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Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin
geschrieben von Arnd Hellinger 
Zitat
Global Fisch
Oder gibt es eine Idee für eine neue U-Bahn, die wirklich soviel bringen würde, wie einst die U9?

Das vielleicht? ;-) Es heißt 'Natural Progression'. 'Stadt'buslinien werden zu Metrobuslinien werden zu Strassenbahnlinen werden zu U-Bahnlinein.

IsarSteve



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 05.03.2019 21:30 von IsarSteve.


Zitat
Havelländer
Erstens ist man nicht schneller mit dem Rad als mit dem PKW. Das schaffen höchstens trainierte Extremradler unter Mißachtung der StVO, für die das Rad Lebensgrundlage ist.

Top, die Wette gilt: Ich biete meinen Arbeitsweg von Köpenick-Nord nach Adlershof an. Schick mir einen Begleiter deiner Wahl mit, der peinlich genau darauf achtet, dass ich keine Vorschriften missachte, und versuche mit deiner Blechkiste (natürlich auch unter Beachtung aller Vorschriften) vor mir an meiner Arbeitsstelle anzukommen. Der Sieger bekommt einen Hunni...

P.S.: Das Angebot gilt natürlich zu den normalen Arbeitszeiten, nicht für Sonntags zwischen 2 und 4 Uhr morgens...
Danke Arian! Großer Applaus von mir :)
Zitat
schallundrausch
Dochdoch, immer her damit! ...
Vielen Dank auch von mir für die ganze Mühe. Finde ich gut geschrieben und stimme so ziemlich vollständig zu. ;-)
Ingolf



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 05.03.2019 23:09 von Ingolf.
Ingolf, Du hast aus meinem Beitrag eine von zwei Zeilen zitiert, die nicht von mir sind!
:P
Zitat
Havelländer
Erstens ist man nicht schneller mit dem Rad als mit dem PKW. Das schaffen höchstens trainierte Extremradler unter Mißachtung der StVO, für die das Rad Lebensgrundlage ist. ist.
Je kürzer die Entfernung, desto eher schafft man das. Mit etwas Ortskenntnis schafft man es auch Ampeln zu umfahren, sodass man keine Rotlichtverstöße braucht, um den Stau zu überholen. Es gibt da auch so ein paar Abkürzungen, die für Autos gesperrt sind. Dann entfällt beim Fahrrad meistens die Parkplatzsuche - das kann, sofern man auch als Autofahrer die StVO einhält durchaus mehr Zeit kosten als man mit dem Fahrrad auf der gesamten Strecke braucht. Bei mir liegt tagsüber die Grenze bei der ich mit dem Fahrrad schneller bin bei ca. 5 km. Und ich bin nicht besonders sportlich und auch kein Kampfradler und ich halte mich zum allgemeinen Mißfallen an die StVO. Meine Höchstgeschwindigkeit liegt bei ca. 25km/h.

Gruß Nemo
---

Eine Straßenbahn ist besser als keine U-Bahn!!
Zitat
schallundrausch
Ingolf, Du hast aus meinem Beitrag eine von zwei Zeilen zitiert, die nicht von mir sind!
:P
Oh, wie peinlich. Danke für den Hinweis. :-)

Habe es jetzt korrigiert - und schon sind alternative Fakten geschaffen worden... ;-)

Ingolf
Zitat
Railroader
Ich finde die Ziele ja durchaus auf eine Art vernünftig und traue mich fast nicht, meine Gedanken hierzu, zum wiederholten Male, zu äußern. Allerings juckt es mir in den Fingern, wenn ich sowas hier lese:

Berlin steht dabei in internationaler Konkurrenz mit Städten wie Paris, London, Moskau oder auch Los Angeles. Alle diese Metropolen setzen auf weniger Autos in Innenstädten, besseren ÖPNV und bessere Infrastruktur für das Fahrrad und die Fußgänger.

Paris, London und Moskau (L.A. plant) bauen auch neue Metrostrecken, um das Problem einzudämmen. Mit Peking hat sie sich wohl mit deren 700 Kilometer (?) U-Bahn gar nicht mehr getraut zu vergleichen? ;-)

Die U-Bahn Peking hat 552 km Strecken und ist das zweitgrößte der Welt. Nur die U-Bahn Shanghai ist mit 637 km noch größer.

Richtige U-Bahnen sind in Deutschland eher nicht beliebt. Das erkennt man daran, dass die meisten deutschen Großstädte sich nach dem zweiten Weltkrieg für eine unterirdische Straßenbahn oder Stadtbahn entschieden hat.
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VvJ-Ente
Zitat
Havelländer
Erstens ist man nicht schneller mit dem Rad als mit dem PKW. Das schaffen höchstens trainierte Extremradler unter Mißachtung der StVO, für die das Rad Lebensgrundlage ist.

Top, die Wette gilt: Ich biete meinen Arbeitsweg von Köpenick-Nord nach Adlershof an. Schick mir einen Begleiter deiner Wahl mit, der peinlich genau darauf achtet, dass ich keine Vorschriften missachte, und versuche mit deiner Blechkiste (natürlich auch unter Beachtung aller Vorschriften) vor mir an meiner Arbeitsstelle anzukommen. Der Sieger bekommt einen Hunni...

P.S.: Das Angebot gilt natürlich zu den normalen Arbeitszeiten, nicht für Sonntags zwischen 2 und 4 Uhr morgens...

Yippie, das erste BahnInfoForum-Rennen! Bitte dafür gleich einen neuen Thread aufmachen!! :-)
Ein Dankeschön - vor allem an Schallundrausch, aber auch Railroader, Global Fisch und Havelländer. Genau aus diesem Grund lese ich gern das Forum.

Mit besten Grüßen

phönix
Danke Leute, das größte Kompliment, dass ihr mir machen könnt, ist, dass Ihr Euch durch meine Texte quält!

Gleich anschließend, weil das gerade so gut zu dem passt, was ich vorhin geschrieben habe, hier ein Artikel, der vielleicht dem einen oder anderen etwas näher begreifbar macht, warum ich so auf dem Thema bauliche Trennung und sichere Radinfrastruktur rumreite. Auslöser war ein Video, was vor knapp einem Jahr im Netz kursierte und einen ziemlichen Aufschrei verursachte. Dabei ist das nur eine Situation von tausenden, die täglich passieren, nur zufällig hatte einer der Radfahrer hier eine Kamera am Helm.

Bezeichnend ist, dass das für den betreffenden LKW-Fahrer nun ohne Konsequenzen blieb. Es war ja gerade noch mal gut gegangen. Aber selten dafür regelmäßig geht es nicht gut, und dann wird aus zu wenig Abstand gar keiner, jemand kommt ins straucheln, jemand bleibt wo hängen, jemand fällt, jemand liegt auf der Straße, unter den Rädern, der Laster fährt weiter.

Was mich aufregt, sind gar nicht mal die geringen Strafen. Meist Geldstrafen im unteren vierstelligen Bereich. Letztes Jahr wurde ein LKW Fahrer verurteilt, der beim Abbiegen zum Großmarkt Beusselstraße eine Radfahrerin überfahren und getötet hatte, die er nicht hatte sehen können, weil er seine Spiegel nicht richtig eingestellt hatte. 2000 Euro. Der Preis eines Menschen.
In den meisten Fällen wird noch nichtmal der Führerschein eingezogen.

Nein, was mich aufregt ist die Berechenbarkeit, die Erwartbarkeit dieser Vorfälle. Dass es wieder passiert. Dass es wieder passieren muss. Die wenigsten machen sich eine Vorstellung darüber, wie oft es gerade noch mal gut geht, knapp vorbei, mit Ach und Krach, Glück gehabt, Schockmoment, Durchatmen, klopfaufholz. Täglich. Zigfach, hundertfach, tausendfach. Geht ja immer gut. Bis es einmal nicht gut geht.

https://www.tagesspiegel.de/berlin/gefahr-durch-lkw-beinahe-unfall-mit-radfahrer-bleibt-straffrei/24064644.html
Zitat
schallundrausch
Du sagst ja nichts Falsches, alle Deine Aussagen sind richtig. Nur mit den Schlüssen, die Du daraus ziehst, bin ich nicht einverstanden. Aus der Haltung "Alle bauen U-Bahnen, nur wir nicht" spricht für mich so ein fürstentümliche Großmannssucht. Übrigens genau dieselbe, die uns so etwas wie die U4 eingebracht hat.

Oder die U8 Nord.
(Und das sage ich als häufiger Nutzer derselben). Deswegen halte ich ja die Verlängerung ins M-V noch für eins der sinnvolleren Projekte, weil das den toten Ast aufwertet.

Ansonsten hier Zustimmung zu obigem; und auch zum Verweis darauf, dass S- und U-Bahn im Grunde egal sind.

Zitat

Und wir fahren im U-Bahnnetz im 5-Minuten-Takt.
Stellenweise sogar im 4 2/3 Minuten-Takt. <scnr>

Zitat

Zitat
Railroader
Allein mit Fahrradwegen, längerer Grünschaltung und ein paar Straßenbahnlinien mehr wird man die eingefleischten Autofahrer in begehrter Anzahl nicht zum Umsteigen bewegen.
Richtig. Eine Erkenntnis, die sich mittlerweile durchgesetzt hat, lautet, dass man Autofahrer nicht allein durch ein noch so attraktives Alternativangebot zum Umstieg bewegt. Sondern nur durch - wie auch immer gearteten, sanften oder strengen - "Push".

Ja, das ist richtig, und auch dass das Großteil des Verkehrs auf kürzeren Strecken stattfindet.
Dennoch gibt es auch längere Relationen, und man kann sich m.E. nicht darauf ausruhen, dass Berlin seit 95 Jahren ein tolles ÖPNV-Netz hat. Meine Antwort wäre allerdings eine andere als Railroaders. Bei meinem 17 km - Arbeitsweg bin ich in der Kombinationen U-Bahn, U-Bahn, Metrobus, wenn keins der 3 beteiligten Verkehrsmittel ausfällt (also in vielleicht 40% der Fälle) nur 1,2 Minuten langsamer, als wenn ich mit dem Fahrrad durchfahre (Reisegeschwindigkeit knapp 20 km/h). Wenn was ausfällt, sieht es schlechter für den ÖPNV aus. Etwas schneller bin ich mit der Kombination U-Bahn, U-Bahn, Fahrrad (wenn keine der beiden U-Bahnen ausfällt), aber dennoch. Aber das Zauberwort heißt natürlich nicht: Ersatz des Metrobusses durch eine U-Bahn, sondern Taktverdichtung, ggf, auch Beschleunigung.

[Fahrradfahren]
Zitat

Der einzige Grund, warum das jetzt, heute, sofort nicht klappt, ist dass die Leute sich ungeschützt, ohne Blechkondom, nicht auf die Straße trauen. Und ich muss leider sagen - zu Recht.

Ich hätte nie gedacht, dass ich Havelländer sehr entschieden recht gebe, und das sogar gegen Deinen Standpunkt.

Ich halte das "zu Recht" für schädliche Propaganda.
Die gesundheitlichen positiven Folgen des Radfahrens sollte das Unfallrisiko auch in Berlin bei weitem überwiegen.
Schädlich ist diese Propaganda (die auch von anderer Seite kommt), einerseits, weil sie Leute ins Auto drängt statt aufs Rad (was das Risiko für andere, auch wenn es nicht wahnsinnig groß ist) erhöht. Andererseits, weil nun kleine Verbesserungen in der Radinfrastruktur nichts mehr gelten, zugunsten irgendwelcher Ideallösungen, natürlich auf den St. Nimmerleinstag verschoben. Und damit: self fulfilling prophecy.

Ich kann jeden verstehen, der sich subjektiv auf dem Rad im Berliner Verkehr nicht sicher fühlt. Aber dass ein großes objektives Risiko (jedenfalls für jemanden, der Fahrrad fahren kann und die Verkehrsregeln kennt) bestünde, weise ich entschieden zurück. Beides darf man nicht verwechseln.

Zitat

So, ich mach jetzt noch das Literaturverzeichnis fertig, dann reiche ich die Diss ein.

Wenn das eine Doktorarbeit sein soll, würde ich Dir dringend zu einer Überarbeitung in obiger Frage raten. Ansonsten würdest Du, bei mir als Prüfer jedenfalls, leider, trotz aller guten Ansätze achtkantig durchfallen. Auch wenn ich anerkenne, dass Du Dich bemüht hast. ;)
(bitte löschen)



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 06.03.2019 01:16 von andre_de.
Anonymer Benutzer
Re: Sammelthread: Verkehrspolitik in Berlin
06.03.2019 02:17
Zitat
schallundrausch

Warte, ich mach mir schnell nen Kaffee. Und lade Dich ein dasselbe zu tun. ;)

Servus und Huhu,

ich danke dir einmal mehr für deine Mühe. :-) Hab mir den Text gerad in der S-Bahn auf dem Weg nach Hause durchgelesen bei einer Cola. Bin net so der Kaffeetrinker, da werde ich immer müde von^^.


Zitat
schallundrausch
Maßgeblich ist hier die jährlich erscheinende Mercer-Studie, die in all diesen Teilbereichen Einzelaussagen bietet und daraus einen Index bildet, der dann zu einem Ranking der Städte führt.

Interessant wären die Faktoren, mit denen man das bemisst. Persönlich finde ich FFM z.B. furchtbar, in Berlin lebe ich gern, auch wenn ich mich hier vor 10-15 Jahren wohler gefühlt habe. Ich habe Herrn Palmer in einer Email persönlich für seine Kritik an Berlin gegenüber Frau Pop gedankt. Er hat mir da ein ganzes Stück aus der Seele gesprochen und das als Mitglied einer Partei, für die ich ehrlich gesagt nicht die größte Sympathie aufbringe. Ich hoffe, du redest dennoch weiterhin mit mir. ;-) Belustigend fand ich auch, dass man ihm dann letzte Woche stolz davon überzeugen konnte, dass mittags um 12 in Begleitung der Polizei im Görli alles tutti ist. Aber gut, das ist ein anderes Thema.

Natürlich stimme ich aber absolut zu, wenn man das Thema Lebensqualität ganzheitlich betrachtet. In der Tat bezog sich meine Aussage nur auf den Abschnitt ÖPNV / Schnellbahnen.



Zitat
schallundrausch
Du sagst ja nichts Falsches, alle Deine Aussagen sind richtig. Nur mit den Schlüssen, die Du daraus ziehst, bin ich nicht einverstanden. Aus der Haltung "Alle bauen U-Bahnen, nur wir nicht" spricht für mich so ein fürstentümliche Großmannssucht.

Sagen wir mal so. Es gibt so Unternehmen... picken wir mal eins raus und nennen es ganz fiktiv "S-Bahn Berlin GmbH". ;-) In diesen Unternehmen, wo wir einfach mal beim ganz fiktiven Beispiel der S-Bahn Berlin GmbH bleiben, haben viele Leute Ideen, wie man etwas besser machen kann. Händeringend wird nach Lösungen gesucht. Nun kommen dann Mitarbeiter, die nichts zu sagen haben, aber Städte kennen, die in Studien von der Lebensqualität her besser abschneiden daher und berichten von den Handlungsweisen vor Ort, die sich stets positiv auf die gesetzten Ziele auswirkten. Es soll vorkommen, dass man hier auch schon die Antwort bekam, dass man sich ja nicht an den Anderen orientieren muss, die es ja auch alle anders lösen könnten und wir immerhin in Berlin leben, wo ja alles soooo ganz anders ist als anderswo auf der Welt. Es soll Mitarbeiter geben, die da das Augenrollen bekommen, vor allem dann, wenn es dann Jahre später doch so umgesetzt wird.

Was ich damit sagen will: Ich stimme deinem Beitrag tatsächlich in sehr vielen Punkten zu. 1:1 vergleichbar ist Berlin mit den anderen genannten Städten keinesfalls. Ich war in Peking und öfter in London und kenne die Zustände dort. Gerade China ist ganzheitlich betrachtet kein Vorbild. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie viele Menschen da mangels Arbeitsschutz beim U-Bahnbau umgekommen sind oder Menschen gegen ihren Willen umgesiedelt wurden. Ich fordere auch nicht den Bau mehrerer U-Bahnlinien. Mir geht es einzig und allein um die Frage, wie man Menschen dazu bekommt, auf den ÖPNV umzusteigen und allein dahingehend kann man die Städte mE eben doch wieder vergleichen, gerade auch mit China. Festlandchina hat eine Kombination aus einem gut ausgebauten Schnellbahnsystem, günstigen Ticketpreisen und teuren Kennzeichen. Ich bekomme es nicht mehr ganz zusammen, aber es war glaube so, dass es blaue und grüne Kennzeichen gibt. Die grünen sind umweltfreundlich und dürfen uneingeschränkt fahren, für die blauen gibt es Restriktionen. Ein Kennzeichen bekommt man auch nicht einfach auf der Zulassungsstelle, man muss es für viel Geld kaufen, teilweise umgerechnet mehrere Tausend Euro für löten, was für chinesische Einkommensverhältnisse oft unerschwinglich ist. Die Städte versteigern auch jeden Monat ein gewisses Kontingent. Wenn man es jetzt ausschließlich auf diesen Aspekt bezieht, finde ich das vorbildlich: Man "gängelt", bietet aber auch eine gute Alternative.

Klar hast du recht wenn du sagst, man musste irgendwann dem Verkehrskollapps entgegenwirken. Allerdings darf man auch nicht vergessen, dass die Größstädte in China mal eben pro Jahr um mehrere Hunderttausend Einwohner wachsen und der MIV dennoch, uA dank der Schnellbahnen, wozu neben der U-Bahn zusätzlich ebenfalls S- und Regionalbahnen gehören, rückläufig ist. Aber natürlich auch, weil auch China den MIV mittlerweile reguliert. So völlig egal, wie wir es immer vermuten und auch durch die Medien dargestellt bekommen, ist denen das dann nämlich auch nicht.


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schallundrausch
Zur These "Wir müssen heute Infrastruktur bauen, um die Verkehrsprobleme in 30 Jahren zu lösen." Weiß ich nicht. Zuerst müssen heute mal die Probleme von gestern gelöst werden. Wenn man sich die anderen Städte anschaut, dann lösen die reale, jetzt, heute existierende Probleme. Der Kollaps in Paris, in London, in Peking ist real und alltäglich.

Und ich glaube das ist auch der Knackpunkt unserer unterschiedlichen Sichtweisen. Ich halte es einfach für falsch, in 10 Jahren zu der Erkenntnis zu kommen, dass die M4 nun an ihrer Kapazitätsgrenze angekommen ist und man nun langsam dann doch mal über den Schnellbahnausbau nachdenken sollte, der dann weitere 15 Jahre dauert. Ich halte es für falsch, erst zu agieren, wenn es akut ist. Hier sollte man die Weitsicht haben und den Bedarf langfristig ermitteln. Was heute noch ein "Luxusproblem" ist, ist es in 10 Jahren vielleicht nicht mehr.

Ein anderer Punkt, für den ich mich entschuldigen muss. Natürlich geht es mir nicht explizit um eine U-Bahn. Hier war meine Formulierung falsch, die ich der Einfachheit halber aufgrund der vorausgegangenen Themen, die sich stets auf U-Bahn gegen Straßenbahn bezogen haben, gewählt habe. Mir ist es letztendlich egal, ob das nun eine unterirdisch verkehrende U-Bahn, eine S-Bahn, eine Schwebebahn oder eine Stadtbahn ist. Ersetze mein "U-Bahn" bitte dahingehend durch Schnellbahn.



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schallundrausch
Die Essenz, die ich rüberbringen will: "Andere bauen U-Bahnen, also müssen wir das auch tun", diese These ist einfach nur unreflektiert und falsch.

Das ist sie auch, wenn das die einzige Intention wäre. Aber aus meiner Sicht ist sie es eben nicht, wenn man eine große Verkehrswende plant und Autofahrer zum Umsteigen bewegen will. Oder anders gefragt: Wie ausgelastet wäre die M4, wenn die Autofahrer auf dieser Strecke den PKW stehen lassen und die Straßenbahn nutzen? Da will man ja schließlich hin, also kann ich doch nicht nur schauen, wie es gegenwärtig mit vollen Straßen aussieht und dann zu dem Schluss kommen, dass die Alternative ausreichend ist.



Zitat
schallundrausch
Weil hier die Problemlage ein andere ist: Wir haben keinen (oder kaum) Mangel in der Infrastruktur. Wir haben einen Mangel im Betrieb. Was wir brauchen ist nicht neue Strecke, sondern mehr und zuverlässige Fahrzeuge, robustere Strecken und Sicherungstechnik, mehr betriebliche Stabilität. Und jetzt schau Dir an, worin hier investiert wird: Fahrzeuge, Fahrzeuge, Fahrzeuge, Fahrzeuge (Richtig, viel Mal, Kleinprofil, Großprofil, Ringbahnzüge, Senats-S-Bahn), Personal, Stellwerke und Zweigleisigkeiten und Streckenausbau im Bestand. Das sind, finde ich, exakt die richtigen Antworten auf die bekannten Probleme.

Sind sie auch. Aber gerade beim Personal frage ich mich, wo denn die Leute für große Taktverdichtungen etc. in den nächsten 10 Jahren herkommen sollen. Übrigens auch ein Argument gegen den von mir begehrten Schnellbahnausbau. Wenn man zum gegenwärtigen Zeitpunkt von einer großen Verkehrswende redet, ist das ja nichts anderes, als wenn ich mit meinem Schnellbahnausbau liebäugel. Auch hier muss man doch erstmal seine Hausaufgaben machen und sich auf vergangene Versäumnisse konzentrieren, also eine Stabilität in das Bestandssystem bringen, ausreichend Personal, Taktverdichtungen etc., bevor man die Melodie der Zukunft einläutet? Ich habe halt die Befürchtung, dass es darauf hinauslaufen wird, dass man den Autofahrern das Leben schwer macht, aber außer ein paar Radwegen, längerer Grünschaltung, drei neuen Straßenbahnlinien und einer Stabilisierung des bestehenden Systems keinen Ausgleich schafft.

Zitat
schallundrausch
Richtig. Eine Erkenntnis, die sich mittlerweile durchgesetzt hat, lautet, dass man Autofahrer nicht allein durch ein noch so attraktives Alternativangebot zum Umstieg bewegt.

Auch richtig, allerdings halte ich ein unausgewogenes Verhältnis zwischen Restriktionen und Anreizen auch für falsch und ich befürchte, dass es eben deutlich mehr Einschränkungen als Anreize geben wird.

Zitat
schallundrausch
Sondern nur durch - wie auch immer gearteten, sanften oder strengen - "Push". Das heißt Reduktion von Parkraum, Verkehrsflächen, erheben von Gebühren für Parken und Einfahren, oder streckenweise, flächenbezogene oder zeitliche Verbote. Anders geht es nicht, alles andere is naiv.

Ich kenne tatsächlich Autofahrer, die sagen, sie würden umsteigen, wenn sie nur eine schnelle Verbindung hätten, weil sie es selbst nervt, ständig im Stau zu stehen. Aber sicher braucht es auch einen "Push", aber mE nicht in der Form, dass man nur gängelt. Du schreibst ja selbst etwas von Lebensqualität, Luft, Natur etc. Das ist eben deine Vorstellung von Lebensqualität. Für andere gehört dazu eben auch das Auto bzw. kurze oder schnellere Wege. Hier sollte man einfach auch berücksichtigen, was denn die Berliner wollen. Wenn nun die Mehrheit das Auto wünscht, warum sollte dann die Minderheit, die es nicht will, die letzte Entscheidung treffen? Andersrum natürlich genau so.




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schallundrausch
Zitat

Ausbau der Fahrradwege ist ja nett, aber der Arbeitnehmer, der morgens um 6 mit dem Auto durch die halbe Stadt zur Arbeit fährt, wird in der Regel nicht aufs Fahrrad umsteigen.
Besonders wenn der Betreffende einbeiniger Asthmatiker mit Herzfehler ist. Mal ehrlich, es lassen sich leicht Fälle konstruieren für Personen, die zwingend auf ihr eigenes Auto angewiesen sind.

Ich finde das tatsächlich nicht konstruiert, da muss ich nur ganz objektiv in meinen Kollegenkreis schauen. Da gibt es nicht wenige Kollegen, die auch mit dem Fahrrad zum Dienst kommen, weshalb der Wunsch nach Fahrradstellplätzen bei uns schon laut wird. Aber morgens um 5 oder 6 Uhr haben viele von denen auch keinen Bock, mit dem Rad zu fahren, da ist jede Minute länger im Bett heilig. Ich denke schon, dass das auch ein Abbild der Realität ist. Na klar, diejenigen, die voll hinter diesen Zielen stehen, tun sich das auch nachts um 4 an, aber doch nicht jemand, der immer Auto gefahren ist und nun zum Umsteigen überzeugt werden soll? Und um die geht es doch?



Zitat
schallundrausch
Die haben aber alle eines gemeinsam: sie sind konstruiert. Du bist doch das beste Beispiel. Schichtarbeiter, lange Anfahrtswege, trotzdem ohne Auto. Geht anscheinend.

Klar geht das. Die Frage ist eben nur, will man es den Leuten aufzwingen, weil es irgendwie funktioniert oder will man eine Attraktivität schaffen, damit sie es halbwegs gern tun? Mir wäre Autofahren viel zu stressig, teuer und gefährlich. Aber ich kann eben auch Leute verstehen, die genau das dem ÖPNV zuschreiben, die sich eben im Auto sicherer fühlen, sich nicht mit Ausfällen, stinkenden Abteilen und verwirrten Menschen rumärgern müssen. Ich kenne es halt nicht anders, hatte ja nie einen PKW. Vielleicht wäre ich ja auch total begeistert, hätte ich einen.



Zitat
schallundrausch
Und der Regelfall sieht so aus: 25% aller Wege, die mit dem Auto zurückgelegt werden, sind unter 3 km lang. 50% aller Wege sind unter 5 km lang.

50 Prozent fahren also insgesamt betrachtet weiter als 5 Kilometer. Eine Statistik für die Zeiten von 5-8 Uhr und 15 bis 18 Uhr würde mich interessieren, weil darum geht es mir.

Zitat
schallundrausch
Dazu kommt, das wechselwillige Autofahrer in ihrem Auto festhängen, weil sie Angst haben... vor Autos.

Das entspricht eben nicht meiner Erfahrung. In meinem Bekanntenkreis haben wechselwillige Autofahrer vor allem Angst, in der S-Bahn bepöbelt, angegriffen oder belästigt zu werden und leider sind auch diese Sorgen nicht unbegründet. Du sprichst von 11 Verkehrstoten. Das ist wirklich furchtbar und ich verstehe immer nicht, wie man die Gefahren im Straßenverkehr so runterspielen kann, wie viele es tun. Fairerweise muss man dann aber auch erwähnen, wie viele Menschen bereits in diesem Jahr unschuldige Opfer von schweren Übergiffen im ÖPNV wurden und mit schweren Verletzungen im Krankenhaus landeten. Es ist mitnichten ein Vergleich gegenüber Todesopfern, allerdings auch nicht zu verharmlosen. Auch der ÖPNV hat seine Riskien und jeder sollte selbst entscheiden dürfen, welche er eingeht und welche nicht.

Zitat
schallundrausch
Paradox aber die Regel. Wie viele bekannte habe ich gesprochen, die in ihrer Heimat Fahrrad gefahren sind und sagen, was, hier?, Im Leben nicht!, und bitte rate, wie die heute vorrangig unterwegs sind.

Sowas habe ich auch erlebt, im Bezug auf den ÖPNV. Die kommen vom Dorf und haben regelmäßig den Bus genutzt. In Berlin sagen sie aber, nach 20 Uhr steigen sie hier nicht mehr in die U-Bahn.


Zitat
schallundrausch
(hey, waren ja nur elf Menschen letztes Jahr!),

Waren daran immer die Autofahrer schuld? Es ist eine ernstgemeinte Frage, da ich das nicht bewerten kann. Bin jetzt gerad auch ehrlich gesagt zu faul zu recherchieren, 'tschuldigung. Tatsächlich stellt sich mir aber die Frage, wenn ich sehe, wie einige Radfahrer unterwegs sind. Als ich noch in Friedrichshain gewohnt habe, war das ganz schlimm. Da wurde man als Fußgänger nicht selten von Radlern ohne Licht fast über den Haufen gefahren und ich saß auch bereits zwei Mal als Beifahrer in einem Auto, in dem sich der Fahrer des PKW vorschriftsmäßig verhalten hat und wegen eines rücksichtslosen Radfahrers eine Vollbremsung einlegen musste. Ich finde, die Verstöße der Radfahrer werden etwas runtergespielt. Wenn man in Friedrichshain oder Kreuzberg unterwegs ist wird man feststellen, dass diese Verstöße keine Einzelfälle sind und sich sehr viele Radler selbst massiv in Gefahr begeben. Von daher bin ich absoult für die Kennzeichenpflicht bei Fahrrädern.

Im Übrigen ist das Argument der Verunglückten auch immer eines der Straßenbahngegner, die in der Straßenbahn eine Gefahr sehen. Sie argumentieren mit den Toten, verursacht durch das Verkehrsmittel Straßenbahn. Auch der Lärm ist immer wieder ein Argument. Ich teile diese Argumentation nicht.


Zitat
schallundrausch
"Mit dem Fahrrad wird man die ganzen Verkehrsprobleme nicht lösen können!". Und dann kommen die Aufzählungen mit Paketdiensten und Lastenrädern... Nee. Natürlich nicht. Hat auch nie irgendwer behauptet. Zumindest kein Grüner. Wahr ist vielmehr folgende Aussage, von der ich leider nicht weiß, von wem sie stammt.
"Das Fahrrad ist nicht die Lösung aller Verkehrsprobleme. Aber es wird keine Lösung geben ohne das Fahrrad."
Damit ist eigentlich alles gesagt.

Unterschreibe ich, steht in keinem Widerspruch zu meiner Ansicht. Aber mit 100 neuen Radwegen, 3 Straßenbahnlinien und Grünphasen ist halt auch zu wenig getan.


Zitat
schallundrausch
Fazit: Man muss den Leuten verkaufen und beibringen, was es heißt, in einer lebenswerten Stadt zu wohnen, was Lebensqualität bedeutet und welche Parameter dazu geeignet sind, diese zu erhöhen. Nicht aus ideologischer Überzeugung, sondern zum Wohle aller. Bessere Luft und weniger Unfälle nutzt schließlich allen, besonders Kindern und Alten.

Ich weiß nicht, ob du selbst bei den Grünen aktiv bist, in einem Absatz las sich das so. Weißt du, ich stehe, wie oben angedeutet, dieser Partei nicht gerad wohlwollend gegenüber, in erster Linie aus dem Grund, dass ich mich von ihnen meist bevormundet fühle. Man muss mir nichts verkaufen oder beibringen oder irgendwas (ideologisches) aufdrücken. Vielmehr sollte man mich erstmal fragen, was für mich Lebensqualität bedeutet, das respektieren und dann mit seinen Argumenten kommen, die mich vielleicht an der ein oder anderen Stelle überzeugen. Das tust du ja, diese Partei aber nicht. Sie unterstellt mir, dass ich mich ja vor 15 Jahren unwohl gefühlt haben muss und heute alles besser ist, was ich aber genau gegenteilig empfinde. Das ist mein Problem.


Zitat
schallundrausch
Ich hoffe Dein Kaffe ist nicht kalt geworden (nach der dritten Kanne höre ich jetzt langsam mal auf).

Hihi, nein, nur die Cola schal.^^ Ich danke dir für den tollen und konstruktiven Austausch und vor allem für deine investierte Zeit und Mühe und hoffe, dass du mir wegen meinen Ansichten nicht böse bist.

Gute Nacht allerseits.



4 mal bearbeitet. Zuletzt am 06.03.2019 03:05 von Railroader.
Zitat
Global Fisch
Zitat

Der einzige Grund, warum das jetzt, heute, sofort nicht klappt, ist dass die Leute sich ungeschützt, ohne Blechkondom, nicht auf die Straße trauen. Und ich muss leider sagen - zu Recht.

Ich hätte nie gedacht, dass ich Havelländer sehr entschieden recht gebe, und das sogar gegen Deinen Standpunkt.

Ich halte das "zu Recht" für schädliche Propaganda.
Die gesundheitlichen positiven Folgen des Radfahrens sollte das Unfallrisiko auch in Berlin bei weitem überwiegen.
Schädlich ist diese Propaganda (die auch von anderer Seite kommt), einerseits, weil sie Leute ins Auto drängt statt aufs Rad (was das Risiko für andere, auch wenn es nicht wahnsinnig groß ist) erhöht. Andererseits, weil nun kleine Verbesserungen in der Radinfrastruktur nichts mehr gelten, zugunsten irgendwelcher Ideallösungen, natürlich auf den St. Nimmerleinstag verschoben. Und damit: self fulfilling prophecy.

„Schädliche Propaganda“ ist aber etwas hoch gegriffen.
Ich habe es im Selbstversuch erlebt. Vier Jahre lang bin ich fast jeden Tag mit dem Rad gefahren, je nach Lust und Laune mal die gesamte Strecke zur Arbeit (13 km) oder nur den Weg zum nächsten Bahnhof (3,5 km) oder sogar nur U-Bahnhof (1 km). Und was mache ich heute? Lieber gehe ich die beiden letztgenannten Strecken. In diesen vier Jahren hatte ich zwei ordentliche, typische Rechtsabbiegerunfälle, natürlich wie quasi immer unverschuldet. Bei dem ersten musste ich auf die Intensivstation, weil eine ältere Frau zu faul für den Schulterblick war. Beim zweiten waren Fahrer und Beifahrer so ins Gespräch vertieft, dass sie es geschafft haben, mich am Hinterrad (ich war also schon fast vorbei) von der Kreuzung zu räumen.

All das hat mich aber nicht davon abgehalten, mit dem Rad zu fahren. Es war etwas anderes: Nämlich der tägliche Umgang auf den Straßen Berlins. Ich sehe nicht mehr ein, als Frustableiter herzuhalten. Was ich tagtäglich für ein gefährdenes und freches Verhalten, meist der motorisierten Verkehrsteilnehmer, selten auch anderer Radfahrer, erlebt habe, das tue ich mir doch nicht mehr freiwillig an. Von der harmloseren, aber nicht minder kruden Sorte waren Autofahrer, die mir ihre (falschen) Regeln aufdrängen wollten, z.B. beim Thema Linksabbiegen. Ja, das Blech drum herum wäre insgesamt ein Pro für‘s Autofahren aus den falschen Gründen. Aber ein Teufel würde ich tun, es jemanden übel zu nehmen. Im Gegenteil. Ich finde, diese Stadt ist (noch) für das Auto gemacht, dann sollen alle das Auto nutzen dürfen. Wenn die Politik daran etwas ändern will, hilft nur der große Cut. Ansonsten darf sich keiner beschweren, dass die Leute eben das Auto nutzen (diejenigen aber auch nicht, dass sie im Stau stehen) und nur die Hartgesotteneren Fahrrad fahren oder eben dort, wo Fahrradfahrer bereits die kritische Masse ausmachen (Teile von Mitte oder Pankow).

Wenn ich jetzt täglich zu Fuß gehe, habe ich meine Ruhe und brauche dennoch nur etwa ein wenig mehr als die doppelte Zeit. Das ist dann eingerechnete Quality Time. In der Bahn kann ich dann in Ruhe lesen und mit der richtigen Musik auch abschalten. DAS ist dann sogar besser als Autofahren.
Zitat
IsarSteve
Zitat
Global Fisch
Oder gibt es eine Idee für eine neue U-Bahn, die wirklich soviel bringen würde, wie einst die U9?

Das vielleicht? ;-) Es heißt 'Natural Progression'. 'Stadt'buslinien werden zu Metrobuslinien werden zu Strassenbahnlinen werden zu U-Bahnlinein.

Nee, das ganz bestimmt nicht. Selbst, wenn solche U-Bahn-Projekte sinnvoll wären: sie würden nur eine Reisezeitverkürzungen auf den betreffenden Korridoren um ein paar Minuten bringen. Keine wirklich neuen Verbindungen.
Zitat
Railroader

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schallundrausch
Zur These "Wir müssen heute Infrastruktur bauen, um die Verkehrsprobleme in 30 Jahren zu lösen." Weiß ich nicht. Zuerst müssen heute mal die Probleme von gestern gelöst werden. Wenn man sich die anderen Städte anschaut, dann lösen die reale, jetzt, heute existierende Probleme. Der Kollaps in Paris, in London, in Peking ist real und alltäglich.

Und ich glaube das ist auch der Knackpunkt unserer unterschiedlichen Sichtweisen. Ich halte es einfach für falsch, in 10 Jahren zu der Erkenntnis zu kommen, dass die M4 nun an ihrer Kapazitätsgrenze angekommen ist und man nun langsam dann doch mal über den Schnellbahnausbau nachdenken sollte, der dann weitere 15 Jahre dauert. Ich halte es für falsch, erst zu agieren, wenn es akut ist. Hier sollte man die Weitsicht haben und den Bedarf langfristig ermitteln.

Prinzipiell finde ich Deine Haltung auch verständlich. Aber hauptsächlich bin ich hier bei Schallundrausch. Primär sollte man erst einmal die sich angestauten Probleme lösen. Primär sollte man vor allem anpacken.

Und wie ermittelt man den Bedarf langfristig? Was hättee man im Jahr 2000 über den Bedarf 2020 gedacht?



Zitat
Railroader
Zitat
schallundrausch
(hey, waren ja nur elf Menschen letztes Jahr!),

Waren daran immer die Autofahrer schuld? Es ist eine ernstgemeinte Frage, da ich das nicht bewerten kann.

Schauste Du hier:
Statistik 2018
1,5, 10, 11 - die Klassiker: rechts abbiegender LKW ignoriert geradeausfahrenden Radfahrer
2,3, 8 - anderes Verschulden der Autorfahrer
4, 6,7,9 - Fehlverhalten des Radfahrers oder in einem Fall evtl. eines anderen Radfahrers.
Also in 7 Fällen Verschulden von Autofahrern,

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Bin jetzt gerad auch ehrlich gesagt zu faul zu recherchieren, 'tschuldigung. Tatsächlich stellt sich mir aber die Frage, wenn ich sehe, wie einige Radfahrer unterwegs sind. Als ich noch in Friedrichshain gewohnt habe, war das ganz schlimm. Da wurde man als Fußgänger nicht selten von Radlern ohne Licht fast über den Haufen gefahren und ich saß auch bereits zwei Mal als Beifahrer in einem Auto, in dem sich der Fahrer des PKW vorschriftsmäßig verhalten hat und wegen eines rücksichtslosen Radfahrers eine Vollbremsung einlegen musste. Ich finde, die Verstöße der Radfahrer werden etwas runtergespielt. Wenn man in Friedrichshain oder Kreuzberg unterwegs ist wird man feststellen, dass diese Verstöße keine Einzelfälle sind und sich sehr viele Radler selbst massiv in Gefahr begeben. Von daher bin ich absoult für die Kennzeichenpflicht bei Fahrrädern.

Ich bin nicht immer Deiner Meinung, aber ich schätze Deine Beiträge sehr. Dieser Absatz allerdings gehört ausdrücklich nicht dazu.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: natürlich habe ich solche Beobachtungen auch gemacht. Ich erlebe auch als Fußgänger rücksichtslose Radfahrer auf den Gehweg etc. Radfahrer sind keine besseren Menschen als andere. Aber es gibt wenig Grund zur Annahme, dass sie schlechtere Menschen sind oder per se rücksichtsloser.

Wenn ich mit dem Rad fahre und selbst in meiner ruhigen bürgerlichen Wohngegend in Steglitz, werde ich im dichteren Takt als minütlich mit Verkehrsverstößen von Autofahrern konfrontiert. Leuten, die meinen, sie müssten beim Ausparken nicht auf den fließenden Verkehr achten (da kommt ja nur ein Fahrrad), Leute, die auf den engen Straßen (wo zwischen den Parkern nur ein Auto durchpasst) einem Entgegenkommenden nicht Platz machen, obwohl die Parklücke zum Rangieren gerade auf ihrer Seite ist, Leute, die nichts von Rechts vor Links gehört haben.
Am S-Bahnhof kreuzen serienweise die Fußgänger diagonal die Straße, ohne nach hinten zu gucken (mache ich manchmal auch, wenn ich zu Fuß gehe) und wundern sich, wenn da ein Fahrrad kommt. (Vermutlich erzählen die dann abends noch vom rücksichtslosen Radfahrer).

Und das ist noch der zivilisierte Bereich... wenn dann erstmal die Schloßstraße kommt und die rücksichtlosen Radspurparker. Nein, verstehe bitte, dann reagiere ich auf Polemiken von den angeblich so bösen Radfahrern allergisch. Ja, die gibt es natürlich auch, aber nicht mehr als böse Fußgänger und böse Autofahrer.

Ein rationaler Erklärungsversuch:
Fußgänger und Autofahrer werden beiderseits mit Radfahrern konfrontiert. Sie kommen sich auf ihren Wegen oft nahe, mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und entsprechenden Konflikten. Bei Fußgängern untereinandern,. Radfahrern untereinander, Autofahrern untereinander ist es wegen gleicher Geschwindigkeiten konfliktärmer. Bei Fußgängern vs Autofahrern sind die Wege wiederum stärker getrennt. Wahrgenommen werden so von beiden Seiten vor allem die Konflikte mit Radfahrern.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 06.03.2019 08:37 von Global Fisch.
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hvhasel
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Global Fisch
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Der einzige Grund, warum das jetzt, heute, sofort nicht klappt, ist dass die Leute sich ungeschützt, ohne Blechkondom, nicht auf die Straße trauen. Und ich muss leider sagen - zu Recht.

Ich hätte nie gedacht, dass ich Havelländer sehr entschieden recht gebe, und das sogar gegen Deinen Standpunkt.

Ich halte das "zu Recht" für schädliche Propaganda.
Die gesundheitlichen positiven Folgen des Radfahrens sollte das Unfallrisiko auch in Berlin bei weitem überwiegen.
Schädlich ist diese Propaganda (die auch von anderer Seite kommt), einerseits, weil sie Leute ins Auto drängt statt aufs Rad (was das Risiko für andere, auch wenn es nicht wahnsinnig groß ist) erhöht. Andererseits, weil nun kleine Verbesserungen in der Radinfrastruktur nichts mehr gelten, zugunsten irgendwelcher Ideallösungen, natürlich auf den St. Nimmerleinstag verschoben. Und damit: self fulfilling prophecy.

„Schädliche Propaganda“ ist aber etwas hoch gegriffen.
Ich habe es im Selbstversuch erlebt. Vier Jahre lang bin ich fast jeden Tag mit dem Rad gefahren, je nach Lust und Laune mal die gesamte Strecke zur Arbeit (13 km) oder nur den Weg zum nächsten Bahnhof (3,5 km) oder sogar nur U-Bahnhof (1 km). Und was mache ich heute? Lieber gehe ich die beiden letztgenannten Strecken. In diesen vier Jahren hatte ich zwei ordentliche, typische Rechtsabbiegerunfälle, natürlich wie quasi immer unverschuldet. Bei dem ersten musste ich auf die Intensivstation, weil eine ältere Frau zu faul für den Schulterblick war. Beim zweiten waren Fahrer und Beifahrer so ins Gespräch vertieft, dass sie es geschafft haben, mich am Hinterrad (ich war also schon fast vorbei) von der Kreuzung zu räumen.

Die Frage ist wirklich die nach einer Statistik. Wie hoch ist das Unfallrisiko tatsächlich?

Und ja, je mehr Leute Fahrrad fahren und je weniger Auto, desto niedriger wird es.

Deswegen auch das "schädlich": die Frage ist: soll man einem gesunden Erwachsenen, der die Verkehrsregeln kennt, raten, in Berlin Fahrrad zu fahren?
Und meine Antwort ist: ja, man sollte es (vielleicht in gewisser Abhängigkeit von der Gegend). Es ist gut für seine Gesundheit. Und wenn er ansonsten Auto fahren würde, ist es auch gut für die anderen.
Schädlich finde ich, ihm abzuraten.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 06.03.2019 10:26 von Global Fisch.
Da ich (zwangsläufig) viel von/nach Moabit unterwegs bin: Man könnte vorurteilend denken (wie ich anfangs) im Autofahrer-Bezirk wie z.B. Moabit, hat man als Radler viel Konflikte mit Autofahrenden. Diese Ansicht musste ich aber mittlerweile revidieren. Was gegenseitigen Respekt und Hilfe betrifft hat mich Moabit positiv überrascht.


Zum Thema Konflikte mit Radlern:
Also die meisten Konflikte mit Radfahrenden habe ich, wenn ich selbst Fahrrad fahre.
(PS: Ideologisch hasse ich Autos, trotzdem halte ich diese nach meiner Erfahrung für korrektere Verkehrsteilnehmer)

Hauptgrund: Fahrradfahrende, die ohne zu gucken fahren, die zwischen mir und Autotüren überholen, Rote ampeln missachten, mir die Vorfahrt nehmen. spontan, verkerswidrig abbiegen ohne Schulterblick oder rausgehaltenen Arm und ich dadurch halb in sie reinfahre, notbremsen muss o.ä.
Wenn ich an einer Bushaltestelle warte um Ein-/Aussteiger nicht zu gefährden (z.B. S+U Zoo/Jebenstr.) dann wird wütend von hinten geklingelt und überholt.

Autofahrer verhalten sich verglichen dazu sehr korrekt in meiner Wahrnehmung. Lassen mich in Ihre Spur einscheren (nach meinem rausgehaltenen Arm und meinem Blick), etc.
Als mir einmal eine rechtsabbiegende Fahrerin in Gedanken die Vorfahrt nahm, war ihr das super peinlich und sie hat sich überschwänglich entschuldigt.

Soweit kann nach meiner Wahrnehmung schnell das Bild eines rücksichtslosen Radelnden entstehen.


...............


Was aber gefragt werden muss: Ist das Verhalten der Radelnden vielleicht auf fehlende, unausreichende Infrastruktur zurückzuführen? Und die Autofahrenden in meiner Umgebung können sich dank der zu vielen Spuren und Möglichkeiten besser an Verkehrsregeln halten?
Zitat
PassusDuriusculus
Zum Thema Konflikte mit Radlern:
Also die meisten Konflikte mit Radfahrenden habe ich, wenn ich selbst Fahrrad fahre.
(PS: Ideologisch hasse ich Autos, trotzdem halte ich diese nach meiner Erfahrung für korrektere Verkehrsteilnehmer)

Dieser Eindruck zeigt, wie normal es in Deutschland ist, die zulässige Höchst(!)geschwindigkeit um 5-10 km/h zu übertreten. Denn so viel Rotverstöße Radfahrender kann es gar nicht geben, dass diese von der überwiegenden Zahl der Autofahrenden auf dem größten Teil ihrer Wege durchgeführte Regelüberschreitung aufgewogen wird. Wagt man es in Deutschland, die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu fahren, darf man sich auf etwas gefasst machen: hupen, drängeln, Beschimpfungen.

Macht die Rotverstöße Radfahrender nicht besser, sollte aber bei dem ewigen Vergleich der guten Auto- gegen die bösen Radfahrenden nicht vergessen werden.
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