Da finden im Netz große Umbrüche statt, über die teils seit Jahrzehnten auch hier im Forum eifrig schwadroniert wurde und dann ist es hier so ruhig ;) Auch die Anteilnahme an der letzten Fahrt der SchnellBus-Linie 35 und am letzten Eilbus-Kurs im HVV überhaupt hielt sich in überschaubaren Grenzen. Ich schiebe es mal auf die vorweihnachtliche Hektik allerorten. Dennoch einige Anekdoten und Beobachtungen vom gestrigen und heutigen Tag:
- Die letzte Fahrt der 35 hätte ich als fast exklusive Privatfahrt für ÖPNV-Freunde erwartet, es kam anders. Bis Am Hegen waren fast alle Sitzplätze belegt, davon in der Mehrzahl Konzertbesucher, Weihnachtsmarktgänger usw., ein Querschnitt der Gesellschaft. Unwissentlich löste wohl ein junger Mann mit Freundin ab Uni der Bundeswehr die letzten beiden verkauften Zuschläge der Schnellbuslinie 35. Das Ende wurde dann kurz und schmerzlos zelebriert, www.hochbahn.de und Einrücken in die Wendemuthstraße, gegenüber der beliebten Schwester 39 hatte die 35 eben keinen großen Freundeskreis und bleibt ja in weiten Teilen auch unter derselben Nummer erhalten
- Noch weniger Aufmerksamkeit bekam die letzte Eilbus-Fahrt im HVV-Gebiet schon tief in der Nacht um 0.54 Uhr ab Harburg Rathaus. Nach fast exklusiver Privatfahrt um den Harburger Ring wurde in der Moorstraße und am Bf. Harburg noch fleißig zugestiegen, so dass mit ca. 10 Paxen über die nächtliche A1 ein letztes Mal geeilt wurde. Die Zwischenhalte in Allermöhe/Nettelnburg wurde fast alle genutzt, sowohl zum Ausstieg als auch zum Einstieg neuer Fahrgäste. Auch hier löste eine junge Dame an der Von-Scheliha-Straße auf dem Weg in Bergedorfs Nachtleben die letzte Fahrkarte einer Eilbus-Linie. Unspektakulär endete auch diese Fahrt als Einrücker zum Btf. Bergedorf und ließ uns in Erinnerung an die Eilbus-Zeiten schwelgend am ZOB zurück.
Heute dann also der große Tag mit zahlreichen neuen Linien, Haltestellen und Aufwertungen.
- Nach der langen Nacht sollte es gemächlich losgehen, die Linie 530 ab Hammer Kirche erschien hierzu gerade recht. Mit der zweiten Fahrt dieses sonnigen Tages, für die heute die "Rissener Dorfkutsche" eingeteilt war, ging es pünktlich um 12.07 Uhr gut besetzt los. Die (autofahrenden) Anwohner in Hamm würdigten der neuen Linie noch keinen Gedanken und hatten sowohl die Überliegebereiche als auch sämtliche neue Haltestellen im Luisenweg rigoros zugeparkt. Da wird vmtl. die ein oder andere Erziehungsmaßnahme nötig werden. Die (neuen) Haltestellen sind teils noch sehr provisorisch, teils aber auch schon mit Mast hergestellt. Neben neugierigen Fahrgästen gab es unterwegs auch Zufallszusteiger, die sich baff zeigten, dass man jetzt mit dem Bus bis Eichbaumsee vorfahren kann, um dann zurück durch die Sonne zu laufen. Neben Fotografen am Deich, die offenkundig diese Fahrt bereits erwarteten, winkten unterwegs auch immer wieder Spaziergänger dem Bus freundlich zu, das Angebot findet offenbar Gefallen. Die Fahrzeiten sind auf sehr gemächliche Fahrweise ausgelegt, auch die Haltestellenlagen sind nicht auf Tempo ausgelegt. Warum man an der Wasserkunst zwingend über den Parkplatz bis vor den Eingang fahren muss und nicht am Deich hält (Fußweg wäre vielleicht 30 Meter länger) ist mir nicht ganz klar geworden, aber das erklärt, warum in den Randzeiten die Wasserkunst ohne Halt durchfahren wird. Dass man sich intensive Gedanken über die Einbindung dieses 60-Minuten-Takts in das Restnetz gemacht hat, merkt man am S-Bahnhof Mittlerer Landweg, wo man sowohl zur S-Bahn, aber auch zur 330 nach Billwerder und Billstedt einen schlanken Übergang herstellt. Was mit der 530 noch so geplant ist, wird interessant, die lange Überliegezeit am Mittleren Landweg birgt auf jeden Fall noch das ein oder andere Durchbindungspotential.
- Nach der Fahrt mit der 530 und dem Übergang zur 330 bot sich in Billstedt eine echte Premiere, die erste Fahrt der zum MetroBus 29 hochgestuften 232 auf dem Linienast zur Kielkoppelstraße. Wer hätte gedacht, dass die noch vor gar nicht allzu langer Zeit eingeführte Führung durch das Baugebiet Haferblöcken mit so wohlklingenden Haltestellen wie Rehkoppel so schnell einen MetroBus erhält. Wider Erwarten musste der Fahrer keinerlei Nachfragen beantworten. Die Fahrgäste schienen gut informiert, wie selbstverständlich fuhren auch Senioren von Billstedt zum Hüllenkamp oder vom Fuchsbergredder bis zur Kielkoppelstraße mit. Der höchste Punkt-zu-Punkt-Bedarf war (wie zu erwarten war) zwischen Billstedt und Jenfeld Zentrum zu beobachten, da kann der X-Bus dann irgendwann mal wildern. In Jenfeld Zentrum gab es dann noch einen schönen Marketing-Zufallstreffer, als zwei Senioren vorsichtig den Bus bestiegen und gar nicht fassen konnten, dass sie jetzt ohne Umstieg und ohne Zuschlag zum Wilhelmstift fahren können, aber "der Mann" draußen an der Haltestelle hatte es ja gesagt "Das sei neu, ab heute... ab sofort". Die unfreiwilligen Premierenfahrgäste ließen keinen Zweifel daran, dass beim nächsten Kaffeeklatsch der AWO dieser "tolle Bus" ausreichend gewürdigt werden wird, "Wie heißt der nochmal? 29? 29! Tolle Nummer!" so sieht Begeisterung aus... Bleibt zu hoffen, dass Omma Helene die Zweiteilung der Linie ab Jenfeld/Zentrum nicht demnächst doch einmal zum Verhängnis wird.
- Nach dieser Fahrt sollte endlich der erste X-Bus bestiegen werden. Ein MAN-G-Wagen ohne die mittlerweile sonst verbreitete Stehmöblierung kam zum Einsatz und war bereits an der Kielkoppelstraße gut gefüllt. An allen Folgehaltestellen wurde fleißig weiter zugestiegen und zwar in einer Unbekümmertheit und Selbstverständlichkeit, dass wir fürchteten, dass bei Ausruf der Haltestelle "Caspar-Voght-Straße" nach der Abfahrt an der Bundeswehr-Uni hektisches Treiben im Bus ausbrechen würde. Schließlich hieß diese Linie quasi genauso wie der vorherige Schnellbus und als Jenfelder ist man ja auch gewohnt quasi mit jedem Bus die Möglichkeit zu haben nach Wandsbek/Markt zu kommen. Aber es kam anders. Der Bus war gut besetzt (ca. 70-80% der Sitzplätze) und fast alle wollten den neuen Laufweg fahren. Lediglich ein junger Mann musste sich bei der Fahrerin vergewissern, dass es zum Hauptbahnhof ginge, aber den alten Laufweg vermisste offenbar keiner der Anwesenden. Stattdessen wurden fast alle Zwischenhalte ausgiebig genutzt, sowohl an der Caspar-Voght-Straße, an der Burgstraße und v.a. am Berliner Tor wurde eifrig ein- und ausgestiegen, so als habe es dieses Angebot schon immer so gegeben. Sehr beeindruckend. Auch die gesichteten Kurse der Gegenrichtung waren alle gut bis sehr gut besetzt. Die Fahrzeit scheint passig, der ZOB wurde mit +1 erreicht. Im negativen Sinne fällt auf, dass die Hochbahn-DFI offenbar noch arge Probleme mit den X-Linien haben, von S3 über 103 (für die X32) bis 100 (X3) waren alle möglichen Varianten zu sehen. Auch am Vorabend in Harburg war schon aufgefallen, dass die Linie E30 dort nur als Linie 30 angekündigt wurde. Hier wird man mal abwarten müssen, ob sich das softwareseitig einregeln wird.
- Vom ZOB ging es dann mit dem RegionalExpress nach Bergedorf, um dort die nächste neue Linie zu besteigen. Ein noch nagelneu riechender Volvo fuhr mit etwas Verspätung vor, ob das an irgendeiner Durchbindung aus der anderen Richtung lag, war nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Auch hier wieder ordentliche Nachfrage, insbesondere von/bis Boberg BG Klinikum. Hier gab es dann tatsächlich auch einen Fahrgast, der sich wohl in einer 31 wähnte und dann die 10 Minuten bis Horner Rampe verzweifelt im Türbereich verbrachte, ehe er sich dann wohl überzeugen lassen hatte, dass ein Ausstieg an der Horner Rampe nach Billstedt wenig Sinn ergibt und uns doch noch bis zur Horner Rennbahn begleitete. Dort wurde wieder mal fleißig und völlig selbstverständlich zugestiegen, so dass ich wieder mal einen Aufschrei befürchtete, wenn der Bus nicht in die Rennbahnstraße, sondern in die Sievekingsallee abbiegt. Aber auch hier nichts... Kein Rufen, kein Geschnatter, alle scheinbar bestens informiert. Die autobahnoptimierten Ampelschaltungen am Horner Kreisel erzwingen lange Wartezeiten und lassen keine Reduktion der Verspätung zu, so dass die Fahrt für uns am Ende mit +4 an der Wandsbeker Chaussee endet. Zwischen Horner Rennbahn und Wandsbeker Chaussee wird dann auf die Gegenrichtung umgeschildert und auch die neue Haltestellenlage in der Hammer Straße wurde schon fleißig genutzt, so dass nicht nur ausgestiegen wurde, sondern gleich auch 6 Fahrgäste wieder in die Gegenrichtung mitgenommen wurden.
- Mit der U1 ging es nun zum Meßberg. Hier sollte die am üppigsten mit Fahrleistung ausgestattete X-Linie nun einer Testfahrt unterzogen werden. Mit einem 10-Minuten-Takt auch am Sonntag hat man hier richtig reingehauen, so etwas in Hamburg zu erleben tut gut. Bisher hatten sich die Beteiligten bei neuen Angeboten ja immer eher vorsichtig und verhalten gezeigt, aber hier lässt man es krachen. Mit Sicherheit ist der 3er-Korridor aber auch eine der Achsen, bei denen jede Mehrleistung dringend erwartet wird.
Doch wo fährt eigentlich diese neue Linie? Am U-Bahnsteig leitet uns das Bussymbol über den Ausgang Brandstwiete erst einmal auf die Südseite der Willy-Brandt-Straße, dort lungern auch zwei X3-Wagen im Überlieger herum, aber eine Abfahrtsposition ist nirgends erkennbar. Weiter vorne gibt es nur die Haltestelle Brandstwiete, auch vor dem Kaffeeröster hält weiter nur die 6. Also doch drüben? Durch die Unterführung gelangen wir auf die Gegenseite, aber auch hier gibt es nur eine Überliegehaltestelle mit 3 Masten, die ungenutzt der sonntäglichen Ruhe frönt. Am Horizont sind am anderen Ausgang des U-Bahnhofs aber zwei VHH G-Wagen zu sehen, also geht es wieder zurück auf die Südseite und über den großen Knoten. Aber auch hier sind offensichtlich nur die Pausenzeiten vorgesehen. Erst jetzt fällt uns auf der anderen Straßenseite eine neue Haltestellenlage auf, die muss es sein, man wendet dann offenbar über den Deichtorplatz.
Der Fahrplan scheint schon kräftig durcheinander gewürfelt zu sein, denn die Planabfahrt verstreicht... Erst mit +6 kann die Reise beginnen und der Bus quält sich über die selbst am Sonntag gut besuchte Bergstraße zum Jungfernstieg. Ab hier füllt sich der Wagen dann zunehmend. Die fehlende Bevorrechtigung und der ungünstig zu den Hauptverkehrsbeziehungen liegende Fahrweg führt jedoch zu einem ordentlichen Verspätungsaufbau, da an wirklich jeder Ampel lange gehalten werden muss. Dies bessert sich erst ab dem Neuen Kamp, an der Feldstraße sind jedoch bereits +10 Minuten auf der Uhr. An der Bernstorffstraße wird der erste Kurs der Stammlinie 3 überholt, man ist wirklich angenehm schnell von der Feldstraße an der Holstenstraße, da man jetzt auch in der Grünen Welle mit über den Knoten Sternbrücke rutschen darf. An der Holstenstraße ist offenbar lange nichts gefahren, ca. 50 Fahrgäste drängen in den Bus, jetzt fühlt es sich endlich auch nach dem normalen "3er-Gefühl" an. Am Kaltenkircher Platz meckert noch keiner, aber als Bornkampsweg dann ohne Halt durchfahren wird, wird gepoltert und geschimpft. An der von-Sauer-Straße verlassen überraschend viele Menschen den Wagen und stratzen in Richtung Bornkampsweg zurück. Und das obwohl die VHH sogar mit der extra-Zeile "Xpressbus" in der Zielanzeige, ständigen Hinweisen in den Displays und auch durch Flyer und Aushänge auf diese Expressführung hinweist. Aber es war vermutlich einfach die Macht der Gewohnheit und da an der Holstenstraße ja offensichtlich wieder einmal ein größeres Taktloch entstanden war, hat man wohl einfach den erstbesten Wagen bestiegen.
Mit +12 endet die Fahrt für uns am Kressenweg, nachdem uns an der Stadionstraße schon der Folgekurs X3 nahezu leer überholt hatte. Eigenüberholung beim 10-Minuten-Takt, sowas kannte man bisher auch nur von der Stammlinie 3 mit den Tiefstack-Wagen.
- Nun wollten wir ein weiteres Produkt testen, was allerdings schon länger sein Unwesen treibt. Unkompliziert lässt sich das ioki zum Kressenweg beordern, ist nach 4 Minuten vor Ort und bringt uns ohne weitere Halte in 7 Minuten zum S-Bahnhof Klein Flottbek. Angenehmer als das Gejuckel mit 22 und 21 über Langelohstraße, aber vermutlich wenig kostendeckend. Mit S1 und U4 geht es nun zu den Elbbrücken. Erstmals kann der Umsteigeweg für die Pendlermassen nun begangen werden. Mit den zahlreichen Treppen und der recht langen Wegstrecke erscheint dieser aber in etwa so attraktiv wie der Übergang durch die Passage der Städtepartnerschaften am Rathausmarkt. Die S-Bahn lässt sich ebenfalls nicht lumpen und kündigt auf ihren nagelneuen und top lesbaren Displays die nächste S3 stadteinwärts "in 17 Minuten" an. Na klasse, bleibt uns also mehr Zeit nochmal zu schauen, wo hier das Pendant zu den offenen Decken und halbfertigen Bauzuständen im Citytunnel oder in Harburg zu finden ist. Lange brauchen wir nicht suchen, am Zugang vom stadteinwärtigen Bahnsteig zur Zweibrückenstraße findet sich noch eine sehr provisorische Treppenkonstruktion, mal sehen wie lange die stehen bleibt. Das Stationsumfeld ist gottverlassen und menschenleer, viele leere Fahrradbügel warten auf Nutzer, aber naja, irgendwann steppt am Chicago Square sicher der Bär. Der Bahnhof selbst ist doch überraschend fertig. Bahnsteigmobiliar ist vorhanden und montiert, die Fahrstühle laufen und die ZZA funktionieren alle, lediglich einige Rolltreppen quittieren noch den Dienst. Und die Feuertüren zum Skywalk, die man erst umständlich aufstoßen muss, sind möglicherweise auch nicht so beabsichtigt.
Die Dachkonstruktion ist beeindruckend und wurde auch von zahlreichen neugierigen Fahrgästen begutachtet.
Insgesamt hinterlässt die S-Bahn hier einen positiven Eindruck, hoffen wir, dass diese konzertierte Fertigstellung, die noch vor wenigen Wochen nicht denkbar schien, auch auf die rasche Fertigstellung von Ottensen abfärben wird.
Die nun anrückende S3 mit +7 ermöglicht aufgrund des Füllungsgrades noch einen 3 Minuten längeren Aufenthalt an dieser neuen Station. Ob der Übergang zur U4 rege genutzt werden wird, werden die nächsten Wochen zeigen.
Damit endete dieser kleine Ausflug am Hauptbahnhof, drücken wir den Verkehrsunternehmen die Daumen, dass die Kinderkrankheiten schnell abgestellt werden können und freuen wir uns, dass die Beteiligten bereit waren eine Vielzahl an neuen Dingen auszuprobieren, die noch vor einigen Jahren nicht für möglich gehalten worden wären. Das Produkt X-Bus hat in meinen Augen eine gute Zukunft vor sich, auf die nächste Stufe dürfen wir uns schon einmal freuen.