"Schlußfolgernd müsste es demnach heißen, Strassenbahnen mit Halt vor jede Haustüre und das rund um die Uhr abfahrbereit?"
Jedes Verkehrsmittel hat sein Berechtigung, gegliedert nach möglichem Beförderungsaufkommen und sinnvoller Verkehrszeit. Allerdings haben früher die Leute nur dann auf dem Land gewohnt, wenn sie dort auch Arbeit hatten. Heute wohnen die Leute auch auf dem Land, wenn sie sich den Wohnraum in der Stadt nicht mehr leisten können oder vor dem Krach - und das ist hauptsächlicher der (Auto)Verkehr - fliehen.
Diese "fliehenden" Leute sind - volkswirtschaftlich betrachtet - sehr rücksichtslos, weil sie mit ihrer Flucht aufs Land den in der Stadt Zurückgebliebenen weiteren (überflüssigen) Verkehrskrach bescheren. Das Ganze nennt sich übrigens "Zersiedelung", mit Abstand das größte Problem auf dem Weg in eine umweltfreundlichere Welt. Das Problem ist also nicht, dass die Leute auf dem Land Auto fahren, sondern dass sinnlos Auto gefahren wird. Es macht eben volkswirtschaftlich keinen Sinn, auf dem Land zu wohnen und in der Stadt zu arbeiten, weil es völlig unnötig Zeit und Energie kostet und letzten Endes alle unter diesen Auswirkungen leiden.
Ein Ausweg können aber müssen nicht öffentliche Verkehrsmittel sein. Die Bahn ohne Kunstbauten ist dabei am wirtschaftlichsten, die U- oder S-Bahn mit Kunstbauten am teuersten. Das wird beispielsweise in der Standardisierten Bewertung abgewogen, also in der Rangfolge der Volkswirtschaftlichkeit bundesweit verglichen.
Werden demnach die Nachteile der Zersiedelung durch öffentlich Verkehrsmittel "bedämpft", muss man in etwa folgende Vergleichsrechnung aufmachen:
Fahren 1000 Leute mit dem Auto zur Arbeit, dann werden dafür 850 Autos benötigt, also rund 1100 Tonnen Masse bewegt und mit durchschnittlich 80 kW pro Auto werden also insgesamt 68.000 kW benötigt. Die 1000 Leute passen aber auch in vier Straßenbahnen, die insgesamt nicht mal 3.000 kW brauchen. Rechnen wir noch den Wirkungsgrad dazu, dann müssen für eine Stunde dieses Straßenbahnfahrens etwa 3.600 kWh Energie aufgewendet werden, für die eine Stunde Autofahren etwa 212.500 kWh, natürlich jeweils auf diese tausend Menschen bezogen.
Die Straßenbahn braucht also für die exakt gleiche Beförderungsleistung der Autos deutlich unter zwei (!) Prozent der Energie, die für die Autofahrerei notwendig sind. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass die moderne Straßenbahn ihre Bremsenergie wieder zurückspeist und eigentlich statt der 3.600 kWh nur 2.400 kWh benötigt. Da die Erzeugung der Energie mit erheblichen Umweltschäden einher geht, darf man auch durchaus sagen, dass die Umweltbelastung der Energieerzeugung analog zur vorigen Rechnung von der Straßenbahn auch nicht einmal zwei Prozent ausmacht. Hier wird zum Nachteil der Straßenbahn wieder nicht berücksichtigt, dass die notwendige Energie für die Straßenbahn umweltfreundlich aus nicht fossilen Trägern gewonnen werden kann.
Noch etwas zum Nachdenken: Würden alle Autos ab sofort mit Strom fahren, würde sich der Energiekoeffizient mit ganz viel Augen zudrücken auf die Hälfte reduzieren. Selbst bei dieser (utopischen) Annahme hätte die Straßenbahn gegenüber den Stromautos mit nunmehr weniger als vier Prozent Anteil immer noch eine überragende und unschlagbare Energiebilanz ...