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Cottbuser Tram wird möglicherweise eingestellt
geschrieben von Nemo 
"Es gab in Cottbus in der Vergangenheit keinen Umsteigetarif ..."

So ein altmodisches, fahrgastfeindliches Denken gab es in Potsdam noch Anfang der 90er Jahre! Da musste man selbst beim Umsteigen mit der Straßenbahn jedes Mal neu bezahlen bzw. einen neuen Fahrschein lochen. Obwohl sich die meisten Linien zum 10-Min-Takt überlagerten, kostete die Direktfahrt einen Fahrschein und die Fahrt mit Umsteigen am Platz der Einheit zwei Fahrscheine.

Und in Stuttgart gab es vor dem Verbund zwei SSB-Tarife, die auch nichts miteinander zu tun hatten, einen für die Straßenbahn incl. einiger Busse in der Innenstadt und den anderen für die Bus-Außenlinien. Stuttgart ist auch heute noch ein gutes Beispiel für die bestmögliche Vermeidung von Anschlüssen: Fast alles fährt in unterschiedlichen Takten ...
Hallo,

geschrieben von: NVB
> So ein altmodisches, fahrgastfeindliches Denken gab es in Potsdam noch Anfang
> der 90er Jahre! Da musste man selbst beim Umsteigen mit der Straßenbahn jedes Mal
> neu bezahlen bzw. einen neuen Fahrschein lochen. Obwohl sich die meisten Linien
> zum 10-Min-Takt überlagerten, kostete die Direktfahrt einen Fahrschein und die
> Fahrt mit Umsteigen am Platz der Einheit zwei Fahrscheine.


Das war in Ostberlin (und wahrscheinlich auch in einigen anderen ostdeutschen Städten) bis zum Sommer 1990 genauso - und paßte zum großen Verästelungsgrad der Liniennetze. Man ging bei der Angebotsplanung offenbar eher davon aus, daß die Leute ohnehin lieber etwas länger auf die direkt zum Ziel fahrende Linie warten, als umzusteigen. Angesichts der damals vergleichsweise günstigen Fahrpreise dürfte aber auch das nochmalige Bezahlen beim Umsteigen zu verkraften gewesen sein. Heute sind die Rahmenbedingungen in Ostdeutschland eben anders als damals.

Aber laßt uns mal in diesem Thread beim Thema Cottbus bleiben ...

Grüße vom ex-Dresdner
Märkische Allgemeine » Nachrichten » Brandenburg/Berlin » Landespolitik
17.03.2009


VERKEHR: Straßenbahn auf dem Abstellgleis

In den erbitterten Streit um die Cottbuser Tram mischt sich nun auch die Landespolitik ein

... „Die Cottbuser Straßenbahn ist ein umweltfreundliches und sicheres städtisches Massenverkehrsmittel, das erhalten werden muss“, fordert auch die verkehrspolitische Sprecherin der Linken im Landtag, Anita Tack. Es wäre fatal, wenn ausgerechnet der ehemalige Brandenburger Verkehrsminister und jetzige Cottbuser Oberbürgermeister Frank Szymanski, der sich immer für einen starken ÖPNV eingesetzt hat, für die Abschaffung der Bahn in Cottbus verantwortlich wäre. Tack erwartet zudem von Infrastrukturminister Reinhold Dellmann (SPD) ein klares Bekenntnis zum Erhalt und Ausbau des vorhandenen Straßenbahnsystems im Land. ...

... Am Donnerstagabend nun findet im Cottbuser Stadthaus die erste öffentliche Diskussionsveranstaltung zur Abschaffung der Straßenbahn statt. Im April sollen Vorschläge für ein Verkehrskonzept bis 2020 in den städtischen Ausschüssen beraten werden. Eine endgültige Entscheidung sollen die Cottbuser Stadtverordneten dann im Juni treffen. ...

[www.maerkischeallgemeine.de]
ex-Dresdner schrieb:

> Das war in Ostberlin (und wahrscheinlich auch in
> einigen anderen ostdeutschen Städten) bis zum
> Sommer 1990 genauso - und paßte zum großen
> Verästelungsgrad der Liniennetze. Man ging bei der
> Angebotsplanung offenbar eher davon aus, daß die
> Leute ohnehin lieber etwas länger auf die direkt
> zum Ziel fahrende Linie warten, als umzusteigen.
> Angesichts der damals vergleichsweise günstigen
> Fahrpreise dürfte aber auch das nochmalige
> Bezahlen beim Umsteigen zu verkraften gewesen
> sein. Heute sind die Rahmenbedingungen in
> Ostdeutschland eben anders als damals.

Nun, in der DDR gab es vermutlich deshalb keine Umsteigetarife, da Umsteigetarife ein aufwändigeres Entwerter-System erfordert hätten. Zur Kontrolle hätte man ja Zeit, Datum und Linie auf den Fahrschein drucken müssen. Beim Tarifsystem der DDR hat eine in jedem Fahrzeug andere jedoch unveränderliche Nummer oder geometrische Anordnung von Löchern gereicht. Man hätte natürlich schwarzfahren können, ohne erwischt zu werden, wenn man z.B. immer nur mit Wagen 234 gefahren wäre... Aber jedes System hat eben seine Lücken.

Gruß Nemo
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Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!
Nemo schrieb:

> Nun, in der DDR gab es vermutlich deshalb keine
> Umsteigetarife,

Nun, in Rostock gab es sehr wohl eine Umsteigeberechtigung zwischen den
(zeitweise nur noch zwei) Straßenbahnlinien sowie den frühere
Straßenbahnlinien ersetzenden Busse nach Brinckmansdorf und Dierkow-
Gehlsdorf.
Global Fisch schrieb:
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> Nun, in Rostock gab es sehr wohl eine Umsteigeberechtigung zwischen den
> (zeitweise nur noch zwei) Straßenbahnlinien sowie den frühere
> Straßenbahnlinien ersetzenden Busse nach Brinckmansdorf und Dierkow- Gehlsdorf.

Ausnahmen bestätigen die Regel. Auch in Plauen gab es eine Umsteigeberechtigung, anfangs mit Handstempeln neben der Zahlbox, später etwas rechtssicherer durch Entwerter mit Druckfunktion.

so long

Mario
Mitten in die Vorbereitung auf die Veranstaltung platzt die Eilmeldung der Stadt Cottbus, dass die geplante Diskussionsveranstaltung zur Straßenbahn, so wörtlich, "auf Bitten der Dresdner Gutachter PTV" abgesagt wurde und zu "einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden soll". Sicherlich werden die Zeitungen morgen und übermorgen ausführlich berichten ...

Echt peinlich, ob die PTV ihrem eigenen Gutachten nicht getraut hat?
NVB schrieb:
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> Echt peinlich, ob die PTV ihrem eigenen Gutachten
> nicht getraut hat?

Tja, das kommt dabei heraus, wenn man mit einem schlecht bezahlten Gefälligkeitsgutachten den guten Ruf des eigenen Unternehmens aufs Spiel setzt. oder wie?

Es wäre mal interessant zu wissen, was denn nun wirklich der Auftrag an PTV war und welche Folgeaufträge in Aussicht gestellt wurden. (Detailplanung der Umstiegs auf einen reinen Busbetrieb?) Es ist ja nicht gesagt, dass der Auftrag überhaupt besagte, dass alle Optionen gleichberechtigt zu prüfen sind. Nur wenn der Auftraggeber das nun so darstellen will, steht man als Gutachter natürlich blöd da, wenn doch gute Gegenargumente gegen die Stillegung auftauchen.
"Es wäre mal interessant zu wissen, was denn nun wirklich der Auftrag an PTV war und welche Folgeaufträge in Aussicht gestellt wurden."

Das Fernsehen ist an der Sache dran, die haben erzählt, dass PTV angeblich der "Haus- und Hoflieferant" für das Land Brandenburg bzw. für den VBB sei. Vielleicht kann man das irgendwie nachprüfen? Womöglich kommt da noch mehr ans Tageslicht, die haben vermutlich gedacht, die Tram-Stilllegung in Cottbus wird eine der leichteren Übungen ...

Es wurde auch erzählt, dass in der Amtszeit des OB als Verkehrsminister die Fördermillionen des Bundes für den ÖPNV in Form der erhöhten MWSt.-Zuwendung für andere Dinge zum "Haushaltsstopfen" ausgegeben wurden. Mir fällt der Fachausdruck für diese Zahlungen gerade nicht ein ...
das an der ganzen Sache irgendwas gewaltig stinkt, mußte eigentlich jedem klar sein, der sich auch nur ein klein wenig mit solchen Sachen auskennt. Wenn sich sogar Halberstadt zum Erhalt seiner Straßenbahn durchringen konnte und sogar ein 1 - Linien - Betrieb wie Ulm seine bestehende Straßenbahnstrecke verlängert, dann muß sich das ja irgendwie rechnen. Das Märchen von der eierlegenden Wollmichsua Autobus wurde ja nun schon des Öfteren ad absurdum geführt...

Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, was wohl dahintersteckt und spekuliere darauf, das da wohl die Autolobby irgendwie ihre Finger mit im Spiel hat. Aber was sollen Spekulationen, das das da alles nicht mit rechten Dingen zugeht, ist klar.

Bürger, Presse und - HOFFENTLICH - auch ein paar Politiker sollten da unbedingt dranbleiben und Druck machen. Mal sehen, was da alles noch zutage kommt. PTV wird schon wissen, warum es gekniffen hat. Jeder, der auch nur ein Körnchen verkehrspolitischen Sachverstand besitzt, hätte dieses Gutachten denen doch um die Ohren gehauen und sie auseinandergenommen. Schade eigentlich, sicherlich hätte denen so eine öffentliche Demontage mal ganz gut getan.

Eines steht jetzt schon fest: die Verantwortlichen haben sich selbst ins verkehrspolitische Aus gekickt. In der Fachwelt wird man nicht nur über dieses "Gutachten" den Kopf schütteln, sondern auch über die destruktive Haltung des Herrn Oberbürgermeisters und des Cottbusverkehrschefes die Nase rümpfen. Das ist in der Tat ein unheilvolles Duo, wenn sich da Verkehrsbetrieb und Stadt einig sind, dann steht es schlecht um die Straßenbahn. Andererseits bin ich trotzdem optimistisch, das der Druck stark genug sein wird, diesen Herren ein "P" vorzusetzen.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 18.03.2009 04:22 von Polski.
Ich ergänze noch: diesen Herren nicht nur ein "P" vor die Nase zu setzen, sondern am besten schnellstmöglich den Stuhl vor die Tür zu stellen. Man sollte sie zwangsweise in eine Stadt "verfrachten", die aufgrund eben solcher Gutachten heute einen hundmiserablen Nahverkehr hat und in der die Folgen des Autowahns deutlich anzusehen sind. In Deutschland fällt mir da als erstes Bremerhaven ein.
Ich muss leider anmerken, dass Cottbus bereits jetzt einen hundsmiserablen, weil nicht als einfach zu benutzendes INTEGRIERTES System funktionierenden Nahverkehr hat.
Lausitzer Rundschau
Cottbus 18.03.2009

Diskussionsrunde zur Straßenbahn in Cottbus verschoben

Die für den morgigen Donnerstagabend im Stadthaus angekündigte Diskussionsrunde zur Straßenbahn in Cottbus muss verschoben werden. Das teilt die Pressestelle der Stadtverwaltung mit. Dies geschehe auf Bitte der externen Gutachter. Die Runde zum öffentlichen Personennahverkehr in Cottbus werde später nachgeholt. Der Termin werde rechtzeitig bekanntgegeben.

[www.lr-online.de]
NVB schrieb:
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> Diskussionsrunde zur Straßenbahn in Cottbus
> verschoben


Wie sagt doch der berühmte Volksmund?

"Jeder blamiert sich, so gut wie er kann!"

Und diesem Fall können das offensichtlich einige Protagonisten besonders gut!

Beste Grüße
Harald Tschirner
Wir sind als Pro Bahn von der Lausitzer Rundschau zu einem umfassenden Interview eingeladen worden, was am Mittwoch, den 25.03.2009 erscheinen soll. Wir sollen und wollen einen Überblick geben, mit welchen Mitteln man Cottbus zu einem besseren ÖPNV verhelfen kann, der deutlich mehr Fahrgäste bringen könnte und damit bezahlbar wird. Wir haben natürlich dazu unsere Vorstellungen, doch vielleicht gibt es hier im Forum noch weitere gute Ideen, die Cottbus zu einem deutlich höheren ÖPNV-Anteil bringen könnte.

Auch die Stadt Cottbus hat inzwischen den Kontakt zu uns gesucht und nach Ostern ist ein erstes Gespräch auf oberster Ebene zusammen mit dem Verkehrsunternehmen angesetzt ...

Hintergrundinfos zu Modal Split und seiner Verbesserung:
[www.verkehrsplanung.com]
[www.increase-public-transport.net]

Was man übrigens mit der Einführung des integralem Taktverkehrs und gesicherten Umsteigebeziehungen im Jahr 2000 in Potsdam zu Gunsten des ÖPNV erreicht hat, beweist die nachfolgende Studie der TU Dresden:
[www.potsdam.de]
Will Herr Thomsch keine Tram mehr sehen,
soll ER, nicht die Trambahn gehen!!!!
Hallo

Wo befindet sich eigentlich aktuell die Stadtgrenze von Cottbus? Liegt die, wie man es vermuten möchte, an der Grenze zwischen den Tarifbereichen B und C oder woanders?
Laut Wikipedia, was ja nicht aktuell sein muss, gehören nämlich Kolkwitz, Hänchen und Klein Gaglow nicht zu Cottbus. Beide Orte (Ortsteile?) liegen aber im Tarifgebiet B der Stadt Cottbus! Ist es nicht im VBB prinzipiell so, dass bei Städten, die über Tarifgebiete A, B und C verfügen die Grenze zwischen B und C der Stadtgrenze entspricht?
Hat es vielleicht in Cottbus kürzlich Eingemeindungen gegeben?
Dabei geht es nicht um die Eingemeindung von 2003, bei der Groß Gaglow, Gallinchen und Kiekebusch zum Stadtgebiet hinzu kamen. Folgten danach noch Kolkwitz, Hänchen und Klein Gaglow?

Viele Grüße

Ulrich C.

Lausitzer Rundschau
Cottbus 25.03.2009


"Gleichheit der Infrastruktur entscheidend"

"Die Cottbuser Straßenbahn ist ein Zukunftsmodell. Sie muss für die Bürger attraktiv gemacht werden", sagt Dieter Doege, der Landesvorsitzende des Vereins Pro Bahn.


Die Stadtverwaltung gibt vor, mit dem Bus Kosten sparen zu können. Kann es dem Fahrgast nicht gleichgültig sein, ob er in einer Tram oder in einem Bus befördert wird?

Der Bus erscheint nur günstiger als die Straßenbahn, weil erhebliche Kosten und Belastungen von der Allgemeinheit getragen werden. Die Kosten der Straßenbahn verbleiben dagegen beim Verkehrsunternehmen allein. Gerade der Bus mit seinen Abgasen und dem selbst bei jedem Stopp an der Haltestelle weiterlaufenden Motor stellt eine erhebliche Belastung der Umwelt dar. Dagegen ist die Straßenbahn sehr umweltfreundlich und im Gegensatz zum Bus zukunftsfähig, weil sie auch ohne fossile Brennstoffe mit einem unvergleichlich günstigen Wirkungsgrad betrieben werden kann. Die Straßenbahn ist mit ihren Elektromotoren für das ständige Anfahren und Anhalten im öffentlichen Verkehr wesentlich besser gerüstet. Sie kann kürzere Fahrzeiten als der Bus erreichen und ihre Bremsenergie zurückgewinnen. Diese wird beim Bus in Form von Wärme und Bremsabrieb vergeudet. Nicht umsonst wird bei der Straßenbahn auch vom Schienenbonus gesprochen. Und der verleitet gerade Autofahrer eher dazu, ihren fahrbaren Untersatz stehen zu lassen und den Zeitvorteil der vielfach auf eigenen Trassen verkehrenden Straßenbahn zu nutzen.

Wie müsste das Cottbuser Straßenbahnnetz weiterentwickelt werden, um es attraktiver zu machen?

In Cottbus gibt es die wenig erfreuliche Situation, dass wichtige Stadtbereiche wie Hauptbahnhof, Universität und die beiden großen Einkaufszentren schlecht oder gar nicht mit der Straßenbahn zu erreichen sind. Kurzfristig müssen beim Rückbau und beim Umbau der Stadt die Lage der Straßenbahn berücksichtigt und mittelfristig das Netz den aktuellen Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechend erweitert werden. Ein moderner, das heißt vom Fahrgast angenommener und damit ein bezahlbarer Nahverkehr, muss ein Bündelverkehr sein. Das erfordert, alle in und um Cottbus verkehrenden Verkehrsmittel räumlich und zeitlich wirkungsvoll zu vernetzen. Dies kostet nicht viel und gibt fast jedem Fahrgast die Möglichkeit, für sein individuelles Fahrbedürfnis ein akzeptables Beförderungsangebot vorzufinden.

In welchem Takt muss die Straßenbahn fahren, um für den Fahrgast attraktiv und für die Stadt finanzierbar zu sein?

Attraktivität ist keine Frage der Taktdichte, sondern eine der Netzwirksamkeit. Unterschiedliche Takte sind ein großes Problem, weil sie das unerlässliche Miteinander der Verkehrsmittel unmöglich machen. Die für einen preiswerten öffentlichen Nahverkehr erforderliche Arbeitsteilung der Verkehrsmittel wird dadurch verhindert. Cottbus hat eine vergleichsweise schlechte Akzeptanz der öffentlichen Verkehrsmittel bei den Einwohnern zu verzeichnen. Der Anteil der Nutzer muss im Verhältnis zu den Autofahrern gesteigert werden. Doch die individuellen Fahrtenwünsche der Autofahrer können kaum über einzelne Linien, sondern nur über ein möglichst vielseitiges und gut funktionierendes Gesamtnetz abgedeckt werden.

Drei Fahrten pro Stunde einer Straßenbahnlinie mit jedoch leicht merkbaren und bequemen Umsteigebeziehungen zu vielen Zielen abseits der Linie können wesentlich attraktiver sein als ein 10-Minuten-Takt ohne vernünftige Anschlüsse. Selbst wenn beispielsweise für bestimmte Verbindungen ins Umland nur eine Abfahrt pro Stunde möglich ist, wird eine Wartezeit zu Hause oder am Arbeitsplatz sehr viel eher akzeptiert, als die heutige Ungewissheit an einer zugigen Umsteigehaltestelle. Im reinen Busverkehr sieht der Autofahrer übrigens deshalb keinen Vorteil, weil dieser auf den gleichen staugefährdeten Straßen wie er selbst verkehren muss.

Mit welchen Angeboten könnte die Tram attraktiver gemacht werden, gibt es erfolgreiche Beispiele anderer Städte?

Dazu muss man wissen, dass die öffentlichen Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten in der Regel kostendeckend arbeiten. Das große Problem sind weite Teile des Tages, in denen es zu wenig Fahrgäste gibt. Das sind Gelegenheitsfahrer, die sich zwangsläufig weniger gut im Netz auskennen und dann bei kleinsten Problemen die Bahn meiden. Deshalb zielen die erfolgreichen Modelle anderer Städte immer darauf ab, über besonders einfache Tarife und leicht begreifbare Netzzusammenhänge den Zugang zu Bus und Bahn zu verbessern. Noch wirkungsvoller als allgemein günstige Tageskarten sind besondere Monats- oder Jahresangebote, weil sich die mitunter zögerliche Entscheidung für öffentliche Verkehrsmittel dann nicht dauernd neu stellen muss. So gibt es in anderen Städten Schülerkarten, die erst ab 14 oder 15 Uhr gelten und die gelebte Mobilität der Jugendlichen auf die Straßenbahn fixieren. Das bringt zusätzliche Einahmen und die überzeugten Kunden von morgen.

Es gibt in Cottbus einen Entwurf für einen Lärmaktionsplan, der vorsieht, fast alle großen Hauptstraßen rund um die Uhr oder nachts als Tempo-30-Zonen auszuweisen. Wie könnte sich die Tram optimal in ein solches Konzept einfügen?

Ein Verkehrsmittel, das auf Grund seiner Effizienz und seiner anerkannten Umweltfreundlichkeit Riesenvorteile gegenüber dem Individualverkehr hat, darf, ja muss bevorzugt werden. Eine Straßenbahn braucht an Ampeln sofort „Grün“, aber sie braucht dies nur sehr kurz. Sie nimmt also den Autofahrern nichts weg. Im Gegenteil, sie hilft den Autofahrern, weil die Straßenbahn in Cottbus - übrigens auch im Gegensatz zum Bus - den Autos kaum im Weg steht und die Straßen auf Grund ihres geringen Verkehrsflächenverbrauchs entlastet.

Im Lärmaktionsplan geht es ja nicht primär um die Reduzierung der Geschwindigkeit, sondern um die damit erhoffte Lärmreduzierung. Da sich der Cottbuser Verkehrsbetrieb in geradezu hervorragender Weise um den Einbau von Flüstergleisen verdient gemacht hat, kann die Straßenbahn von den geplanten Geschwindigkeitsreduzierungen ohne Schaden für die Umwelt ausgenommen werden. Cottbus hat mit der Schadstoffbelastung der Luft ein noch viel größeres Problem - und dafür gibt es kein besseres Gegenmittel als die schadstofffreie Straßenbahn.

Welche Möglichkeiten eines wirtschaftlichen Verbundes sehen Sie mit welchen Effekten im Zusammenhang mit anderen Straßenbahn-Städten in Berlin/Brandenburg?

Ein großer finanzieller Posten für die Verkehrsbetriebe ist die Vorsorge gegen Ausfälle von Fahrzeugen. Technik und Personal in Reserve zu halten, kostet viel Geld. Je kleiner das Unternehmen, umso stärker machen sich diese Kosten bemerkbar. Umso schwieriger ist es auch, in jedem Bereich des Betriebes das jeweils Optimale zu erreichen. Das fängt bei der Gleispflege an und hört bei der Fahrzeugbeschaffung noch lange nicht auf. Im Land Brandenburg gibt es mit Cottbus, Frankfurt/Oder und Brandenburg drei städtische Betriebe, deren Spurweite mit der so genannten Meterspur gleich ist und identische Fahrzeuge zulässt. Nicht nur damit wären erhebliche Synergieeffekte zu erzielen. Man könnte auch für jedes Unternehmen thematische Schwerpunkte setzen und sich in einem wirkungsvollen Verbund bei Beschaffung, Erhalt, Wartung und Organisation kostengünstig unterstützen. Dabei spielt es kaum eine Rolle, dass die drei Verkehrsunternehmen räumlich voneinander getrennt liegen. Die Gleichheit der Infrastruktur ist entscheidend.

Mit Dieter Doege sprach Kathleen Weser.

Umstritten - Zukunft der Cottbuser Straßenbahn Klartext im rbb 25. März, 22.20 Uhr

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[www.lr-online.de]
Das PRoblem ist, das man die Verantwortlichen nicht mit argumenten, sondern nur mit druck ueberzeugen kann. Sie muessen wissen, das sie nicht wiedergewählt bzw aus dem Amt gejagt werden, wenn sie die Straßenbahn wirklich abschaffen. Also muessen alle Verbände und die Bevölkerung durch rege Anteilnahme und durch öffentlichen Druck auf die Verantwortlichen "argumentieren".
NVB schrieb:
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> Lausitzer Rundschau
> Cottbus 25.03.2009

Danke für die Infos und die Zitate und vor allem für dein Engagement in dieser Sache! Hoffen wir, dass deine Bemühungen von Erfolg gekrönt sind!

Übrigens wird im VBB-Magazin

[www.vbbonline.de]

auf Seite 26 eine Veranstaltung angekündigt:

...und 30 Jahre KT4D-Betrieb in Cottbus
Im Rahmen des in diesem Jahr stattfi ndenden
Parkfestes in Cottbus-Branitz begehen die Parkbahn
Cottbus ihr 55-jähriges Jubiläum und Cottbusverkehr
das 30-jährige Jubiläum des KT4D-Straßenbahnbetriebes.
Aus diesem Anlass werden am Wochenende 6./7. Juni 2009 eine Reihe von
Veranstaltungen präsentiert: Cottbusverkehr richtet zwischen dem Hauptbahnhof
– Stadtzentrum und der Schleife Sandow eine historische Straßenbahnlinie ein, die durch historische Straßenbahnen 24/13, Gotha-Wagen und
dem letzten vorhandenen KT4D-Triebwagen bedient
wird (www.cottbusverkehr.de)


Beste Grüße
Harald Tschirner
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