Noch mehr als bisher schon dürfte das Land Berlin bzw. die BVG künftig die Frage beschäftigen, wie sich das bestehende U-Bahnnetz überhaupt erhalten lässt. Vor allem die in den 60er - 80er Jahren im Westteil Berlins gebauten Tunnelstrecken kommen mehr und mehr in die Jahre, so dass irgendwann auch einmal größerer Reparaturbedarf besteht, der - wie auch immer - zu finanzieren ist.
Schon vor diesem Hintergrund halte ich es für ziemlich illusorisch, an größere Netzerweiterungen im Bereich der Berliner U-Bahn zu denken.
Unabhängig davon sind die meisten in der Vergangenheit entwickelten Pläne für weitere U-Bahnstrecken entweder heute überholt, oder sie
hatten von vornherein erhebliche Mängel.
Ich greife einmal die von SD 200 am 25.05.2011 aufgezählten U Bahn-Projekte auf. Meine Anmerkungen dazu in <>, wobei sich zu allen Projekten natürlich noch viel mehr sagen ließe:
U1 Halensee, Adenauerplatz bis Frankfurter Tor, Landsberger Alle, Springpfuhl, Marzahn, Hellerdorf U5.
< Busse auf dem Kurfürstendamm verkehren bis Roseneck/Schmargendorf - U-Bahn bis Halensee würde hier gebrochene oder Parallelverkehre bedeuten. Politisch im Zweifel nicht durchsetzbar, nachteilhaft für Erschließung. Zwischen Landsberger Allee und Springpfuhl im Bereich der Herzbergstraße jedenfalls zur Zeit kein ausreichendes Nachfrage-Potential für eine U-Bahn.>
U2 Pankow-Kirche bis Ruhlebener Straße, Tiefwerderweg, Rathaus Spandau (U7), Flankenschanze, Zeppelinstraße, Westerwaldstraße, Falkenhagener Feld, Stadtrandstraße.
<Ruhlebener Straße - Rathaus Spandau: Parallelverkehr zur S-Bahn und zu den Regionalzügen. Allgemein in diesem Bereich eher dürftige Besiedlungsdichte. Keine sinnvolle Abstimmung mit Linienführung des M45 möglich. Weiter westlich: Es dominieren die Kurzstreckenverkehre Falkenhagener Feld-
Spandau Altstadt. Geeignet für Bus oder Straßenbahn, für U-Bahn weniger. Potentiale für U-Bahn außerdem auch auf dem Westabschnitt grenzwertig. Keine Perspektiven für Verlängerung nach Falkensee.>
U3 Mexikoplatz bis Kottbusser Tor
<Vermutlich die einzig realistische U-Bahnverlängerung: Krumme Lanke - Mexikoplatz.>
U4 Südende , Friedenau bis Lützowplatz, Genthiner Straße, Kulturforum, Potsdamer Platz, Stadtmitte, Jerusalemer Straße, Gertraudenstraße, Berliner Rathaus, Alexanderplatz, Mollstraße, Immanuelkirchstraße, Pasteurstraße, Greifswalder Straße, Ostseestraße, Antonplatz, Buschallee, Rathaus Weißensee, Ribnitzer Straße, Zingster Straße, Hohenschönhausen, Falkenberg.
<Neben Stadtbahn, U2 und U5 erscheint eine weitere U-Bahn in der südlichen Berliner City weder von der Nachfrage noch von der Finanzierung her in überschaubaren Zeiträumen realisierbar. Verlängerung U4 nach Süden bautechnisch überaus schwierig (Stadtring Innsbrucker Platz im Wege). Potentiale für U-Bahn in der Hansastraße bzw. der Falkenberger Chaussee zur Zeit wohl nicht vorhanden. Überdies Nachteil einer
Kleinprofil-U-Bahn.>
U5 Berliner Rathaus, Museumsinsel, Unter den Linden, Brandenburger Tor, Bundestag, Hauptbahnhof, Fritz-Schloß-Park, Turmstraße, Beusellstr, Kurtschumacher Platz, Alt Reinickendorf.
<Teilweise Parallelverkehr zur S21. In Moabit dominieren Kurzstrecken-Verkehre - also besser mit Bus und Straßenbahn zu erschließen.
Beusselstraße - Kurt-Schumacher-Platz kaum bebaut, und die geplante Nach-Nutzung des jetzigen Flughafens Tegel gibt für eine U-Bahn definitiv nichts her. Mit einer Stadtentwicklung von chinesischen Ausmaßen ist hier nicht zu rechnen :-). Alt-Reinickendorf durch U8 und S25
schon jetzt fast über-erschlossen.>
U6 Mariendorf, Trabrennbahn, Britzergarten, Johannisthaler Chaussee.
<Bebauung für eine U-Bahn viel zu sehr in die Fläche orientiert. Konflikte mit Buslinien Mariendorfer Damm.>
U7 Flughaffen BBI bis Seeburger Straße, Melanchthonplatz, Fahremundstraße und Rudolf-Wissell-Siedlung.
<In Spandau auch hier Dominanz der lokalen Verkehre. Rudolf-Wissell-Siedlung interessant für Bus oder Straßenbahn, nicht für U-Bahn.
Im Süden wäre die Trasse zum BBI meines Wissens kaum mehr realisierbar, de facto verbaut. Überdies wäre die U7 für Flugreisende wenig attraktiv.>
U8 Eichhorster Weg, Märkisches Viertel, Senftenberger Ring.
<Lage der Hochhäuser für eine U-Bahnerschließung zu ungünstig. Teilweise von der U-Bahn abweichende Verkehrsströme.
Verschiedene Untersuchungen kamen schon zu negativen Ergebnissen für U-Bahnanbindung. Endpunkt Senftenberger Ring Relikt aus West-Berliner-Zeiten. Keinerlei Perspektive für U-Bahn Richtung Pankow darstellbar. Parallelverkehre mit Bus oder Straßenbahn zwischen Senftenberger Ring und S-Bahnhof Wittenau/Nordbahn wären unvermeidbar.>
U9 Neue Filandastraße, Halskestraße, S-Bahnhof Lankwitz, Lankwitz-Kirche bis Holtzstraße, Wollankstraße, Rathaus Pankow, Pankow-Kirche
<Probleme mit der Abstimmung Buslinien Marienfelde/Lichtenrade - Rathaus Steglitz.>
U10 Weißensee – Drakestraße
<Im Bereich Rheinstraße Parallelverkehr zur S1. U-Bahn hier übrigens auch aus dem FNP gestrichen, soweit ich weiß.>
U11 Hauptbahnhof – Glambecker Ring
U12 Hauptbahnhof, Naturkundemuseum, Nordbahnhof, Bernauerstr, Eberswalderstr, Landsberger alle, Frankfurter Tor, Ostbahnhof.
<Weitere U-Bahnbauten in der Berliner Innenstadt erscheinen mir auch langfristig nicht finanzierbar, sie würden außerdem in Konkurrenz zu zahlreichen anderen U-, S- und Straßenbahnlinien stehen, die auch noch anwachsende Verkehre bewältigen können.>
Geht man von der jetzigen demographischen Entwicklung aus, dürfte Berlin lediglich in den Genuss eines leichten Bevölkerungs-Wachstums kommen. Sollte sich Berlin aber doch noch in Tokio oder Schanghai verwandeln, ließe sich natürlich auch über einige der aufgeführten U-Bahnprojekte sprechen. Es momentan zu tun, wäre in etwa so, als würde man sich Gedanken darüber machen, wie man seine Villa einrichten könnte, wenn man sie im Lotto gewinnen würde. Wobei natürlich auch der Hauptgewinn das größte Missgeschick sein könnte
(wie es in einem Lied von G. Schöne schon vor 20 Jahren so treffend beschrieben wurde).