wobei letzteres auch der Oberbegriff ist. Die Definition ist naturgemäß etwas schwammig, aber schon nicht schlecht, um die entsprechende Rahmenbedingungen zu beschreiben. Ich selbst habe danach z.B. auch einen Migrationshintergrund, weil meine Mutter in den 1950er-Jahren, als Kleinkind aus einem vor ihrer Geburt zu Deutschland gehörigen Teil Polens in die BRD kam.

Grundidee des "Migrationshintergrunds" ist, dass die Staatszugehörigkeit allein nicht ausreicht, um die entsprechende Zielgruppe zu beschreiben. Zum einen durch zahlreiche inzwischen erfolgte Einbürgerungen, zum anderen durch den Status der Aussiedler v.a. aus der ehemaligen Sowjetunion.


Spannklemme schrieb:
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> Wenn es mal so wäre. Die Umbenennung eines
> U-Bahnhofs zieht fast immer eine Anpassung der
> Bezeichnung der Zugsicherungsanlagen und der
> Einspeisebezirke mit sich. Bei U-Bahn und
> Straßenbahn müssen sämtliche Einträge in SAP und
> anderen Datenbanksystemen nachgepflegt werden.
> Hoffentlich stellt die BVG das auch in Rechnung.

Wenn intern ohnehin Variationen des offiziellen, in der Kundenkommunikation verwendeten, Namens eingesetzt werden, besteht nicht unbedingt eine Notwendigkeit diesen anzupassen. Insofern wird es eher schwierig sein, diese Kosten auf den Namensgeber abzuwälzen, wenn es nicht wirklich erforderlich ist. Schließlich könnte man ja auch vom Bahnhof am Streckenkilometer 08,15 sprechen oder ähnlichem.

Abgesehen davon, wird es in diesem Fall (Mohrenstraße) wohl wenig in Rechnung zu stellen geben, weil die BVG den heutigen Namen ja selbst gewählt hat und dann einfach mal Pech hatte, dass der Namensgeber dann eines Tages nicht mehr da ist. Ich denke nicht, dass das Bezirksamt hier irgendwelche Kosten übernehmen wird, die über das Austauschen der Straßenschilder hinausgehen.


Und was die Namensgebung an sich angeht: es sind nicht nur einige wenige verblendete Bezirkspolitiker, die diesen Namen als nicht mehr zeitgemäß empfinden, ich selbst zähle mich z.B. auch dazu und weiß auch zahlreiche andere Menschen, die das problematisch finden. Selbstverständlich gibt es zu jeder Zeit auch andere, deutlich wichtigere Probleme, aber das heißt ja nicht, dass man alle anderen deswegen liegen lassen muss.

Mit dieser Begründung könnte man - überspitzt formuliert - auch argumentieren: "Was interessieren mich die Arbeitslosen in Deutschland, solange in Afrika Menschen verhungern", oder wahlweise auch umgekehrt.

Die Benennung von Straßen ist nun mal ein kulturpolitischer Akt, der stets auch einem gewissen Zeitgeist unterliegt und auch etwas mit Machtdemonstration zu tun hat. Man benennt eine Straße (um), weil man eben die Möglichkeit hat. Selbst bei Straßenumbenennungen würde ich in Berlin andere Prioritäten setzen als die Mohrenstraße umzubenennen. Aber diese liegt nun mal in einem Bezirk, in dem die Machtverhältnisse eine Umbenennung ermöglichen können, im Gegensatz z.B. zur Treischkestraße ("Die Juden sind unser Unglück.") in Steglitz.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 24.02.2009 11:38 von Lopi2000.
> Nemo schrieb:
> --------------------------------------------------
> Haben Ausländer nicht immer einen
> Migrationshintergrund?

Nein, die ganzen Touris haben nicht zwingend einen Migrationshintergrund ;o)

Spannklemme schrieb:
> --------------------------------------------------

> Bei U-Bahn und
> Straßenbahn müssen sämtliche Einträge in SAP
> und anderen Datenbanksystemen nachgepflegt werden.
> Hoffentlich stellt die BVG das auch in
> Rechnung.

Naja soooo teuer wird das schon nicht werden. Mit einem vernünftig gepflegten AD (Active Directory) bedarf genau EINER Änderung, dann wird diese durch das ganze System rekursiv durchgereicht und relativ fix überall bekannt. Diese 3,50¤ hat man schon noch übrig.

Nein Scherz, die Preise für solch eine Änderung einer Inforamtionen belaufen sich im Rahmen 1000¤ bis 10.000¤, je nach Größe des Systems. Der Preis ist also "relativ gering".

Gruß
Es ist immer wieder interessant für welchen Mist in einer hochverschuldeten Stadt plötzlich Geld da ist, währen wirklich wichtige Projekte mit dem Hinweis auf hohe Schulden und leere Kassen abgelehnt werden.

Die Gefallsüchtigkeit einer kleinen Clique ist ebenfalls mal wieder Beispiellos! Die Verschmutzung der Stadt durch wilde Krakeleien wird schön geredet aber an einem historischen Namen, welcher schwarzen Besuchern nicht mal geläufig ist, zieht man sich hoch.

Zitat

Aber diese liegt nun mal in einem Bezirk, in dem die Machtverhältnisse eine Umbenennung ermöglichen können, im Gegensatz z.B. zur Treischkestraße ("Die Juden sind unser Unglück.") in Steglitz.

Schon auffallend das zusammenhangloses Zeug herangezogen werden muß um eigene Denkweise zu untermauern.
Heinrich von Treitschke (mit "t" vorm "sch") lebte von 1834-1896 und seine Äußerung sollte man der damaligen Situation schulden ... es sei man möchte in dumpfe Parolen verfallen und nur mal wieder mit der Antisemitismus-Keule um sich schlagen.
Aus Sicht eines Paläestinensers ist dieser Ausspruch aktueller denn je ...

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ÖPNV und SPNV um jeden Preis ist mir zu teuer!



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 24.02.2009 13:40 von hotte789.
Anonymer Benutzer
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24.02.2009 13:20
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1 mal bearbeitet. Zuletzt am 08.01.2011 16:27 von 54E.
54E schrieb:
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> Tja Lopi2000 - ohne Geld vom BA keine Umbenennung
> - so einfach ist das.

Beim Bürgerentscheid zur Rudi-Dutschke-Straße wurden die Kosten mit einigen hundert Euro für die Straßenschilder angegeben, mehr hat der Bezirk offenbar nicht zu tragen. Und dieses Geld wird man sicher aufbringen können, keine Sorge.

hotte789 schrieb:
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> ("Die Juden sind unser Unglück.") ...
> Aus Sicht eines Paläestinensers ist dieser
> Ausspruch aktueller denn je ...

Ein bisschen mehr differenzieren sollte man da schon können. Selbst wenn man die Haupt- oder Alleinschuld an der aktuellen Situation der israelischen Regierung zuspricht, sind das noch lange nicht "die Juden". So ist das dann doch arg pauschalisierend.
Hallo,

@ Prinz Eisenherz:
Danke für die interessante Erläuterung zur Historie des Straßennamens.

Ehrlich gesagt, geht mir dieser angeblich nicht politisch korrekte Straßen- und Bahnhofsname ziemlich am Hintern vorbei (selbst wenn es die "jugendfreie" Namenshistorie nicht gäbe). In einer Stadt, in der Straßen nach Ordensrittern, die mit Waffengewalt das Christentum verbreiten wollten, und vermutlich noch nach allerlei anderen diskussionswürdigen Namensgebern benannt sind, wer sollte sich da ausgerechnet an der Mohrenstraße stören?

Andererseits verblüfft es mich nicht, daß sich nun endlich irgendwelche profilierungswilligen Politiker gefunden haben, die sich mit diesem "wichtigen Problem" befassen möchten. Damit hatte ich eigentlich schon lange gerechnet; ein Wunder, daß das erst jetzt passiert! Wenn man Straße und Bahnhof schon unbedingt umbenennen möchte, wie wär's denn dann entsprechend der Namenshistorie mit "Maurenstraße" ?

Grüße vom ex-Dresdner
der weiße bim schrieb:
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> Wird die Straße tatsächlich umbenannt, muss die BVG natürlich handeln.

Muß sie das tatsächlich? Ich erinner' mich noch an das Namens-Chaos am Frankfurter Tor...

> Hoffentlich wird für den Bahnhof ein treffenderer Name genommen (z.B. Wilhelmplatz oder Ziethenplatz),
> da derzeit auch Eingänge des benachbarten Bahnhofs Stadtmitte in der Mohrenstraße liegen.

Na wenn diese Namen mal nicht auch "historisch belastet" sind :-)

Wie wär's mit "Kaiserhof"?

Na ja, angesichts der "demokratisch-rot-rot-rosanen(?)" Verhältnisse kehrt ja evetuell sogar der Otto Grotewohl auf die Straßen- und Bahnhofsschilder zurück...

> Die Volksvertreter mit ihrer rot/roten Mehrheit sollten sich lieber um gravierendere Probleme
> kümmern als historische Straßennamen aus dem 17. Jahrhundert zu tilgen.

Und wenn die gravierenderen Probleme zu gravierend sind um sie zu lösen? Irgendwas muß man doch tun!
Lopi2000 schrieb:

> Wenn intern ohnehin Variationen des offiziellen,
> in der Kundenkommunikation verwendeten, Namens
> eingesetzt werden, besteht nicht unbedingt eine
> Notwendigkeit diesen anzupassen. Insofern wird es
> eher schwierig sein, diese Kosten auf den
> Namensgeber abzuwälzen, wenn es nicht wirklich
> erforderlich ist. Schließlich könnte man ja auch
> vom Bahnhof am Streckenkilometer 08,15 sprechen
> oder ähnlichem.

Wo werden intern Variationen des offiziellen Namens verwendet?

> Abgesehen davon, wird es in diesem Fall
> (Mohrenstraße) wohl wenig in Rechnung zu stellen
> geben, weil die BVG den heutigen Namen ja selbst
> gewählt hat und dann einfach mal Pech hatte, dass
> der Namensgeber dann eines Tages nicht mehr da
> ist. Ich denke nicht, dass das Bezirksamt hier
> irgendwelche Kosten übernehmen wird, die über das
> Austauschen der Straßenschilder hinausgehen.

Ok, dann belässt es die BVG beim Namen Mohrenstraße, auch wenn die Straße nicht mehr so heißt. Mit einem Verweis darauf, dass es sich die BVG nicht leisten kann, jeden politisch motivierten Zirkus mitzumachen, dürfte die Zustimmung dafür in der Öffentlichkeit sicher sein.

Gruß
Alex
Jaja, die arme BVG...
Korrigiert mich, wenn ich mich irre, aber war es nicht so, dass man nicht mal abwarten konnte, bis Grotewohl wieder Wilhelm und Dimitroff wieder Danziger hieß?
Stattdessen musste man unbedingt sofort U-Bahnhöfe nach unbedeutenden Nebenstraßen (um-)benennen.
Und um sich die Peinlichkeit zu ersparen, zuzugeben, dass man seinerzeit nicht alle Latten am Zaun hatte, würde man am liebsten nie wieder auf die dortigen Hauptstraßen hinweisen.
Was sind schon Danziger und Wilhelmstr. gegen Eberswalder und Mohrenstr.?
Wozu leicht assoziierbare Bahnhofsnamen wählen, wenn man lieber an politischen Provinzpossen fetshalten kann?

Könnte ein Bahnhof anstössig sein, der mit Marmor aus Hitlers Neuer Reichskanzlei ausgekleidet den Namen einer Straße trägt, der zum einen rassistisch ist und zum anderen darauf verweist, dass Mauren V E R S C H E N K T wurden?
Das ist geschichtsbewusst und wahrt die richtigen Traditionen!
Wer war Hitler schon gegen Grotewohl?
Was bitte ist daran auszusetzen, dass M E N S C H E N verschenkt wurden?
Ich bitte euch!
Alles linke Spinnereien und Geldverschwendung!

Vielleicht sollte man sich mal fragen, wer seinerzeit unbedingt die DDR ausgerechnet zugunsten der Kolonialzeit tilgen musste und ihm die Kosten für die seinerzeitige und die längst überfällige Umbenennung in Rechnung stellen?

Berlins Straßen sind zu eng, um sie nur dem MIV zu opfern!
Anonymer Benutzer
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24.02.2009 22:36
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2 mal bearbeitet. Zuletzt am 08.01.2011 16:29 von 54E.
dubito ergo sum schrieb:

> Was sind schon Danziger und Wilhelmstr. gegen
> Eberswalder und Mohrenstr.?

Bundesweit, nicht nur bei der BVG, nimmt man davon Abstand Haltestellen nach Straßen zu benennen, die mehrere Kilometer lang sind. Warum? Weil es aufmerksame und mitdenkende Fahrgäste wie Dich gibt, die sich dann beschweren würden, dass die Eindeutigkeit nicht gegeben ist.

> Könnte ein Bahnhof anstössig sein, der mit Marmor
> aus Hitlers Neuer Reichskanzlei ausgekleidet

Du bist leider falsch informiert, auch wenn es oft abgeschrieben wurde. Der Marmor wurde wie es sich gehört aus einem volkseigenen Betrieb in Thüringen geliefert. Das ist belegbar, im Gegensatz zu anderen Thesen.

> Vielleicht sollte man sich mal fragen, wer
> seinerzeit unbedingt die DDR ausgerechnet
> zugunsten der Kolonialzeit tilgen musste und ihm
> die Kosten für die seinerzeitige und die längst
> überfällige Umbenennung in Rechnung stellen?

Nana, verliert da jemand etwa die Beherrschung? Mal ein wenig angekratzt und schon mit dem Latein am Ende. Es war doch nicht alles gut...

Macht´s gut Nachbarn
Spannklemme schrieb:
-------------------------------------------------------
> dubito ergo sum schrieb:
>
> > Was sind schon Danziger und Wilhelmstr. gegen
> > Eberswalder und Mohrenstr.?
>
> Bundesweit, nicht nur bei der BVG, nimmt man davon
> Abstand Haltestellen nach Straßen zu benennen, die
> mehrere Kilometer lang sind. Warum? Weil es
> aufmerksame und mitdenkende Fahrgäste wie Dich
> gibt, die sich dann beschweren würden, dass die
> Eindeutigkeit nicht gegeben ist.

Das ist zwar grundsätzlich richtig und auch ein sinnvoller Trend, aber es war sicher kein Zufall, dass man gerade an diesen Stationen schon Anfang der 90er-Jahre, als die Bezirke mit anderen politischen Mehrheiten die entsprechenden Straßen noch nicht umbenennen wollten, auf die Idee kam, solche Umbenennungen vorzunehmen, bei Stationen wie Seestraße oder Bernauer Straße aber auch fast 20 Jahre später noch nicht.


> Nana, verliert da jemand etwa die Beherrschung?
> Mal ein wenig angekratzt und schon mit dem Latein
> am Ende. Es war doch nicht alles gut...

Wo hat denn jemand die Beherrschung verloren? Es war/ist schon eine interessante Entwicklung, dass man einen Straßennamen beseitigt, weil man an der demokratischen Gesinnung des Namensgebers zweifelt und man die Straße anschließend nach einem eindeutigen Nicht-Demokraten benennt. Aber wie gesagt, das ist eben die kulturpolitische Relevanz, die Straßennamen haben. Wer immer grad an der Macht ist, versucht, sein Revier auch auf diese Weise zu markieren. Klar ist das auch ein ziemlicher Aktionismus, weil damit natürlich niemandem wirklich geholfen ist, aber Politik lebt eben auch von Gesten.
Wie kommt man eigentlich auf den Gedanken, hinter einem Bahnhofsnamen (Seestraße, Danziger Str., Kurfürstendamm etc.) könnte niemals eine kilometerlange Straße oder ein größeres Areal (Wittenau, Marzahn,...) stecken? Gab es jemals einen Anspruch darauf, sein Ziel vom gleichnamigen Bahnhof auf kurzem Fußweg zu erreichen? Das wäre neu.

Vermutlich laufen einfach nur zuviele Leute wie vom Mars ferngesteuert einfach los, ohne vorher einen Blick in den Stadtplan zu werfen.


Lopi2000 schrieb:
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> ... Es
> war/ist schon eine interessante Entwicklung, dass
> man einen Straßennamen beseitigt, weil man an der
> demokratischen Gesinnung des Namensgebers zweifelt
> und man die Straße anschließend nach einem
> eindeutigen Nicht-Demokraten benennt.

Ach was, papperlapapp, wo denn? Pack mal Deine politische Rasterschablone wieder in die Schublade.

Und wie kommst Du auf die Schnapsidee, dass nur noch Demokraten Anspruch auf Straßennamen hätten? Dann gäbe es für Schildermaler aber richtig viel zu tun.

> Aber wie
> gesagt, das ist eben die kulturpolitische
> Relevanz, die Straßennamen haben.

Dazu muss man erst einmal Kultur, im speziellen Fall Mohrenstraße auch Bildung, haben. Da hapert's aber scheinbar gewaltig.

> Wer immer grad
> an der Macht ist, versucht, sein Revier auch auf
> diese Weise zu markieren.

Deswegen brauchen sich dahergelaufene Wichtigtuer noch lange nicht einbilden, sie befänden sich in der Tradition großer politischer Umbrüche (Weimar - NS - DDR - Bundesrepublik), die Namens-Tilgungen zwangsläufig nach sich zogen, wenn sie heute mit unwichtigem Gedöns angelatscht kommen.

Anders gesagt: Nur weil sich heutzutage irgendwelche BVV-Mehrheiten verändern, steht noch lange nicht das Straßenverzeichnis zur Bewertung aus der linkspopulistischen Mottenkiste auf der Agenda. Oder soll es jetzt in jeder Legislatur neue Schilder geben, wo vorher irgendwelchem poltischen Dünkel Argumente, Überzeugung und Mehrheiten fehlten?

Treitschkestraße - na und, da wurde ein richtiger und sinnvoller Kompromiss gefunden: Auseinandersetzung mit der Person statt Bücher, äh, Straßenschilder verbrennen. Genauso könnte man die Farbe Braun verbieten, wie man den Historiker, Publizisten und Reichstagsmitglied Heinrich Gotthardt von Treitschke (1834 - 1896) löschen wollte. Als seine "Unglücks"-Formulierung entstand, war das NS-Regime noch ein halbes Jahrhundert entfernt. Eine kritische Auseinandersetzung mit seiner antisemitischen Haltung und damit, dass so etwas damals sozusagen zum guten Ton vieler Persönlichkeiten der Kaiserzeit gehörte, kann nicht Schaden. Was soll das heute eigentlich für eine Kulturpolitik sein, die historische Entstehungshintergründe (auch überholter) Weltanschauungen löschen will? Graffiti? Diese Zukunft wird ziemlich eintönig und doof. So etwas riecht erst recht nach Gesinnungsdiktatur.

> Klar ist das auch ein
> ziemlicher Aktionismus, weil damit natürlich
> niemandem wirklich geholfen ist, aber Politik lebt
> eben auch von Gesten.

Gesten? Vor allem drittklassige Dorf-Politiker leben davon, leichtfertig das Geld anderer auszugeben. Das kann jeder Depp beschliessen. Dummköpfe liessen sich mit solchen Gesten schon immer gern abspeisen, man muss nur das Weidetor weit genug öffnen.

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Fahr lieber mit der Bundesbahn
Spannklemme schrieb: "Der Marmor wurde, wie es sich gehört, aus einem volkseigenen Betrieb in Thüringen geliefert. Das ist belegbar, im Gegensatz zu anderen Thesen."

Richtig - doch sollte wohl erwähnt werden, dass der Marmor für den Bahnhof Mohrenstraße aus eben demselben Steinbruch in Thüringen stammte, aus dem einst bereits die Neue Reichskanzlei beliefert wurde und wegen des identischen Aussehens des für beide Bauvorhaben verwendeten Marmors wohl überhaupt dieses Gerücht aufkam, man hätte den Marmor aus der Reichskanzlei für die Verkleidung der Hintergleiswände des genannten U-Bahnhofs verwendet.
Lopi2000 schrieb:
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> Das ist zwar grundsätzlich richtig und auch ein sinnvoller Trend, aber es war sicher kein Zufall,
> dass man gerade an diesen Stationen schon Anfang der 90er-Jahre, als die Bezirke mit anderen
> politischen Mehrheiten die entsprechenden Straßen noch nicht umbenennen wollten, auf die Idee kam,
> solche Umbenennungen vorzunehmen, bei Stationen wie Seestraße oder Bernauer Straße aber auch fast
> 20 Jahre später noch nicht.

Das war tatsächlich kein Zufall. Da wollte der erste wieder für Gesamtberlin zuständige Senat/Senator seine neuen Kompetenzen nutzen, Zeichen setzen. Die BVG war damals noch Eigenbetrieb und in solchen Fragen der Senatsverwaltung direkt unterstellt, hatte somit die Umbennungen nur auszuführen, die in der Tat ziemlich unglücklich waren.
Die Namen langer Straßenzüge wurden gemieden, die Behörde wollte frühere Fehler ja nicht wiederholen. Im Falle Danziger Straße wollte sie den Namen für den Bahnhof der Weißenseer Linie frei halten, damals lag ja ein baldiger Baubeginn durchaus noch im Rahmen der Möglichkeiten, somit geht Eberswalder Straße in Ordnung, als jahrzehntelanges Straßenbahn-Endziel bei den ex-BVB-Verkehrskunden auch hinlänglich bekannt, ganz im Gegensatz zur unbekannten Zinnowitzer Straße.
Hier wäre zunächst kein Handlungsbedarf gewesen, der Nordbahnhof liegt nicht weiter entfernt als das Naturkunde-Museum.
Dagegen hat sich die Rückbenennung des Nachbarbahnhofs Stadion der Weltjugend zu Schwartzkopffstraße als weitsichtig herausgestellt.

Nochmal zur Mohrenstraße, die zwischen Hausvogteiplatz und Wilhelmstraße als Namensgeber für drei U-Bahnhöfe in Frage käme. Um aus der Diskussion zu kommen, wäre vielleicht eine freiwillige Umbenennung in Zietenplatz sinnvoll. Unter diesem Namen waren gleich drei alte Preußen in Berlin tätig. Noch in diesem Jahr soll die Neugestaltung des Zietenplatzes mit Wiederaufstellung der Generals-Standbilder vom früheren Wilhelmplatz vollendet werden.
Wilhelmplatz wäre auch nicht schlecht, damit würde Berlin endlich über die Stadt Charlottenburg triumphieren. Diese war Berlin bei der Benennung ihrer Untergrundbahnstation vor dem Rathaus (später Richard-Wagner-Platz) zuvor gekommen. Sonst hätte die Hochgesellschaft den unter Wilhelm- und Zietenplatz neu erbauten Bahnhof nicht nach dem Kaiserhof (privates Luxushotel) benannt. Vielleicht haben auch die Hotelbesitzer seinerzeit etwas nachgeholfen, welche die Publissity wegen der 1907 entstandenen Konkurrenz durch das "Adlon" am Pariser Platz (bis 1936 ohne Schnellbahnanschluss) dringend nötig hatten.
Leider wurde der 1949 in Thälmannplatz umbenannte Wilhelmplatz 1987 aus dem Straßenverzeichnis gestrichen, so dass der U-Bahnhof in Otto-Grotewohl-Straße (erster Ministerpräsident der DDR, vor 1933 SPD-Minister im Braunschweigischen Landtag und Reichstagsabgeordneter) umbenannt werden musste. So gibt es derzeit keinen Wilhelmplatz, die Fläche ist inzwischen weitgehend bebaut worden. Allerdings gibt es mindestens einen Bahnhof, dessen Name als Straße/Platz nicht existiert (Thielplatz), eine Papestraße gab es auch nicht im Stadtplan.

so long

Mario



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 25.02.2009 13:16 von der weiße bim.
Anonymer Benutzer
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25.02.2009 12:41
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1 mal bearbeitet. Zuletzt am 08.01.2011 16:30 von 54E.
Prinz Eisenherz schrieb:
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> Treitschkestraße - Historiker,
> Publizisten und Reichstagsmitglied Heinrich
> Gotthardt von Treitschke (1834 - 1896) löschen
> wollte. Als seine "Unglücks"-Formulierung
> entstand, war das NS-Regime noch ein halbes
> Jahrhundert entfernt. Eine kritische
> Auseinandersetzung mit seiner antisemitischen
> Haltung
und damit, dass so etwas damals sozusagen
> zum guten Ton vieler Persönlichkeiten der
> Kaiserzeit gehörte, kann nicht Schaden. Was soll
> das heute eigentlich für eine Kulturpolitik sein,
> die historische Entstehungshintergründe (auch
> überholter) Weltanschauungen löschen will?

Und was ist mit Richard Wagner? Demnach muss auch Richard-Wagner-Platz umbennant werden und wieder Wilhelmplatz heissen... uuh das geht ja auch nicht..

Ihr habt ja Probleme!!

IsarSteve
IsarSteve schrieb:
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> Und was ist mit Richard Wagner? Demnach muss auch
> Richard-Wagner-Platz umbennant werden und wieder
> Wilhelmplatz heissen... uuh das geht ja auch
> nicht..

Richard Wagner, schönes Beispiel - den Irrsinn dieser Namensdebatten und Änderungsforderungen dahergelaufener Spinner hast Du gut erkannt! Das kann man nur noch mit Humor nehmen.

> Ihr habt ja Probleme!!

Manche Leute sind arbeitsmäßig echt nicht ausgelastet, so dass die die Öffentlichkeit mit ganzjährigem Fasching unterhalten können.

Wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis irgendeiner dieser ständig verheulten Weltverbesserer auch noch ein Haar am Namen "Berlin" oder "Deutschland" findet ...

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Fahr lieber mit der Bundesbahn
Spannklemme schrieb:
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> Bundesweit, nicht nur bei der BVG, nimmt man davon
> Abstand Haltestellen nach Straßen zu benennen, die
> mehrere Kilometer lang sind. Warum? Weil es
> aufmerksame und mitdenkende Fahrgäste wie Dich
> gibt, die sich dann beschweren würden, dass die
> Eindeutigkeit nicht gegeben ist.

Der weiße Bim schrieb:
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> Nochmal zur Mohrenstraße, die zwischen Hausvogteiplatz und Wilhelmstraße als Namensgeber für drei U-Bahnhöfe in Frage käme.


Dieser Widerspruch ist ja gerade das Verwunderliche: Warum hat man dann ausgerechnet diese lange Straße als Namensgeber gewählt?

Um das zu erklären, muss man sich vielleicht die Anfang der 90er-Jahre ansonsten anliegenden Straßen ansehen, die ggf. zur Auswahl standen:

Wilhelmstr.: Ebenso lang wie Mohrenstr., aber offenbar etwas zu preußisch

Voßstr.: Adelsgeschlecht / ebenfalls preußisch, durch das ehem. Sperrgebiet kaum bekannte, vergessene Straße

Mauerstr.: Nee, von der Mauer wollte man zu dieser Zeit nix mehr hören
(Namensgeber war allerdings nicht das bekannte Bauwerk 1961-89)

Glinkastr.: Ein bedeutender Komponist, leider ein Russe, ging also auch nicht

Tschechische Botschaft: Zwar eine Landesvertretung guten Pilses, aber ein Zungenbrecher

Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Gabs dort damals noch nicht, zudem viel zu lang

Thüringische Landesvertretung: Gabs damals noch nicht, heute sicher zu provinziell

Kaiserhof: Historischer Name, preußisch-klingend, das namengebende Gebäude (ein Luxus-Hotel) aber nicht mehr vorhanden [de.wikipedia.org]

Zietenplatz: Existierte damals nicht


Also Mohrenstr.: Naja, vermutlich dachte man sich, nicht nur die Berliner verbinden 'Mohren' eher mit einem Gebäck oder einem "Schokokuss" [de.wikipedia.org] , als mit zwangweise verschenkten Afrikanern der Kolonialzeit, den geschichtlichen Hintergrund dieser Str. merkt schon keiner... 'dubito ergu sum', dein Beitrag in allen Ehren, moralisch hast Du sicher Recht, allerdings hat selbst die SPD-regierte fränkische Stadt Coburg ihn im Wappen und ist stolz drauf: [de.wikipedia.org]

Folgener Vorschlag von '54E' ist da durchaus eine Überlegung wert:
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>Wie wäre es wenn man den Sinn des Namens mit einer Tafel korrigiert?
Also den Mauren GEDENKT...



Hat denn jemand der Forumsgemeinde schon herausbekommen, welchen neuen Namen sich die BVV für die Mohrenstr. stattdessen ausgedacht hat?

Da ohnehin bereits vollendete Tatsachen geschaffen wurden, sollte man der Einfachheit halber vielleicht tatsächlich 'Möhrenstr.' [www.pink-rabbit.org] wählen. Der Name ist nicht mehr lächerlich als die benachbarte Taubenstr. oder Behrenstr... ;-)

Einen schönen Tag wünscht
'Möckernbrücke'



4 mal bearbeitet. Zuletzt am 25.02.2009 16:01 von Möckernbrücke.
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