Hallo Lopi2000,
wir waren ja bisher durchaus nicht immer einer Meinung. Aber in Deinem jetzigen Statement sprichst Du mir aus der Seele, wenn Du vom jüngsten Spielzeug des Sektors Straßenbahn der BVG schreibst! Wir beide müssen (von der Logik her) aber zugeben, dass Bombardier eine sagenhaft gute Marketing-Abteilung hat. Ihr ist es gelungen, dass "ganz Berlin" anscheinend nur noch vom 'Flexity Berlin' redet.
Weißt Du, ich habe mich vorvorigen Montag eine Stunde lang mit dem Werkstatt-Leiter 'Fahrzeug-Mechanik' der Hauptwerkstatt der Hamburger U-Bahn über das Thema 'Einführung der Stadtbahn in Hamburg' unterhalten. Dabei habe ich auch an die Erkenntnis des Verantwortlichen für Gleisbau und Gleisunterhaltung eines südwestdeutschen Straßenbahnbetriebes erinnert, der mit einem Voll-Niederflur-Gliederwurm einer großen deutschen Elektrofirma nicht nur hinsichtlich der Fahrzeuge großen Ärger hatte, sondern auch mit dessen Einwirkungen auf das Gleisnetz! Ein Regenwurm frisst heruntergefallenes, abgestorbenes Laub. Ein Tram-Gliederwurm frisst Straßenbahnschienen! Der genannte Betrieb hat überwiegend Gleise im Straßenraum (im Pflaster, bzw. Asphalt). Der Gleisbau-Chef zu mir: Solange die vorzeitig auszuwechselnden Schienen auf eigenem Gleiskörper liegen, mag der Kostenaufwand ja noch angehen, aber wehe es handelt sich um Phönix-Rillenschienen im Straßenbelag!!!
Ich habe dem Hamburger Werkstatt-Leiter für mich entwickelt, dass beim klassischen Bahn-Radsatz mit gegeneinander drehfesten Räderpaaren, diese wegen der in der Kurve größeren Länge des äußeren Schienenbogens einen ständigen Längsschlupf haben, um die unterschiedliche, erforderliche Drehzahl der Räder auszugleichen. Als ich neulich in einer Kurve mit meinem neu erworbenen, hinterradgetriebenen Auto (bisher fuhr ich einen Fronttriebler) ins Schleudern kam (die ziemlich neuen Reifen hatten kaum Grip), wurde mir so richtig bewusst, was das so mit der Haftreibung auf sich hat. Es gibt nämlich nur
e i n e Haftreibung und nicht getrennt eine in Längsrichtung und eine zweite quer dazu! Namentlich bei der Straßenbahn wird der Radsatz laufend durch die Schienenflanke über den Spurkranz zur Seite gedrückt. Das bedeutet, dass die Haftreibung auch quer zur Fahrtrichtung überwunden, also aufgehoben werden muss! Die ist es aber schon zum Teil durch den Längsschlupf der Räder auf den Schienen (unterschiedliches Drehzahl-Erfordernis) geschehen. Ja, aber Herr Laaser, nach ihrer Theorie kann ein Zug wegen des Schlupfes in der Kurve dort gar nicht bremsen - fährt sich dann Flachstellen in die Radreifen!? Nein, nein! Das Gleiten der Räder erfolgt nicht gleichmäßig, sondern intermittierend. Die Achswelle verhält sich wie der Drehstab der Federung im VW-Käfer oder im Leopard-Panzer, sie tordiert, fängt an, sich nachgebend zu verdrehen. Das geschieht aber nur so lange, bis ihre Rückstellkraft größer ist, als die Haftreibung zwischen Rad und Schiene. Dann springt der Radsatz wieder in die entspannte Situation seiner Achswelle und das Spiel beginnt von vorne. Wenn man einen z. B. Güterwagen von Hand mit kaum Schrittgeschwindigkeit durch eine leichte Kurve schiebt, dann kann man mehrfach pro Sekunde die Rücksprünge als Knatterimpulse hören.
Was geschiebt mit der Querreibung der äußeren Räder in der Kurve? Sie verbiegt ganz leicht Achswelle und Radscheibe elastisch, bis der Querdruck so groß wird, dass sich das Rad durch Querspringen einen Ausgleich verschafft. Das gechieht natürlich immer dann, wenn das Rad in Längsrichtung sowieso springt!!! Nach der relativen Häufigkeit der Knatterimpuls-Geräusche und des Abstandes der möglicherweise entstehenden Riffeln auf dem Schienenkopf zu urteilen, ist der Rücksprungimpuls nur sehr kurz; die längste Zeit sind also Rad und Schiene im Haftreibungs-Eingriff. Daher gibt es beim Bremsen keine Schwierigkeiten.
Wie ist es nun beim Losrad (z. B. bei dem des 'Combino' oder einer der 'Flexity'-Bauarten? Hier gibt es wegen der Möglichkeit der Räder eines Paares, sich unterschiedlich schnell zu drehen, keinen Längsschlupf. Daher muss die Kraft zur Überwindung der Querreibung alleine von Schienenflanke und Spurkranz aufgebracht werden! D. h., bei Einzelrädern sind die auftretenden Führungskräfte in der Kurve zwischen Rad und Schiene entscheidend größer als beim klassischen Radsatz, und damit auch der Verschleiß von Schienenflanke und Spurkranz - ja und auch die Entgleisungsgefahr! In einem seiner Statements ließ nvb auch anklingen, dass das Losräderpaar auch im geraden Gleis Nachteile hat; es neigt so zum Zickzack-Lauf innerhalb des Spurspieles.
Lieber Lopi2000 , liebe Berliner Freunde: Die Verantwortlichen der Berliner Landespolitik haben sich schon mit der damaligen Spekulation um die Plattenbauten unglücklich gemacht! Uns anderen Deutschen fällt es schwer, jetzt ruhig zuzusehen, wie sich die BVG mit Bastel-Gliederwürmern ihr immer noch weitgehend aus Rillenschienen bestehendes Straßenbahn-Gleisnetz zerrüttet. Wie sagte doch der südwestdeutsche Fachmann?! Siehe oben! In vielen Statements habe ich immer wieder gefordert, dass Berlin aufgrund seiner bedrückenden Vergangenheit, die es für alle Deutschen zu ertragen hatte, aber auch aufgrund seiner Rolle als unser aller Hauptstadt wesentlich stärker von allen Deutschen unterstützt wird als bisher - auch beim Ausbau seines Nahverkehrs! So ist es eine gesamtdeutsche Schande, dass das U5-Fehlstück zwischen Alex und Brandenburger Tor noch nicht im Bau, ja eigentlich nicht schon fertigestellt ist! Liebe Berliner Freunde (Lopi2000 eingeschlossen), tut alles was ihr irgendwie könnt, um zu erreichen, dass Herr Matschke sein Spielzeug aus der Hand legt und sich mit richtigen Straßenbahnzügen befasst.
Auf der Innotrans habe ich einen solchen gesehen. Er war vom Scheitel bis zur Sohle, äh, vom Stromabnehmer-Schleifstück bis zum Radreifen in so gut wie jeder Beziehung sorgfältig durchdacht. Er ist aufbauend auf über einem Jahrhundert gemachter Erfahrungen im europäischen Straßenbahnwesen zum (Teil-)Niederflur-Straßenbahnzug weiterentwickelt worden - der
Puma aus
Posen in
Polen.
Ich habe die Firma HFP - H. Cegielski gebeten, ihn zunächst als Vorschlag u. a. für Hamburg weiterzuentwickeln von 2,40m auf 2,65m Breite und von 30,40m auf 36,50m Länge über Stirnwandbleche - als CAD. Wir vom Stadtbahnbeirat bei der GAL in Hamburg werden versuchen, den jetzigen Ein-Richtungs- und Ein-Seiten-Gelenkzug (3 Lang-Wagenkästen bzw. 2 Gelenke) als Zwei-Richtungs- und Zwei-Seiten-Zug durchzusetzen. Dieser Zug ist über Scharfenberg-Kupplungen dann fast 37,50m lang und u. U. zwei Einheiten zum Zug vereint sind dann rund 75m lang (Maximallänge nach BOStrab). Vielleicht schaffe ich es ja noch, den von mir bereits als Vorschlag mit Adobe-Photoshop umgezeichneten Zug über die beiden Nahverkehrsforen zu übermitteln.
Noch etwas: Ich bin verliebt in einen Puma aber immer noch ein reiner Amateur - Ehrenwort!
Mit freundlichem Grüßen
in unsere Hauptstadt Berlin
Willy Laaser
Großhansdorf