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histor
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Lulatsch
(...) hört sich das alles doch sehr nach der gleichen Traumtänzerei in Sachen Schnellbahnbau an, wie es sie von Mitte der 50er bis Anfang der 70er Jahre gegeben hat. Das desaströse Ergebnis ist uns allen doch hinreichend bekannt.
Nun - das desaströse Ergebnis dieser Jahre sind immerhin die Strecken
° Jungfernstieg - Meßberg - Hbf-Süd - Wandsbek-Markt - Wandsbek-Gartenstadt
° Berliner Tor - Billstedt
° Schlump - Gänsemarkt - Hbf-Nord - Berliner Tor.
Wäre schön gewesen, hatte es von 1980 bis 2010 in der eineinhalbfachen Zeit wenigstens ein halb so desaströses Ergebnis gegeben.
Wie auch bei der jetzt gebauten U4 messe ich den Nutzen der damals gebauten U-Bahn-Strecken nicht allein an der Anzahl der gebauten Kilometer und an der Höhe der eingesetzten Geldmittel. Es kommt doch auf das Kosten-/Nutzen-Verhältnis an. Dieses sehe ich z.B. bei einer hinter Barmbek aus der U3-Strecke ausfädelnden U-Bahn nach Steilshoop/Bramfeld im Vergleich zu den Straßenbahn/Stadtbahn-Planungen von Rot-Grün und später von Schwarz-Grün als sehr günstig an. Bezüglich der U4 fällt meine Bewertung genau umgekehrt aus.
Ebenso differenziert bewerte ich die Historie: Von den von Dir genannten U-Bahn-Strecken bewerte ich die Strecke Berliner Tor - Billstedt (- Mümmelmannsberg) vom Kosten-/Nutzen-Verhältnis sehr positiv. Die anderen von Dir genannten U-Bahn-Strecken sind jedoch nahe bereits bestandener Schnellbahn-Strecken errichtet worden, in einer Stadt mit umfangreichen schnellbahnfreien Bereichen. In denen gab es zwar die Straßenbahn, aber die wollte man ja schnellstens stilllegen.
Die Traumtänzerei lag zunächst darin, dass man meinte, ohne die S-Bahn, allein per U-Bahn, die Straßenbahnen binnen 20 Jahren würde ersetzen können. Und weil man sich dessen in Anbetracht der damaligen Wirtschafts- und Finanzlage so sicher war, riss man die Straßenbahn-Schienen oftmals bereits dann raus, wenn ein Ersatz durch Schnellbahnen noch längst nicht in Sicht war, und man errichtete zudem umfangreiche Neubaugebiete ebenfalls ohne Schnellbahn-Anschluss. Man hat bei dieser Praxis darauf spekuliert, dass sich die Wirtschaftslage/Arbeitsmarktlage und das Steueraufkommen nie verschlechtern würde, was gerade in einer Hafenstadt ohne einen allzu starken, soliden Mittelstand äußerst töricht war.
Dann kam der Verkehrsverbund, aber die Schnellbahn-Parallelverkehre waren bereits vollendet oder in Bau, so dass es sich in Anbetracht der sich allmählich verschlechternden Finanzlage abzeichnete, dass man selbst zusammen mit der S-Bahn die verbliebenen Straßenbahn-Strecken so schnell nicht würde ersetzen können, wenn man gleichzeitig die vielen notwendig gewordenen Schnellbahn-Gebietsneuerschließungen errichten will, von Querverbindungen ganz zu schweigen.
Spätestens dann hätte man die Notbremse ziehen müssen und gut frequentierte Straßenbahn-Strecken nur noch dann rausreißen dürfen, wenn es auch echten Ersatz per Schnellbahn gegeben hätte. Man hat jedoch am Straßenbahn-Rausreiß-Programm manisch festgehalten, und zwar selbst zu dem Zeitpunkt Anfang/Mitte der 70er Jahre, wo die schlechte Finanzlage den Schnellbahn-Bau fast bis zum Erliegen gebracht hatte und klar war, dass auf lange Sicht nur Busse rausgerissene Straßenbahn-Strecken ersetzen würden.
Und drei Jahrzehnte später dann das hinreichend bekannte Husarenstück mit der U4 (+Elbphilharmonie + verscherbeltes "Tafelsilber") ...
In Anbetracht dieser Historie wird es doch gestattet sein, nach den Finanzierungskonzepten zu fragen. Soll das etwa wieder so eine Wähler-Verarsche werden wie im Jahre 2004 durch von Beust hinsichtlich der Bramfeld-Steilshooper U-Bahn? Die absolute Mehrheit hat sie ihm ja eingebracht.