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Jay
Unter "wichtig" verstehe ich nicht die Anzahl der haltenden Züge, sondern die Bedeutung für die Nutzer. Da liegt Ostkreuz vor Alex, Friedrichstraße und Zoo.
Meinst du nicht, dass es da zwischen dem Nah- und Fernverkehr doch einen kleinen Unterschied gibt? Natürlich ist das Ostkreuz durch die umsteigenden Pendler frequentierter als der Hauptbahnhof, aber das kann man doch nicht 1:1 vergleichen ...
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Wie schon jemand weiter oben schrieb, hat Berlin immer die Stadtbahn ansich als "Hauptbahnhof" gehabt.
Wobei der mit "immer" angegebene Zeitrahmen hier doch ein paar, ähem, kleineren Einschränkungen unterliegt:
Nachdem der Kaiser sämtliche Unterwegsbahnhöfe besichtigte (vgl. Besichtigung eines Vergnügungsparks durch Kim Jong Un), wurde die Stadtbahn doch um 1882 eröffnet.
Damals war Berlin allerdings auch noch ziemlich klein.
Es folgte der Erste Weltkrieg, der sicherlich Unannehmlichkeiten für Bahnreisende brachte.
Danach herrschten dann für ein paar Jahre ja tatsächlich glückliche Zeiten, in denen man voller Begeisterung jede neue Technik, jede neue Anwendung (heute nennt man das dann Gadgets) ausprobierte, wenn man nicht gerade die neue sexuelle Freizügigkeit in Verbindung mit Heroin und Koks (das gab es damals nicht in der späteren U8, sondern ja in jeder Apotheke) genoss.
Damals mag die Stadtbahn tatsächlich deiner Beschreibung entsprochen haben.
Leider folgte darauf dann eine Zeit, in der es (bis 1945) eher weniger traditionelle Personenzüge gab (weil Rüstung und siehe Gedenkstätte "Gleis 17") bzw. später wenig Zugverkehr aus Gründen des Mangels gab.
Bis zum Herbst 1990 fuhr man dann ohnehin eher seltener mit dem Zug, sondern flog eher mit der Pan Am bzw. verbrachte mit dem Auto mehr oder weniger viel Zeit an den sog. GüSt (fragen Sie Herrn Tschirner).
Fuhr man allerdings mit dem Zug, hatte man wohl doch eher den Bahnhof Zoo als die Stadtbahn in ihrer gesamten Länge vor Augen, wenn man an das Ziel seiner Reise dachte.
Die Landkarte veränderte sich mal wieder - die Bahn auch:
Nachdem der ICE auf seiner Reise von Westdeutschland in die spätere Bundeshauptstadt einige Jahre in der Weltstadt Michendorf hielt (durch Frank Sinatra auch bekannt als "The City that's never awake"), von wo er dann Berlin-Lichtenberg in großem Bogen anfuhr, wurde es für sinnvoll gehalten, den Abschnitt Griebnitzsee/Drewitz(?) - Berlin Wannsee - Berlin Zoo mit Fahrdraht zu versehen.
Bedauerlicherweise wurde die Stadtbahn kurz darauf dann für Fernzüge gesperrt und saniert, wobei die S-Bahnen ja elegant über die Fernbahngleise umgeleitet wurden.
Nachdem das überstanden war, dauerte es für Reisende mit dem Fahrtziel Berlin-Mitte auch nur noch acht Jahre, in denen sie zwischen Pest (Zoo) und Cholera (Ostbahnhof) wählen durften.
Wie gesagt, kleinere Einschränkungen. Sieht man von diesen ab, stimme ich dir aber vollkommen zu. ;)
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Prinzip wurde auch mit dem Pilzkonzept beibehalten. Es gibt eben nicht DEN Bahnhof, sondern eine Aufgabenverteilung auf mehrere Bahnhöfe. Dank eines gewissen Herrn Mehdorn wurde dieser Grundgedanke mit der Schließung von Zoo als Fernverkehrshalt deutlich abgeschwächt und diesem Herrn hat der Lehrter Bahnhof diesen Namen zu verdanken.
Es wäre auch grober Unfug, einer polyzentrischen Stadt wie Berlin einen zentralen Flugha...pardon...Bahnhof aufdrücken zu wollen.
Allerdings frage ich mich, ob der Bahnhof Zoo wirklich so ungeheuer wichtig ist, wie immer behauptet wurde/wird.
Natürlich ist jeder, der einen Termin am Kudamm hat und erst einmal durch den Bahnhof Zoo gefahren wird, bevor er am Hauptbahnhof aussteigen darf, zu Recht ziemlich angenervt.
Für uns einheimische Volk war der Bahnhof Zoo aber, sorry, immer nur ein Ärgernis.
Da man die in den 80ern geplante Tiefgarage unter dem Hardenbergplatz irgendwie "vergessen" hatte, gab es (a) nur kostenpflichtige und (b) viel zu teure Parkplätze.
Parkte man morgens in der Jebensstraße (ebenfalls gegen Entgelt), saßen am Abend vier, fünf Gestalten, die nicht gerade zur sog. Mitte der Gesellschaft gezählt werden konnte, auf der Motorhaube des eigenen Autos.
Für den Südwesten dürfte der Bahnhof Wannsee da doch wichtiger gewesen sein.
Ich erinnere mich an Dramen, die sich in meiner Familie abspielten, als die Eröffnung der ICE-Strecke nach Wolfsburg/Hannover angekündigt wurde, womit natürlich auch die stündlichen ICE-Züge nach Frankfurt, die bisher über Wannsee, Magdeburg und Braunschweig fuhren, via Wolfsburg geführt werden sollten.
In der Reichsbahnstraße (die heißt bis heute so) hinter dem Bahnhof Wannsee lässt es sich nämlich hervorragend parken.
Glücklicherweise gab es dann den sog. "ICE-Shuttle", der aus einer ICE-2-Einheit (also halbe Länge) bestand und den ganzen Tag von Wannsee nach Braunschweig (u.z.; via Potsdam Stadt, Brandenburg, Magdeburg) fuhr.
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Wenn er also "wichtig" ist, dann vor allem durch die zwangsbeglückten Nutzer. Und nein, er ist nicht "der zentrale Punkt, an dem ein Berlin-Besucher ankommt". Genau das ist er eben NICHT! Die Leute kommen da an, wo es für sie am Sinnvollsten ist. Das kann (neben Tegel und Schönefeld ;)) ebenso Südkreuz, Ostbahnhof, Gesundbrunnen oder Spandau sein.
Sobald man sich auf Reisen begibt (ganz egal ob man nun zur Kirschblüte nach Werder oder nach Südamerika fährt), ist man doch immer nur "zwangsbeglückter Nutzer", der versucht, mit möglichst wenig zeitlichem und nervlichem Aufwand ans Ziel zu gelangen. Und sofern man nicht gerade ein Zelt ggü. dem Check-In-Schalter A19 auf dem Flughafen xyz oder das Inter-City-Hotel am Hauptbahnhof von Düsselhausen als Wohnsitz im Ausweis zu stehen hat, muss man sich halt irgendwie mit den gegebenen Zugangspunkten des gewünschten Fortbewegungsmittels arrangieren.
Ich persönlich meide zum Beispiel Flüge ab Schönefeld wie der Teufel das Weihwasser, auch wenn ich dadurch in Frankfurt umsteigen muss, und nutze nahezu aussnahmslos Zugverbindungen ab Südkreuz.
Aber es kann halt auch nicht jeder Zug alle Fernbahnstationen unserer netten Stadt anfahren.
Ich "fürchte" allerdings (natürlich nur gestützt durch subjektive Wahrnehmung zu verschiedenen Tageszeiten), dass man den Hauptbahnhof derzeit tatsächlich als "wichtigsten" (mit Abstand am stärksten genutzten) Fernbahnhof Berlins bezeichnen kann.
gruß
nic
Grüße
Nic