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Argumente pro Tempelhof?
geschrieben von Logital 
frolueb schrieb:
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> Ich bin u.a. schon deswegen für Tempelhof, weil
> ich lieber erstmal dort einen Flughafen habe als
> eine jahrelang brachliegende Fläche und leere
> Gebäude, die der Stadt unmengen an Geld kosten. Es
> gibt noch kein Nachnutzungskonzept, wohingegen es
> durchaus auch noch Angebote aus der freien
> Wirtschaft gibt, den Flugbetrieb und die Gebäude
> zu betreiben.
Wovon keines eine wirklich ernsthaft und nachhaltig funktioniert. Erst recht nicht ohne öffentliches Geld. Das Areal des Flughafens Tempelhof (einschließlich des Erhalts bzw. überhaupt ersteinmal Fertigstellung des Gebäudes und der Freihaltung zumindest eines Teils der Freifläche als Frischluftschneise) so zu betreiben, das es betriebswirtschaftliche Gewinne erbringt, dürfte sehr schwierig sein. Und das dürfte recht unabhängig von einem möglichen Konzept sein.
Das einzig profitable für einen privaten Investor wäre die Vermarktung der Grundstücke - aber dafür braucht man bei der gegenwärtigen Situation in Berlin einen langen Atem und außerdem wird man sich dann kaum auf Restriktionen einlassen wollen, die den denkmalgerechten Erhalt des Gebäudes oder dem Freihalten eines großen Teils der Fläche. Oder anders gesagt: Ohne öffentliches Geld wird es keine zufriedenstellende Entwicklung dieses Gebietes geben können – auch nicht, wenn man weiter einen Flughafen betreiben möchte.

Denn auch ein privater Flughafenbetrieb würde gänzlich anders aussehen, als heute. Der private Betreiber würde bestrebt sein, möglichst viele Flugbewegungen auf seinen Flughafen bringen zu wollen. Das würde einen erheblichen Zuwachs für Tempelhof bedeuten - so dass viele, sie heute den dort generierten Fluglärm noch akzeptieren sich schnell (wenn sie es sich leisten können) nach anderen Wohnlagen umschauen werden. Die Belastungen für die umliegenden Stadtteile würden relevant zunehmen. Zudem muss man dann auch etwas mit den Gebäude machen. Und ich bin nicht davon überzeugt, dass sich die Vermarktung dieses gigantischen Bauwerks verbessern wird, wenn es zu einer Seite in einem abgesperrten Sicherheitsbereich liegt, wo auch noch einiges an zusätzlichem Lärm zu ertragen ist. So attraktiv sind Bürolagen direkt neben einem Flugfeld auch nicht, dass dies diese Nachteile mehr als aufwiegen würde.

> Außerdem find ich es einfach arrogant und
> undemokratisch, mit welcher Einstellung der Senat
> den Volksentscheid begleitet (Motto: "Ist uns doch
> egal, wie das Volk entscheidet, wir machen das
> Ding so oder so zu..."),
Im Moment kann ich anhand der Reaktion des Senats nichts undemokratisches feststellen, bestenfalls einige dumme Formulierungen.

1. Der Schließungsbeschluss ist nach den Regeln der hierzulande gültigen demokratischen Normen einer repräsentativen Demokratie gefällt worden. Vorher gab es in dieser Region eine jahrelange - auch öffentlich geführte - Diskussion über die Zukunft der Berliner Flughafenstandorte.

2. Der Beschluss zur Schließung ist für den Ausbau von Schönefeld zwingend. Würde der Senat jetzt den Beschluss aufheben, hätte der Senat eine Wahl zwischen einem Rechtsbruch (das Baurecht für Schönefeld würde sofort erlöschen) oder eben einem sofortigen Baustopp für Schönefeld. Zudem würde es zu einem weiteren Rechtsbruch gegenüber dem Land Brandenburg kommen, da es für den neuen Flughafen einige staatsvertragliche Regelungen mit dem Nachbarland gibt.
Die Folge wäre ein langjähriger Baustopp in Schönefeld, bis eine neue rechtlich abgesicherte Grundlage für den neuen Flughafen gefunden sein wird. Das dies aber gelingen würde, wäre ist zumindest fraglich, da der jetzige Planfeststellungsbeschluss "mit Ach und Krach" gerade so durchgebracht wurde.
Es wäre also nicht unwahrscheinlich, dass wir dann für viele Jahre mit der jetzigen Situation weiterleben würden und dann wohl irgendwann Sperenberg bekämen. Einen alternativen Ausbau von Tegel wird man sicher noch schwerer durchsetzen können, als Schönefeld, da wesentlich mehr Leute betroffen wären.
Wir hätten dann wohl einen subventionierten Geschäftsfliegerflughafen Tempelhof (was ja die CDU will), einen überfüllten Flughafen Tegel und einen weit draußen liegenden Ausweichstandort Sperenberg. Für die ca. 20+x Millionen langfristig zu erwartenden Fluggäste in dieser Region wäre das eine ökonomisch nicht besonders effiziente Lösung, da diese problemlos mit einem Flughafen abgefertigt werden können.

3. Gegenwärtig besteht rein formal keinerlei Handlungsbedarf für den Senat. Die jetzt gesammelten ca. 200.000 Unterschriften stellen weder moralisch noch rechtlich eine Mehrheitsmeinung dar, das sich die Gegner des Flughafens nicht artikuliert haben. Erst mit dem "richtigen" Volksentscheid wird die Situation anders - aber nach den gültigen Gesetzen dieses Landes darf sich m.E. das Abgeordnetenhaus darüber hinwegsetzen. Das wäre rein gesetzlich immer noch demokratisch legitimiert. Ob das dann moralisch und machtpolitisch vertretbar ist, sei mal dahingestellt. Dann kann man m.E. gerne von Arroganz gegenüber dem Wähler sprechen - jetzt sehe ich dafür noch keinen Anlass.

schon allein deshalb
> sollte man mal dafür stimmen...
Was ist das für eine Einstellung zur Demokratie: Weil der politische Gegner "dagegen" ist, muss man "dafür" stimmen? Eigentlich sollte man die prolitische Reife besitzen, Entscheidungen anhand von Sachargumenten zu treffen - und nicht, um einer anderen politischen Gruppierung eines auszuwischen. Denn solches Handeln ist eines, was nur Frust unter der Bevölkerung erzeugt - da sich die Politik nur mit sich selbst beschäftigt, statt Sachentscheidungen zu treffen.

> Ebenso kommt hinzu, dass (so sehr ich auch die
> ICAT-Werbekampagne, die zeitweise nur auf
> historische Themen basierte, nicht mochte) ich die
> jetzige Contra-Kampagne "Keine Bonzenflieger" und
> "Keine Flüge nach Liechtensteine" etcpp. absolut
> bescheuert und dumm und realitätsfremd finde. Die
> Kampagnenmacher sollten auch mal überlegen, dass
> es grad diese "Bonzen" sind, die auch Geld in der
> Stadt lassen...
Na ja, ob die "Superreichen" wirklich noch einen relevanten Beitrag für die Erhöhung des Wohlstandes unserer Gesellschaft leisten, darüber kann man sich streiten. Den stärksten Beitrag - und vor allem nachhaltigsten - für die Wirtschaftsentwicklung leisten eher die mittelständischen Strukturen. Und immer weniger die Großkonzerne. Die sind so mächtig, dass sie jeder Regierung auf der Nase herumtanzen. Und ein großer teil der neuen Managergeneration (zu über 90% aus reichen Haushalten und an elitären Privathochschulen ausgebildet, ein Höchstwert im westlichen Europa) hat nicht die geringste Ahnung, was Not und Armut sind und schert sich nicht im geringsten um jede soziale oder gesellschaftliche Verantwortung.
Doch das ist ein anderes Thema, kommen wir zurück zu Tempelhof und seinen Kampagnen: Ich gebe Dir hier völlig recht, dass diese Form von Kampagnen, die allein auf (simple) Überzeugungen und Gefühlslagen abzielen ziemlich übel sind. Bisher sind die Befürworter damit schon negativ aufgefallen - jetzt droht das auch den Gegnern. Bisher wollte die CDU mit ihren „490.000 Tonnen...“ die (alte) westberliner Klientel zur Unterschrift locken und sich so als „den Wohlstand des (alten) Westberlin bewahrende“ Partei zu profilieren – und mit „Liechtenstein“ will die SPD eine „Sozialneidkampagne“ reiten...

Leider kann man auch anhand von Beispielen in anderen Städten in Deutschland feststellen, dass die Volksentscheide schnell von einer sachlichen Ebene abkommen. Leider ist auch festzustellen, dass in fast allen Fällen diese von den Parteien sehr schnell für ihre Zwecke instrumentalisiert und zur eigenen Profilierung "umfunktioniert" werden. Und spätestens dann wird die sachliche endgültig Ebene verlassen und es beginnt die übliche Wahlkampfschlacht.
Bleibt zu hoffen, dass damit das Instrument des Volksentscheides nicht zu einer bloßen Wahlkamphilfsmaschine der einzelnen Parteien verkommt, sondern auch noch Raum für Sachentscheidungen bleibt.

Viele Grüße
Ingolf
Nun... ich zitiere mal den Verein "Mehr Demokratie e.V." der sicher nicht den Ruf hat, der Flughafen-Lobby nahezustehen:

Zitat

"Die ICAT (Interessengemeinschaft City-Airport Tempelhof e.V.) setzt sich für den Erhalt des Flughafens Tempelhof als internationaler City-Airport ein. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Initiative am 29. November 2006 ein Volksbegehren gestartet. Ziel ist, die Berliner Landesregierung bzw. das Landesparlament auf demokratischem Wege zu einer endgültigen Aufhebung des Schließungsverfahrens zu bewegen. Nach eigenen Angaben wurden am 30. März 32.000 Unterschriften eingereicht, von denen 29.878 Unterschriften nach Überprüfung formell anerkannt
wurden. Auf der anderen Seite arbeitete gleichzeitig die zuständige Stadtentwicklungsbehörde jedoch daran, vollendete Tatsachen gegen den Flughafen zu schaffen. Daher war es dann auch wenig verwunderlich, dass nur ein Teil des Volksbegehrens von der Senatsverwaltung am 8. Mai für zulässig erklärt worden ist (trotz Bedenken der Stadtentwicklungsbehörde). Demnach kann mittels eines
Volksentscheids nur ein Appell an den Senat gerichtet werden, die Schließung aufzuheben. Dieser hat jedoch schon signalisiert, dass ein Widerruf des Entzugs der Betriebserlaubnis zum 31. Oktober 2008 nicht in Frage kommt. Die Entwidmung der Planfeststellung ist bereits beschlossen, die Initiatoren haben dagegen jedoch Klage eingereicht.
Der rot-rote Senat begibt sich damit in die problematische Verdachtssituation, dass er direktdemokratische Beteiligung zwar offiziell versucht zu stärken, sobald es aber um Themen geht in denen er sich nicht reinreden lassen möchte, diese Form der Beteiligung wieder aushebelt. Das dieser Verdacht hoffentlich nicht zutrifft, kann der Senat mit einer fairen Behandlung der schon laufenden und kommenden Volksbegehren unter Beweis stellen."

Das kritisiere ich, unabhängig von allem anderen. Der Senat hätte den Volksabstimmungsprozess noch abwarten müssen. Und wenn das Volk den Flughafen erhalten will, dann müssten sie auch die Meinung des Volkes berücksichtigen und danach handeln. Alles andere entspricht einfach nicht meinem Demokratie-Verständnis.

Ob nun Tempelhof sich trägt oder nicht, lass ich da mal ausgeklammert. Da gibts eben zwei Meinungen, die einen sagen: ja, das würde sich finanzieren. Die anderen behaupten das Gegenteil. Und jede Seite bringt Argumente, die die Gegenseite dann irgendwie wiederlegen möchte. Ebenso mit irgendwelchen Rechtsgutachten, ob nun BBI nicht weitergebaut werden darf, wenn Tempelhof erhalten bleibt oder doch. Ich kann das nicht wirklich abschätzen, wer da nun recht hat und welche Argumente richtiger sind. Dazu steck ich auch zu wenig in der Materie.

Ich prangere eben nur den Umgangston in der Debatte an ("Bonzenflughafen" etc.) und die Art und Weise, wie der Berliner Senat mit der Volksbegehrensthematik umgegangen ist.
@frolueb: Planungen werden nicht mal eben aus dem Boden gestampft, sondern haben (wenns an die Realisierung geht) einen längeren Prozess einschließlich Bürgerbeteiligung hinter sich. Die Volksbegehren starten aber meist erst dann, wenn es schon zu spät ist. Das trifft bei Tempelhof ebenso zu, wie auf diese unsägliche Anti-Parkautomaten-Kampagne die derzeit in Mitte läuft.

--- Signatur ---
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frolueb schrieb:
>
> Das kritisiere ich, unabhängig von allem anderen.
> Der Senat hätte den Volksabstimmungsprozess noch
> abwarten müssen. Und wenn das Volk den Flughafen
> erhalten will, dann müssten sie auch die Meinung
> des Volkes berücksichtigen und danach handeln.
> Alles andere entspricht einfach nicht meinem
> Demokratie-Verständnis.
>
Ob es tatsächlich eine Mehrheit für die Offenhaltung von Tempelhof geben wird, entscheidet sich erst bei der der Volksbefragung. Die bisherigen Vorstufen waren "nur" die Aktivierung der Befürworter des Flughafens - und bilden damit kein repräsentatives Meinungsbild der Bevölkerung ab.

Würde der Senat jetzt aufgrund der bisher erfolgten Schritte das Planungsverfahren, die für den Flughafen erforderlichen juristischen Schritte oder gar die Bauarbeiten in Schönefeld unterbrechen (oder nur deren Unterbrechung riskieren, was mit einem Pro-Tempelhof-Beschluss wohl passieren wird) könnte man ihm ebenso vorwerfen, dass er (1) einen rechtsgültigen und nach gültigen demokratischen Regeln gefassten politischen Beschluss nicht umsetzt und (2) auf eine bestimmte Gruppe hört, von der keineswegs sicher ist, dass sie tatsächlich eine Mehrheit der Bevökerung darstellt - aber sich sehr gut artikulieren kann.

Würde die jeweilige Regierung sofort jedes Handeln zu einer bestimmten Thematik einstellen, sobald jemand beginnt, dagegen Unterschriften zu sammeln, dann könnte man jegliches politisches Handeln permanent blockieren.

Was beide Seiten bei solchen Prozessen lernen müssen - vorausgesetzt, sie haben Interesse an einer Sachpolitik und nicht nur an Profilierung - ist dass man bereits im Vorfeld der entscheidenden Beschlüsse eine Einigung herbeiführt. Sei es auf paralmentarischem Wege, durch Volksbefragungen oder gar durch Proteste auf der Straße. Wenn man mit Volksinititaiven etc. erst dann beginnt, wenn der Planugs- und Umsetzungsprozess bereits weit fortgeschritten und nur mit großem Schaden umkehrbar ist, dient das m.E. nur der Profilierung der Opposition bzw. dem Ansinnen, den Regierenden eines auszuwischen - und nicht mehr der Herbeiführung einer besseren Planung.

Viele Grüße
Ingolf
Ingolf schrieb:
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> Ob es tatsächlich eine Mehrheit für die
> Offenhaltung von Tempelhof geben wird, entscheidet
> sich erst bei der der Volksbefragung.

Ganz korrekt müsste es heißen: Volksentscheid.

Abgestimmt wird übrigens jetzt am Sonntag, 27. April. Aus Sicht der Gegner der Offenhaltung ist das mal ne gute Nachricht, da an einem Wochenende vor einer "Brückenwoche" die Beteiligung eher unter der Mindestbeteiligung liegen könnte. Immerhin müssen ja mindestens gut 600.000 Menschen dafür stimmen.

Und wer jetzt eine böse Verschwörung wittert: der Termin kommt aus den Fristen der entsprechenden Gesetze zustande und wurde somit vor allem durch die Einreicher des Volksbegehrens und deren Terminplanung bestimmt.

> Würde der Senat jetzt aufgrund der bisher
> erfolgten Schritte das Planungsverfahren, die für
> den Flughafen erforderlichen juristischen Schritte
> oder gar die Bauarbeiten in Schönefeld
> unterbrechen (oder nur deren Unterbrechung
> riskieren, was mit einem Pro-Tempelhof-Beschluss
> wohl passieren wird) ...

Auch als Ergebnis des Volksentscheids wäre es fatal, wenn es auch nur zu Verzögerungen beim BBI-Bau kommen würde. Schließlich dürften hier diejenigen, die diese zu verzögern haben (in diesem Fall also das Land Berlin) gegenüber Baukonzernen und Flughafengesellschaft schadenersatzpflichtig sein. Allein eine Verzögerung von einem Monat wäre schon durch Finanzierungskosten teurer als die Kosten des Volksentscheids von rund 2 Mio. Euro.

Kaum auszudenken, wenn der Volksentscheid wirklich durchkäme und umgesetzt würde: die Grundlage für die BBI-Planfeststellung wäre futsch, es käme - selbst wenn man es heilen könnte - zu mehrjährigen Verzögerungen und zu den einigen hundert Millionen zusätzlichen Finanzierungskosten käme es zu erheblichen Mehrkosten beim Bau (Kapazitäten bei den Konzernen sind langfristig reserviert und somit müsste auch bei Stillstand kräftig weiter bezahlt werden). Wäre die Heilung der Planfeststellung nicht möglich, käme sicher auch eine aussichtsreiche Schadenersatzforderung der DB AG, des Bundes und von Brandenburg dazu.

Es ist ohnehin eigenartig, dass ein solcher Volksentscheid, der das Land somit etliche hundert Millionen Folgekosten verursachen könnte, zulässig ist. In den meisten Bundesländern sind solche Entscheide nur bei unwesentlichen Kosten möglich. Insofern wird dem Senat wohl - selbst wenn der Volksentscheid erfolgreich wäre - nichts übrig bleiben, als an den Beschlüssen festzuhalten. Insofern ist das Ergebnis der Abstimmung auch schon wieder fast egal.

Dennoch: am 27.April abstimmen gehen. Mit Nein!

Und was den "Wahl"Kampf angeht: die Plakatkampagnen sind naturgemäß sehr reduziert, pointiert und emotional. Die der Gegner liefert nun immerhin ein paar Argumente anstatt bloss mit plumpen, inhaltsleeren Sprüchen wie "Ja zum Volkswillen. Nein zur Willkür." zu kommen. Zudem greift sie die aktuelle gesellschaftspolitische Stimmungslage gut auf, auch wenn sie dabei vielleicht an einigen Kernargumenten vorbei rutscht.

Mit den Wahlbenachrichtigungen wird ja nach Ostern auch noch eine Broschüre verschickt in der sicherlich genauere, detaillierte Argumente stehen werden, wie sie jetzt auch schon auf den Websites zu finden sind.
Zitat
Lopi2000
Ja zum Volkswillen. Nein zur Willkür.

Offenbar wird in Berlin wenn es ums Thema Volksentscheid geht mit ähnlich plumpen Methoden geworben wie in HH. Der Volkswille hat in der repräsentativen Demokratie doch einen eindeutigen Weg und das sind die Wahlen. Basisdemokratische Volkstümeleien wie der Volksenscheid haben zwar in manchen Bundesländern einen nicht allzu niedrigen Stellenwert, stehen aber im Konflikt mit der Grundidee unserer Staatsform. Wenn die Tempelhof-Schließung dem Volk so wichtig gewesen wäre, dann hätte es das bei den letzten Wahlen berücksichtigen können - da das nicht geschehen ist, wird wohl auch dieser Volksentscheid wenig Aussicht auf Erfolg haben, es sei denn natürlich auflagenstarke Blätter wie BZ, Bild und ähnliche mischen sich zugunsten des Volksbegehrens ein. Hier zeigt sich dann auch gleich ein wichtiger Schwachpunkt des Volksentscheides.

Gruß

Jonas
Die Radikale Vorgehensweise und die Missachtung des Bürger Willens und der Demokratie erinnert mich immer hier dran.

Nachdem der Bürgermeister von Chicago, Richard M. Daley, sich bereits 1995 für eine Schließung von Meigs Field und eine Umwandlung in einen Park ausgesprochen hatte, konnten der Staat Illinois und die Stadt Chicago im Jahre 2001 einen Kompromiss abschließen, welcher das Überleben des Flughafens für die nächsten 25 Jahre sichern sollte. Allerdings wurde dies auf Bundesebene nie gesetzlich verankert.

In einer umstrittenen Aktion veranlasste Bürgermeister Daley am 30. März 2003, mitten in der Nacht, die Zerstörung der Landebahn. Mit schwerem Gerät wurden große „X“ in die Landebahn gegraben. Da weder die Federal Aviation Administration noch die Eigentümer der sich am Boden befindenden Flugzeuge informiert wurden, befanden sich nach dieser Aktion 16 Flugzeuge auf dem Flugplatz, ohne dass dieser über eine intakte Startbahn verfügte. Später erlaubte man diesen Flugzeugen von der 3000 Fuß langen Rollbahn aus zu starten.

Bürgermeister Daley verteidigte sein Handeln durch das Ersparen von langwierigen Gerichtsverfahren, bevor der Flughafen geschlossen werden könnte. Auch machte er Sicherheitsbedenken geltend, wonach ein Flughafen in nächster Nähe zur Stadt nach dem 11. September zu gefährlich sei.

Die umstrittene Aktion brachte Bürgermeister Daley negative Schlagzeilen ein. Die Chicago Sun-Times titelte beispielsweise mit „ohne jegliche Vorwarnung oder öffentliche Diskussion zerstörte die Stadt ihr Juwel am Seeufer“ („without any advance notice or public discussion, the city vandalized its lakefront jewel, Meigs Field“)

Obwohl verschiedene Interessengemeinschaften vor Gericht eine Wiederöffnung des Meigs Field anstrebten, konnte dies nicht erreicht werden, da Eigentümerin des Flughafens die Stadt war.

Im August 2003 endeten die Abbrucharbeiten am Meigs Field, und die Umwandlung in einen Seeuferpark wurde gestartet.

ÖPNV DER UMWELT ZUR LIEBE !
New Yorker Subway schrieb:
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> Die Radikale Vorgehensweise und die Missachtung
> des Bürger Willens und der Demokratie erinnert
> mich immer hier dran.
>
In Amerika versteht man unter Demokratie und Bürgerwillen aber meines Wissens das, was in gesetzlich geregelten Wahlen und Abstimmungen ermittelt wird. Eine Unterschriftensammlung von interessierter Seite hält man dort wohl nicht für ausreichend.
Nun, wo ist das Problem? 1995 hat das Diepgen die Schließung unterzeichnet - Diepgen wurde demokratisch gewählt! Und 13 Jahre später schreit die Partei, deren Chef Diepgen war auf, wie undemokratisch die Schließung ist! Nun, mag ja sein, das die Demokratie in der CDU nie weit fortgeschritten war - aber warum ist dann die heutige Regierung für die Schließung verantwortlich? Und was hat das alles mit der PDS , der Lufbrücke, der Freiheit, dem Überleben mangelndem Demokratieverständnis und der DDR zu tun?

Man hat Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren, da kann sich jeder einbringen, protestieren, lamentiern, klagen usw. Ich könnte ja verstehen, wenn die Unterschriftensammlungen unmittelbar nach dem Beschluss losgegangen wären, aber über 10 Jahre später ist doch irgendwie assig! lIrgendwann muss auch mal Schluss sein, irgendwer ist immer dagegen, man braucht Rechtssicherheit. Und der Zug von Tempelhof ist einfach schon vor über 10 jahren abgefahren!

Guten Morgen!

Gruß Nemo
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Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!
Glauben die Amis etwa immernoch, Tempelhof wäre amerikanischer Sektor? Genauso führen sie sich nämlich auf.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 18.03.2008 09:52 von Mäuserich.
Ich persönlich finde ehrlich gesagt keine richtige Meinung.

Am Anfang schwappte ich mit der "Historie"-Welle mit (als stolzer Westberliner ;-))

Dann fand ich den Gedanken aus dem Rollfeld einen "Central Park" zu machen sehr toll.

Und jetzt finde ich den Gedanken, daß dort ein US-Investor Geld reinstecken will auch nicht verkehrt.

Also so richtig kann ich mich nicht entscheiden. Fakt ist aber auch, daß ich die Gründe des Senats für sehr plump und voreilig halte.

Vielleicht stimme ich gar nicht mit ab und überlasse die Entscheidung dem Schicksal. Danach hab ich dann wieder etwas zu meckern ;-)...
@NewYorkSubway: Das ganze Theater mit der Luftbrücke und viel weiterer Ärger hätte sich vermeiden lassen, wenn die AMerikaner Stalin von Anfang an in die Schranken gewiesen hätten, doch ließen sie ihm großzügig den Raub des polnischen Teils der Ukraine und stimmten zu, daß Millionen von Polen und Deutschen Zwangsumgesiedelt usw. wurden. Stalin wußte ab dem Moment, daß er sich alles erlauben kann. Und das, obwohl die AMerikaner zu der Zeit schon die Atombombe besassen! Auch wenn das hier in Berlin von vielen anders gesehen wird aber alle Siegermächte waren Besatzer und im Ernstfall wäre es auf deutschem Boden gekommen und Deutsche haetten auf Deutsche geschossen.

Ich sehe bisher beim Senat kein Konzept, was nun mit Tempelhof geschehen soll. Ich denke, man geht nach der Devise vor, hauptsache der ist erst mal geschlossen. Da Schönefeld aber noch nicht fertig ist und Tegel bereits im Takt von wenigen Minuten angeflogen wird (wir wohnen in der Einflugschneise) wird sich sehr schnell zeigen, das man Tempelhof noch bis zur vollständigen Eröffnung von Schönefeld brauchen wird.

Es ist hier schon von 54E ganz richtig gesagt worden, daß auch ein leerstehender Flughafen Kosten verursacht. Ich bin zwar grundsätzlich ein Gegner von flugzeugen, denn die sind Klimakiller Nummer 1 aber ich finde auch, man hätte - wenn es nicht eine BZ - Ente ist - das Angebot eines Investors, dort eine Klinik mit Flughafenanschluß einzurichten, zumindest ernsthaft prüfen müssen, wenn dadurch Arbeitsplätze entstanden wären und Kosten verringert. Einfach alles ablehnen ist genauso dämlich wie sich auf die Luftbrücke zu berufen als Grund, den Flughafen Tempelhof offen zu halten. Meines Wissens nach existiert die DDR seit fast 18 Jahren nicht mehr und die Rote Armee hat Deutschland 1992 verlassen. Es sollte eigentlich auch dem letzten "Insulaner" klargeworden sein, daß die Situation heute eine andere ist als 1948.
Wowereit und sein komischer Senat haben überhaupt keine Planung zu Tempelhof. So sehr ich die Volksabstimmung auch begrüße, Wowereit wird sich einen Kehrricht drum kümmern und sein Ding durchziehen. Das er und die SPD die nächste Wahl nicht gewinnen werden scheint auch ihm klar zu sein.
Wozu sich also um die Zukunft des Flughafens kümmern?
Strassenbahn statt Strassenwahn schrieb:
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> man hätte - wenn es
> nicht eine BZ - Ente ist - das Angebot eines
> Investors, dort eine Klinik mit Flughafenanschluß
> einzurichten, zumindest ernsthaft prüfen müssen,
> wenn dadurch Arbeitsplätze entstanden wären und
> Kosten verringert.

Laut BZ "ein Gesundheitszentrum für Patienten aus aller Welt, eingebettet in einen Flughafen, der von der Deutschen Bahn betrieben werden soll".

Was hält denn eigentlich die DB von dieser Idee? Soll diese ominöse Klinik, in dem alten NS-Gemäuer, mit lautem Fluglärm (wer da wohl schnell gesund wird?), von der Ringbahn her mit einem Gleisanschluss erreicht werden?
Strassenbahn statt Strassenwahn schrieb:
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> Ich sehe bisher beim Senat kein Konzept, was nun
> mit Tempelhof geschehen soll. Ich denke, man geht
> nach der Devise vor, hauptsache der ist erst mal
> geschlossen.

hotte789 schrieb:
-------------------------------------------------------
> Wowereit und sein komischer Senat haben überhaupt
> keine Planung zu Tempelhof. So sehr ich die
> Volksabstimmung auch begrüße, Wowereit wird sich
> einen Kehrricht drum kümmern und sein Ding
> durchziehen. Das er und die SPD die nächste Wahl
> nicht gewinnen werden scheint auch ihm klar zu
> sein.
> Wozu sich also um die Zukunft des Flughafens
> kümmern?

Es mag ja sein, dass der Senat die Pläne bisher nicht mit einer umfangreichen Öffentlichkeitsarbeit, die gegen die Springerkampagne hätte wahrgenommen werden können, publik gemacht hat, aber es gibt natürlich umfangreiche, vernünftige Pläne für die Nachnutzung. Diese sehen die Schaffung von Arbeitsplätzen ebenso vor wie eine neue Wohnbebauung und eine Nutzung des Gebäudes mit einem Konzept, das deutlich besser zum "neuen Berlin" passt, als eine Klinik mit Fluganschluss.

Sie haben sich noch ein wenig weiter entwickelt, aber entsprechen im Großen und Ganzen dem, was im aktuellen Flächennutzungsplan bereits seit mindestens 2004 dargestellt ist. Auf der Internationalen Immobilienmesse in Cannes ist auch bereits in eine Vermarktung der Flächen eingestiegen worden.

Strassenbahn statt Strassenwahn schrieb:
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> Da Schönefeld aber noch nicht fertig
> ist und Tegel bereits im Takt von wenigen Minuten
> angeflogen wird (wir wohnen in der
> Einflugschneise) wird sich sehr schnell zeigen,
> das man Tempelhof noch bis zur vollständigen
> Eröffnung von Schönefeld brauchen wird.

Die knapp 100 Flugbewegungen, die es zur Zeit täglich noch in Tempelhof gibt, wird man sicher auch noch an den beiden anderen Standorten unterbringen. Und wenn es durch die Knappheit von Slots den einen oder anderen Freizeitflug weniger gibt, ist das ja auch nicht verkehrt.

> ... man hätte - wenn es
> nicht eine BZ - Ente ist - das Angebot eines
> Investors, dort eine Klinik mit Flughafenanschluß
> einzurichten, zumindest ernsthaft prüfen müssen,
> wenn dadurch Arbeitsplätze entstanden wären und
> Kosten verringert.

Da es ja auch andere wirtschaftliche Nutzungsperspektiven gibt, die mit der aktuellen Beschlusslage auch vereinbar sind, halte ich das für nicht erforderlich. Im übrigen stehen am historischen Klinikstandort Buch mit seinem innovativem Campus ja auch noch einige Flächenreserven zur Verfügung.

Bei einer stadtentwicklungspolitischen Betrachtung von derartigen Projektideen, darf man sich ja auch nicht von der am jeweiligen Standort geschaffenen Zahl von Arbeitsplätzen etc. am Standort selbst blenden lassen, sondern muss auch die Konsequenzen für die Gesamtstadt im Blick haben. Was bringt ein vierter Großstandort für eine Klinik, wenn es andere Standorte mit nicht ausgelasteten räumlichen Kapazitäten gibt?

Ich sehe der weiteren Debatte gelassen entgegen. Da es ohnehin im wesentlichen nur die Oppositionsparteien und deren Anhänger sind, die die Offenhaltung befürworten und die nächsten Wahlen noch einige Jahre weit weg sind, besteht kein Grund für den Senat, den Planfeststellungsbeschluss für Schönefeld zu riskieren, selbst wenn es (was ich nicht glaube) im Volksentscheid zu einem solchen Ergebnis kommt.
hotte789 schrieb:
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> Wowereit und sein komischer Senat haben überhaupt
> keine Planung zu Tempelhof. So sehr ich die
> Volksabstimmung auch begrüße, Wowereit wird sich
> einen Kehrricht drum kümmern und sein Ding
> durchziehen. Das er und die SPD die nächste Wahl
> nicht gewinnen werden scheint auch ihm klar zu
> sein.
> Wozu sich also um die Zukunft des Flughafens
> kümmern?



Ich glaube nicht das er die Wahlen verlieren wird.
Das ist ja das schlimme.
Normal kann man das komplette Abgeordnetenhaus in die Tonne treten.
Die Parteien sind doch nur noch mit gegenseitiger Diffamierung beschäftigt.

Bitte Türraum freihalten !!!

Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten !!!
Heute erreichte mich die Wahlbenachrichtigung. Da ist auch ein kleines Heft mit Argumenten für den Verkehrsflughafen drin. Im Großen und Ganzen aber nur Herzschmerz und FDP-Gebabbel, was man da lesen kann.

Außerdem stht da drin, dass wenn man nicht geht automatisch mit nein stimmt, ist das wirklich so?

*******
Das Gegenteil von ausbauen ist ausbauen.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 30.03.2008 19:55 von Logital.
Logital schrieb:
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> Außerdem stht da drin, dass wenn man nicht geht
> automatisch mit nein stimmt, ist das wirklich so?

Definitiv NEIN! Wenn du nicht wählen gehst, dann ist das ähnlich einer Enthaltung. Zur Annahme des Bürgerentscheids sind mindestens 606.000 Stimmen notwendig - einzig darauf ist das "Nichtwählen = nein" gemünzt. Es kommt also auf die Wahlteilnehmer an, denn sollten die 606k zusammenkommen und der Bürgerentscheid positiv verlaufen, dann hättest du als Nichtwähler quasi mit "Ja" gestimmt.

Nur wer an der Wahl aktiv teilnimmt stimmt auch ab. Die Einfache Mehrheit entscheidet den Bürgerentscheid, wenn die 606k Stimmen zusammenkommen.

War denn nur was zu Pro, oder auch die Contra-Statements drin, die hier bereits verlinkt waren?

--- Signatur ---
Bitte beachten Sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bus und Bordsteinkante!
Dieses Thema wurde beendet.