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Ausdünnungsorgien im Anmarsch…
geschrieben von Ingolf 
Inzwischen verdichten sich in den Berliner Medien die Meldungen über bevorstehende Angebotsreduzierungen bei der BVG. Allen voran drängt der (fast) allmächtige Finanzsenator genau in diese Richtung - und intern im Hause BVG gibt es eine ganze Menge Kräfte, die sich mit entsprechenden Konzepten und deren Durchsetzung als "harte" Sanierer, die auch unliebsame Maßnhamen durchsetzen können, profilieren wollen.

Hier ein aktueller Artikel dazu aus dem Tagesspiegel:
[www.tagesspiegel.de]

Und vor einiger Zeit hat die Berliner Zeitung dies bereits thematisiert:
[www.berliner-zeitung.de]

Hierzu noch meine Beobachtungen aus der letzten Zeit im U-Bahn-Bereich:
Vorletztes Wochenende, Sonntagmorgen gegen 1.00 Uhr - U8 ab Hermannplatz Richtung Norden - 4-Wagen-Zug - an mehreren Stationen sind nicht mehr alle Fahrgäste wegen Überfüllung mitgekommen - Zusätzlich gab es noch völlig deplatzierte Kommentare von Fahrer bezüglich schnellerem Einsteigen etc.

Letztes Wochenende, Sonntagmorgen gegen 10.00 Uhr - U2 ab Eberswalder Straße in Richtung Alexanderplatz - 4-Wagen-Zug - ab Senefelderplatz bis Alexanderplatz sind nicht mehr alle Fahrgäste wegen Überfüllung mitgekommen.

Vorgestern abend, Linie U3: Abends inzwischen teilweise Einsatz von 2-Wagen-Zügen (!):
[www.flickr.com]

Die BVG ist also nicht mehr in der Lage, die vorhandene Nachfrage - und das vor allem in den Schwachlastzeiten, wo mehr als genug Kapazitäten zur Verfügung stehen - zu decken. Da aber unsere Politik weitere Kürzungen vorantreibt, wird sich der Berliner ÖPNV irgendwann noch zu Tode optimieren und nicht mehr viel davon übrigbleiben…

Ingolf



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 20.07.2012 16:03 von Ingolf.
Es wird aber nicht erwähnt, dass sich die BVG einen großen Teil ihrer Schulden durch das spekulative Cross-Border-Leasing selbst zuzuschreiben hat. Dass sie durch den Verkehrsvertrag noch zusätzlich unterversorgt ist, kommt ja nur erschwerend hinzu.
Das Gejammer über die BVG, die es angeblich nicht schafft, ihre Finanzen in den Griff zu bekommen, finde ich verlogen.

Betrachtet mal folgende Tabelle: [de.wikipedia.org]

Vor 9 Jahren hat die BVG 416 Millionen Euro bekommen und hatte ein Ergebnis von -221 Millionen. Letztes Jahr hatte sie ein Ergebnis von -71 Millionen. Beachten muss man aber, dass es auch nur noch 289 Millionen Zuwendungen waren.

Anders herum: Wären die Zuwendungen nicht schon massiv gestrichen worden, wäre die BVG bereits raus aus den roten Zahlen, oder sehe ich das falsch?!

Und zum Thema Cross Border Leasing: Ja, das war Blödsinn. Aber der Senat darf sich da ruhig an die eigene Nase fassen, denn Nußbaums Vorgänger Sarrazin höchstselbst hielt das Modell für ein Geld generierendes System. Ist ja nicht so, dass dort "die BVG" daran alleine schuld wäre und das alleine ausbaden sollte.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 20.07.2012 15:08 von vasarius.
Wieder typisch das für den Mist des BER-Flughafens, Fahrgäste "bluten" müssen
die am Stadtrand wohnen, wo angeblich am ehesten gekürzt werden soll.

Trotz der Schilderungen von Ingolf, bin ich der Meinung das man am Sonntag
noch sparen kann. Den 5min-Takt z.b. finde ich übertrieben.
Eine Rückkehr zu 7/7/6 wäre auch akzeptabel.
ich arbeite seit vielen jahren als strassenbahnfahrer......kann nur sagen, ein privater wäre nach 4 wochen pleite.
-ein superteures beschleunigungsprogramm installieren , was nicht funktioniert...
-eine tram im bauhausstil fordern mit 1000 umbauten danach....
-gleise mit weichem stahl kaufen, die billiger sind...die nach 4 monaten abgenutzt sind, man siehe sich den flickenteppich an auf allen gleisen in strassenlage an
Gerade in den Randbezirken kann man doch eh kaum noch ausdünnen. Sonst müsste man entweder vom 20min Mindeststandard runter oder die Linie gleich stilllegen. Im Nahverkehrsplan sind Mindeststandards festgelegt wenn man diese auch noch unterschreitet ist der Plan nicht das Papier wert auf dem es gedruckt wurde.

*******
Das Gegenteil von ausbauen ist ausbauen.
Ich finde dieses "Wir haben für den Nahverkehr kein Geld"-Gegreine absolut widerlich und heuchlerisch! Die einzig zulässige Frage in dem Bereich (wie auch bei Dingen wie Schulen, Jugendklubs, Versorgung mit Wasser/Strom/Gas, usw.) ist für mich "Werden die angebotenen Leistungen genutzt bzw. können wir dieselbe Leistung mit weniger Finanzmitteln erbringen?"

Es wäre also z.B. sehr wohl vorstellbar, schwach ausgelastete Buslinien in den Randbezirken nach 22 Uhr oder Sonntag früh auf Rufbus oder Taxibetrieb umzustellen. Oder in begründeten Einzelfällen auf 30- oder 60-Minuten-Takt in Randzeiten zu gehen. Aber wenn die U-Bahnen und Busse und Straßenbahnen voll sind, dann ist verdammt nochmal das Angebot auch zu fahren bzw. auszuweiten! Desgleichen mit den angedrohten Stilllegungen von Bahnstrecken in Brandenburg, oder dass seit Jahren an den Sommerwochenenden nicht genug Züge Richtung Ostsee bereitgestellt werden.
Zitat
micha774
Eine Rückkehr zu 7/7/6 wäre auch akzeptabel.
Alle 7,5min reichen auch aus. Natürlich mit ausreichend großen Fahrgefäßen. Aber die BVG scheut den (halben)15min-Takt wie der Teufel das Weihwasser...

Zitat
logital
Gerade in den Randbezirken kann man doch eh kaum noch ausdünnen. Sonst müsste man entweder vom 20min Mindeststandard runter
Um den 20er Mindesttakt gehts vermutlich auch nicht, aber ob einige M-Linien wirklich spät abends im 10er Takt fahren müssen?!? Und damit meine ich sicher nicht die (tra)M10. Immerhin war Jahrzehnte lang am Wochenende ein 15min-Takt bei Bus und Strab üblich.
Würde das nichtfunktionierende Beschleunigungsprogramm funktionieren, könnte man sicherlich mehr einsparen, als mit ein Paar Fahrten weniger in Tagesrandlage.
Und seien wir doch mal ehrlich.... In Vergleich zu anderen Städten haben wir (trotz einiger Problemchen) noch immer ein beneidenswert dichtes und oft befahrenes Netz. (auch wenn wir oft damit auch (zT berechtigterweise) unzufrieden sind)

PS: War kürzlich in Bonn. Takt alle 30min. Anschlüße? Fehlanzeige. Fahrpreise? ca.7€ Flughafen-Stadt. ca.2,30€ Kurzstrecke??
Beispiel Sofia. Takte total unregelmäßig, oft nach Länge der Linie und Anzahl bedienender Fahrzeuge bestimmt. Anschluße Fehlanzeige.
Oft sind Haltestellen vor(Strab) und hinter(O-Bus,Bus) einer Kreuzung, oder Bus1,2,3 halten vor, Bus4,5,6 hinter der Kreuzung!
Takte schwankt zwischen alle 4,9,11,16,18,23 bis zu 32min und das am Tage!!! Ebenso gibt es sich stündlich ändernde Takte (zB 10:19, 10:42, 11:07, 11:26,...) Abends ab 21h zT nur alle 30-60min. Nachtverkehr? Siehe Fa.Taxi&Co. Jedes Umsteigen bedeutet einen neuen Fahrschein (50ct/Fahrt) lochen.
Manchmal denk ich, wir Berliner sind echt verwöhnt.. ;)

Viele Grüße

plums # [tram.swetlin.net]
Zitat
VvJ-Ente
Ich finde dieses "Wir haben für den Nahverkehr kein Geld"-Gegreine absolut widerlich und heuchlerisch!

Zustimmung!

Zitat
VvJ-Ente
in begründeten Einzelfällen auf 30- oder 60-Minuten-Takt in Randzeiten zu gehen.

Stündlich verkehrende Buslinien kann man nach meinem Dafürhalten auch gleich ganz einstellen, da bei einem seltenen und damit unattraktiven Takt nur noch ein Bruchteil der zu befördernden Fahrgäste transportiert werden, während sich der Großteil Alternativen sucht. 20-Minuten-Takte halte ich schon nicht für attraktiv, aber als Schmerzgrenze im Tagesverkehr angemessen. ÖPNV ist nunmal keine Branche mit der man Geld verdienen kann und in der man den einen oder anderen leeren Bus einfach verschmerzen muß, so verschwenderisch es sich anhört. Rappelvolle Transportgefäße zu allen Tages- und Nachtzeiten auf allen Linien würden einen Idealzustand bedeuten, der nie erreicht werden kann.

Zitat
VvJ-Ente
oder dass seit Jahren an den Sommerwochenenden nicht genug Züge Richtung Ostsee bereitgestellt werden.

Wie sieht es da in diesem Jahr eigentlich aus? Das Wetter war ja bislang noch nicht so einladend, so daß man ein hinreichendes Platzangebot hätte vorfinden können. Ich plane, in der Hoffnung auf ein paar Sommertage, im August einen Kurztrip zum Meer zu unternehmen.


Das Gegenteil von pünktlich ist kariert.
Klar ist es woanders schlechter, aber ich orientiere mich eher an Wien, wo es nun die Jahreskarte für 365€ gibt oder an Zürich, deren hervorrandes wenn auch absurd teures ÖPNV-Netz weltbekannt ist. Natürlich kostet sowas eben nun mal mehr (Steuer-) Geld. Ich würde auch noch einen ÖPNV Zuschlag auf meine Lohnsteuer zahlen damit das finanziert werden kann, aber ich werde nicht vor die Wahl gestellt.

*******
Das Gegenteil von ausbauen ist ausbauen.
Die BVG soll mal die Schulden des Senates (der Senat hat Kredite über die BVG aufgenommen und diese zählen jetzt zu den Schulden der BVG, was sich jeder im Netz selber raus suchen kann) an den Senat zurück geben und schon sieht es viel besser um die BVG aus.

GLG.................Tramy1
Zitat
plums
PS: War kürzlich in Bonn. Takt alle 30min. Anschlüße? Fehlanzeige. Fahrpreise? ca.7€ Flughafen-Stadt. ca.2,30€ Kurzstrecke??

Schlechtes Beispiel. Die Stadtwerke Bonn arbeiten mit Linienüberlagerung, so dass in Großteilen des Netzes mindestens 2 Linien im Wechsel dieselbe Strecke bedienen. Faktisch hast du also auf allen Hauptästen mindestens einen 15-Minuten-Takt. Früher gab es einen Sammelanschluss am Hauptbahnhof, aber den Unfug hat man inzwischen offenbar abgeschafft. Der hatte nämlich den blöden Nebeneffekt, dass im Citybereich immer gleich 2 oder 3 Busse im Rudel kamen und dann 20 Minuten (damals gab es noch 40-Minuten-Takte) gar nichts. Und wenn dein Bus auch nur 3 Minuten zu spät dran war, waren sämtliche Anschlüsse schon weg. So wartest du maximal 10 Minuten, wenn du auf einen anderen Hauptast wartest. Ja, Flughafen ist teuer, das liegt daran, dass der Flughafen tariflich zu Köln gehört. Und Kurzstrecke kostet 1,80 €, für 2,20 € bekommst du eine komplette Tarifzone.

Zitat
Alter Köpenicker
Stündlich verkehrende Buslinien kann man nach meinem Dafürhalten auch gleich ganz einstellen, da bei einem seltenen und damit unattraktiven Takt nur noch ein Bruchteil der zu befördernden Fahrgäste transportiert werden, während sich der Großteil Alternativen sucht.
Deswegen habe ich ja auch was von begründeten Einzelfällen geschrieben. Ansonsten müsstest du ja z.B. so ziemlich jede Linie ins Umland stilllegen. Aber besser gefällt mir natürlich auch das Rufbus- oder Taxisystem.
Zitat
Logital
Klar ist es woanders schlechter, aber ich orientiere mich eher an Wien, wo es nun die Jahreskarte für 365€ gibt oder an Zürich, deren hervorrandes wenn auch absurd teures ÖPNV-Netz weltbekannt ist. Natürlich kostet sowas eben nun mal mehr (Steuer-) Geld. Ich würde auch noch einen ÖPNV Zuschlag auf meine Lohnsteuer zahlen damit das finanziert werden kann, aber ich werde nicht vor die Wahl gestellt.

Absurd: Du willst weniger fürs Ticket zahlen, aber alle sollen im Gegenzug zwangsweise mehr über die Lohnsteuer dafür abführen (also wieder inkl. deiner selbst).
Mit der Einstellung hätte jeder Autofahrer das Recht auf billigeres Benzin, dass wir wiederum über Steuern finanzieren dürfen.
Zitat
Blaschnak
Zitat
Logital
Klar ist es woanders schlechter, aber ich orientiere mich eher an Wien, wo es nun die Jahreskarte für 365€ gibt oder an Zürich, deren hervorrandes wenn auch absurd teures ÖPNV-Netz weltbekannt ist. Natürlich kostet sowas eben nun mal mehr (Steuer-) Geld. Ich würde auch noch einen ÖPNV Zuschlag auf meine Lohnsteuer zahlen damit das finanziert werden kann, aber ich werde nicht vor die Wahl gestellt.

Absurd: Du willst weniger fürs Ticket zahlen, aber alle sollen im Gegenzug zwangsweise mehr über die Lohnsteuer dafür abführen (also wieder inkl. deiner selbst).
Mit der Einstellung hätte jeder Autofahrer das Recht auf billigeres Benzin, dass wir wiederum über Steuern finanzieren dürfen.

Und warum noch gleich sollte man Autofahren genauso fördern wie den ÖPNV?
Zitat
Quernd
Und warum noch gleich sollte man Autofahren genauso fördern wie den ÖPNV?

Die Frage lautet korrekt: Warum sollte man Verkehrsträger überhaupt fördern? Der umweltschonendste Verkehr ist nämlich derjenige der nicht stattfindet. Und die Umweltkosten sind der einzige Grund weshalb man ÖPNV überhaupt besser stellen sollte als den MIV. Nur in der Fuzzywelt ist mehr immer gleich besser, was so pauschal nicht stimmt!
Es wird weder bedacht ob durch Steigerung der Attraktivität des ÖPNV die gleichen Leute nur mehr fahren (weil sie eh ein Monatsticket haben) - für Fachleute: Verkehrsinduzierung und btw Hauptproblem in Zürich* - oder Leute zum ÖPNV wechseln die vorher zu Fuß oder mit Fahrrad gefahren sind.

* in Zürich gibts das Problem, dass man durch Steigerung der Attraktivität des ÖPNV fast nur noch Verkehr induziert aber keine signifikanten Verlagerungseffekte mehr aufweist.
Zitat
Blaschnak
Zitat
Quernd
Und warum noch gleich sollte man Autofahren genauso fördern wie den ÖPNV?

Die Frage lautet korrekt: Warum sollte man Verkehrsträger überhaupt fördern? Der umweltschonendste Verkehr ist nämlich derjenige der nicht stattfindet. Und die Umweltkosten sind der einzige Grund weshalb man ÖPNV überhaupt besser stellen sollte als den MIV. Nur in der Fuzzywelt ist mehr immer gleich besser, was so pauschal nicht stimmt!
Es wird weder bedacht ob durch Steigerung der Attraktivität des ÖPNV die gleichen Leute nur mehr fahren (weil sie eh ein Monatsticket haben) - für Fachleute: Verkehrsinduzierung und btw Hauptproblem in Zürich* - oder Leute zum ÖPNV wechseln die vorher zu Fuß oder mit Fahrrad gefahren sind.

* in Zürich gibts das Problem, dass man durch Steigerung der Attraktivität des ÖPNV fast nur noch Verkehr induziert aber keine signifikanten Verlagerungseffekte mehr aufweist.

Wie eine absolute Nichtförderung aussieht, kannst Du in etlichen Metropolen der sog. "Dritten Welt" beobachten. Dort herrscht dann nicht nur permanentes Verkehrschaos (trotz relativ geringer Motorisierungsquote), sondern auch ein gigantisches Probelm bezüglich Teilnahme an der Gesellschaft von großen Teilen der Bevölkerung. Das betrifft nicht nur die Freizeitfahrt in die Innenstadt, sondern ünerhaupt die Erreichbarkeit von potenziellen Arbeitsplätzen, da der Arbeitsweg oft mehrere Stunden beträgt und finanziell kaum leistbar ist (auch nicht bei der Nutzung der ganzen privaten Kleinbussysteme).

Nun komme mir bitte nicht, dass sich bei schlechten Verkehrsverhältnissen ganz automatisch eine Stadt der kurzen und fußläufigen Wege wieder herausbildet - denn dass passiert genau nicht, auch wenn in der Planungstheorie dass gerne mal so postuliert wird.
Einen größeren Stadtkörper wirst Du nicht ohne motorisierte Verkehrsmittel organisieren können. Und einen Weg zu lauter Kleinstädten wird es auch nicht geben, denn das System "Stadt" (auch als große Stadt) ist viel zu attraktiv, effektiv und beliebt. Das wirst Du auch nicht mir Erschwerung von Verkehr verhindern.

Die Frage ist dann aber natürlich, wie denn am besten Stadtstrukturen und Verkehre zu organisieren sind, damit diese so verträglich wie möglich sind.

Ingolf
Zitat
Ingolf
Wie eine absolute Nichtförderung aussieht, kannst Du in etlichen Metropolen der sog. "Dritten Welt" beobachten. Dort herrscht dann nicht nur permanentes Verkehrschaos (trotz relativ geringer Motorisierungsquote), sondern auch ein gigantisches Probelm bezüglich Teilnahme an der Gesellschaft von großen Teilen der Bevölkerung. Das betrifft nicht nur die Freizeitfahrt in die Innenstadt, sondern ünerhaupt die Erreichbarkeit von potenziellen Arbeitsplätzen, da der Arbeitsweg oft mehrere Stunden beträgt und finanziell kaum leistbar ist (auch nicht bei der Nutzung der ganzen privaten Kleinbussysteme).

Nun komme mir bitte nicht, dass sich bei schlechten Verkehrsverhältnissen ganz automatisch eine Stadt der kurzen und fußläufigen Wege wieder herausbildet - denn dass passiert genau nicht, auch wenn in der Planungstheorie dass gerne mal so postuliert wird.
Einen größeren Stadtkörper wirst Du nicht ohne motorisierte Verkehrsmittel organisieren können. Und einen Weg zu lauter Kleinstädten wird es auch nicht geben, denn das System "Stadt" (auch als große Stadt) ist viel zu attraktiv, effektiv und beliebt. Das wirst Du auch nicht mir Erschwerung von Verkehr verhindern.

Die Frage ist dann aber natürlich, wie denn am besten Stadtstrukturen und Verkehre zu organisieren sind, damit diese so verträglich wie möglich sind.

Ingolf

Wir brauchen nicht über das Thema Nichtförderung diskutieren. Mir ist das Vorhandensein von externen Effekten insb. beim MIV durchaus bewusst. Nur klingt es allzu oft danach, dass Mehr Steuergeld für den ÖPNV gleich wirklich ein positiver Effekt für das Gesamtsystem Verkehr ist.
Ich kann Ingolfs Ausführungen nur zustimmen.

Warum der ÖPNV gefördert werden sollte, im Gegensatz zum Autofahren:

  • Er ist offen für alle Menschen, im Gegensatz zum Auto. Für letzteres gibt es die Starthürde, ein Auto zu erwerben und die kilometerunabhängigen Betriebskosten zu finanzieren. Das kann schlicht nicht jeder. Ein weitgehend steuerfinanzierter ÖPNV ermöglicht es allen, mobil zu sein und damit am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.
  • Derzeit ist die Zukunft der Elektroautos ungewiss. Niemand weiß so genau, ob es überhaupt möglich ist, massentaugliche Elektroautos zu bauen. Dem im Wege stehen könnte der Rohstoffbedarf von derartig vielen Akkus, der Preis für selbige, oder auch einfach die Langsamkeit der Autoindustrie. Das Öl allerdings kann auf lange Sicht nur teurer werden. Folglich ist das Vernünftigste, was man derzeit tun kann, so viel Verkehr wie nur irgend möglich unter Oberleitung bzw. an die Stromschiene zu bringen. Und zwar möglichst bald.
  • Im selben Maße, in dem Öl verbraucht wird, wird CO2 in die Atmosphäre verteilt. Klimawandel etc.
  • Strecken, die für den Regionalverkehr hergerichtet werden, kommen auch dem Schienengüterverkehr zugute. Neben dem Personenverkehr wird auch das in Zukunft ganz schön wichtig werden.

Das Prinzip dahinter, den ÖPNV so weit wie möglich steuerzufinanzieren, besteht also darin, öffentliche Daseinsvorsorge zu betreiben. Das beinhaltet, die Menschen wo es geht zum Verzicht aufs Auto zu bringen. Natürlich kann man das "Ökodiktatur" nennen. Man kann aber auch zu dem Schluss kommen, dass eine solche nötig ist. Was man also machen müsste, wäre konsequent den ÖPNV gegenüber dem Autoverkehr attraktiver machen. Sinnvolle Netzausbauten leisten, den elektrisierten Verkehr voranbringen, der BVG Mittel zur Verfügung stellen, um mit dem Einsatz von brennstoffzellenbetriebenen und anderen Alternativantrieben für die Randgegenden zu experimentieren. Nicht nur dort nachbessern, wo die vorhandene Nachfrage den Bedarf übersteigt, sondern aktiv neue Fahrgäste erschließen. Es wäre lächerlich, das nur dem Land Berlin zum Vorwurf zu machen, dass Politik heute so nicht funktioniert. Aber einen Erhalt des Status Quo würde ich auch in Wirtschaftkrisen erwarten.

Wie Blaschnak schon richtig geschildert hat, ist der Verkehr, der gar nicht erst stattfindet, immer der umweltfreundlichste. Aber wie gesagt, ein gewisses Maß an Mobilität macht Großstädte überhaupt erst existenzfähig. Ich weiß nicht genau, wie die Situation in Zürich ist. Aber wenn sich tatsächlich trotz hervorragenden ÖPNVs der Modal Split nicht mehr vom Auto wegbewegt --- dann muss man fürchte ich darüber nachdenken, das Autofahren künstlich unattraktiv zu machen. Wie zum Beispiel in London, wo die City-Maut wirklich im Geldbeutel wehtut. Ich weiß, dass das mal wieder teilweise die Falschen trifft. Und ich weiß, dass für viele die individuelle Mobilität zur persönlichen Freiheit gehört. Aber aus oben genannten Gründen behaupte ich, dass solche rigiden Maßnahmen im Sinne des Allgemeinwohls sind.
Gerade das Thema "Experimente" sehe ich bei der BVG nur bedingt gut aufgehoben. Denn die BVG hat in den letzten beiden Dekaden viele Experimente mitgemacht - solange es gefördert wurde und keine Zusatzkosten verursacht hat. Wirklich "durchgeforscht" wurde bei der BVG jedoch nicht. Frankfurt Oder hat z.B. seine Busflotte auf Erdgas umgestellt. Die BVG kam dagegen zur Erkenntnis, dass sich Erdgas nicht lohne. Wobei hier natürlich auch nur bedingt der BVG selbst ein Vorwurf zu machen ist. Das nächste Experiment droht nun mit dem Induktionsbus, wie er für die Linie 147 derzeit im Rahmen der "Elektromobilität" angedacht ist. Das sehe ich irgendwo auch als Geldverschwendung, wenn wir es einerseits nicht schaffen die hoch belasteten Korridore ersteinmal auf Straßenbahn umzustellen, aber andererseits neue Infrastruktur für den Bus anlegen.

Die vorgebrachten Argumente sehe ich auch als Grund, warum es eben nicht reicht einfach nur den ÖPNV attraktiver zu machen, sondern zugleich der MIV in seiner Attraktivität geschwächt werden muss. Ein Konzept, das so ja in Frankreich recht erfolgreich umgesetzt wird. Das Thema Parkraumbewirtschaftung ist auch so ein Thema für sich. Hab gerade wiederholt in der Lokalzeitung gelesen, dass Mitte die Parkgebühren senken will und so hoft die Zahl der "Schwarzparker" zu senken. Das ist der völlig falsche Ansatz, denn richtiger Wäre es die "Strafgebühren" zu erhöhen. Es ist doch wohl klar, dass ich bei einer Parkdauer von 2,5 Stunden keine 5€ zahle, wenn mich das Zocken ob das Ordnungsamt vorbei kommt, auch nur 5€ kostet - oder eben nix. Die Erhöhung auf 25 Euro wäre da deutlich sinnvoller, auch das noch immer deutlich weniger als die 40€ im ÖPNV wären. Hin- und Rückfahrt im ÖPNV schlägt dagegen günstigstens mit 4,80€ (ab 1. August) pro Person zu Buche. 6,20 sind es aus dem Umland in die Innenstadt (und zurück) und gar 12,40 bei zwei Personen. Ab der 3. person lohnt sich bereits die Kleingruppentageskarte. In identischer Höhe müsste auch die PKW-Nutzung zu Buche schlagen, um echte Verlagerungseffekte zu erzielen. Völlig kontraproduktiv ist es dagegen ausgerechnet in der Hochzeit der Benzinpreise eine Tarferhöhung zu beschließen, wie es im März diesen Jahres passiert ist.
Die Citymaut sehe ich zwar auch als potentielles Steuerungselement, allerdings ist damit ja auch erstmal ein gewisser Aufwand zur Erstellung der Infrastruktur vorhanden. Da sehe ich die Parkraumbewirtschaftung zunächst als günstigeres Steuerungselement.

--- Signatur ---
Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
Wäre es vom Prinzip her nicht das beste demjenigen der etwas benutzt die Kosten dafür tragen zu lassen und alles andere dem Menschen selbst zu überlassen?

In diesem Zusammenhang fände ich es sehr interessant zu wissen, ob die Einnahmen der Mineralölsteuer nicht alle durch die Autonutzung entstehenden Kosten kompensieren.

Sollte dies der Fall sein, schlage ich vor mal darüber nachzudenken das Auto und den ÖPNV im Hinsicht auf die durch den Nutzer zu begleichenden Kosten gleichzustellen.

Was die Umverteilung von "Arm nach Reich" angeht, schlage ich vor, diese über Steuersätze (und Sozialleistungen) zu bewerkstelligen und nicht über ÖPNV-Subventionierungen. Konkret: Lieber gebe ich den Leuten das Geld in die Hand, als ihnen ne Fahrkarte (teilweise) zu bezahlen. (-> höhere Konsumentenrente = höherer Wohlstand)



6 mal bearbeitet. Zuletzt am 21.07.2012 21:07 von peterl.
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