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GDL-Streik 1. Runde 2021
geschrieben von BuchholzerJung 
Hallo!
Ich halte es vom Standpunkt des Gewerkschafters aus für berechtigt und sinnvoll, in der aktuellen Situation für kürzere Laufzeiten einer Tarifvereinbarung zu streiten.
Die möglichen Begründungen für ein Coronageld, was ja sich am Ende in einer Fahrpreiserhöhung o.Ä. niederschlagen müßte, sind in sofern zumindest skuril, da die übergroße Mehrheit der Gesellschaft, und zwar jeder aus seiner Lage heraus, ein solches Geld mit ähnlichen ode adäquaten Begründungen fordern könnte. Am Ende zahlen wir das uns alle gegenseitig. (Natürlich nachdem das Finanzsystem in der Mitte des zeitlichen Prozesses ein wenig dran verdient hat).
Grüße
Zur Coronaprämie.
Paradox ist, das der Arbeitgeber diese angeblich vom Staat ersetzt bekommt. Wenn dem so ist, muß man die DB fragen warum sie sie noch nicht beantragt hat. Oder geht es dort nicht, weil der Bund eh schon seine Finger im Spiel hat?
Die Corona-Prämie kann steuerfrei ausgezahlt werden. Aus Unternehmenssicht ändert das nichts an den Kosten.
Zitat
Beförderungsfall Nr. 8821
Die Corona-Prämie kann steuerfrei ausgezahlt werden. Aus Unternehmenssicht ändert das nichts an den Kosten.

Nicht ganz, denn auch arbeitgeberseitig fallen keine Abgaben an.

Für die nach TV-N entlohnten Beschäftigten hat die Ver.di-Tarifkommission das hingekriegt, die Zahlung der mögliche Corona-Sonderzahlung 2020 und 2021 für alle anspruchsberechtigten Beschäftigten zu vereinbaren. Damit konnten die anstehenden Tarifverhandlungen vertagt werden, sogar die Kündigung von Manteltarif und Entgelttabellen. Die Streikgefahr ist damit zumindest für dieses Jahr gebannt. Warum die Bahnvorstände nur um ihre eigenen Boni kämpfen, ist nicht nachvollziehbar.

so long

Mario
Zitat
micha774
Zur Coronaprämie.
Paradox ist, das der Arbeitgeber diese angeblich vom Staat ersetzt bekommt. Wenn dem so ist, muß man die DB fragen warum sie sie noch nicht beantragt hat. Oder geht es dort nicht, weil der Bund eh schon seine Finger im Spiel hat?

Wie meinst du das, dass die "Coronaprämie vom Staat ersetzt wird"?

*******
Das Gegenteil von ausbauen ist ausbauen.
Zitat
der weiße bim
Nicht ganz, denn auch arbeitgeberseitig fallen keine Abgaben an.
Das ist aber nicht die übliche Sicht auf der Arbeitgeberseite.

Wenn der 1500€ ausgibt, dann gibt der 1500€ aus. Wie viel davon SV, Steuern und letztendlich netto beim Arbeitnehmer ankommt, ist dem AG letztlich egal.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 11.08.2021 18:41 von Beförderungsfall Nr. 8821.
Anonymer Benutzer
Re: GDL-Streik 1. Runde 2021
11.08.2021 19:01
Zitat
Florian Schulz
Es ist ja nicht so, dass man sich als Lokführer immer in seiner Führerstandskanzel einschließen kann,

Spätestens dann nicht, wenn die Züge regelmäßig vom Tf geräumt werden müssen und man Mühe hat, schlafende oder /und betrunkene (Wohnungslose) aus dem Zug zu bekommen. Das gelingt leider nicht mit 1,5 Meter Abstand und nicht selten wird man dabei provokativ angehustet oder im schlimmsten Fall gar beschimpft oder bespuckt.
Die GDL könnte eigentlich gerade in dieser Zeit auch kreativer streiken, als die Fahrgäste in Geiselhaft zu nehmen. Wenn alle Fernzüge eine Stunde Verspätung hätten würde auch dies die Kassen der DB schädigen. Dass würde sich die DB evtl länger ansehen, aber auch da hätten die irgendwann die Faxen dicke.

So ist es in der Tat fast lächerlich, dass die Lokführer jetzt streiken und dafür andere Mitarbeiter der DB, ich sage nur Reisezentrum, die Suppe auslöffeln dürfen.

Gewerkschaften sind und bleiben in den meisten Fällen doof, und wenn man es ganz genau nimmt, vertreten die auch selten die Interessen der kleinen Mitglieder. Das ist bei Clausi zwar etwas anders, aber auch er wird schon ordentlich was in seine Tasche wirtschaften. Das Parteibuch macht da schon stutzig.

Die EVG ist allerdings genau so ein blöder und korrupter Haufen wie Verdi.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 11.08.2021 20:08 von Alba Coach.
Anonymer Benutzer
Re: GDL-Streik 1. Runde 2021
11.08.2021 20:15
@Alba Coach: Diese Form des Steiks wäre mE unzulässig. Wenn ich meine Arbeit antrete, muss ich sie auch ordentlich verrichten und kann nicht manipulierend in den Betrieb eingreifen. Immerhin zahlt dann der Arbeitgeber auch den Lohn.

Die GDL hat sehr viel für ihre Mitglieder erreicht. Andernfalls würden viele Tf vermutlich noch befristet über DB Jobservice für die Hälfte des Lohns arbeiten, hätten keine Jahrespläne und kaum Planbarkeit.

Wenn Bahn Daseinsvorsorge ist, die nicht bestreikt werden darf, muss man das Personal eben wieder verbeamten. Die Bahnreform liegt nicht in der Verantwortung der GDL.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 11.08.2021 20:18 von Railroader.
Zitat
Logital
Zitat
micha774
Zur Coronaprämie.
Paradox ist, das der Arbeitgeber diese angeblich vom Staat ersetzt bekommt. Wenn dem so ist, muß man die DB fragen warum sie sie noch nicht beantragt hat. Oder geht es dort nicht, weil der Bund eh schon seine Finger im Spiel hat?

Wie meinst du das, dass die "Coronaprämie vom Staat ersetzt wird"?

Ich hab mich da fehlerhaft ausgedrückt und meinte das, was "Beförderungsfall Nr. 8821" schrieb.
Zitat
Railroader
Wenn Bahn Daseinsvorsorge ist, die nicht bestreikt werden darf, muss man das Personal eben wieder verbeamten.

Dieser Zusammenhang besteht nicht. Natürlich kann ein Unternehmen der Daseinsvorsorge bestreikt werden. Das passiert regelmäßig bei Gas, Strom, Telekom usw.. Allerdings haben die dortigen Gewerkschaften und (nicht verbeamteten) Mitarbeiter genug Verantwortung, dabei nicht die zugrundeliegenden Netze der Daseinsvorsorge stillzulegen, nur um den volkswirtschaftlichen Schaden zu maximieren.
Zitat
B-V 3313
Zitat
Henning
Zitat
PassusDuriusculus
Das Liniennetz erinnert geringfügig an 1984...

Wurden damals auch viele Strecken nicht bedient? Wenn ja, warum?

Das ist jetzt nicht dein ernst?

Doch, ich meine es ernst, da dies vor meiner Zeit war. "GraphXBerlin" hat mir den Tipp mit "Streik 1980" gegeben.
Zitat
Henning
Zitat
B-V 3313
Zitat
Henning
Zitat
PassusDuriusculus
Das Liniennetz erinnert geringfügig an 1984...

Wurden damals auch viele Strecken nicht bedient? Wenn ja, warum?

Das ist jetzt nicht dein ernst?

Doch, ich meine es ernst, da dies vor meiner Zeit war. "GraphXBerlin" hat mir den Tipp mit "Streik 1980" gegeben.

1980 Streik bei der Reichsbahn, danach Stilllegung eines Großteils des S-Bahnnetzes im Westteil.
1984 Nach langen Verhandlungen hat die BVG den Betrieb des S-Bahnnetzes im Westteil übernommen. Mit den übergebenen Fahrzeugen konnte aber ebenfalls nur ein Rumpfnetz bedient werden - nur hat die BVG dann halt die Wannseebahn statt der Strecken nach Heiligensee und Lichterfelde Süd betrieben.

Gruß Nemo
---

Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!
Die Wannseebahn kam aber erst zum 1. Februar 1985.
Anonymer Benutzer
Re: GDL-Streik 1. Runde 2021
12.08.2021 00:22
Zitat
andre_de
Dieser Zusammenhang besteht nicht. Natürlich kann ein Unternehmen der Daseinsvorsorge bestreikt werden. Das passiert regelmäßig bei Gas, Strom, Telekom usw.. Allerdings haben die dortigen Gewerkschaften und (nicht verbeamteten) Mitarbeiter genug Verantwortung, dabei nicht die zugrundeliegenden Netze der Daseinsvorsorge stillzulegen, nur um den volkswirtschaftlichen Schaden zu maximieren.

Hast du dir den Abschluss von Vattenfall mal angesehen?

Erinnert sei auch an den großen Post-Streik. Und überhaupt ist die Aussage, die Mitarbeiter anderswo würden aus Verantwortung nicht so handeln, doch eher eine Mutmaßung. Ich könnte auch entgegnen, dass viele Mitglieder der Verdi in der Vergangenheit oft sehr wütend über die Abschlüsse waren und seinerzeit damals sogar als BVGer oder BTer zur GDL wechselten. Hierfür gab es die Ortsgruppe Nahverkehr.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 12.08.2021 00:54 von Railroader.
Zitat
Barnimer
Das ändert aber nichts daran, dass ich die Ansetzung für den Streik sehr kurzfristig finde.
Seit mehreren Wochen war bekannt, dass es eine Urabstimmung geben wird, deren Ergebnis am 9.8. ausgezählt wird. Folglich ist seit mehreren Wochen bekannt, dass es ab dem 9.8. jederzeit zu Streiks kommen kann. Es fehlte ein KONKRETER Zeitraum, das ist richtig. Aber wer danach noch Reisen bucht, die nicht zwingend notwendig sind und wer sich nicht ersatzweise Wege in Berlin nur mit der BVG sucht (oder anders gesagt: ohne die DB), einfach nur rein vorsorglich, dem ist nicht mehr zu helfen.
Zitat
182 004
Seit mehreren Wochen war bekannt, dass es eine Urabstimmung geben wird, deren Ergebnis am 9.8. ausgezählt wird. Folglich ist seit mehreren Wochen bekannt, dass es ab dem 9.8. jederzeit zu Streiks kommen kann. Es fehlte ein KONKRETER Zeitraum, das ist richtig. Aber wer danach noch Reisen bucht, die nicht zwingend notwendig sind und wer sich nicht ersatzweise Wege in Berlin nur mit der BVG sucht (oder anders gesagt: ohne die DB), einfach nur rein vorsorglich, dem ist nicht mehr zu helfen.

Na dann. Ich kann dir von einer jungen Frau erzählen, die heute - aufgrund ihrer Schwangerschaft noch ungeimpft - in einem völlig überfüllten Fernzug ihre Reise angetreten hat, um ihre Familie zu besuchen, weil sie sonst im Ausland lebt. Ich kann dir von rappelvollen BVG-Bussen heute morgen erzählen, wo alles eingehalten wurde, außer der Fahrplan oder Abstand im Bus.

Wenn auch nur wenige Menschen wegen des asozialen Verhaltens der Streikenden schwer an Corona erkranken oder gar sterben, dann ist das für mich fahrlässige Körperverletzung mit Todesfolge. Statistisch wird es diese Fälle leider geben. Wem hier nicht mehr zu helfen ist, wegen ein paar hundert Euro bei einem quasi-staatlichen Unternehmen, welches trotz Milliardenverlusten keine Leute entlassen hat, sei dahingestellt.

Ich könnte übrigens auch meinen Arbeitgeber versuchen auszuquetschen, ganz ohne Streik und im Falle der Nichterhöhung einfach gehen. Ich würde locker etwas anderes finden. Ich habe aber einen Funken Anstand und weiß, was man gegenseitig aneinander hat.

Solange es eine pandemische Notlage gibt (und ich will gar nicht an dieser Stelle darüber diskutieren, ob diese noch berechtigt ist oder nicht, es ist im Moment nun einmal die politische Lage), sollten Streiks genauso verboten werden wie man in andere Grundrechte eingreift, um unnötige Infektionen mit Covid19 zu verhindern. Aber vermutlich hätten Leute wie du, 182 004, auch mitten im Lockdown gestreikt, weil es ja "bekannt" war.
Zitat
Henning
Zitat
PassusDuriusculus
Die S46 müsste besser als S6 zur Warschauer Str. fahren, dann wäre es eindeutiger...

(Nicht George Orwell sondern Geschichte)

Das wäre schlechter, dann wäre die komplette Ringbahn nicht bedient. Jetzt fährt zumindest auf dem Südring etwas.

Aha, ... und die S85 beamt sich also von Bornholmer Str. zum (Bhf.) Plänterwald? (Damit der komplette Ring also "unbedient" bliebe)
Der Abschnitt Schönhauser Allee <> Treptower Park gehört also nicht dem Ring an?
Zitat
m7486
Zitat
182 004
Seit mehreren Wochen war bekannt, dass es eine Urabstimmung geben wird, deren Ergebnis am 9.8. ausgezählt wird. Folglich ist seit mehreren Wochen bekannt, dass es ab dem 9.8. jederzeit zu Streiks kommen kann. Es fehlte ein KONKRETER Zeitraum, das ist richtig. Aber wer danach noch Reisen bucht, die nicht zwingend notwendig sind und wer sich nicht ersatzweise Wege in Berlin nur mit der BVG sucht (oder anders gesagt: ohne die DB), einfach nur rein vorsorglich, dem ist nicht mehr zu helfen.

Na dann. Ich kann dir von einer jungen Frau erzählen, die heute - aufgrund ihrer Schwangerschaft noch ungeimpft - in einem völlig überfüllten Fernzug ihre Reise angetreten hat, um ihre Familie zu besuchen, weil sie sonst im Ausland lebt. Ich kann dir von rappelvollen BVG-Bussen heute morgen erzählen, wo alles eingehalten wurde, außer der Fahrplan oder Abstand im Bus.

Wenn auch nur wenige Menschen wegen des asozialen Verhaltens der Streikenden schwer an Corona erkranken oder gar sterben, dann ist das für mich fahrlässige Körperverletzung mit Todesfolge. Statistisch wird es diese Fälle leider geben. Wem hier nicht mehr zu helfen ist, wegen ein paar hundert Euro bei einem quasi-staatlichen Unternehmen, welches trotz Milliardenverlusten keine Leute entlassen hat, sei dahingestellt.

Ich könnte übrigens auch meinen Arbeitgeber versuchen auszuquetschen, ganz ohne Streik und im Falle der Nichterhöhung einfach gehen. Ich würde locker etwas anderes finden. Ich habe aber einen Funken Anstand und weiß, was man gegenseitig aneinander hat.

Solange es eine pandemische Notlage gibt (und ich will gar nicht an dieser Stelle darüber diskutieren, ob diese noch berechtigt ist oder nicht, es ist im Moment nun einmal die politische Lage), sollten Streiks genauso verboten werden wie man in andere Grundrechte eingreift, um unnötige Infektionen mit Covid19 zu verhindern. Aber vermutlich hätten Leute wie du, 182 004, auch mitten im Lockdown gestreikt, weil es ja "bekannt" war.

Nochmal die Frage-welcher Streik welcher Berufsgruppe wäre denn nicht asozial in Deinen Augen??
Den selben Aufschrei gibt es wenn die Fluglotsen/Begleiter/Piloten in der Urlaubszeit streikten.
Das selbe müssen sich Mitarbeiter der Nahverkehrsbetriebe anhören.
Wenn die Hafenarbeiter in HH streiken,produziert das bei Euch wahrscheinlich Schulterzucken, nur weil die neue PS5 später kommt und das wars?
Man ist ja nicht persönlich betroffen-was interessieren mich die Hamburger...

T6JP
Zitat
m7486
Zitat
182 004
Seit mehreren Wochen war bekannt, dass es eine Urabstimmung geben wird, deren Ergebnis am 9.8. ausgezählt wird. Folglich ist seit mehreren Wochen bekannt, dass es ab dem 9.8. jederzeit zu Streiks kommen kann. Es fehlte ein KONKRETER Zeitraum, das ist richtig. Aber wer danach noch Reisen bucht, die nicht zwingend notwendig sind und wer sich nicht ersatzweise Wege in Berlin nur mit der BVG sucht (oder anders gesagt: ohne die DB), einfach nur rein vorsorglich, dem ist nicht mehr zu helfen.

1. Na dann. Ich kann dir von einer jungen Frau erzählen, die heute - aufgrund ihrer Schwangerschaft noch ungeimpft - in einem völlig überfüllten Fernzug ihre Reise angetreten hat, um ihre Familie zu besuchen, weil sie sonst im Ausland lebt. Ich kann dir von rappelvollen BVG-Bussen heute morgen erzählen, wo alles eingehalten wurde, außer der Fahrplan oder Abstand im Bus.

2. Wenn auch nur wenige Menschen wegen des asozialen Verhaltens der Streikenden schwer an Corona erkranken oder gar sterben, dann ist das für mich fahrlässige Körperverletzung mit Todesfolge. Statistisch wird es diese Fälle leider geben. Wem hier nicht mehr zu helfen ist, wegen ein paar hundert Euro bei einem quasi-staatlichen Unternehmen, welches trotz Milliardenverlusten keine Leute entlassen hat, sei dahingestellt.

3. Ich könnte übrigens auch meinen Arbeitgeber versuchen auszuquetschen, ganz ohne Streik und im Falle der Nichterhöhung einfach gehen. Ich würde locker etwas anderes finden. Ich habe aber einen Funken Anstand und weiß, was man gegenseitig aneinander hat.

4. Solange es eine pandemische Notlage gibt (und ich will gar nicht an dieser Stelle darüber diskutieren, ob diese noch berechtigt ist oder nicht, es ist im Moment nun einmal die politische Lage), sollten Streiks genauso verboten werden wie man in andere Grundrechte eingreift, um unnötige Infektionen mit Covid19 zu verhindern. Aber vermutlich hätten Leute wie du, 182 004, auch mitten im Lockdown gestreikt, weil es ja "bekannt" war.

Vorab: Für "Erwiderungszwecke" habe ich die Nrn. 1. - 4. vorangestellt. Außerdem noch eine Vorabwertung: So geht es nicht.

Zu 1.: Keine Frage, solche bedauerlichen Einzelfälle, wie der mit der schwangeren Frau, gibt es. Eine vollkommen befriedigende Lösung dafür gibt es wahrscheinlich nicht. Ich selbst war und bin dafür, für Streikfälle im Bahnbereich Vereinbarungen über Notverkehre zu treffen, um solche - im Grundsatz kaum vermeidbaren - Härten wenigstens etwas zu mildern.

Allerdings war die Bereitschaft dafür in den letzten Jahrzehnten wohl nicht sehr ausgeprägt: Bei den Gewerkschaften und ihren Mitgliedern nicht, weil dadurch die maximale Wirkung des Streiks nicht zu erzielen wäre (eben alles lahmzulegen, vor allem auch subjektiv wichtig) - und auch bei der Politik und der Konzernspitze nicht.

Insbesondere das Interesse der Politik, die Folgen so eines Bahnstreiks zu mildern, hält sich nach meiner Überzeugung gerade auch deshalb in Grenzen, weil es Menschen wie Dich gibt, die auf der Basis einer falschen Analyse oder eher noch einer Nichtanalyse der wirklichen Machtverhältnisse im Kapitalismus den Bahngewerkschaften und den ihn ihnen organisierten Kolleginnen und Kollegen "asoziales Verhalten" vorwerfen.

So läßt sich natürlich prima politische Stimmung machen, in diesem Fall gegen die in der GDL organisierten Kolleginnen und Kollegen und deren Streikziele. Für eine Verschärfung der Auseinandersetzungen bei der DB hat die Bundesregierung zudem mit dem Tarifeinheitsgesetz gesorgt. Es geht hier auch um einen Machtkampf zwischen den Gewerkschaften, wofür die Politik der Bundesregierung mitverantwortlich ist.

Rappelvolle BVG-Busse, in denen, wie ich hoffe, über die Hälfte der Fahrgäste und des Fahrpersonals geimpft sind und vor allem die Maskenpflicht eingehalten wird, sind nach allen mir bekannten Untersuchungen dazu kein Hotspot der Pandemie.

Zu 2.: Die Gewerkschaften haben zum Beispiel nicht die Möglichkeit, in die Preisbildung bei Lebensmitteln (wo es insbesondere wegen der Zustände bei den Produzenten und auch wegen der Klimaveränderungen sehr gute Gründe für Preissteigerungen gibt, was hier aber den Rahmen sprengen würde), bei den Mieten, bei Kraftstoffen, beim Heizöl usw. einzugreifen.

Ihre einzige Möglichkeit, auf die dort gesetzten Fakten (Preissteigerungen) zu reagieren, besteht darin, sich von Zeit zu Zeit auf die bereits eingetretenen Reallohnverluste mit Forderungen nach "Erhöhungen" bei den Entgelten zu melden.

Dies erscheint dann oberflächlich als "Störung des Arbeitsfriedens" - in Wirklichkeit setzen sich die in den Gewerkschaften organisierten Kolleginnen und Kollegen in vielen Fällen gerade einmal dafür ein, ihren Lebensstandard beibehalten zu können.

Natürlich gab es in den letzten 150 Jahren große Verbesserungen der Arbeits- und Lebensbedingungen in unserem Land, auch und gerade durch die Gewerkschaften, durch die Arbeiterbewegung überhaupt. Die Entwicklung einer Gesellschaft, in der es keine Gewerkschaften gibt, mag ich mir nicht vorstellen.

Wohin so eine Reise ginge, ist ja zum Beispiel im deregulierten Speditionsbereich und der privatisierten Post sehr deutlich erkennbar, wenn man sich mit den dort vorherrschenden Arbeitsbedingungen einmal näher beschäftigt.

Zu 3.: Allgemeine Unzufriedenheit über die Arbeitsbedingungen führt in der Tat zu einer erhöhten Bereitschaft, den Arbeitsplatz zu wechseln. Historische Beispiele dafür lassen sich in unserem Land finden, nämlich in Zeiten, in denen es "freie Gewerkschaften" (ich mag diese Bezeichnung nicht sehr) nicht gab, also von 1933 bis 1945 sowie in der SBZ/DDR von 1945 bis 1989, ohne jetzt stundenlang nach Quellen dafür zu suchen.

Was habe ich an meinem Dienstherrn? Dazu fällt mir immer das Beispiel aus dem Jahr 2003 ein, in dem Beamten wie mir an einem Freitag nach Dienstschluß in einer Mail mit Rechtschreibfehlern mitgeteilt wurde, die Dienstzeit für Beamtinnen und Beamte würde ab dem folgenden Montag 42 statt 40 Stunden betragen.

Diese Art des Umgangs des damaligen "Wowereit-Senats" (gebildet aus SPD und PDS), in der Sache eine Art "Stubenarrest" für Beamtinnen und Beamte, weil man sich mit meiner Gewerkschaft nicht über Entgeltsenkungen "für" Tarifbeschäftigte einigen konnte, ist mir bis heute präsent. Für mich war es ein schöner Tag, als Wowereit und sein Finanzsenator endlich weg waren.

Natürlich mag es andere "Arbeitgeber" (schon der Begriff ist falsch) geben, die mit ihren Beschäftigten verantwortlicher umgehen, insbesondere in "familiäreren" kleineren Betrieben, was sich dann für beide Seiten positiv auswirken kann.

Zu 4.: Die Pandemie ist sicher zu beachten, keine Frage. Ich weise aber auf meinen Textbaustein zur Nummer 2. hin: Wenn der Staat wegen der Pandemie zum Beispiel Mieterhöhungen zeitweilig untersagen würde oder Vermieter im Hinblick auf die Pandemie freiwillig darauf verzichten würden, wäre der Handlungsdruck der Gewerkschaften und der in ihnen organisierten Mitglieder, bereits eingetretene Reallohnverluste durch Entgelterhöhungen ausgleichen zu müssen, entsprechend geringer.

Man stelle sich vor: Die Chefetage der Deutschen Wohnen, die bei Mieterhöhungen fröhlich zur Sache kommt, regt sich über einen Bahnstreik auf, weil dadurch die Straßen voller sind - dabei träfe es in diesen Einzelfällen doch auch einmal die Richtigen,

Marienfelde.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 12.08.2021 07:19 von Marienfelde.
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