Probleme mit der Software «Divan» blockieren die weiteren Planungen
Verschläft Nürnberg die Nahverkehrszukunft?
Nach den bekannten Verzögerungen bei der U 3 zeichnet sich für den Nürnberger Nahverkehr eine weitere durch technische Probleme verursachte Pleite ab.
Wie die Grünen jetzt aufdeckten, führen die Schwierigkeiten, die das Ingenieur-Büro SSP Consult mit der Erstellung einer Datenbank hat, möglicherweise dazu, dass Nürnberg beim Ausbau der Straßenbahn erheblich ins Hintertreffen gerät. Wegen der Föderalismusreform stehen nämlich spätestens ab dem Jahr 2013 wesentlich weniger Finanzmittel für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs zur Verfügung. Da diese dann vom Land vergeben werden, tritt Nürnberg in Konkurrenz zu München oder Augsburg, wo derzeit emsig am Ausbau des Straßenbahnnetzes gearbeitet wird.
In Nürnberg wurde deswegen zwar auch vor gut einem Jahr ein Projektbeirat eingerichtet mit dem Ziel, das Nahverkehrsangebot für das Jahr 2025 zu konzipieren. Bürgervereine, Verkehrsexperten, Parteienvertreter und Verwaltungsfachleute machten Streckenvorschläge und debattierten die künftige Stadtentwicklung. Doch nach zwei Sitzungen war Schuss mit den Planspielen. Weil das Consultingbüro SSP das unter dem Namen Divan (Datenbasis für intermodulare Verkehrsuntersuchungen und Auswertungen im Großraum Nürnberg) firmierende Programm nicht liefern konnte, ging erst einmal gar nichts mehr. Vor fast genau einem Jahr fand die letzte Sitzung des Projektbeirates statt.
Die Nürnberger Grünen wollen jetzt allerdings nicht mehr länger warten. «Rumtrödeln können wir uns nicht mehr leisten», sagt der grüne Kreisvorsitzende Wolfgang Klemm. «Andere Städte greifen die Mittel ab und wir schauen in die Röhre.» Deshalb müsse die Stadt jetzt «Plan B» aus der Tasche holen und mit den, der Verwaltung zur Verfügung stehenden Erkenntnissen, die weitere Nahverkehrszukunft planen. «Wir haben doch fähige Leute in der Verwaltung, das hat erst das Modell der Verkehrsplaner zum Frankenschnellweg bewiesen, das auch noch 15 Millionen Euro billiger ist», fügt Grünen-Stadträtin Christine Seer hinzu.
Für Seer war das Divan-Projekt bei dessen Vorstellung auch faszinierend. «Das hat schon seinen Charme, wenn man an einer Stelle etwas eingibt, etwa einen Straßenneubau, und sieht, wie sich das auf den gesamten Verkehr auswirkt», erklärt sie. Wenn sich ein solches Projekt aber als zu kompliziert herausstelle, dann müsse man auch wieder Abstand davon nehmen können. Früher sei es ja auch ohne Divan gegangen.
Ohnehin sehen sich die Grünen in ihren Nahverkehrskonzepten bislang bestätigt. So zeige die bundesweite Renaissance, die die Straßenbahn erlebt, dass die Grünen immer auf das richtige Verkehrsmittel gesetzt hätten. Aber auch durch die Probleme mit der fahrerlosen U-Bahn fühlen sie sich bestätigt. Die Grünen-Fraktion will den U-Bahnbau daher am Friedrich-Ebert-Platz und an der Gustav-Adolf-Straße beenden, und danach vorwiegend in den Ausbau von neuen Straßenbahnstrecken investieren. Vorgeschlagen wird der Ausbau nach Erlangen, eine Linie nach Kornburg, die Verlängerung der Linie 7 ins Stadtentwicklungsgebiet Brunecker Straße, eine Verlängerung der Strecke vom Westfriedhof zum Ikea-Gelände, eine Verknüpfung der Linien 8 und 4 zwischen Gibitzenhof und Finkenbrunn, die Schließung der Ost-West-Lücke mit einer Linie durch die Sebalder Altstadt und eine weitere Verbindung Richtung Fürth über Rothenburger Straße, Witschelstraße und Leyher Straße. Peter Viebig
Quelle [
www.nz-online.de]