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Verkehrspolitik in Berlin
geschrieben von krickstadt 
Zitat
manuelberlin
Der Mautvertrag wurde zu einem Zeitpunkt unterschrieben, als bereits ein Gerichtsverfahren zu dem Thema anhängig war und sogar kurz vor dem Abschluss stand und sich deutlich abzeichnete, dass das Gericht zu dem Urteil kommen würde, dass die Maut rechtswidrig ist. Das Urteil hätte daher abgewartet werden müssen und ohne weiteres abgewartet werden können. Die alternative Handlungsweise, das Urteil abzuwarten und damit bei einem wider Erwarten doch positiven Ausgang für eine kurze Zeit auf die Einnahmen verzichtet zu haben, hätte ungleich weniger Nachteile verursacht.
Daher sehe ich in der Unterzeichnung der Verträge tatsächlich eine so schwerwiegende Pflichtverletzung, ...

Stimme ich zunächst voll zu. Vielleicht wissen wir aber auch nicht die kompletten Abläufe und den Stand der Verhandlungen. Es kann wohl unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Schadensersatz bereits im Laufe der Vertragsverhandlungen entstehen. Dabei handelt es sich um Schadenersatzansprüche aus dem sogenannten Verschulden bei Vertragsverhandlungen (§§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 280 BGB). Dazu soll wohl auch die Situation gehören, wenn der später Abbrechende den Vertragsschluss zunächst als sicher dargestellt hat.
Zur detaillierten Rechtsprechung kenne ich mich freilich nicht aus. Es wäre eigentlich interessant, mit welcher Begründung Scheuer vor Gericht aufwarten würde, wenn von ihm Schadenersatz verlangt würde. Aber wahrscheinlich zückt er dann das in den Ministerien vor nahezu vor jeder wichtigen Entscheidung zur Absicherung angeforderte übliche Gutachten einer angesehenen internationalen Großrechtsanwaltskanzlei, das ihm just bescheinigt, dass zu diesem Zeitpunkt nur die eine tatsächliche vorgenommene Entscheidung den Staat vor Schaden bewahrt.

Sollte an irgendeiner Stelle die Haftung der handelnden Personen in staatlichen Ämtern oder als Abgeordneter für politische Entscheidungen einmal kommen, sehe ich im Gegensatz zu Euch das Problem, dass keiner mehr politische Verantwortung übernehmen würde. Wir haben das im viel kleineren Maßstab bei den Verantwortlichen des Bundesbahn-Zentralamtes hinsichtlich des Eschede-Unfalls Gesehen, als rein strafrechtlich die Staatsanwaltschaft zur Verantwortung der Mitarbeiter Amtes ermittelte. Wegen der Belastungen der Mitarbeiter ( zunächst nur im Strafverfahren) wurden in den Folgejahren technische Entscheidungen - zumindest in der Presse - regelmäßig als viel zu langsam und zu vorsichtig gebrandmarkt. Wie sollte das erst ablaufen, wenn nicht nur die strafrechtliche, sondern auch die zivilrechtliche Verantwortlichkeit als Damoklesschwert über jeder handelnden Person hängen würde?
Wir schweifen jetzt aber wirklich etwas vom Thema des Forums ab... ;-)
Zitat
phönix
Stimme ich zunächst voll zu. Vielleicht wissen wir aber auch nicht die kompletten Abläufe und den Stand der Verhandlungen. Es kann wohl unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Schadensersatz bereits im Laufe der Vertragsverhandlungen entstehen. Dabei handelt es sich um Schadenersatzansprüche aus dem sogenannten Verschulden bei Vertragsverhandlungen (§§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 280 BGB). Dazu soll wohl auch die Situation gehören, wenn der später Abbrechende den Vertragsschluss zunächst als sicher dargestellt hat.

Dann muss man halt Eintrittswahrscheinlichkeitenn und potentielle Schäden beider Szenarien gegenüberstellen und entsprechend handeln. Das ist keine Rocket Science, sondern das, was z.B. Versicherungen seit Jahrzehnten tun. Meines Erachtens hätte nicht nur die Eintrittswahrscheinlichkeit, sondern auch der potentielle Schaden für ein Abwarten auf das Gerichtsurteil gesprochen.

Zitat
phönix
Zur detaillierten Rechtsprechung kenne ich mich freilich nicht aus. Es wäre eigentlich interessant, mit welcher Begründung Scheuer vor Gericht aufwarten würde, wenn von ihm Schadenersatz verlangt würde. Aber wahrscheinlich zückt er dann das in den Ministerien vor nahezu vor jeder wichtigen Entscheidung zur Absicherung angeforderte übliche Gutachten einer angesehenen internationalen Großrechtsanwaltskanzlei, das ihm just bescheinigt, dass zu diesem Zeitpunkt nur die eine tatsächliche vorgenommene Entscheidung den Staat vor Schaden bewahrt.

Dann wäre die nächste Frage, ob nicht eine solche Großrechtsanwaltskanzlei belangt werden kann.

Zitat
phönix
Sollte an irgendeiner Stelle die Haftung der handelnden Personen in staatlichen Ämtern oder als Abgeordneter für politische Entscheidungen einmal kommen, sehe ich im Gegensatz zu Euch das Problem, dass keiner mehr politische Verantwortung übernehmen würde.

Es übernimmt ja schon aktuell kaum noch jemand politische Verantwortung, erst recht nicht rechts der Mitte, sonst hätten wir das Thema ja gar nicht. Das ist übrigens auch Teil des Problems, dass der Begriff der Verantwortung immer weiter verwässert wird, indem schon das bloße Innehaben eines Amtes als "Verantwortung übernehmen" geframt wird. Nein, Verantwortung heißt, für den Blödsinn, den man tut, geradezustehen, nicht einfach nur einen Amtstitel zu tragen.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 08.07.2023 08:04 von def.
Zitat
GraphXBerlin
Wir schweifen jetzt aber wirklich etwas vom Thema des Forums ab... ;-)

Wieso? Die Invalidenstraße 44 liegt doch in Berlin? :)

Aber im Ernst: der Fall mag spektakulär, aktuell und auf Bundesebene sein, die Haftungsfrage stellt sich aber auch auf Berliner Ebene. Man könnte das ganze z.B. auch in Bezug auf den BER diskutieren (das wäre aber wahrscheinlich noch mal um einiges komplexer); oder in Bezug darauf, wer eigentlich haftet, wenn an der gleichen Stelle mehrmals tödliche Verkehrsunfälle passieren.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 08.07.2023 08:04 von def.
Das würde dem fatalen Trend folgen, der zum Glück schon wieder abgeschwächt ist, Städte und ähnliche Institutionen wie Unternehmen führen zu wollen. Das Beamtenrecht und die gesamte Logik des Beamtensytems sehen deutlich andere Strukturen und eben im Normalfall keine persönliche Haftung vor, weil Beamte vom Grundprinzip her, eher Teile des Staates sind, als dass sie ihn wie ein wirtschaftliches Unternehmen nur leiten.

Dies drückt sich im Übrigen auch deutlich in der Bezahlung aus. Spitzenbeamte haben eine um Größenordnungen geringere Bezahlung als es bei vergleichbaren Unternehmen der Fall ist.
Zitat
Lopi2000
Das würde dem fatalen Trend folgen, der zum Glück schon wieder abgeschwächt ist, Städte und ähnliche Institutionen wie Unternehmen führen zu wollen. Das Beamtenrecht und die gesamte Logik des Beamtensytems sehen deutlich andere Strukturen und eben im Normalfall keine persönliche Haftung vor, weil Beamte vom Grundprinzip her, eher Teile des Staates sind, als dass sie ihn wie ein wirtschaftliches Unternehmen nur leiten.

Dies drückt sich im Übrigen auch deutlich in der Bezahlung aus. Spitzenbeamte haben eine um Größenordnungen geringere Bezahlung als es bei vergleichbaren Unternehmen der Fall ist.

Naja, dafür sichern aber Beamt:innen dem Staat Loyalität zu. War Scheuer wirklich noch dem Staat gegenüber loyal, als er für kurzfristigen Beifall aus der rechtskonservativen Ecke eine neunstellige Summe an Steuergeldern gefährdert und letztlich zum Fenster rausgeworfen hat?
Interview des Tagesspiegel mit der Geschäftsführerin der neuen Infrasignal: [www.tagesspiegel.de]

Zitat
Katharina Marienhagen
Wir sind für Sicherheit im Verkehr zuständig, wollen zu Fuß Gehenden mehr Komfort bieten, Radfahrer stärker berücksichtigen, den ÖPNV schneller machen und das Auto zugleich an der Ampel nicht ausbremsen

Begeisterung löst das Interview bei mir nicht aus. Der ÖPNV wird abseits der oben stehden Zielstellung überhaupt nicht thematisiert. Getrennte Signalisierung für rechtsabbiegenden Kfz-Verkehr zum Schutz des Radverkehrs findet Sie "als Standard nicht praktikabel". Zu längeren Grünphasen für den Fußverkehr: "Dann ist das Zeitfenster für die Autofahrer natürlich ein Stück weit kleiner". Dauergrün für den Fußverkehr sieht sie kritisch, weil es zu mehr Bremsvorgängen beim Kfz-Verkehr führt. Ausweitung der grünen Welle ist geplant, was natürlich dann auch wieder nicht zur Förderung des Rad- & Fußverkehrs passt.

Zitat
Katharina Marienhagen
Wenn wir die Brems- und Anfahrvorgänge der Autos reduzieren, tun wir ein Vielfaches für den Klimaschutz. Ein Fußgänger, der wartet, verursacht nun mal keine Schadstoffe. (...) Unser Hauptziel ist, die Brems- und Anhaltevorgänge zu reduzieren. Das ist, was den Schadstoffausstoß am besten verringert.

Na herzlichen Glückwunsch. Das ist ja die selbe Logik, nach der man das Land mit noch mehr Autobahnen zupflastern müsste, damit die Autos bloß nicht anhalten müssen, statt die Alternativen zu stärken und zu vermeiden, dass die Autos überhaupt erst losfahren. Dann werde ich wohl also auch in Zukunft zwei Ampelphasen brauchen um die Frankfurter Allee zu überqueren, denn ich stoße ja keine Schadstoffe aus und die Schadstoffe ausstoßenden Fahrzeuge können mit T60 und grüner Welle Richtung Innenstadt brettern.
Es ist wirklich erschreckend, dass die simpelsten Wirkzusammenhänge bei Führungskräften im Verkehrssektor nicht verstanden werden. Die „Leichtigkeit des Verkehrs“, womit natürlich nur das Auto gemeint ist, ist das Maß aller Dinge. Nach kurzer Recherche zum Lebenslauf von Frau Marienhagen aber auch nicht verwunderlich. Nach dem Studium der Verkehrssystemtechnik an der TU Dresden bis 1994 immer in der LSA-Planung, dabei mehrmals bei Siemens als Hauptlieferanten, beschäftigt.

Da saugt man natürlich die RiLSA wie Muttermilch auf. Und die kennt nicht viel mehr als die technokratische „Abwicklung des Verkehrs“ und die „Knotenleistungsfähigkeit“. Wenn es Probleme gibt, muss eine neue Spur her oder die Freigaben müssen optimiert werden. Die Optionen Verkehrsverlagerung oder gar Verkehrsvermeidung kommen nicht vor. Das letzte Glied in der Kette, die Verkehrsoptimierung, ist der einzige Fokus. Der „induzierte Verkehr“ ist ebenso Zauberkram, den es gar nicht gibt. Somit liegt der Gedanke, dass eine „grüne Welle“ mittelfristig zu Stau führt, natürlich außerhalb des geistigen Horizonts. Und überhaupt, die „grüne Welle“, ein ganz altes Thema mit vielen unrealistischen Wunschvorstellungen …

Insgesamt befindet sie sich mit ihrem Mindset natürlich in guter Gesellschaft, zB mit dem Verkehrsminister und der neuen Senatorin.

So traurig.
Der rein technokratische Blick auf Verkehr, unter völligen Ignoranz gegenüber Erkenntnissen z.B. der Verhaltensforschung, Psychologie und schlicht über die Jahrzehnte gesammelten Erfahrungen, ist offensichtlich gescheitert, sonst hätten wir ja viele Probleme nicht. Menschliches Verhalten ist nun mal komplexer als das von Wasser.

Was macht man in Berlin? Lässt die Infrasignal künftig von einer Ingenieurin leiten, die noch immer diesen Tunnelblick hat. /facepalm
Diese offensichtliche personelle Fehlentscheidung geht übrigens noch auf die Grünen zurück, jedenfalls ist die Pressemitteilung zu ihrer Ernennung vom Dezember.

(Nein, es ist nicht schlimm, dass sie Ingenieuerin hat, sondern dass sie offensichtlich eine Fachidiotin ist. Und um "Lasst sie doch erstmal machen" gleich zu widersprechen: Wenn schon die Prämissen, die der eigenen Arbeit zugrundeliegen, grundfalsch sind, kann auch nichts Vernünftiges rauskommen.)

Ach ja: Wenn Brumm-Brumm-Manja ihr "Verkehrssicherheit ist nicht verhandelbar" wider Erwarten ernst meint, sollte sie Marienhagen ihres Amtes entheben. Denn ihr ist "die Flüssigkeit und Leichtigkeit des (Auto-) Verkehrs" offenbar wichtiger als die Sicherheit von Radfahrenden und Fußgänger:innen.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 09.07.2023 11:04 von def.
Zitat
M2204
Da saugt man natürlich die RiLSA wie Muttermilch auf. Und die kennt nicht viel mehr als die technokratische „Abwicklung des Verkehrs“ und die „Knotenleistungsfähigkeit“.

Und wenn ich das richtig in Erinnerung habe, wird "Leistungsfähigkeit" auch noch in Fahrzeugen pro Zeiteinheit und nicht in Menschen bzw. Gütertonnen pro Zeiteinheit gemessen - was natürlich ein absoluter Blödsinn ist, es geht ja nicht darum, möglichst viele Fahrzeuge durch einen Raum zu schleusen, sondern möglichst viele Menschen.

Auch wieder so ein Beispiel, wo falsche Kennzahlen zu falschen Entscheidungen führen. Würde man Leistungsfähigkeit nämlich in Personen oder Gütertonnen pro Zeiteinheit messen und eine möglichst hohe Effizienz anstreben, würde das die Planung von Straßenräumen sofort vom Kopf auf die Füße stellen.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 09.07.2023 11:00 von def.
Zitat
def
Ach ja: Wenn Brumm-Brumm-Manja ihr "Verkehrssicherheit ist nicht verhandelbar" wider Erwarten ernst meint, sollte sie Marienhagen ihres Amtes entheben. Denn ihr ist "die Flüssigkeit und Leichtigkeit des (Auto-) Verkehrs" offenbar wichtiger als die Sicherheit von Radfahrenden und Fußgänger:innen.
„Verkehrssicherheit ist nicht verhandelbar“ klingt ja eigentlich erstmal ganz gut im Bezug auf Radwegplanungen.
[www.tagesspiegel.de]
Aber beim wunderbaren Satz

Zitat
Tagesspiegel
Zudem müsse sichergestellt sein, dass etwa bei einer Fahrbahnverengung für Autos kein Gefahrenpotenzial im sich verlängernden Rückstau auftrete

... weiß man dann auch wieder woran man bei der Berliner CDU ist. Auch ein Highlight:

Zitat
Manja Schreiner im Tagesspiegel
Verkehrssicherheit ist nicht verhandelbar und man kann sie auch nicht politisch in die ein oder andere Richtung aussteuern, sondern das ist etwas Objektives, das durch Fachleute berechnet wird.

Zitat
def
Und wenn ich das richtig in Erinnerung habe, wird "Leistungsfähigkeit" auch noch in Fahrzeugen pro Zeiteinheit und nicht in Menschen bzw. Gütertonnen pro Zeiteinheit gemessen - was natürlich ein absoluter Blödsinn ist, es geht ja nicht darum, möglichst viele Fahrzeuge durch einen Raum zu schleusen, sondern möglichst viele Menschen.
Musste gerade an dieses anschauliche Video denken:
[twitter.com]
Nachdem jetzt auch Peter Strieder die Berliner Verkehrspolitik kritisiert hat (in beide Richtungen übrigens), ist auch die Erinnerung an die vor über 30 Jahren geführte Diskussion um das Durchfahrtverbot durch das Brandenburger Tor wieder ein klein wenig lebendig geworden. In welcher Stadt wäre dieses Thema so totdiskutiert worden? Beziehungsweise in welcher Stadt hätten noch mehr die Risiken als die Chancen eines würdigeren Umgangs mit seinem Wahrzeichen im Vordergrund gestanden?

Auch wenn ich für mich zurückdenke, ist die jetzige Verkehrs- und Städtebaupolitik doch nur eine logische Konsequenz einer Entwicklung, geprägt von folgenden, nicht vollständigen Faktoren, die vermutlich auch in der Nachkriegszeit West-Berlins ihre Wurzeln haben:

- Provinzielle oder zumindest veraltete oder abseitige Vorstellungen von Großstadt, insbesondere seitens der politischen Entscheidungsträger (Stichwort Vorbild Los Angeles).
- Kein besonders verankertes bürgerschaftliches Engagement als Korrektiv, die zivilgesellschaftlichen Proteste müssen sich Graswurzel-ähnlich immer neu organisieren.
- Diejenigen, die im Sinne einer Lobby Einfluss nehmen können, sind zu homogen und zu wenig Abbild der gesamten Stadtgesellschaft.
- Die Rechnung konnte zu lange ohne den Wirt gemacht werden, das führt zu einem gewissen Maß an Realitätsverlust.
- (West-)Berlin hatte trotz Insellage (durch das Viermächteabkommen natürlich viel deutlicher denn später als Bundesland) kein wirkliches Platzproblem; der Druck, effizienter auch mit Verkehrsraum umzugehen war wohl zu gering.

Als weiteres großes Narrativ unserer Zeit, aber weit über Berlin hinaus, würde ich noch den Punkt anbringen, dass Veränderungen in einer alternden, saturierten Gesellschaft grundsätzlich skeptischer gesehen werden als in einem jüngeren, sich entwickelnden Umfeld. Umso wichtiger und vermutlich auch erfolgsversprechender wären also klare Botschaften mit konstanten Ausprägungen. Einerseits negiert das bei einem einfallslosen "Weiter so" die äußeren Prozesse (Bevölkerungszuwachs, Klimawandel, ökonomische Entwicklungen etc.), was die inneren Probleme (z.B. vielfältige Verteilungsfragen) weiter verschärfen wird. Andererseits besteht auch eine Gefahr darin, eine Abkehr vom Richtungswechsel durchzuführen und die Zeit zurückdrehen zu wollen: Denn eine Verlangsamung der Prozesse würde vermutlich eher goutiert werden als ein Zickzackkurs mit eher unklarem Ausgang.
Der Grund für die Überflutung an der Freybrücke wurde gefunden..und wird auch noch beseitigt.
[www.tagesspiegel.de]

Freie Fahrt für volle Busse!

___
Gute Nacht, Forum!
Mitarbeitende der Fachgebiete Integrierte Verkehrsplanung und Nachhaltige Stadtökonomie der TU sind in einer Aussendung auf den Radweg-Baustopp in der Schöneberger Hauptstraße eingegangen, konkret auf die vier Kriterien der erneuten Prüfung (pdf).

Zum ÖPNV heißt es:

Zitat
Presseaussendung der TU Berlin zur Schöneberger Hauptstraße
Mögliche Beeinträchtigung des ÖPNV:
Die Planung sieht weiterhin eine separate Busspur vor. Da diese a) nicht mehr mit dem Radverkehr geteilt wird, und b) seltener durch den Wirtschaftsverkehr mitbeansprucht wird, wird der ÖPNV von der angeordneten Planung der Hauptstraße profitieren.

Zusammenfassend sehen die Verfasser:innen deutliche Verbesserungen für die Sicherheit von Fußgänger:innen, den ÖPNV und die Leistungsfähigkeit der Straße (offensichtlich in Personen pro Zeiteinheit gemessen, denn bei Pkw-Verkehr sehen sie eine leichte Abnahme der Leistungsfähigkeit); auch den Wirtschaftsverkehr halten sie für nicht beeinträchtigt.

Insgesamt heißt es:

Zitat
Presseaussendung der TU Berlin zur Schöneberger Hauptstraße
Darüber hinaus ist die angeordnete Verkehrsplanung an der Hauptstraße konsistent mit zu reduzierenden CO2-Emissionen des Verkehrs, verringerter Luftverschmutzung (und damit geringeren Gesundheitsfolgekosten, etwa bei Kindern) sowie geringerer Lärm- und Stressbelastung. Es ist davon auszugehen, dass der Umweltverbund durch die Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur, der Verkehrssicherheit der Zufußgehenden sowie des ÖPNVs stark profitiert und damit zu den selbstgesetzten stadt- und verkehrspolitischen Zielen Berlins beiträgt. Ein Planungs- und Baustopp, aus den oben genannten Prüfungskriterien, ist damit aus fachlicher verkehrswissenschaftlicher Perspektive nicht nachvollziehbar oder begründbar.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 11.07.2023 22:23 von def.
Ich denke nicht, dass wissenschaftliche Erkenntnisse die Berliner Verkehrspolitik beeinflussen werden.

Eine Planung, die einseitig dem Verkehrsträger Auto schadet (nach dem Umbau wäre es ja nur für den MIV schlechter, für den Rest gleich gut oder besser), wird der neue Senat nicht umsetzen.
Ja, klar, ich glaube, da brauchen wir uns nichts vorzumachen. Ich finde die Aussendung trotzdem wichtig, weil sie Brumm-Brumm-Manjas Ausreden kritisch unter die Lupe nimmt - und hoffentlich auch viele Unentschiedene erreicht.
Die Berliner CDU darf sich aufgrund dieser konkreten wissenschaftlichen Einschätzung einfach entscheiden: möchte sie rational handeln oder ideologiegetrieben agieren?



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 11.07.2023 23:48 von Stichbahn.
Zitat
Stichbahn
Die Berliner CDU darf sich aufgrund dieser konkreten wissenschaftlichen Einschätzung einfach entscheiden: möchte sie rational handeln oder ideologiegetrieben agieren?

Durch das "C" kann die Partei nur ideologiegetrieben agieren, alles andere würde ja den Parteinamen konterkarieren.


Das Gegenteil von pünktlich ist kariert.
Zitat
TomB
Eine Planung, die einseitig dem Verkehrsträger Auto schadet (nach dem Umbau wäre es ja nur für den MIV schlechter, für den Rest gleich gut oder besser), wird der neue Senat nicht umsetzen.

Das tut sie ja noch nicht mal:

Zitat
Presseaussendung der TU Berlin zur Schöneberger Hauptstraße
Wie internationale Studien zeigen, könnte in Zukunft mit einer Verringerung der Kfz-Verkehrsmenge zu rechnen sein, wodurch die Fließgeschwindigkeit für
den verbliebenen Straßenverkehr wieder zunimmt. Die Minderung der Korridorkapazität des Autoverkehrs wird auch dadurch abgemildert, dass kein Fahrspurwechsel mehr
stattfindet, der derzeit durch Zweitreihenparker und Busverkehr ausgelöst wird.

Eher ist der MIV also der einzige Verkehrsträger, der nicht nur, aber auch Vorteile vom Umbau hat.

Ach ja, und da Brumm-Brumm-Manja ja gleich in einem ihrer ersten Interviews betont hat, wie wichtig ihr leistungsfähige Straßen sind:

Zitat
Presseaussendung der TU Berlin zur Schöneberger Hauptstraße
Die Gesamtleistungsfähigkeit der neu geplanten Hauptstraße wird durch die neu angelegte Radwegeanlage erhöht. Eine Radwegeanlage hat eine Kapazität von 14.000 Menschen pro Stunde, eine Busspur eine Kapazität von 9.000 Menschen pro Stunde, und eine Autospur von 2.000 Menschen pro Stunde (Abbildung 1).



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 12.07.2023 07:51 von def.
Zitat
def
Zitat
TomB
Eine Planung, die einseitig dem Verkehrsträger Auto schadet (nach dem Umbau wäre es ja nur für den MIV schlechter, für den Rest gleich gut oder besser), wird der neue Senat nicht umsetzen.

Das tut sie ja noch nicht mal:

Zitat
Presseaussendung der TU Berlin zur Schöneberger Hauptstraße
Wie internationale Studien zeigen, könnte in Zukunft mit einer Verringerung der Kfz-Verkehrsmenge zu rechnen sein, wodurch die Fließgeschwindigkeit für
den verbliebenen Straßenverkehr wieder zunimmt. Die Minderung der Korridorkapazität des Autoverkehrs wird auch dadurch abgemildert, dass kein Fahrspurwechsel mehr
stattfindet, der derzeit durch Zweitreihenparker und Busverkehr ausgelöst wird.

Das ist aber glaube auch ein wichtiger Punkt der "Debatte". Es geht gar nicht darum, ob der MIV tatsächlich "eingeschränkt" wird, sondern ob die Leute das so "fühlen", auch wenn es überhaupt nicht so ist oder sie selbst überhaupt nicht betroffen sind. Das hat man ja auch gut bei der Diskussion über die Friedrichstraße gesehen.

Ich muss in dem Zusammenhang an meine Oma denken: Sie wohnt an der Frankfurter Allee, die an der Stelle 8 Spuren hat. Trotzdem hat sie mehr als einmal geäußert, dass ja alle großen Straßen wegen der Radwege mittlerweile einspurig sind. Der häufigste mit dem Auto zurückgelegte Weg von ihr und ihrem Mann zur Gartenlaube (Frankfurter Allee - Möllendorffstr. - Storkower Str. - Ostseestr. - Prenzlauer Allee) ist an keiner Stelle wegen Radwegen einspurig geworden.

Vor einem Jahr kam ich mal in Basdorf mit einem Anwohner ins Gespräch, der es geschafft hat, das Gespräch innerhalb von 5 Minuten auf den geplanten Umbau der Schönhauser Allee zu lenken und wie bescheuert das ja alles wäre. Man baut also sein Häuschen auf dem Dorf, fährt täglich mit dem Auto in das Herz einer Metropole und regt sich dann über darüber auf, dass auf einer Straße mitten im Zentrum die Leute sicher Fahrrad fahren wollen, obwohl das für einen selbst absolut keine Konsequenz hat (da er da ja nicht parken möchte).

Da fragt man sich doch wirklich wie solche Aussagen zustande kommen. Und wenn sich Parteien dann daran orientieren, kommt halt die jetzige CDU-Verkehrspolitik bei raus.
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